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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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11.03.2006
 

Später Sieg
Der Dudenverlag leidet unter der Rechtschreibreform

Ein Weltkonzern wie Bertelsmann steckt das Hin und Her leicht weg, Duden natürlich nicht.
Nun wird bekannt, daß nicht nur dpa die Nachrichtenagenturen zur vereinfachten Dudenrechtschreibnug "Was Duden empfiehlt" überreden will, sondern auch die bisher reformkritischen Medien FAZ, Springer und SPIEGEL sich dieses erst angekündigte Opus samt zugehöriger Software zu eigen machen wollen. Der Verlag hat offenbar schon vor langer Zeit mit allen diesen Unternehmen Absprachen getroffen, in die auch der Ratsvorsitzende und die Geschäftsführung eingebunden gewesen sein dürften. Dabei ist offenbar zugesichert worden, daß Buch und Software rechtzeitig zur Verfügung stehen würden. Das kann Bertelsmann nicht verborgen geblieben sein. Vielleicht bleibt man dort gelassen, weil man sowieso damit rechnet, über kurz oder lang nicht nur die Rechtschreibung, sondern auch den Verlag zu "arrondieren".
Unterm Strich bleibt das paradoxe Ergebnis, daß man zuerst die Einheitsorthographie zerstört und sie dann durch eine "einheitliche Hausorthographie" wiederherstellt.



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Kommentare zu »Später Sieg«
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Kommentar von Ballistol, verfaßt am 13.03.2006 um 10.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3325

Ich hatte 1996 ein Bewerbungsgespräch bei HPT, dem Verlag des ÖWB. Es ging darum, die gesammelten Schriften des Herrn Thomas Brezina auf Reformschreibung, Version 1.0, umzustellen. Als ob das nicht damals schon automatisiert hätte erfolgen können. Damaliger Spruch des Verlagsmitarbeiters: "Die Reform kommt ja nun, daran wird sich nichts ändern."

Diese Mentalität hat viel zum entstandenen Übel beigetragen. Die Umstellung hat dann irgendeine andere elende Seele gemacht, die das Geld dringender brauchte.
 
 

Kommentar von j.k., verfaßt am 12.03.2006 um 11.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3315

@ Martin Gerdes:
Überraschendes wird es von diesen Wörterbuchverlagen geben, Neues auch, aber nichts Erfreuliches! Sowohl Bertelsmann und Duden als auch das ÖWB sind allesamt reformfreudig. Uns nützt es also überhaupt nichts, daß das Rechtschreibmonopol nun an die Verlagshäuser zurückgeht. Die werden die Reform auch weiterführen ohne Sinn und Verstand.
 
 

Kommentar von Egbert Kimm, verfaßt am 12.03.2006 um 10.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3314

@ Theodor Ickler

Verstehe ich Ihren Beitrag richtig, wenn ich daraus schließe, daß es vor August 2006 eine Neuauflage von "Was Duden empfiehlt" geben wird, deren Empfehlungen dann auch die FAZ übernehmen wird? Weil sie an der Absprache zu diesem Wörterbuch beteiligt war? Um dann der Einheitlichkeit der Presseschreibung die Lesefreundlichkeit der alten Rechtschreibung zu opfern?
 
 

Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 12.03.2006 um 09.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3311

| Zum Glück kehren wir nun nach viel Lehrgeld wieder zum Duden zurück.

Ganz so ist es nicht: Zur Freude sicher auch der Österreicher sollen in Zukunft drei privilegierte Wörterbuchverlage die Rechtschreibung des Deutschen unter sich auskarteln: Bertelsmann, Duden und der Verlag des ÖWB.

Der Begriff "Duden" stand jahrzehntelang für etwas pedantische, aber letztlich tief seriöse Wörterbuchmacher. Diesbezüglich ist nur der Name geblieben. Es steht eher nicht zu erwarten, daß der Duden-Verlag zu alter Seriosität zurückfindet, auch er ist mit Reformdurchführern durchtränkt.

Von den Wörterbuchverlagen dürfte in den nächsten Jahren noch eine ganze Menge Überraschendes und Neues kommen.
 
