zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Sie sehen die neuesten 12 Kommentare

Nach unten

Durch Anklicken des Themas gelangen Sie zu den jeweiligen Kommentaren.


Theodor Ickler zu »Anthropologisches«
Dieser Kommentar wurde am 18.03.2024 um 13.23 Uhr verfaßt.

„Almost everyone unites in declaring ‘racism’ false and detestable. Yet absolutely everyone knows it is true.“ (David Stove) Man trägt plakativ vor sich her, daß der Mensch ein Tier ist – aber Rassen soll es nur bei den anderen Tieren geben? Das ist nicht biologisch gedacht. „It requires an almost superhuman feat of political zeal to overlook the conspicuous differences between our own local populations or races.“ (Richard Dawkins)



Theodor Ickler zu »Trüber Morgen«
Dieser Kommentar wurde am 18.03.2024 um 05.42 Uhr verfaßt.

Ich muß gestehen, daß ich die "Insel Felsenburg" auch nur in der nochmals um die Hälfte gekürzten Tieckschen Bearbeitung (bei Reclam) gelesen habe. Seinerzeit hatten die Romane ja die Eigenschaft, sich über viele tausend Seiten auszudehnen. Die Hoffnung des modernen Herausgebers, neue Leser für das Buch zu gewinnen, dürfte sich kaum erfüllt haben. Heute kurven die Abenteurer gleich im Weltall herum oder reisen mit Zeitmaschinen, und der religiöse Hintergrund interessiert sowieso keinen mehr.
Ballantynes Buch liegt mir übrigens auch nur in einer gekürzten Ausgabe (Puffin) vor.
Ich muß oft an die fromme bildende Kunst denken und stelle mir gern vor, daß es in der Künstlerwerkstatt wohl nicht viel anders zuging als heutzutage. Das hübsche Mädchen sitzt Modell für eine wunderbare und vielleicht wundertätige Maria mit dem Jesuskind, aber erst einmal ist es ein hübsches Mädchen, so dann auch für die Betrachter.
An vielen Robinsonaden wie der "Koralleninsel" erschreckt den heutigen Leser die Darstellung der gottlosen Wilden, die denn auch gleich im Dutzend erschlagen und begraben werden. Als Kannibalen (Gruselreiz!) haben sie es nicht besser verdient.
Bei Defoe fand ich als kindlicher Leser einer Jugendausgabe immer besonders reizvoll, wie der Mensch sich unter den widrigsten Bedingungen zu helfen weiß. Ungefähr gleichzeitig las ich auch die "Höhlenkinder", die mich auch mit den alten Bildern enorm beeindruckten; die Schwächen störten mich nicht im geringsten. Sonnleitner (mit dem unaussprechlichen eigentlichen Namen) hat sich Mühe gegeben, das Geschehen einigermaßen glaubwürdig erscheinen zu lassen.

Allerdings: Wenn der kindliche Leser noch nicht weiß, wo die kleinen Kinder herkommen, lernt er es aus diesem pädagogischen Roman auch nicht. Die drei Jungs auf der Koralleninsel stehen ja auch auf dem Höhepunkt ihrer Manneskraft, aber das Thema aller Themen kommt nicht vor.


Theodor Ickler zu »Delirium«
Dieser Kommentar wurde am 18.03.2024 um 05.08 Uhr verfaßt.

Günther Patzig glaubt, ein „kleines Stück Handlungstheorie“ formalisieren zu können. („Theoretische Elemente in der Geschichtswissenschaft“. In Thomas Nipperdey/Jürgen Kocka, Hg.: Theorie und Erzählung in der Geschichte. München 1979:137-152) Begriffe wie wollen, glauben, hinreichend nimmt er undefiniert an. Daneben verwendet er Alltagsbegriffe wie „das Subjekt S vollzieht die Handlung h“, deren Erklärungsbedürftigkeit er nicht einmal zu sehen scheint. Die Formalisierung sieht dann etwa so aus:
„Will (Sh, Ph, Z)
S glaubt, daß Hinr (h, P, Z)
Λ h1, εHSh,Ph : {Sh glaubt, daß Λ h2, εHSh,Ph : [┐Vollz (Sh, Ph, h2 →Notw (h1, Ph, Z)]}“
(Die Formel kann hier nur teilweise wiedergegeben werden, ist aber schon im Orginal fehlerhaft, da eine Klammer fehlt.)
Patzig fährt fort:
„Dies bedeutet, daß die Handlung h die Intention hat, den Zustand Z herbeizuführen, genau dann, wenn das Handlungssubjekt S in der Situation P den Zustand Z realisieren will, wenn ferner der Handelnde glaubt, daß die Handlung h hinreichend ist, um den Zustand Z zu realisieren“ (usw.) (S. 150)