 

Kommentar von Wiener Zeitung, 11. 3. 2006, verfaßt am 12.03.2006 um 01.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3308

Politik braucht Mut
Von Andreas Unterberger

[. . .]
Apropos Kommissionen: Die sogenannte Rechtschreibreform zeigt, was schief gehen kann, wenn man Expertenkommissionen wirklich die Verantwortung überträgt. Technokraten ohne Verbindung zur Realität versuchten wie ein Sozialingenieur an der Sprache herumzuschrauben. Als ob sich diese per Dekret verordnen ließe. Sprache lebt, die Duden-Redaktion beobachtet und registriert sie: Das hat sich als viel sinnvoller erwiesen als pfuschende Kommissionen. Zum Glück kehren wir nun nach viel Lehrgeld wieder zum Duden zurück.
[. . .]
 
 

Kommentar von j.k., verfaßt am 11.03.2006 um 15.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3305

Der reformfreudige Duden kommt weg, die Orthographie wird wieder "privatisiert" - dieses Mal bekommt Bertelsmann, der den Duden "frißt", den Zuschlag. So habe ich das verstanden.

Leider ist auch hier die eindeutige Schlußfolgerung: Nützt uns nichts, denn Bertelsmann ist auch reformfreudig. Wer die Rechtschreibreform nun unterstützt und vorantreibt, ist irrelevant. Ob der Rat das macht, der Duden oder Bertelsmann - Fakt ist, es wird getan.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.03.2006 um 15.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3304

Wenn die Gütersloher unbedingt den Rechtschreibmarkt erobern wollen, wieso kaufen sie dann nicht einfach die Mannheimer auf? Das macht man doch heute so. Von sonstigen Übernahmen ist mir kein solcher Umweg wie in diesem Fall die Rechtschreibreform bekannt.
 
 

Kommentar von Kassandra, verfaßt am 11.03.2006 um 13.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3303

Um "billiger" geht's aber den Güterslohern nicht. Denen ist kein Preis zu hoch, wenn es um die Durchsetzung der Konzernideale und der Mohn'schen paternalistisch-autokratischen Gesellschaftsmodelle geht. Zahlen tun's ohnehin die anderen. Sie sind ja nicht nur an der Orthographie-Front aktiv. Ein Medienkonzern verdient an der von ihm betriebenen und von den politischen Akteuren geforderten Kommerzialisierung und Privatisierung des Bildungswesens, an der Plünderung der Sozialversicherungen ebenso wie an der Enteignung der Sozialversicherten (Hartz IV), an der Befürwortung einer auf aktiven Krieg ausgerichteten Militärpolitik (Stichworte: CAP, Weidenfeld), man kann an die Tradition der "Feldpost" anknüpfen und die Krieger der Moderne mit Erbaulichem für das Leben im Felde beliefern, undundund....
Mit der Rechtschreibreform konnte man einen wichtigen Erziehungsbeitrag für das Stimmvieh erfüllen: Wenn der Staat sagt, der Schnee ist schwarz, hat das zu gelten. Th. Icklers Prophezeiung (Arrondierung) ist absolut denkbar: Nach der zeitweiligen Aufhebung des Duden-Privilegs wird es unter neuen Eigentümerverhältnissen wieder dermaßen amtlich zugehen, daß uns Hören und Sehen vergeht.
 
 

Kommentar von j.k., verfaßt am 11.03.2006 um 13.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3302

Bedeutet das jetzt, daß der Duden künftig wieder die Orthographie vorgeben wird? Wenn ja, nützt uns das auch überhaupt nichts, denn der Duden ist ja auch für die Reform.

Warum er also darunter leiden und was uns das nützen soll, verstehe ich nicht wirklich.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.03.2006 um 10.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=448#3300

Das hätte man billiger haben können. Einfach den Untertitel des Duden "Maßgebend in allen Zweifelsfällen" ersetzen durch "Was Duden empfiehlt". Und schon hätte man sich die gesamte Rechtschreibreform erspart. Daß da keiner drauf gekommen ist ... Solche supereinfachen Lösungen sind in Deutschland wohl unter "genial" bzw. "unmöglich" einzustufen.
 
 

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