Ich halte den ganzen Ansatz für sinnlos. Die Buchstaben bezeichnen keine Gegenstände, sondern sind trotz der mathematischen Erscheinungsform alltagssprachliche Erinnerungszeichen oder Kürzel, die beim Leser die Vertrautheit mit Handlungsdialogen voraussetzen. Er weiß, wann man sagt, jemand wolle etwas erreichen, aber der „Wille“ ist kein definierbarer Gegenstand, er ist nicht einmal ein „Phänomen“ im allgemeinsten Sinn. Die Alltagsrede ist voll von Substantiven, die den Philosophen zur Ansetzung von Gegenständen verführen könnte. Zum Glauben G gehört die Leichtgläubigkeit L, Patzigs Sprachverführtheit SP usw.


Chr. Schaefer zu »Trüber Morgen«
Dieser Kommentar wurde am 18.03.2024 um 00.12 Uhr verfaßt.

Zu http://sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=783#52946

Die frühen Robinsonaden sind vor allem religiöse Utopien, wie etwa, neben "Robinson Crusoe", Schnabels "Insel Felsenburg" (eine lutherisch geprägte Variante) zeigt. Wenn man den religiösen Aspekt herausnimmt, ist die Erzählung auf ein schönes Abenteuer mit einer gewissen Anziehungskraft auf Jugendliche reduziert. Die meisten Buchausgaben des "Robinson Crusoe" für Jugendliche sind stark bearbeitet, weil diese Zielgruppe den Text sonst nicht lesen würde.


Chr. Schaefer zu »Niedriger hängen!«
Dieser Kommentar wurde am 18.03.2024 um 00.02 Uhr verfaßt.

Was ist Kultur? Die Antwort ist doch recht einfach, nämlich alles, was von Menschen gemacht oder (i.d.R. vorsätzlich) beeinflußt wurde. Das Gegenteil nennt man Natur.

Naturlandschaften überläßt der Mensch sich selbst, Kulturlandschaften sind vom Menschen geformt, Kulturpflanzen sind Züchtungen oder genetisch veränderte Gewächse, im Gegensatz zu Natur- bzw. Wildpflanzen usw.


Theodor Ickler zu »Der bitterböse Friederich«
Dieser Kommentar wurde am 16.03.2024 um 10.32 Uhr verfaßt.

Vor einiger Zeit hat die Polizei eine Spinne vor dem Tod im Staubsauger gerettet. „Für ihren tierfreundlichen Einsatz zeichnet die Tierrechtsorganisation PETA die Polizeiinspektion Neu-Ulm nun mit einer ‚Helden für Tiere‘-Urkunde aus.“ Zoologisch nicht ganz auf der Höhe, sagte die Sprecherin: „Insekten wie Spinnen sind bemerkenswerte Tiere mit unglaublichen Fähigkeiten.“ (PETA-Presseportal)
Jetzt müßten die PETA-Aktivisten nur noch den Spinnen beibringen, nicht so grausam zu Fliegen zu sein. Fesseln und bei lebendigem Leib aussagen – das geht gar nicht. Wenn man so etwas sieht, möchte man sagen: Nur eine tote Spinne ist eine gute Spinne. Ich habe aber Spinnen immer geliebt und als Kind Fliegen gefangen, ihnen die Flügel ausgerissen und sie an Eckenspinnen verfüttert, die dadurch eine geradezu adipöse Größe erreichten. (Im Harry-Potter-Film kann man solche Monster sehen.)


Theodor Ickler zu »Kopfrechnen«
Dieser Kommentar wurde am 16.03.2024 um 05.45 Uhr verfaßt.

„Höllensommer“: Jagt 2024 ein Hitze-Rekord den nächsten? Expertin mit erster Prognose

Man sieht richtig, wie jede Hitzewelle die nächste vor sich hertreibt. Übrigens sollte die gerade zu Ende gehende Woche einen gewaltigen arktischen Kälteeinbruch bringen (FOCUS 5.3.24), aber es war über 30 Grad wärmer als angekündigt. Allerdings hatte ein anderer Meteorologe das Ganze für Unsinn erklärt (wetter.de 6.3.24), so daß die Wettervorhersage insgesamt fein heraus ist: Man muß nur den richtigen Experten folgen. Der Höllensommer könnte auch kühl und naß ausfallen, das würde die Medien nicht davon abhalten, alle paar Monate den gleichen Unsinn weiterzugeben. Die Menschen haben schon die „Parusie-Verzögerung“ („Verzögerung“!) bewältigt, ohne an ihrem Glauben irre zu werden, da werden sie es wohl auch mit der Wettervorhersage schaffen. Wir sind erfahrungsresistent.


Manfred Riemer zu »Kopfrechnen«
Dieser Kommentar wurde am 16.03.2024 um 00.28 Uhr verfaßt.

Als antisemitisch gilt ja heutzutage schon jemand, der den "Fiedler auf dem Dach" für eine komische Oper hält. Wer gern Karl May liest, ist rassistisch, wer seine Armbanduhr rechts trägt, ist rechtsextrem. Diese Attribute werden heutzutage so inflationär und oft in verleumderischer und beleidigender Weise gebraucht, daß sie zu bloßen Schimpfworten geworden sind, die man nicht mehr ernst nehmen kann.

Das hat dann leider den verheerenden Effekt, daß aktuelle und historische Menschen und Ereignisse, auf die solche Beschreibungen tatsächlich zuträfen, verharmlost werden bzw. sich leicht hinter diesem Neugebrauch verstecken können.


Theodor Ickler zu »Kopfrechnen«
Dieser Kommentar wurde am 15.03.2024 um 16.50 Uhr verfaßt.

Ein gewisser Prozentsatz der deutschen Studenten ist laut Umfrage (im Auftrag der Bundesbildungsministerin) antisemitisch eingestellt. Aus dem Zeitungsbericht entnehme ich, daß nach der Beurteilung des Kriegs zwischen Israel und den Palästinensern gefragt wurde. Meiner Ansicht nach sollte gerade dieses Thema ausgeklammert werden. Die Veranstalter kommen zu einer feinsinnigen Unterscheidung: „allgemeiner Antisemitismus – israelbezogener Antisemitismus“. Verglichen mit der Gesamtbevölkerung sind die „Studierenden“ weniger allgemeinantisemitisch, aber mehr israelantisemitisch. Man könnte das anders deuten: Sie haben weniger Vorurteile, sind aber politisch interessierter oder besser informiert. Ihre Kritik an Politik und Kriegführung Netanjahus wäre dann gerade nicht „antisemitisch“. Aber was soll das Ganze, und was hat es gekostet?


Manfred Riemer zu »Silbentrennung«
Dieser Kommentar wurde am 15.03.2024 um 01.10 Uhr verfaßt.

Im Amtsblatt Stadt Mannheim vom 14.3.24 lese ich auf Seite 3 die Worttrennung Katast-rophenschutz.
Dazu Duden online:

Von Duden empfohlene Trennung
Ka|ta|stro|phe
Alle Trennmöglichkeiten
Ka|ta|s|t|ro|phe

Es ist wirklich eine Katastrophe.


Christof Schardt zu »Jede und jeder«
Dieser Kommentar wurde am 15.03.2024 um 00.30 Uhr verfaßt.

Die vergeigte Paarformel zieht sich ja durch. Z.B.
tagesschau24, 03.02.2024 15:00 Uhr, Viktoria Kleber vom RBB, zur Großdemonstration gegen Rechtsextremismus in Berlin:
"... aber wenn man sich mal die Demonstrierenden und Demonstrierenden ansieht ..."


Wolfram Metz zu »Jede und jeder«
Dieser Kommentar wurde am 14.03.2024 um 21.28 Uhr verfaßt.

Hundertprozentig kann man bei Scholz selten was raushören. »Bürgerinnen und Bürgern« wird bei ihm ja fast immer zu »Bürgernn und Bürgern«, die erste Endung spricht er minimal länger als die zweite (siehe auch http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1040#47121). Wenn er also »Abgeordnetnn und Abgeordnetn« sagt – wenn er sich auch auf halber Strecke verhaspelt –, kommt das bei mir als »Abgeordnetinnen und Abgeordneten« an. Es besteht wohl kein Zweifel, wie dieser Lapsus zu erklären ist: er ist Folge der völlig mechanisierten Produktion der Paarform.


Die neuesten Kommentare

Zurück zur Übersicht | nach oben


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM