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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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13.04.2012
 

Friede sei mit euch!
Sprachliche Akrobatik zur Religionsfreiheit

Die kostenlose Verteilung von Koranausgaben kann natürlich nicht verhindert werden, da es im Sinne der Religionsfreiheit nichts Einfacheres gibt als die Verbreitung der Grundtexte.
Daß die Druckerei, die jetzt eine Stornierung des Druckauftrages der Salafisten erwägt, überhaupt beim Verfassungsschutz und der Kriminalpolizei angefragt hat, ob gegen den Druck des Korans etwas einzuwenden sei, ist skandalös genug.

Nun bemühen sich Politiker um den Nachweis, daß selbstverständlich nicht der Koran an sich, sondern die Organisation, die ihn verteilt, verboten werden sollte. Es wird interessant sein, die weitere Entwicklung zu verfolgen, gerade in sprachlicher Hinsicht. Bisher zeichnet sich ab, daß angeblich der "Religionsfrieden" gestört werde, wenn die Muslime ebenso Propaganda (übrigens ein christliches Wort) machen wie bisher die Christen, deren Grundschrift man ja auch kostenlos erwerben kann. Juristen freilich können alles (s. Rundfunkgebührengutachten!), und so werden sie es vielleicht noch hinkriegen, den Koran verbieten zu lassen.

(Ich kenne die fragliche Ausgabe noch nicht, nehme aber an, daß die Neuübersetzung, die mein Freund Hartmut Bobzin gerade herausgebracht hat, besser ist.)



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Kommentare zu »Friede sei mit euch!«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.03.2024 um 12.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52943

Man beachte auch die Unbestimmtheit des Beschuldigten: „Die Öffentlichkeit“ begeistert sich für den Ramadan. Wer ist das? Die „Herrschenden“, wie die Regierung in diesen Kreisen gern genannt wird? Die umgevolkte Bevölkerung (danke, Frau Merkel!)? Die „Eliten“? Oder einfach das „(Scheiß-)System“? Um so weniger ist zu erwarten, daß diese diffuse „Öffentlichkeit“ sich für das christliche Fasten begeistert oder auch nur interessiert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.03.2024 um 17.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52942

„Die Öffentlichkeit überschlägt sich geradezu in Enthusiasmus für die muslimische Fastenzeit: mit Straßenbeleuchtungen, Solidaritätsbekundungen und Glückwünschen – während die dieses Jahr etwa zeitgleich stattfindende christliche Fastenzeit keinerlei Interesse in Medien oder Politik hervorruft.“

So schreibt mein Lieblingshaßmagazin. – Der Unterschied besteht vielleicht darin, daß der Ramadan tatsächlich gefeiert wird, während vom Fasten bei den verbliebenen Christen nicht viel zu spüren ist. Rauschhaftes Fasten kann ich mir auch bei meinen Nachbarn nicht vorstellen. Dafür ist bald wieder alles voll von Ostern, wie kürzlich von Weihnachten, mit Straßenbeleuchtung usw. Dagegen kommt jedenfalls hier in Erlangen der Ramadan nicht an.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.03.2024 um 12.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52914

Unsere Tugendwächter, immer wachsam gegen die Islamisierung, haben sehr scharf hingesehen: Auf dem Plakat für die Pariser Olympischen Spiele trägt der Invalidendom kein Kreuz! Allerdings ist er auch sonst grob verfälscht, und Paris liegt nicht direkt am Meer, aber darüber sehen wir großzügig hinweg. Söder, übernehmen Sie und geben Sie unseren Nachbarn ein Symbol der Leitkultur zurück!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.03.2024 um 10.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52890

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35626

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ und die verwandte Goldene Regel, ob positiv formuliert wie in der Bergpredigt oder negativ wie im deutschen Sprichwort, haben zu spitzfindigen Betrachtungen darüber geführt, daß hier die Selbstliebe und also der Egoismus zum Maßstab aller Dinge gemacht werde und erst die kategorische Imperativ davon frei sei. Aber jeder weiß doch, was in Wirklichkeit gemeint und nur redensartlich verkürzt ausgedrückt ist. In der Bergpredigt steht der Satz, wie auch Kurt Flasch es sieht, ganz isoliert und ohne Begründung, aber andererseits sagt Jesus mit erstaunlicher Entschiedenheit, daß die Goldene Regel, ein Gemeinplatz bei Griechen und Indern und von Augustin als „vulgare proverbium“ bezeichnet, nichts anderes als „das Gesetz und die Propheten“ sei, also die ganze kasuistische Gesetzesgelehrsamkeit, unter der bis heute ganze Völkerschaften leiden, vollkommen überflüssig sei. Das ist im jüdischen Kontext revolutionär. Das Moralische versteht sich von selbst (Fichte) oder gar nicht. Ob Jesus nun gelebt hat oder nicht – das hat er jedenfalls sehr gut gesagt, und der Evangelist konnte es unmöglich übergehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.01.2024 um 19.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52693

Sehen wir uns die „Lernbereiche“ des Religionsunterrichts in der bayerischen Grundschule an:

Evangelisch
Lernbereich 1: Nach Gott fragen – Gott ist größer
Lernbereich 2: Jesus Christus – Gott zeigt sich
Lernbereich 3: Kirche – Gemeinschaft der Christen
Lernbereich 4: Gemeinsam das Kirchenjahr gestalten
Lernbereich 5: Beten – tragfähige Worte in der Bibel finden
Lernbereich 6: Kirchenräume – Orte der Gemeinschaft mit Gott und den Menschen
Lernbereich 7: Mit Menschen anderer Religionen im Dialog sein
Lernbereich 8: Das Evangelium der Bibel als befreiende Botschaft wahrnehmen
Lernbereich 9: Existenzielle Fragen stellen – über Antwortangebote nachdenken
Lernbereich 10: Sich Herausforderungen im Zusammenleben stellen

Katholisch
Lernbereich 1: Jeder Mensch – einmalig und gemeinschaftsbezogen
Lernbereich 2: Die Größe und Vielfalt der Welt – Schöpfung Gottes
Lernbereich 3: Nach Gott fragen – Gottesvorstellungen und biblische Glaubenszeugnisse
Lernbereich 4: Ausdrucksformen des Glaubens an Gott – Beten und Handeln, Bilder und Symbole
Lernbereich 5: Die Heilige Schrift – Buch des Lebens und des Glaubens
Lernbereich 6: Mit Gott auf dem Weg – Glaubenserfahrungen des Volkes Israel
Lernbereich 7: Die Zuwendung Jesu zu den Menschen – die Botschaft vom Reich Gottes
Lernbereich 8: Jesus, der Christus – Leben, Leiden, Tod und Auferstehung
Lernbereich 9: In der Gemeinde leben – zur katholischen Kirche gehören
Lernbereich 10: Den Glauben feiern – Jesus Christus begegnen
Lernbereich 11: Christ sein – im Austausch mit anderen
Lernbereich 12: Menschen anderer Religionen begegnen – Juden und Muslime

[Das Ganze voller „Kompetenzen“, worauf ich hier nicht eingehe.]

Aber wieso ist das „Werteerziehung“ und nicht religiöse Unterweisung? Um Werte geht es dagegen durchgehend im Lehrplan für „Ethik“, und man kann das ständige Reden von „Werten“ geradezu als Aufforderung verstehen, sich für Ethik statt Reli zu entscheiden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.01.2024 um 16.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52691

Einen Vorstoß der bayerischen Kultusministerin Stolz (FW), für mehr Deutschunterricht in der Grundschule (wg. PISA) eine von drei (!) Stunden Religionsunterricht zu streichen, hat Söders Kabinett einstimmig abgewendet. Englisch wird gekürzt, Religion auf keinen Fall. Das ist weise Voraussicht, denn um für die Zukunft fit zu werden, brauchen junge Bayern mehr Religion, nicht mehr Englisch. Oder vielmehr: Sie brauchen mehr „Werte“, und deren Vermittlung ist laut Söder das Ziel des Religionsunterrichts. Er hat sogar klargestellt, mit dem neuen Beschluß wolle man keineswegs den Kirchen entgegenkommen. Dabei war es gerade die Kritik der katholischen Kirche, die den Vorstoß der unglücklichen Frau zu Fall brachte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.01.2024 um 05.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52516

Ich glaube Sie gut zu verstehen, weil ich in vieler Hinsicht ähnlich bin. Irgendwo mitzumachen war mir immer ein Greuel. "Keiner schließt sich aus!" war für mich schon als Kind der Horror. Ich beobachte seither bei anderen Kindern, daß manche sich mit Lust ins Getümmel stürzen, während andere gern beiseite stehen und beobachten, und ich glaube, daß sich solche Unterschiede schon gleich nach der Geburt zeigen. "Der Charakter ist das Schicksal."

Das ist die gesellschaftliche Seite. Hängt sie mit der "dogmatischen" zusammen? Was Sie skizzieren, ist eigentlich der Gegensatz zwischen wissenschaftlichem Denken und Irrationalität – ein riesiges Thema, das wir hier nicht erschöpfend diskutieren werden, aber im Auge behalten müssen. Meine Hauptarbeit gilt einer naturalistischen Zeichentheorie. Sich der Verlockung magischer Weltdeutung zu entziehen ist eine faustische Aufgabe: „Könnt ich Magie von meinem Pfad entfernen, die Zaubersprüche ganz und gar verlernen...“ (Faust II, Z. 11.404f.). Das ist das Motto.

Manche Praktiken beruhen auf der Annahme von Beziehungen, die der „Schulwissenschaft“ nicht zugänglich sein sollen. Die Reduktionsform des magischen Denkens wird gern als „Totschlag-Zitat“ formuliert: „There are more things in heaven and earth, Horatio, than are dreamt of in your philosophy.“ (Hamlet V, 1), vgl. Josef Honerkamp https://scilogs.spektrum.de/die-natur-der-naturwissenschaft/es-gibt-mehr-ding-im-himmel-und-auf-erden/

Man darf, was die Religionen betrifft, die Ungleichzeitigkeit nicht vergessen: Während das Christentum seine Selbstgewißheit und damit auch die Überzeugungskraft für andere verloren hat, erlebt der Islam eine unerhörte "Blüte" und wird von manchen christlichen Theologen und Würdenträgern darum beneidet.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 01.01.2024 um 21.04 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52515

Lebendige Religionen sind heutzutage sektenhaft. Man erkennt sie daran, daß sie massiv das Verhalten regulieren, z.B. Sprechen mit Schluckauf verlangen. Dazu Abgrenzung und Strafen gegen Individuen in den eigenen Reihen, z.B. Exkommunikation, wenn man an der Zweigeschlechtlichkeit festhält oder das N-Wort sagt.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 01.01.2024 um 20.46 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52514

Ich vermute mal stark, daß das alles mit der Individualisierung unserer Gesellschaft zu tun hat. Die eingschworene Großfamilie ist nicht mehr nötig, es ist mehr oder weniger egal, ob die eigenen Kinder wegziehen, beruflich erfolgreich sind oder nicht. Wir haben ein ausdifferenziertes Rechts- und Sozialsystem, unsere moralischen "Werte" sind nicht mehr in Geboten festgeschrieben, sondern in Paragraphen.

Ich war selbst immer Eigenbrötler und demzufolge abgeneigt gegenüber gesellschaftlichen Zwängen. Aber das ist ja auch eine angeborene Charaktereigenschaft und gilt natürlich nicht für jeden.

Dadurch daß aber der äußere Konformitätsdruck auf das einzelne Individuum in der modernen Gesellschaft nachgelassen hat (durch Wohlstand, Frieden, wachsenden Verwaltungsapparat usw.), werden Institutionen wie Kirche untergraben. Die Individuen können sich stärker entfalten.

Deshalb glaube ich eher, daß die Kausalität in die andere Richtung geht: Nicht Familientradition entscheidet darüber, ob eine kirchliche Bindung entsteht, sondern angeborene Persönlichkeitsmerkmale entscheiden darüber, welches Verhältnis man zu Kirche und Tradition (oder allgemein zu Konformitätsdruck) entwickelt.

Wer professionell Fußball spielt, muß sich einer Gemeinschaft bedingungslos unterwerfen und macht auch so komische Rituale mit wie Niederknien für "Black Lives Matter". Darum geht es doch, das möglichst reibungslose Zusammenspiel der Individuen, auch unter Aufgabe persönlicher Interessen. Und das Vorurteil der Gläubigen, ohne Religion gäbe es Mord und Totschlag, rührt vielleicht daher.

Richtig ist wohl, daß eine freiere Gesellschaft größere innere Reibungskräfte hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.01.2024 um 19.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52511

Das hat man sicher auch schon erforscht; ich erinnere mich sogar an einschlägige Veröffentlichungen. Den Zahlen traue ich sowieso nicht. Selbsteinschätzungen und dann noch mit so schlecht definierten Begriffen taugen nicht viel. Aber das ändert nichts am Trend, der zweifellos gut charakterisiert ist.

Nach meiner Erfahrung ist der "Glaube" der meisten Christen ein diffuses Gemisch, ungefähr um den Gedanken an eine "höhere Macht" herumgebaut, nur selten so konkret, daß jener Konflikt mit der Wissenschaft überhaupt störend auftreten kann. Und vor allem ein moralischer Impuls. Eine mir sehr liebe und vertraute Person, immer noch katholisch, sagte zu Beginn unserer Bekanntschaft, sie verstehe nicht, wie man als Ungläubiger so moralisch sein kann, wie sie es von mir annahm: Warum betrügen wir unsere Frauen nicht, warum morden wir nicht? Ich brauche nicht zu sagen, was daraus für die Frommen folgte, wenn es Hand und Fuß hätte. Das ist natürlich alles Unsinn und längst überwunden. Genau wie jene Zeit, als man jeden, der die frohe Botschaft nicht annehmen wollte, auf dem Scheiterhaufen verbrannte oder sonstwie vertilgte.

Ich hatte schon mal berichtet, wie es mich in kirchliche Kreise um den befreundeten, seither verstorbenen Eugen Biser verschlagen hatte, der sich sehr mit der "Sprache der Verkündigung" (= der Kirche) beschäftigte. Das finde ich auch interessant, aber natürlich müßte zuvor geklärt werden, welche Botschaft die Kirche heute überhaupt noch verkündigen will. Das ist nicht mein Problem, weil ich noch nie ein Bedürfnis nach Botschaften hatte. Wir beschäftigen uns seit einiger Zeit nebenher wieder stärker mit der Bibel, meist im Anschluß an die famosen "Pfarrerstöchter" mit ihrem Podcast. Mein philologisches Interesse an der Bibel geht weiter zurück, und zum erstenmal ganz gelesen habe ich sie nach meiner Konfirmation, weil mir jemand, wie es üblich war, eine geschenkt hatte. Die alte lederne Familienbibel hatte ich nicht gelesen, aber jetzt, wo sie mein eigenes Buch war, habe ich sie wie alle anderen ganz durchgelesen und erinnere mich auch noch an den hilfreichen Kartenanhang. Luthers Sprache war schon stark modernisiert, aber noch reizvoll genug, und daß alles in Fraktur gedruckt war, fällt mir jetzt erst wieder ein. Ich hätte also leicht ein Christ werden können, war es aber schon damals nicht: Sobald die Frage für mich relevant wurde (mit 12), war sie auch schon entschieden. Wie kommt das?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.01.2024 um 18.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52510

Woher könnte diese enge Verbundenheit der vier bis sechs Prozent wohl kommen, wenn nicht von ihrem Glauben? Es ist unwahrscheinlich, daß andere Gründe wie etwa Familientradition oder Beruf eine besonders enge Kirchenbindung bewirken. Diese anderen Gründe werden wohl eher für die überhaupt noch vorhandene geringe Kirchenbindung zuständig sein.

Wenn also nur 4 bis 6 % aller christlich "Gläubigen" einen Glauben haben, der sie eng an die Kirche bindet, was für einen Glauben haben dann die andern rund 95 % der "Gläubigen" der beiden großen christlichen Kirchen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.01.2024 um 05.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52506

„Mehrheit ist kaum noch religiös ansprechbar“ (Bericht über Silvesterpredigt von Bischof Bätzing)
„Nur noch vier Prozent der katholischen und sechs Prozent der evangelischen Gläubigen geben in der Studie an, ihrer Kirche eng verbunden zu sein.“ (FAZ 31.12.23)
Warum das so ist, sieht man am beigegebenen Foto: Der Bischof mit der Mitra auf dem Kopf und in jener vielschichtigen Kleidung, deren Anlegen der ehemalige Ministrant Garry Wills in seinem Buch „Why Priests?“ so eindrucksvoll schildert und deutet: sukzessive Abschließung von der profanen Welt, in der der Rest der Menschheit lebt.
Hinzu kommt ja die sprachliche „Hülle“, durch die keine menschliche Stimme dringt. Bätzing mahnt Reformen an, aber so wird das nichts!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.01.2024 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52505

Noch einmal zu NOMA:

„Die Naturwissenschaften beschreiben, wie sich die Welt entwickelt hat und erklären kausal den Wirklichkeitsprozess. Religionen geben eine Antwort darauf, wozu die Welt geschaffen wurde, und beschreiben sie telelogisch (!). Die Beiträge namhafter Vertreter der Natur- und Geisteswissenschaften belegen, dass Schöpfung und Evolution keine Gegensätze sein müssen, aber verschiedene Intentionen verfolgen und Bilder prägen. Mit dem Buch wollen die Autoren eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Evolutionstheorie und dem Schöpfungsgedanken ermöglichen.“ (Verlag zu Joachim Klose/Jochen Oehler, Hg.: Gott oder Darwin?: Vernünftiges Reden über Schöpfung und Evolution. Berlin, Heidelberg 2008.)

Das stimmt ja alles gar nicht. Auch die Religionen beschreiben, wie die Welt beschaffen und entstanden ist, und wenn man sie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, die früheren Menschen nicht zugänglich waren, vereinbar machen will, muß man sie umdeuten (allegorisch, symbolisch oder sonstwie). So und nicht anders ist die Beweislast verteilt. "Wozu die Welt geschaffen wurde", kann man ja auch erst fragen, wenn feststeht, daß sie überhaupt geschaffen wurde. Das ist aber gerade die Frage, jedenfalls für kindliche Gemüter, die damit einen Sinn verbinden können.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.12.2023 um 05.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52494

„Das Abendland kennt kein göttliches Recht“
Das schreibt ausgerechnet ein katholisierender Frömmler bei „Tichy“ (gegen den Islam natürlich, wie fast alles dort). Er scheint noch nichts vom „ius divinum“ der Kirche gehört zu haben, das mit dem heidnischen „Naturrecht“ identifiziert wird und bis heute eine große Rolle spielt, unterschwellig sogar in säkularen Verfassungen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.12.2023 um 06.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52463

Die Sechsjährige, die manches in der Schule aufgeschnappt haben mag, erklärt uns, daß der Nikolaus ja nicht überall sein könne und daher seinen Knecht Ruprecht als Vertreter schicke. Daß dessen Omnipräsenz das gleiche Problem aufwirft, bedenkt sie nicht, sondern glaubt dieses zweifelhafte Kapitel befriedigend abgeschlossen zu haben.
Was das Christkind betrifft, merkt man, wie der Zweifel in ihr arbeitet, aber vielleicht tragen die guten Gaben dazu bei, der Sache lieber nicht auf den Grund zu gehen.
Manche sind ja strikt dagegen, die Kindern solche Bären aufzubinden (Dawkins zum Beispiel), aber die Erfahrung lehrt, daß die spätere Beibehaltung oder Verwerfung des Kinderglaubens damit wenig zu tun haben. Ich kenne Familien, deren Kinder trotz gleicher Erziehung später in Gläubige und Ungläubige zerfallen sind. Man muß zufrieden sein, wenn sie trotzdem noch miteinander reden, anders als bei Corona, Klima, Energie...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.12.2023 um 05.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52433

Die Medien lassen es sich nicht nehmen, jene Bilder von Söder mit dem Kreuz wiederabzudrucken. Das hatte ich mit "Kabarett" gemeint. Söder hat seither seinen Ruf als Superopportunist noch gestärkt. Darum nimmt man ihm seine Rolle als Kreuzritter noch weniger ab.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2023 um 16.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52426

Das Bundesverwaltungsgericht hat Söders Kreuz-Erlaß erwartungsgemäß bestätigt. Die Kläger werden vor das Bundesverfassungsgericht gehen, aber der Ausgang ist fast gleichgültig. Jedenfalls haben auch die Kirchen es nun schriftlich, daß das Kreuz kein religiöses Zeichen ist, sondern Brauchtum. Das haben einige Kirchenvertreter gefürchtet. Es wird weder den Kirchen nutzen noch der CSU mehr Stimmen bringen. Nur das Kabarett wird bedient.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2023 um 08.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52423

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33352

Jetzt vor Weihnachten werden wieder oft die "himmlischen Heerscharen" erwähnt, und mir wird bewußt, wie wir solche Wendungen seit Kindheitstagen aufgenommen haben, ohne uns zu wundern.

"Und David antwortete dem Philister: Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Kurzschwert. Ich aber komme zu dir mit dem Namen des Herrn der Heerscharen, des Gottes der Schlachtreihen Israels, den du verhöhnt hast." Usw.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.12.2023 um 05.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52420

Das hier (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41791) erwähnte Buch habe ich gerade zum zweitenmal gelesen: The future of the catholic church with Pope Francis. New York 2015; das Buch handelt übrigens entgegen dem Titel hauptsächlich von der Vergangenheit. Kein Feind der katholischen Kirche könnte die menschenfeindliche und absurde Sexualmoral der Päpste, insbesondere Johannes Pauls und Benedikts, schonungsloser enthüllen als der Katholik Garry Wills. Er ruft auch die detailfreudige Kasuistik rund um die Knaus-Ogino-Methode der Empfängnisverhütung in Erinnerung: die eingehende Beschäftigung zölibatärer alter Männer mit der Körpertemperatur junger Frauen, der Viskosität ihres Vaginalschleims usw. Die genannten Päpste waren der Meinung, die abkühlende Wirkung der unablässigen Rechnerei sei ein gutes Mittel gegen die unfromme Geilheit der Ehemänner.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.12.2023 um 06.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52343

Der bekannte katholische Theologe und Kirchenrechtler Thomas Schüller fordert in seinem neuen Buch "Unheilige Allianz" sehr radikal das Selbstverständliche.
Das Diskussionsklima verändert sich, die Bischöfe werden sich nicht länger die Ohren zuhalten können.
Die Kirchenaustritte veranschaulichen das legendäre Umschlagen von Quantität ind Qualität.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.12.2023 um 08.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52333

Heute gibt es unzählige Belege für „es weihnachtet“, aber es kommt tatsächlich zuerst bei Theodor Storm vor. Für die kirchliche Dogmatik ist es eine harte Nuß. Bezeichnenderweise vollzog sich der Wandel vom christlichen Fest zur nichtreligiösen „Stimmung“ im 19. Jahrhundert. Die Sentimentalisierung ist eine Phase des Übergangs zur Säkularisierung. Je weniger Gläubige, desto mehr Weihnachten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2023 um 11.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52314

„Nachdem man sich von der Kirche befreit hat, will man sich von der weltlichen Variante des Christentums befreien, dem Humanismus, auch bekannt als Sozialdemokratie.“ (Arnon Grünberg. SZ 29.11.23)

Da könnte was dran sein, jedenfalls was das Selbstbild betrifft. Darum hat die SPD im Bundestag keinen Arbeitskreis der Atheisten genehmigt (2019). Mit den "Gottlosen" (Überschrift des Artikels) möchte man nun doch nichts zu tun haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.11.2023 um 15.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52253

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37017

Büßen und beten müssen bayerische Schüler heute nicht, im Gegenteil, sie haben schulfrei, aber tanzen dürfen sie auch nicht. Im November jagt ein Tanzverbot das nächste, vier sind es (von neun im ganzen Jahr). Die Buße der Eltern von Schulkindern besteht darin, daß sie zur Arbeit müssen und oft nicht wissen, wohin mit den Kindern. – Aus der Kirche austreten geht erst am Donnerstag wieder, aber das hat nichts mit dem Vergnügungsverbot zu tun.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.11.2023 um 07.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52170

Die Verfilmung des Falles Edgardo Mortara mag mißlungen sein, aber wenn Gustav Seibt, der das auch findet, als Argument anführt, den Film durchwehe ein Hauch von Risorgimento-Antiklerikalismus, dann müßte er auch erklären, was daran so verkehrt war. Es erinnert an jenes schlichteste aller Argumente gegen Religionskritik: sie sei "19. Jahrhundert" – als sei damit alles gesagt und erledigt.

Manche scheinen auch zu glauben, der Fall Mortara sei ja letztlich gut ausgegangen, weil der entführte jüdische Junge katholischer Priester geworden sei, also wohl mit seinem Schicksal mehr als einverstanden gewesen sein muß.

Dann wäre die Empörung der Weltöffentlichkeit über den Fall damals auch ein bißchen lächerlich gewesen. Alles wird gut. Der selige Pio Nono hat noch heute seine Verehrer.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.11.2023 um 05.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52152

Zu aktuellen Zeitungsberichten wollte ich gerade einen Kommentar eintragen, habe mich dann aber erinnert, daß ich ihn von gut fünf (!) Jahren schon eingetragen hatte: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38556
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.11.2023 um 16.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52116

„Meine Damen und Herren, liebe Gäste, in Gedenken an die Opfer, möchte ich Sie bitten, sich für eine Schweigeminute vom Platz zu erheben.“ (Steinmeier 9.10.23, gemeint sind die Opfer der Hamas)

Solche Aufforderungen empfinde ich immer als etwas übergriffig. Der Priester in seiner Kultgemeinde kann das machen, aber nicht der Politiker vor einer definitionsgemäß pluralistischen Gesellschaft freier Bürger. Ein Bundespräsident ist kein Zeremonienmeister.

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48360
Wo alle niederknien, um zu beten, erregt man Anstoß, wenn man als einziger sitzen bleibt. Jedenfalls nimmt mancher das an und kniet lieber ebenfalls, obwohl er nicht betet. Und ärgert sich, daß seine freundliche Bereitschaft, überhaupt an der Veranstaltung teilzunehmen, mit diesem Konflikt vergolten wird, den er sich sonst erspart, wo es nur geht.
Die Masse, die sich wie EIN Mann verhält, wirkt zweifellos dekorativ. Aber ist das ein Wert? Alle Diktaturen lassen aufmarschieren, das sieht gut aus.
Ich respektiere, daß die anderen gläubig sind und zum Beten niederknien, aber ich darf von ihnen erwarten, daß sie meinen Unglauben ebenfalls hinnehmen. Was wäre ihnen meine Heuchelei auch wert? Vielleicht würden sie wenigstens dieses eine Mal ihre Macht genießen, mich vor dem Geßlerhut auf die Knie gezwungen zu haben, wenn auch unter Ausnutzung meiner Gutmütigkeit? Das wäre allerdings keiner Achtung würdig. Ich bleibe sitzen.
Es geht vorüber, aber ein unangenehmer Nachgeschmack läßt sich nicht tilgen, ein Fremdschämen wegen des Mitläufertums, dessen Zeuge man wieder einmal gewesen ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2023 um 04.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#52032

„Ich kann hier die Bemerkung nicht unterdrücken, daß ich mich oft gewundert habe, wie inhaltsarm große Theologen des 20. Jahrhunderts von ihrem Gott gesprochen haben. Selbst der feine Bultmann schrieb: ‚Macht, die den Menschen in die letzte Einsamkeit stößt, ist Gott.‘ Gott ist demnach Macht, er ist ein Stoßen. Was er uns gibt, ist letzte Einsamkeit, als hätten wir davon nicht auch ohne ihn schon genug.“ (Kurt Flasch: Warum ich kein Christ bin. München 2013:149)

Mir aus dem Herzen gesprochen. Ich habe Bultmann, Rahner und andere noch erlebt und sah nur Eitelkeit auf Erden, wobei das existentielle Pathos den wohlversorgten Ordinarien besonders übel zu Gesicht stand. ("I cried all the way to my bank...") Sie wissen über den Gegenstand ihres Interesses so wenig wie du und ich, tragen es aber in edelster Rede vor, jeder mit den Kennworten, für die er berühmt geworden ist. Flasch zitiert eine dieser Preziosen. Nach jedem Satz spürt man die Genugtuung darüber, wie wunderbar sie es wieder hingekriegt haben.

Es kann definitionsgemäß keine "großen" oder "bedeutenden" Theologen geben. Es gibt ja auch keine großen Astrologen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2023 um 17.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51967

Ob religionskritische Schriften überhaupt etwas bewirken, wird man nie feststellen können. Atheisten sind ja gewöhnlich nicht bekehrt worden, sondern stellen eines Tages fest, daß sie nicht an Gott glauben. Selbst wenn ein Text ihnen „die Augen geöffnet“ haben sollte, müssen es gut vorbereitete, sozusagen unverklebte Augen gewesen sein. Insofern könnte man fragen, ob die religionskritischen Schriften von Dawkins, Dennett usw. überhaupt einen Sinn haben. Als Werbung für den Unglauben vielleicht nicht, aber angesichts der Flut theologischer Literatur und des tatsächlichen Einflusses der Religionsgesellschaften sind gelegentliche Antworten kaum zu vermeiden. (Sie verschwinden ohnehin in der Flut des Affirmativen.) Auch zur Zurückdrängung dieses Einflusses braucht man Argumente. Bei der Durchsetzung der christlichen Religion wurden zuerst hauptsächlich „apologetische“ Texte verfaßt; sie verteidigten die Ansprüche der Religion gegen die der Philosophie. Apostel und Kirchenväter waren sich der Absurdität des christlichen Glaubens durchaus bewußt – und stolz darauf. Auf die Vernunft einzuprügeln verschaffte ihnen eine besondere Genugtuung von Tertullian bis Luther („Hure Vernunft“).
Mangels Argumenten wird der Religionskritik vorgeworfen, sie sei „militant“ (der freundliche Herr Dawkins!) oder „primitiv“ („the village atheism of a B. F. Skinner attempts to explain away human freedom and dignity“, so Jerome Bruner, sein Kollege in Harvard) - wozu es noch die Variante gibt, sie sei „19. Jahrhundert“.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.09.2023 um 05.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51703

„Kaum zu glauben, aber wahr: wie das Magazin Galileo berichtet, wird die Lebkuchen-Produktion bereits im Sommer begonnen.“ (Merkur)
Der kleine Fritz glaubt anscheinend, daß die Backwarenindustrie erst in der Adventszeit die frommen Hände zur Herstellung von Lebkuchen rührt.
Der Christstollen (eigentlich ein Windelpaket, vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33288) wird inzwischen rund ums Jahr produziert und gegessen – ein weiteres Zeichen des Niedergangs christlicher Kultur. Bald werden wir Halva und andere barbarische Leckereien auf dem Gabentisch finden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.08.2023 um 12.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51621

Die kirchlichen Feiertage sorgen jedes Jahr für Verwirrung, weil wir immer wieder vergessen, ob die Geschäfte geöffnet sind oder nicht usw. Die Zeitung erscheint in München, also heute nicht, obwohl wir im heidnischen Erlangen wohnen, wo die Geschäfte, die wir jetzt wieder im Überfluß haben, nachdem wir 20 Jahre lang überhaupt keins hatten, heute möglicherweise offen sind. Ich muß auch jedes Jahr nachschlagen, um zu wissen, was es heißt, in einer Gegend mit "überwiegend" katholischer Bevölkerung zu leben. Also:

Dabei ist „überwiegend“ nach Art. 1 Abs. 3 FTG nicht durch die absolute oder relative Mehrheit der Bevölkerung definiert, sondern nur durch den Vergleich der Mitgliederzahl der römisch-katholischen und der evangelisch-lutherischen Kirche in der jeweiligen Gemeinde. Daher ist der Tag zum Beispiel in München gesetzlicher Feiertag, obwohl der Bevölkerungsanteil der Katholiken in München nur gut ein Viertel beträgt (Stand 2022). Entsprechend den Bevölkerungsstatistiken ist Mariä Himmelfahrt derzeit in 1704 von 2056 (etwa 83 %) bayerischen Gemeinden gesetzlicher Feiertag. Seit dem 15. August 2014 gelten erstmals die Ergebnisse des Zensus 2011. (Wikipedia)

Wenn es also in München nur noch zwei Katholiken und einen Protestanten geben sollte, wäre Mariä Himmelfahrt immer noch gesetzlicher Feiertag. Aber das ist natürlich reine Theorie, die noch aus einer Zeit stammt, als die Bevölkerung beinahe säuberlich in die Mitglieder der beiden Großkirchen einzuteilen war. In Wirklichkeit läßt sich die Macht des Faktischen nicht auf immer verleugnen, und die Bevölkerungsstatistik hat sich seither in einem Maß verschoben, das sich schon bald nicht mehr ignorieren lassen wird. Die kirchlichen Feiertage werden wahrscheinlich auf Druck der Gewerkschaften beibehalten und ausgeweitet, aber vermutlich umgewidmet („Tag der Energiewende“ o. ä.).

In den vielen Beiträgen über die Kirchenaustritte werden zwar Ursachen wie das Nachlassen des gesellschaftlichen Drucks, die Kirchensteuer und der sexuelle Mißbrauch erwähnt, aber selten die dogmatischen Hintergründe: Was glauben die Menschen, und was sollen sie glauben, und wie paßt das zu ihrem Leben und Arbeiten? „Mariä Himmelfahrt“, das bisher letzte Dogma der katholischen Kirche (1950, fast 2000 Jahre nach dem legendären Ereignis) wäre ein guter Anlaß, mal darüber nachzudenken. Was für eine Welt öffnet sich da, wenn man die enzyklopädischen Lexika durchsieht oder auch die Vatican News vom Tage!

Die Verewigung des Geschäftsmodells sehen wir ja auch bei den Fernsehgebühren. Selbst wenn niemand mehr fernsieht, bleiben die Gebühren als Demokratieabgabe erhalten und steigen sogar regelmäßig. Die Kirchen werden ihre Einkünfte auch zu verstetigen wissen („Kulturbeitrag“?). Verfassungsjuristen wie Paul Kirchhof werden helfen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.08.2023 um 06.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51620

Der neue Zensus ist noch nicht fertig ausgewertet, aber er dürfte zur Folge haben, daß in vielen bayerischen Gemeinden der Feiertag „Mariä Himmelfahrt“ gestrichen wird. Allerdings: [Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Mittelfranken fordert hingegen, den 15. August als Feiertag auf ganz Bayern auszuweiten. "Die aktuelle Regelung ist aus der Zeit gefallen", sagte der mittelfränkische DGB-Geschäftsführer Stephan Doll. "Die Menschen in Nürnberg und allen anderen evangelischen Gemeinden verdienen genauso einen freien Tag." Dies solle die neue Staatsregierung nach der Landtagswahl umsetzen.
Es dürfte nur eine verschwindende Minderheit sein, die das Dogma glaubt oder auch nur versteht, das gleichzeitig in den Vatican News nachzulesen ist, aber wie so oft ziehen die praktischen Folgen um so schärfer an, je mehr „die Dogmen zu Ende gehen“ (vgl.http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1544#27638).
Der Gewerkschaftsbund kommt naturgemäß nicht auf die Frage, ob nicht eher das Dogma „aus der Zeit gefallen“ ist. Wenn es nach ihm geht, hätte auch eine vollkommen säkularisierte Gesellschaft ein Recht auf bezahlte kirchliche Feiertage. Der Landtag wird folgen, weil er mit Recht annimmt, daß die Mehrheit der Wählerschaft lieber nicht arbeitet als arbeitet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.08.2023 um 08.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51565

„Mitglieder des Ordens tragen hinter ihrem Nachnamen den Namenszusatz SJ (Abkürzung für Societas Jesu).“ (Wikipedia Jesuiten)
Die Ideologie als Namenszusatz wirkt wie ein Warnschild: „Bitte nicht mit mir diskutieren, ich vertrete pflichtgemäß nur die Meinung meines Ordens.“ Schließlich haben die Jesuiten den „Kadavergehorsam“ erfunden (Ignatius: ac si cadaver essent). Dawkins zitiert Tennysons berühmtes Gedicht „The charge of the light brigade“ (Theirs not to make reply, Theirs not to reason why, Theirs but to do and die) und gibt noch weitere Beispiele für diese hochgepriesene Tugend. Übrigens kann man Tennyson auf einer der ältesten Tonaufnahmen just mit diesem Gedicht hören, bei Youtube oder auf einer CD mit ganz frühen Lesungen verschiedener Schriftsteller.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.07.2023 um 05.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51490

Berlin will den Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach einführen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.07.2023 um 05.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51478

Vor 110 Jahren fand der Freideutsche Jugendtag auf dem Hohen Meißner statt, unserem "Hausberg" (vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1289#15864). Zufällig stoße ich auf den Wikipedia-Eintrag https://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Freideutscher_Jugendtag, die ich hier erwähne, weil ihm eine Liste bekannter Teilnehmer beigegeben ist. Die hat mich wirklich erstaunt. Sehen Sie doch mal rein - hätten Sie das gedacht? Walter Benjamin neben Rudolf Carnap, Manfred Hausmann und Hans Reichenbach...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.07.2023 um 04.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51402

Die öffentliche Verbrennung des Koran kann keinen anderen Zweck haben, als die Muslime zu Gewalttätigkeit aufzustacheln und dann mit dem Finger auf sie zeigen zu können, weil sie so intolerant sind; sie müssen eben raus aus Schweden. Richter, die sich dafür hergeben, haben anscheinend vergessen, was die weisen Römer ihnen hinterlassen haben: "Summum ius summa iniuria", und auch in "Fiat iustitia, pereat mundus" wird die verhängnisvolle Konsequenz kritisiert. In einem säkularen Staat verdient die Religion keinen Schutz, nicht wahr? Wie wäre es, bei hellichtem Tage auf dem Marktplatz zu kopulieren? Die Hunde tun es doch auch, und "Sitte" hat im Recht nichts zu suchen...
In Indien könnten Hindus und Muslime friedlich und für alle vorteilhaft zusammenleben, aber dann müssen einige Muslime eine Kuh zum Schlachten mitten durch ein Hindu-Fest treiben, und die Hindus planieren eine Moschee, um einen Tempel darauf zu bauen usw.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.07.2023 um 04.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51397

Es gibt vielleicht kein Volk, das so an Astrologie (jyotisha) glaubt wie die Inder. Das wird auch in vielen Werken indischer Autoren bestätigt. Wenn der Dorfastrologe abrät, unterbleibt eine Eheschließung, wird ein Termin verschoben und damit vielleicht eine Chance verspielt – was auch auf höchster Ebene schon vorgekommen sein soll, z. B. während der Unabhängigkeitsbestrebungen. (Man denkt an Nikias im Peloponnesischen Krieg.)
Bei Prafulla Mohanti (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1506#51263) berichtet z. B. ein Zimmermann, daß der Hausbau Schritt für Schritt vom Astrologen mitgesteuert wird, obwohl der von der Sache gar nichts versteht. Er selbst scheint es zu billigen, kennt es auch gar nicht anders. Das Mitmischen des Pfarrers bei allen möglichen Gelegenheiten kennen wir ja auch, mit dem Unterschied, daß die Hindus keine Kirche haben.
Indira Gandhi unternahm nichts ohne Konsultation ihres Astrologen (wie mir die Gattin eines Exministers bestätigte, die sie gut kannte).
Die Astrologie kann widerlegt werden, aber das kommt nicht gegen die vielen Pseudobestätigungen an – und gegen die Tatsache, daß das Experimentum crucis nie gewagt wird. Oder vielmehr: Eine Ehe, die gegen den Rat des Astrologen geschlossen wird, führt ins Unglück. Dorthin führen zwar auch die meisten anderen Ehen, aber das hat dann andere Gründe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.07.2023 um 04.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51379

Die Lehren der Religionen sind eigentlich sehr einfach, sonst könnten sie ja nicht vom ganzen Volk geteilt werden. Erst die Theologen machen daraus unter Rechtfertigungszwang (Apologetik angesichts von Skepsis und konkurrierenden Religionen) etwas Kompliziertes, schaffen ein Begriffsgestrüpp, unter dem man den Kern kaum noch wiedererkennt, und betrügen damit sie selbst und andere. Was soll man davon halten, daß jemand 13 Bände mit einer Explikation der Kirchenlehre füllt und das Ganze für immer noch nicht vollendet erklärt? Ohne den sogenannten Volksglauben, auf den die akademisierte Theologie nachsichtig herabblickt, gäbe es auch die Lehrstühle nicht, auf denen sie thronen. Theologie ist das Gegenteil von Frömmigkeit.

Dies wird allmählich für jedermann sichtbar, und das ist einer der Hauptgründe für den Mitgliederschwund.

Übrigens spürt man schon im Rigveda auf Schritt und Tritt das Bestreben der Theologen (Brahmanen), sich durch gelehrten Überbau und Verrätselung der um das Opfer herum praktizierten Naturreligion unentbehrlich zu machen. Der respektlose Hermann Oldenberg weist immer wieder darauf hin.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.06.2023 um 14.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51216

Fronleichnam kommt nicht von Leiche, hat auch nichts mit Leichnam zu tun, sondern ist einer (!) der höchsten Feste im katholischen Kirchenjahr. Mit Josef Kraus, nicht nur ehemaliger Oberstudiendirektor und Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, sondern auch Katholik, klären wir, was es mit Fronleichnam auf sich hat. (Holger Douglas bei Tichy 8.6.23)

Man lernt nie aus. Aber mit Josef Kraus ist das katholisch-frömmelnde Magazin schon an der richtigen Adresse.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2023 um 05.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51204

Europäische Indienschwärmer behaupten gern, im hinduistischen „Tat tvam asi“ den Trost ihres Lebens gefunden zu haben. Was der Glaube an die All-Einheit bedeutet oder bedeuten kann, haben Religionswissenschaftler wie Hans-Jürgen Greschat beschrieben, aber Nirad C. Chaudhuri hat es erlebt. Er erzählt über seinen Redaktionskollegen Sajani:

I was told about his capacity for farcical extravagance soon after being introduced to him. He was living in a boarding-house, and one day he quite characteristically offered a bet of five rupees by challenging anybody to take some human excreta from the toilet and eat it. He did it, and won his five rupees. By doing so he even acquired for the time being a reputation for holiness or saintliness in the Hindu manner, for it was one of the marks, indeed one of the requirements, of becoming and being recognized as a Hindu holy man that the aspirant should make no distinction between sandalwood paste and human faeces, and regard them as the same thing. This was called chitta-suddhi, i.e. purification of the mind. Thus it was quite natural that after Sajani had performed his feat, another young man should fall at his feet, crying in a broken voice: ‘You are a Sadhu, you are a Mahatma. With your blessing, I shall also do the same.’ So, he took a pinch of excreta from the toilet and tried to eat it. But he betrayed his inferior spiritual potential by vomiting it out. The others set him down as a presumptuous fool. (Nirad C. Chaudhuri: Thy Hand, Great Anarch! India 1921-1952. London 1987:218f.)

So hat Schopenhauer sich die Praxis zur Lehre der Upanischaden wohl nicht vorgestellt. Aber in der krausen Wirklichkeit liegen das Erhabene und das Lächerliche eng beieinander. Es fällt nicht schwer, aus anderen Religionen ähnliches beizusteuern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.05.2023 um 14.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51157

Manchmal schlägt der Heilige Geist recht unbarmherzig zu: An der Front stehen eine dyslexische bildungsarme junge Frau samt Schminkteam und ein ratloser Dreitagebart, der einen Hoffotografen beschäftigt, um ihn ins rechte Bild zu setzen. (Matthias Matussek in einem sehr christlich gestimmten Pfingstbeitrag)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.05.2023 um 05.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#51035

2023 diskutieren sie in Israel, ob und wie man elektrischen Strom auch am Sabbat nutzen kann, obwohl es eigentlich verboten ist, „Feuer zu machen“ oder das von anderen verbotenerweise angemachte Feuer zu nutzen. Die Christen kennen in solchen Konflikten das „Gottesbescheißerle“. Wie man da rauskommt, ist angesichts der Machtverteilung eine hochbrisante politische Frage.
Die Logik der Reinheitsgebote führt zum Ersticken. Ich bin kein Christ, aber daß der Sabbat um des Menschen willen da sei und nicht umgekehrt, ist schon eine befreiende Einsicht Jesu und vermutlich echt, weil sie der Orthodoxie widerspricht. Übertragbar.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.04.2023 um 06.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50891

„Alles ist voller Götter“ – was immer Thales damit gemeint hat, solche Götter wollen gewiß nicht, daß wir sie „fürchten und lieben“ und daß die Verehrung anderer Götter ein todeswürdiges Verbrechen ist. Pantheismus (Spinoza, Goethe) galt mit Recht als Spielart des Atheismus. Wo alles göttlich ist, ist nichts göttlich. Gesellschaften können sehr verschiedene Diskussionskulturen entwickeln, und einen großen Unterschied macht es, ob Rechtgläubigkeit über allem wacht oder nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.03.2023 um 06.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50667

Lukrez wußte noch nicht einmal von den Inkas, als er schrieb: Tantum religio potuit suadere malorum.

Bruno Snell stellt die griechische Religion als Versuch dar, dem Grauen der primitiven Menschen vor der Natur etwas entgegenzusetzen (Helmut Berve, Hg.: Das neue Bild der Antike I: Hellas. Leipzig 1942:109). Dagegen (anderswo schon zitiert):

„What reason is there to assume that all hunting and gathering peoples would stand in awe and terror at the world they have grown up in?“ (Noel W. Smith: Greek and interbehavioral psychology. Lanham, New York, London 1990:34)

Die Inkas haben das Grauen erst angerichtet, bevor die Spanier dem Blutrausch ein Ende bereiteten (mit welchen Mitteln – das ist eine andere Frage).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.01.2023 um 05.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50334

Die historische Existenz Jesu ist so unsicher, daß sich allein um das „Testimonium Flavianum“ eine breite Literatur entwickelt hat, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Testimonium_Flavianum und
https://de.wikipedia.org/wiki/Außerchristliche_antike_Quellen_zu_Jesus_von_Nazaret
(gute Artikel!). Daß die überlieferte Fassung bei Flavius so nicht echt sein kann, springt in die Augen. Albert Schweitzer erinnert in seiner berühmten „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“ an 3000 Seiten lange romanhafte Ausschmückungen des Lebens Jesu aus dem 18. Jahrhundert und gesteht ihnen bei aller Absurdität sogar zu, etwas erkannt zu haben, was der zeitgenössischen Theologie entgangen ist.
(Wenn man, wie ich, an einer Albert-Schweitzer-Schule – vormals Adolf-Hitler-Schule – Abitur gemacht hat, sollte man wenigstens dieses Buch gelesen haben und nicht nur, wie damals viele Kinder, „Beim Oganga von Lambarene“. Wie ich höre, fragt ein Personaler beim Bewerbungsgespräch die Kandidaten, was sie über den Namensgeber ihrer Schule wissen. Keine schlechte Idee.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.01.2023 um 08.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50331

Mythology, which was the bane of the ancient world, is in truth a disease of language. (Max Müller: Lectures on the science of language, 1862)

An den Alten kann man noch die deutliche Sprache bewundern. Heute wird alles mit Bildungsphrasen zugedeckt; man möchte ja nicht als Banause dastehen, der die „Wiederkehr des Mythos“ oder die „Neue Spiritualität“ verschlafen hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.01.2023 um 04.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50247

As I understand the Christian Religion, it was and is a Revelation. But how has it happened that Millions of Fables, Tales, Legends have been blended with both Jewish and Christian Revelations that have made them the most bloody Religions that ever existed? (John Adams an François Adriaan Van der Kemp, 27.12.1816)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf ein prophetisch wirkendes Buch hinweisen, das Garry Wills schon 1999 veröffentlicht hat, also lange vor Trump und der von ihm angetriebenen Entwicklung: A Necessary Evil: A History of American Distrust of Government.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.01.2023 um 06.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50240

Die Meinungs- und Pressefreiheit wird anderswo teils enger, teils weiter ausgelegt als bei uns, aber es gibt schon eine auffallende Tendenz, die Strafbarkeit wg. Beleidigung unter anderem Namen immer weiter auszudehnen, um verlorenen Boden zurückzugewinnen. Man denke an den versteckten Ersatz für den weggefallenen Straftatbestand der Gotteslästerung.

Nun zu einem aktuellen Fall: „Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“ – mit diesem problematischen Paragraphen sollen nun Homosexuelle zum Schweigen gebracht werden, die über den Tod ihres Erzfeindes Ratzinger nicht unglücklich sind. Zwar hatte die katholische Kirche, unter besonderer Mitwirkung des Mitverfassers des KKK, ihren Ton gegenüber Homosexuellen gemäßigt, aber in der Sache galt weiterhin, daß sie, mag auch ihre Veranlagung nicht vorwerfbar sein, jede Betätigung ihres gegen die natürliche Ordnung verstoßenden Triebs zu unterlassen hätten. Auch wenn man sich ein „Look who is talking!“ verkneift, kann man das wohl als extreme und auch weltfremde Kränkung ansehen und zurückweisen.

„Nach herrschender Meinung schützt die Norm das Pietätsgefühl der Angehörigen und die Menschenwürde des Verstorbenen, die als postmortales Persönlichkeitsrecht über seinen Tod hinaus fortwirkt.“ (usw., Wikipedia – es ist ziemlich verworren)

Die Kirche täte meiner Ansicht nach gut daran, hier nicht zu insistieren, sonst kommt alles auf den Tisch, auch der weithin unbekannte Inhalt des Katechismus, der ja in vieler Hinsicht nicht von dieser Welt ist. Schon der Kruzifixstreit hat ihr nicht gut getan, was allerdings viele Theologen selbst längst ebenso sahen. Es waren nicht zuletzt Politiker, die sich verrannt und verkalkuliert hatten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.01.2023 um 16.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50190

Schon wird dargelegt, daß für die Heiligsprechung des verstorbenen Papstes zwei Wunder bewiesen werden müßten. Wie Kant gezeigt hat, können Wunder nicht bewiesen werden. Man kann nur daran glauben oder nicht.

Davon abgesehen wirkt das Procedere mit Advocatus Diaboli usw. mittelalterlich und ist es ja auch. Man könnte es als malerisches Brauchtum mit allem Pomp durchziehen, aber anders als früher würde es nicht mehr geglaubt. Und damit stellt sich die Frage, ob es der Kirche aufhelfen würde.

Hat man eigentlich Ratzingers Körper vorsorglich einige Teile entnommen wie jene 5 oder 6 Ampullen Blut von seinem Vorgänger?

Und was wird aus dem Langenscheidt-Taschenwörterbuch Italienisch, das der deutsche Rechtschreibkünstler Christian Stang dem Papst geschenkt hat? Der Heilige Vater hat es doch sicher immer mit sich getragen, wodurch es ebenfalls eine Art Reliquie geworden ist,

Es könnte zu einer geringfügigen Verzögerung kommen: Der Papst soll einmal die Unwahrheit gesagt haben, aber der Anlaß war nichtig im Vergleich mit den von ihm verfaßten oder verantworteten Geheimschreiben, wodurch die Bischöfe ermahnt wurden, Fälle von sexuellem Mißbrauch auf keinen Fall an die weltliche Justiz zu melden, sondern nur an den Papst selbst. Das war die bis heute folgenreiche Aufforderung zur Justizbehinderung und selbst strafbar.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.12.2022 um 18.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50132

Papst Benedikt ist schwer krank, Franziskus bittet um Gebete (BILD)

Wer ist noch mal Papst? Immer noch wir?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.12.2022 um 05.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50089

Im Gleichnis vom Senfkorn sagt Jesus, daß aus dem kleinsten Samen der höchste Baum werde, der alles andere überragt und auf dem die Vögel sich niederlassen werden. Ich muß gestehen, daß ich mir ohne weiteres Nachdenken darunter auch immer einen riesigen Baum vorgestellt habe.
Viele Erklärer, vor allem für die Schule, verändern entweder die Übersetzung, so daß die Senfpflanze nur eine etwas größere Staude ist (die im Orient auch größer werden soll als bei uns), oder sie deuten das Wort für „Baum“ um, und es gibt noch weitere hermeneutische Pirouetten.
Vor dem starken Frost der letzten Wochen werden viele die gelben Felder gesehen haben, gewissermaßen die Entsprechung zur Rapsblüte im Frühling: Das ist der Ackersenf, der im November blüht und der dann als Gründüngung untergepflügt wird. Das Kraut wird etwa 1 m hoch, und der schwarze Senf, den man anderswo anbaut, ist auch nicht viel höher.
Mark Twain würde sagen, die Evangelisten waren schlechte Schriftsteller.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.12.2022 um 04.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50071

Religionskritiker (Dawkins, Hitchens, Sam Harris) lassen sich selten eine Stelle aus dem 2. Buch Könige entgehen: Knaben verspotten den Propheten Elischa wegen seiner Glatze. Er läßt mit Gottes Hülfe zwei Bärinnen kommen, die 42 Kinder töten.

Da ist theologisch guter Rat teuer? Ach was, das paßt schon: https://www.bibelkommentare.de/fragen/367/warum-mussten-die-kinder-die-elisa-verspotteten-sterben

Die Leserin, die hier um Rat gefragt hatte, wußte zwar vorab: Was Gott tut, das ist wohlgetan. Aber sie hätte doch gern eine beruhigende Erklärung der strengen pädagogischen Maßnahme gehabt, und sie wurde ihr zuteil.

Philologen würden anders an den Text herangehen, hätten allerdings auch keine Antworten auf existentielle Fragen daraus abzuleiten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.12.2022 um 07.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50043

Gott befiehlt manchmal, alles zu töten, was an die Wand pißt (1. Samuel 25, Luther), und noch manches andere dieser Art. Die „Pfarrerstöchter“ (Sabine Rückert, Johanna Haberer im Bibel-Podcast) machen solche Stellen verdienstvollerweise einem größeren Publikum bekannt, aber besonders interessant fand ich das Eingeständnis der Erlanger Theologieprofessorin Haberer, daß zahlreiche greuliche Stellen des AT auch während ihres Theologiestudiums nicht gelesen wurden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß viele Theologen sich dazu aufraffen, die übersprungenen Teile auf eigene Faust zu lesen, schon gar nicht im Original. Altphilologen befremdet das, denn sie können sich solch selektive Lektüre (Homer, Vergil) nicht leisten.
Gestern kamen zwei junge Damen, vielleicht noch Schülerinnen, an die Haustür, die ich normalerweise sofort wieder schließen würde, wenn Bettelvolk für einen guten Zweck sammelt. Aber weil bald Weihnachten ist, ließ ich mir die erste Frage gefallen: „Halten Sie Frieden in der Welt für möglich?“ Das verneinte ich und gab eine kurze Begründung, obwohl ich schon wußte, worauf es hinauslaufen würde. Unbeirrt fragten sie denn auch weiter, ob ich es für möglich halte, in der Bibel eine Anleitung zum Frieden in der Welt zu finden. Das war a fortiori eigentlich schon beantwortet, aber ich gab einige sehr unfriedliche Stellen aus dem AT an und ließ durchblicken, daß die beiden an einen schwer bibelfesten Ungläubigen geraten waren, was ihnen einerseits gefiel, andererseits unbehaglich war. Ich mußte dann aber an meinen Kochtopf zurück, und wir trennten uns in gegenseitigem Wohlwollen und totalem Unverständnis. Es waren wohl Jehova-Zeuginnen, die nur wiedergeben können, was ihnen ihr Schulungsleiter beigebracht hat. Aber ist es so verschieden von der Theologenausbildung (s. o.)? Eher zurückgeschrumpft und daher auch in stiller Gegnerschaft zu den dialektischen Künsten der akademischen Eierköpfe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.12.2022 um 07.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50030

Was das Staatskirchenrecht betrifft, sind wir alle immer noch "Reichsbürger". Die pauschale Übernahme der Religionsartikel aus der Weimarer Reichsverfassung in das Grundgesetz beweist es.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.12.2022 um 06.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#50000

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47973 usw.

„Als Jakob auf dem Weg ist, sich eine Ehefrau zu suchen, begegnet er zufällig Rachel, die die Schafe ihres Vaters hütet, und verliebt sich in die schöne Frau.“ (Wikipedia)

Thomas Mann läßt die schöne Frau zwölf Jahre alt sein, was durchaus plausibel ist, auch wenn heutiger Unverstand davon nichts wissen will.

Jakobs Liebe zu Rahel ist zwar knapp, aber eindringlich beschrieben; sonst gibt es nicht so viele individuelle Liebesgeschichten im AT, die intensivste Leidenschaft ist merkwürdigerweise die Beziehung zwischen David und Jonathan. Nach dessen Tod klagt David: „Deine Liebe zu mir war wundervoller als die Liebe von Frauen.“ Oder nach einer neueren Übersetzung „Deine Freundschaft war mir mehr, als Frauenliebe je bedeuten kann.“ Daran ist nicht zu deuteln, und die Pfarrer haben ihre liebe Not.

Beide waren verheiratet und hatten Kinder; daher die moderne Deutung ihrer Beziehung als „bisexuell“, was aber auch anachronistisch wirkt. Für den Leser der alten Griechen ist das nichts Besonderes. Die Knabenliebe der Oberschicht gehörte zeitweise dazu, aber die Männer lassen sich weder als homosexuell noch als pädophil bezeichnen. Die Beziehung zur Ehefrau war selten von Leidenschaft geprägt, im Judentum noch seltener, weil die Ehen arrangiert wurden. Warum sollte die Beziehung zu einem anderen Mann so viel anders dargestellt werden als die zu einer Geliebten? Außerhalb der rechtlich geregelten Ehe war offenbar vieles möglich. Man hat gegen die homosexuelle Deutung eingewandt, es gebe keinen der üblichen Euphemismen für Geschlechtsverkehr zwischen David und Jonathan. Natürlich nicht! Man konnte doch nicht sagen, daß David Jonathan „erkannte“ oder „seine Füße aufdeckte“ usw.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.11.2022 um 06.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49938

Dawkins und Dennett vergleichen Religionen mit Viren, die wie alle Meme „egoistisch“ sind, d. h. nur der eigenen Verbreitung nutzen. Dennett gesteht zu, daß Religionen ihren Anhängern Vorteile bringen, und auch Susan Blackmore hat sich von ihrem früheren Standpunkt entfernt, daß sie nur schaden; wegen der höheren Geburtenrate unter Gläubigen sieht sie nun auch einen adaptiven Wert. (https://www.theguardian.com/commentisfree/belief/2010/sep/16/why-no-longer-believe-religion-virus-mind). Auch das ist bloße Spekulation und kaum geeignet, Erfolg und Mißerfolg religiöser Ideen zu erklären. Diese sind auch viel zu wandelbar und diffus, als daß sie einer historischen Selektion unterworfen sein könnten.

Schon beim vertrauten Christentum wüßte man kaum zu sagen, was eigentlich die Idee ist, die alle Christen verbindet, und damit meine ich nicht die Glaubenslehre aus dem Konfirmationsunterricht, sondern das, was das tägliche Leben bestimmt. Aber um das mal beiseite zu lassen: Was ist der Hinduismus? Ich habe mehrere Bücher darüber, auch von Indern, und bin so klug als wie zuvor. In Indien scheint mir eine tiefe Überzeugung von einer Alleinheit und von der Wiedergeburt noch am ehesten die meisten zu verbinden, aber was bedeutet es im Alltag? Die Inder sind genau wie wir auf ihren individuellen Vorteil bedacht und gegenüber Tieren sogar besonders grausam, wenn es nicht gerade Kühe oder Elefanten sind. Wirklich beherrschend war und ist das Kastenwesen, das aber erst später mit der Religion verknüpft worden ist. Kaum war Rishi Sunak britischer Premierminister, machten sie sich in indischen Zeitungen Gedanken über seine Religion und führten an, immerhin sei er Vegetarier... Wie schon erwähnt, verlangen manche als Zeugnis hinduistischer Glaubenstreue das Hersagen des Gayatri-Mantras, von dem in älterer Literatur nie die Rede ist. Alles verschwimmt – was zu beweisen war.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.10.2022 um 16.51 Uhr  
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Ich denke, daß in Deutschland eine Tendenz besteht, Religionsfreiheit überzubewerten, und zwar in dem Sinne, daß man sie nur benennen muß, schon knickt jedes Gegenargument ein.

Es besteht ja kein Zweifel, jedenfalls für mich, daß jeder glauben oder nicht glauben kann, was er will, daß man seinen Glauben ändern, ihn äußern und kultische Handlungen auch öffentlich ausüben darf, wenn es im Rahmen der Gesetze erfolgt und niemand unzumutbar belästigt wird.

Aber es gibt doch auch Punkte wie die Beschneidung bei Jungen und bei Mädchen, Schächtung von Tieren, Verbot bestimmter Speisen, Gleichberechtigung, Kopftuchpflicht, Gesichtsvermummung, große, markante Bauwerke, Schallbelästigung im öffentlichen Raum, die sehr wohl diskutabel sind, wo nicht von vornherein alles einfach als Sache der Religionsfreiheit abgetan werden kann.

Ich halte es auch für bedenklich, wenn unsere jetzige, von einer christlichen Prägung her säkularisierte Kultur durch unverhältnismäßig hohe Einwanderung in Verbindung mit vermeintlicher Religionsfreiheit irgendwann in die Minderheit gerät und eine andere Religion die Oberhand in der Gesellschaft gewinnt. Manche behaupten zwar, das finde nicht statt, aber den Beweis bleiben sie schuldig.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 16.10.2022 um 11.19 Uhr  
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Immerhin wird mal wieder über die DITIB diskutiert. Ausgerechnet ein Propaganda- und Manipulationsorgan Erdogans hat die Lizenz zum Nervtöten gefordert und erhalten.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 16.10.2022 um 08.22 Uhr   Mail an
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Die Beschallung des öffentlichen Raums halte ich aber für ein gesondertes Problem.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2022 um 07.14 Uhr  
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Diese Frage läßt sich allzu leicht beantworten.

Man könnte auch fragen: Warum muß islamischer Religionsunterricht eingeführt werden, jahrezehntelang ging es doch ohne?

Ich lehne natürlich Religionsunterricht an staatlichen Schulen ab, aber aus pragmatischen Gründen habe ich Verständnis dafür, daß neben dem etablierten christlichen nun auch islamischer erteilt wird. Es geschieht ja nicht aus Gefälligkeit gegenüber den Muslimen, sondern um den fanatischen Konventikeln entgegenzuwirken. Die Zivilisierung der Religionen bleibt eine Daueraufgabe.

Ursprünglich ging es mir hier ja aum die Frage nach dem "Deal". Sollen wir den Herrschern der "Gottesstaaten" (= Priesterherrschaften) sagen: Wenn ihr religiös intolerant seid, sind wir es auch? Oder im Gegenteil: Wir sind die bessere Alternative, dank Aufklärung usw., und denken nicht daran, uns an euch zu messen. Die Antwort sollte leicht fallen, aber man liest gerade wieder viel in jener anderen Richtung. (Was, wie gesagt, schon darum nicht geht, weil die säkularisierten Staaten gar keine Religion als Verhandlungsmasse in den Kuhhandel einbringen können. Ob bei uns Minarette und Muezzine zugelassen werden, hängt in keiner Weise davon ab, was andere Staaten machen, sondern vom GG und seinen berufenen Auslegern.)
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 16.10.2022 um 06.24 Uhr   Mail an
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Ich wohne in Kiel und nehme Kirchliches so gut wie gar nicht wahr. Vielleicht ist es mir gerade nicht bewußt, vielleicht sollte ich mal darauf achten. Aber ich kann mich kaum erinnern, wann ich das letzte Mal habe Glocken läuten hören.

Von der Moschee ihr habe ich schon Muezzinrufe gehört, zum Glück selten. Dem Akustischen kann man sich nicht entziehen, man kann nicht seine Ohren abwenden.

Jahrzehntelang ging es ohne Muezzinrufe. Warum beläßt man es nicht dabei?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2022 um 04.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49772

Es ist wahr, daß zur Zeit besonders der Islam mancherorts das häßliche Gesicht der religiösen Intoleranz zeigt, die ein Merkmal aller drei abrahamitischen Religionen ist, soweit es die Doktrin angeht. Das Alte Testament ist über weite Strecken das Hohelied der Bekämpfung anderer Religionen und Ausrottung ihrer Anhänger. Über die Kämpfe und Kriege des Christentums im Namen der Rechtgläubigkeit brauche ich nichts zu sagen. Der Islam ist dagegen ein jüngeres Waisenkind, aber auch schlimm genug. Andererseits sind alle Religionen, auch wenn man es von ihren heiligen Texten her nicht erwarten sollte, zu einem friedlichen Zusammenleben miteinander und mit uns Ungläubigen fähig. Viele Staaten der Erde beweisen das. Das ist unsere einzige Hoffnung, und wir sollten sie nicht durch künstliche Erregung zunichte machen. Der Gebetsruf der Muslime ist so wenig eine Kampfansage wie das Glockenläuten und die Kruzifixe in der Landschaft. Wir können die Religionen ja nicht beseitigen.

„Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ – Welcher Jude, Christ, Muslim unterschreibt das heute noch? Es gibt sie, aber ich kenne keinen. Die jungen Muslime (auch -innen), an deren Promotion ich mitgewirkt habe, mögen nicht repräsentativ sein, aber sie sind auch wiederum nicht so exzeptionell. Ich kenne viele andere, die nicht weiter auffallen, sondern Menschen wie du und ich sind und ihre Ruhe haben wollen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2022 um 04.05 Uhr  
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Die Zulassung der Religionsausübung ist in der Tat etwas ganz anderes als die Religionsausübung selbst. Der Staat ist zu religiöser Neutralität verpflichtet (in Deutschland nur halb, "hinkende Trennung", aber das kommt schon noch). Er darf sich nicht durch Anbringen religiöser Symbole zu einer Religion bekennen. Über den nachträglichen Versuch, Kruzifixe in Schulen, Gerichtssälen und Behörden als bloßen Wandschmuck zu verharmlosen (der gleichwohl flächendeckend vom Staat angeordnet wird!), habe ich mich schon geäußert; die Kirchen selbst waren ja auch dagegen und mußten es sein, wenn sie noch einen Rest von Selbstachtung wahren wollten.

Wenn die Allgegenwart der christlichen Kirche im öffentlichen Raum ihrer (früheren) gesellschaftlichen Bedeutung entspricht, wie manche argumentieren, kann man der recht beträchtlichen muslimischen Gemeinde ein Zipfelchen dieser Präsenz nicht verwehren. Aber es geht natürlich nicht um die Zahlen, sondern um das verbriefte Recht der Religionsausübung. Daß manche den Islam nicht leiden können, ist kein Argument, im Gegenteil, die Religionsfreiheit wurde ja gerade zur Befriedung solcher Animositäten erkämpft.

Die toben sich zur Zeit in rechten Kreisen wie "Tichy" aus, wo sie auch hingehören.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.10.2022 um 21.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49770

Ist es wirklich etwas ganz anderes? Institutionen wie die Stadt bzw. der Bürgermeister, die über die Zulassung des Muezzinrufes im öffentlichen Raum entscheiden, gehören zur Exekutive des Staates. Der öffentliche Raum einer Stadt wird also vom Staat verwaltet und kontrolliert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2022 um 19.37 Uhr  
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Weit davon entfernt, seine eigene Kultur abzuschaffen, fördert Deutschland sie in größten Umfang und privilegiert ganz besonders die Kirchen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2022 um 19.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49768

Öffentliche Auftritte sind natürlich etwas ganz anderes als staatliche Institutionen wie Schulen, Gerichte, Behörden. Ich brauche das nicht näher auszuführen, oder? Die Gerichte haben es ja auch oft genug dargelegt.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 15.10.2022 um 14.08 Uhr   Mail an
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Die einzig vernünftige Lösung kann doch nur sein, solche sirenenartigen Belästigungen der Allgemeinheit zu unterbinden. Notfalls muß eben auch Glockengeläut verboten werden.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.10.2022 um 12.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49766

Es gab einmal diesen Streit um Kreuze in bayerischen Klassenzimmern. Hieß es damals nicht, wenn alle Lehrer und Schüler das Kreuz haben wollen, und nur ein einziger Schüler sich durch das Kreuz gestört fühlt, dann darf es nicht aufgehängt werden?

Jetzt haben wir die Entsprechung, allerdings mit noch viel deutlicherer Ablehnung. Drei Viertel aller Anwohner fühlen sich durch den Muezzinruf gestört, aber die Religionsfreiheit des vierten Viertels verlangt ihn angeblich.

Ich habe den Eindruck, Religionsfreiheit wird bei uns sehr einseitig gesehen. Deutschland fördert fremde Kulturen und schafft seine eigene Kultur ab.

Mit der saudi-arabischen Religionsfreiheit hat unsere nichts zu tun. Aber man darf schon mal Vergleiche anstellen, dadurch übernehmen wir noch lange keine Diktatur.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2022 um 05.48 Uhr  
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"Wir lassen den Muezzin singen, wenn in Saudi-Arabien Kirchenglocken läuten."

Ja, wir wollen endlich ein normaler Staat sein, wie Saudi-Arabien...

Einen solchen "Deal" auszuhandeln wird allerdings nicht leicht sein, weil die Religionsfreiheit vor deutschen Gerichten und nicht mit Saudi-Arabien verhandelt wird.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.08.2022 um 04.28 Uhr  
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Zur grausamen Herrschaft der Taliban sagt die Zeitung: „Das hat mit Religion nichts zu tun. Das ist einfältig. Das ist Taliban-Denken.“ (SZ 13.8.22)
Religion ist bekanntlich gut, nur die Entartungen sind schlecht. Das beweist die Kirchengeschichte.
Auch der Anschlag auf Rushdie kann mit dem Islam nichts zu tun haben. Der Iran ist schuld.
 
 

Kommentar von , verfaßt am 31.07.2022 um 04.46 Uhr  
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.07.2022 um 06.26 Uhr  
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Laut FAS sagt ein Priester, der an der religiösen Indifferenz der Jugend verzweifelt: „Sie haben die Vorstellung: Sie leben, und dann ist es aus. Meine Frage an die Jugend: was unterscheidet uns dann noch vom Tier?“
Der Vergleich der Ungläubigen mit Tieren gehört zum Standardrepertoire der Theologen. Sie erkennen nicht, daß ihre Denkweise das Problem ist.
Einer der Frömmler, die „Tichys Einblick“ bevölkern, hat erkannt, wer schuld an den Kirchenaustritten ist: die 68er, die linksgrün versiffte Szene. (Je weiter 1968 zurückliegt, um so stärker wird die Einbildung, daß es „die 68er“ tatsächlich gegeben habe. Damals kam es uns nicht so vor und ihnen auch nicht.) Es gibt aber auch viele, die der Sache auf den Grund zu gehen versuchen. Meistens finden sie heraus, daß Mißbrauch und Kirchensteuer nur beiläufige Anlässe sind und der Glaubensschwund eine viel umfassendere Zeitenwende ist, die sich lange vorbereitet hat.
Von einem „atheistischen erzogenen“ (d. h. nicht religiös aufwachsenden) Knaben heißt es im gleichen Artikel, die „christlichen Werte“ werde er „aber trotzdem verinnerlicht haben. ‚Hilfsbereitschaft, Solidarität und Nächstenliebe sind längst zu säkularen Werten geworden‘, sagt Religionssoziologe Pollack.“ - Da ist es wieder, das Bild vom christlichen Fundament der Moral. Was waren die Menschen denn vorher, was sind sie anderswo? Vermutlich Tiere.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.07.2022 um 15.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49354

Ich glaube, noch nie hat die Wissenschaft, Philosophie hier einmal nicht mitgerechnet, versucht, "knallharte Beweise für die Existenz oder Nichtexistenz Gottes zu finden". Wissenschaftler untersuchen einfach die Welt. Aber dann kommen Philosophen und vermischen die knallharten wissenschaftlichen Ergebnisse mit ihren butterweichen metaphysischen Theorien.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.07.2022 um 06.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49353

Nun führt uns gerade die Wissenschaft, die ausgezogen ist, knallharte Beweise für die Existenz oder Nichtexistenz Gottes zu finden, am Ende zu der Einsicht, dass die Realität des Religiösen vorrangig geistiger Natur ist. Und das bedeutet zum einen, dass das Phänomen religiöser Erfahrungen nicht unabhängig vom jeweiligen Glauben erforscht werden kann. Es zeigt auch: Ob Begriffe wie Gott, Buddha oder Allah für uns eine Relevanz entwickeln und wirksam werden, hängt allein von uns selbst ab. Die Frage, ob sie nun »tatsächlich« existieren oder sich beweisen lassen, ist dabei zweitrangig, wenn nicht gar irrelevant. An dieser Tatsache beißen sich selbst die härtesten Religionskritiker wie Richard Dawkins die Zähne aus. (Ulrich Schnabel, DIE ZEIT, 15.07.2010 Nr. 29: http://www.zeit.de/2010/29/Gott-imHirn)

(Wo beißt sich Dawkins denn ausgerechnet an solchen Befunden die Zähne aus? Daß Götter auf Einbildung beruhen, ist doch gerade die schönste Bestätigung, die er sich wünschen kann.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.06.2022 um 10.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49307

Ein Bild auf der Kasseler "documenta" bewegt die Welt wie sonst nur Mohammed-Karikaturen. Kunst wird beachtet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.06.2022 um 05.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49250

In Butlers „The way of all flesh“ (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1503#49248) wird mehrmals beiläufig erwähnt, wie im frühen 19. Jahrhundert die Entdeckungen der Geologie den Glauben an die wörtliche Wahrheit der Bibel erschütterten. Sie haben bekanntlich auch Darwin maßgeblich beeinflußt, der mit Lyell befreundet war und mit ihm korrespondierte. Auch die Sprachwissenschaft übernahm einiges.
Die teils naive, teils gesellschaftlich erzwungene Gläubigkeit der ländlichen Bevölkerung wird durch die freilich ferne und exotische Welt der Universitäten und der Großstadt zunächst nur wenig angekratzt. Der Landpfarrer sorgt für Ruhe, auch wenn er selbst schon Zweifel hat. Wichtiger als die Zweifel war der Kampf gegen „papistische“ Neigungen – ein spezifisch englisches Thema.
Die Gesellschaftsromane dieser Zeit sind aufschlußreich, weil ihre Verfasser ja noch nicht wissen konnten, was alles kommen sollte, und sich daher anders als unsere Historiker nicht in rückwärts gewandten Prophezeiungen verhedderten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.06.2022 um 04.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49233

Trauergottesdienst nach dem Zugunglück vor Garmisch:

Aus heiterem Himmel könne einen das Leben richtig schrecklich erwischen und so etwas Sicheres wie ein Zug entgleisen, sagte der evangelische Münchner Regionalbischof Christian Kopp in seiner Ansprache: "Mitten in die feinsten Momente des Lebens knallt – man kann’s fast nicht anders sagen – das Beschissene im Leben". Auf einmal sei die Welt eine andere. (...)" Der 3. Juni, ist da. Aber es kommt auch wieder was anderes", so Kopp. "Wir schauen den Unglückstag an und vertrauen ihn Gott an."

Eigentlich geht es um Theodizee: Wie konnte Gott zulassen, daß Deutschland solche Verkehrsminister hat?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.06.2022 um 06.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49207

Passend zum vorigen:

"Tierwohl" ist ein metaphysischer Begriff, das "Tierwohl-Label" ist ein Kapitel Religionspolitik.

Das ist keine Kritik, sondern eine Klarstellung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2022 um 16.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49206

Die Natur als Rechtssubjekt, kein anthropozentrisches Recht mehr usw. – das klingt edel, ist aber Wortnebel. Nicht Flüsse und Bäume werden vor Gericht auftreten, sondern Menschen, die sich zu ihren Vertretern aufschwingen (und natürlich ihre eigenen Interessen oder die ihres Vereins vertreten). Das ist wie mit der Gottesherrschaft: Da es keine Götter gibt, herrschen die Priester.

Früher hat man ein Rindvieh, das einen Menschen zu Tode gebracht hat, öffentlich hingerichtet, und auch ein Dachziegel, der jemandem auf den Kopf gefallen war, wurde feierlich über die Stadtmauer gekippt. Dorthin sollen wir zurück?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.06.2022 um 06.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49183

Der bayerische Verwaltungsgerichtshof gehört, wie der Kreuzerlaß, den er jetzt bestätigt hat, zur bayerischen Folklore. Die CSU jubelt, wie die SZ berichtet, aber sie dürfte sich zu früh gefreut haben, nicht wegen der erwartbaren Niederlage in Karlsruhe, sondern wegen der Dialektik, die dem Erlaß von Anfang an innewohnte. Die Kirchen, denen der Opportunist Söder gefällig zu sein glaubte, hatten das gleich erkannt.
Der orthodoxe Atheist könnte sich über die Entscheidung ärgern und muß aus Gründen der Selbstachtung auf der Weiterleitung nach Karlsruhe bestehen, aber er könnte auch ganz zufrieden sein. Das Kreuz im Eingangsbereich von Finanzämtern macht die bayerische Politik nicht christlicher und verhindert keinen einzigen Kirchenaustritt, sondern bewirkt eher das Gegenteil. Auch die CSU wird es zu spüren bekommen. Das sind sehr einfache Gedanken – warum kommen diese Leute nicht selbst darauf?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.05.2022 um 05.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49163

Immer wieder habe ich gelesen, daß das Jus talionis ("Auge um Auge") keineswegs für unnachsichtige Vergeltung stehe, sondern für das humanisierende Anliegen, der maßlosen Rache Einhalt zu gebieten. Geglaubt habe ich es nie, wollte immer mal nachsehen, woher diese zeitgeistige Auslegung kommt. Nun habe ich mal bei Wikipedia nachgesehen:

Forscher nehmen oft an, dass die Talion sich aus der mit nomadischem Sippenrecht verbundenen Blutrache entwickelt habe und diese eindämmen sollte. Die bis dahin mehrfache Vergeltung an der Sippe des Täters, wie sie etwa noch als vergangene Historie in der Torah Gen 4,15 EU, „Darum soll jeder, der Kain erschlägt, siebenfacher Rache verfallen“, anklingt, sollte auf das Ausmaß des erlittenen Schadens begrenzt und nur an der Person des Täters vollzogen werden. Das reagierte offenbar auf ausufernde Blutfehden, bei denen ganze Sippen sich generationenlang gegenseitig auszulöschen trachteten. Aber es ist aus der Zeit vor der Verschriftlichung des Rechts kein derartiger Brauch über eine überschießende Rache als historisch vollzogen überliefert. Dass die Bibelstellen historische Rechtsauffassung schildern, die nun gemildert würde, ist zweifelhaft. Die überschießende Rache kann durchaus schon immer missbilligt worden sein. (https://de.wikipedia.org/wiki/Talion)

Ich kann es als Laie nicht beurteilen, aber mit scheint, die Sache sieht nun schon etwas anders aus. Die scheinbare Selbstverständlichkeit beruht, wie so oft, auf Spekulation.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.05.2022 um 07.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49139

Das Bayerische Verwaltungsgericht befaßt sich mit Söders Kruzifixverordnung, vier Jahre nachdem die Direktorin des Neuen Museums sich geweigert hatte, ein Kreuz aufzuhängen. Ein Foto der SZ zeigt noch einmal Söder, der sicher nicht gern daran erinnert wird, wie er das Kreuz an die Wand hält – auch zum Mißfallen der Kirche, die natürlich wußte, daß sie bei diesem Mann nicht in den besten Händen ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.05.2022 um 06.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49125

Man muß bei Konzerten und anderen Veranstaltungen damit rechnen, mit politischen Bekenntnissen zugunsten der Ukraine konfrontiert zu werden (ukrainische Volkslieder usw.). Wer das getrennt halten möchte, sollte gar nicht erst hingehen. (Es erinnert an Kermanis Coup in der Paulskirche.) Manche Menschen scheinen nicht zu verstehen, daß man auch für eine gute Sache nicht vereinnahmt oder gar überrumpelt werden möchte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2022 um 08.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#49081

Cargo-Kulte lassen sich als Unterimitation verstehen. Von den Melanesiern, die nach dem Abzug der amerikanischen Soldaten weiterhin reiche Luftfracht erhofften, heißt es: „Sie schnitzten Kopfhörer aus Holz und trugen sie, als würden sie im Flughafentower sitzen.“ (Wikipedia „Cargo-Kult“). Solche Praktiken zeigen, daß die Betroffenen nur wenige Teile der im übrigen unverstandenen Technik herausgriffen und nachahmten.
Wenn man über Cargo-Kulte oder die sonderbare John-Frum-Bewegung nachliest, könnte einen der Menschheit ganzer Jammer anpacken. Nicht nur wegen der armen Tröpfe, die ihr dürftiges Leben durch falsche Hoffnungen erträglicher zu machen suchen, sondern auch wegen der Überlegung, daß unter geeigneten gesellschaftlichen Umständen sich eine Priesterschaft und eine (apologetische) gelehrte Theologie um den Kult herum entwickeln könnte. Dann wäre das Frumistentum eine angesehene Religion und würde mit Lehrstühlen an Universitäten ausgestattet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.04.2022 um 05.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48978

Wie so viele Dörfer wollen auch unsere Feuerwehrleute für ein bevorstehendes Jubiläum ihr Haus durch die Abbildung des heiligen Sankt Florian verzieren. Zwei Entwürfe habe ich schon gesehen, sie wurden aber wieder übermalt. (Es scheint Schablonen zu geben, die einem die aufwendige Lüftlmalerei ersparen.) Man sah den riesenhaften römischen Legionär, wie er sein Nachtgeschirr über einem winzigen brennenden Häuschen ausgoß. Das war sehr komisch und übergeht auch das fortgeschrittene Feuerlöschwesen der Kaiserzeit. Im Haus selbst steht bei uns modernstes Gerät. Mal sehen, was dabei herauskommt.

Natürlich glaubt niemand mehr an die Wirksamkeit solcher Schutzheiligen. Darum brauchen sich auch Nichtkatholiken (hier die große Mehrheit) nicht zu ärgern. Das ist ja regelmäßig so: je geringer der Glaube, desto aufwendiger das Brauchtum.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 16.04.2022 um 01.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48940

"It will be delivered to the Moskva cruiser shortly."
Je nachdem, was sie unter "shortly" verstehen. Vielleicht ist sie ja noch in den Headquarters. Das wäre allerdings fahrlässig, damit wäre die Ursache des Untergangs gefunden.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 15.04.2022 um 22.26 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48938

Die Moskwa hatte wohl eine Reliquie an Bord.

https://tass.com/society/1123855
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.04.2022 um 04.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48854

Das größte aller Wunder ist die Wundergläubigkeit der Menschen. Wer hätte gedacht, daß die Konfabulationen eines Joseph Smith, einer Madame Blavatsky usw. geglaubt würden? Und doch haben sie Millionen Anhänger gefunden, und nicht die dümmsten. Es gibt genügend Beispiele aus der Gegenwart. Man kann geradezu axiomatisch behaupten: Es ist kein Einfall so phantastisch, daß sich nicht alsbald eine Gemeinschaft von Gläubigen anschließen würde oder wenigstens könnte.
Das gilt natürlich auch für Lügen in Zeiten des Krieges oder der Seuche.
Damit müssen wir leben, aber wir müssen auch verhindern, daß sich die Doktrin mit der Macht verbündet und verbindet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.04.2022 um 06.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48842

Ich hatte nach Literatur zum vedischen Ritual des Feueropfers gesucht; Amazon empfiehlt mir:
„Pedophilia & Empire: Satan Sodomy and the Deep State“
Fünf Bände. Sie scheinen zu enthalten, was der Titel verspricht. Band 1: „A Quarter Million Millenia of Human Enslavement, Child Rape and Blood Sacrifice from Antiquity to the Modern Catholic Church“
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2022 um 16.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48776

Der Papst hat nicht nur Rußland und die Ukraine, sondern die ganze Menschheit, also auch mich, dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht. Darf er das überhaupt? Die Kirche tauft allerdings auch Säuglinge, wodurch sie zu beitragspflichtigen Mitgliedern einer Religionsgesellschaft werden, aus der sie nur gebührenpflichtig austreten können, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben. Im bürgerlichen Recht sind solche Verträge zu Lasten Dritter als sittenwidrig verboten. Ich will auch nicht ohne meine Einwilligung irgend jemandem geweiht werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.02.2022 um 17.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48617

Danke für diesen köstlichen Fall!
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 26.02.2022 um 16.30 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48615

Der Freispruch gegen einen Mönch aus Unterfranken wegen Gewährung von Kirchenasyl ist rechtskräftig. Der Ordensbruder der Benediktinerabtei Münsterschwarzach im Landkreis Kitzingen hatte im August 2020 einem im Gazastreifen geborenen Mann, der in das EU-Land Rumänien abgeschoben werden sollte, Kirchenasyl gewährt.

Das Amtsgericht Kitzingen hatte den heute 50-Jährigen im vergangenen April mit einem bemerkenswerten Urteil vom Vorwurf der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ohne erforderliche Aufenthaltstitel freigesprochen: Zwar sei das Kirchenasyl für einen abgelehnten Flüchtling rechtswidrig und damit eine Straftat - die individuellen Grundrechte der Glaubens- und Gewissensfreiheit des Mönchs wögen in dem Fall aber schwerer als das Strafmonopol des Staates.

Wenngleich es beim Freispruch blieb - dieser Begründung des Amtsgerichts folgte das Oberste Landesgericht am Freitag nicht: Der Mönch habe sich gar nicht erst strafbar gemacht. Als er den Flüchtling ins Kirchenasyl aufnahm, war dieser demnach noch legal im Land.

Als das nicht mehr der Fall war - nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Härtefalldossier negativ beschieden hatte - habe der Angeklagte nicht aktiv dafür sorgen müssen, das Kirchenasyl zu beenden.

https://infranken.de/lk/bamberg/dieses-urteil-ist-einmalig-in-bayern-moench-gewaehrt-fluechtling-kirchenasyl-gericht-hat-entschieden-art-5399425
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.02.2022 um 04.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48523

Nachdem Helmut Berschin eine tichy-gerechte Wortgeschichte zu "Verfassungsfeind" vorgelegt hatte, wurde bekannt, daß Günter Maschke verstorben ist, der sich ja selbst als "Verfassungsfeind" bezeichnete. Er hat geholfen, die Begeisterung der FAZ (Joachim Fest?) für Carl Schmitt ins Volk zu tragen.

Wie erwähnt, habe ich nie verstanden, warum Intellektuelle nicht nur in Deutschland so von dem "Weisen von Plettenberg" fasziniert waren und einen Höhepunkt ihres Lebens erlebten, wenn sie zu ihm pilgern durften. Wie oft habe ich beim Durchblättern meiner damaligen Abonnementszeitung geseufzt: Schon wieder Carl Schmitt! (Und später: Schon wieder Christian Lindner! Aber das ist eine andere Geschichte.) Irgendeine Belehrung habe ich daraus nie gewonnen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.02.2022 um 05.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48470

Der Zölibat ist nicht die Ursache des sexuellen Mißbrauchs, er ist der Mißbrauch. Gott hatte ganz recht: "Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei." (Hier müßte allerdings der Indikativ stehen.)
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 04.02.2022 um 00.35 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48467

Falls es hier jemand interessiert, es gibt ein aktuelles Interview mit Navid Kermani.
https://youtube.com/watch?v=eKf8-4t5yDE
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.02.2022 um 06.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48459

Der Leitartikler der SZ meint, die Kirche werde trotz allem noch gebraucht, denn:

„Was bremste die Menschen in ihrem Eroberungs- und Zerstörungsdrang überhaupt noch, hätten sie alle die Gewissheit, wirklich die letzte Instanz im Universum zu sein? Dass da niemand mehr ist, vor dem man sich – vielleicht, vielleicht – zu rechtfertigen hat, später, im Jenseits?“ (2.2.22)

Jetzt wissen wir, warum die Gläubigen bessere Menschen sind, und schämen uns. (Oder ist es Fremdschämen für den Verfasser?)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.01.2022 um 11.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48420

Nicht unbedingt. Ein unverdienter Tadel o. ä. kann zeitlebens unvergessen und unverziehen bleiben.

Ich mußte in der Grundschule einmal nachsitzen, weil ich angeblich eine obszöne Geste oder so etwas gemacht hatte. Die ganze Klasse lachte, weil ich der bravste Schüler aller Zeiten war. Ich weiß bis heute nicht, was die junge blonde Lehrerin wirklich im Schilde führte, aber ich würde ihr selbstverständlich eins überbraten, wenn ich sie heute im Wald träfe, auch wenn es 70 Jahre her ist (Elefantengedächtnis).

Ich habe sehr oft mit Menschen gesprochen, die eine noch so kleine Ungerechtigkeit dieser Art nie vergessen und zum Beispiel den eigenen Eltern nur mit Mühe verziehen hatten. Beim Verhältnis zu den Eltern versinkt die Kränkung sozusagen im Ozean der grundlegenden Zuneigung; oder besser: sie vernarbt.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 29.01.2022 um 09.16 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48416

Zwei Nachfragen: Beschämen und Ungerechtigkeit bezieht sich auf Körperstrafen bei Kindern?

Ich hab diese Diskussion nie wirklich verfolgt. Wurde das Prügeln (Rohrstock?) verteidigt oder eher die Ohrfeige?
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 29.01.2022 um 09.08 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48415

Es gibt verschiedene Arten der Beschneidung bei Mädchen. (Was die schweren Formen betrifft: Es gibt solche auch bei der Beschneidung von Jungen, nur deutlich seltener.)

Die Klitorisvorhaut ist kleiner und hat eine geringere Nervendichte als die Penisvorhaut. Die rechtliche Ungleichbehandlung in der westlichen Welt hat wahrscheinlich nur damit zu tun, daß wir für Mädchen und Frauen mehr Empathie empfinden. Letzteres gilt wohl überall, wie man an den unterschiedlichen Initiationsriten erkennen kann. Die Beschneidung der Frauen ist dagegen wohl im Zusammenhang mit Jungfräulichkeit zu sehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.01.2022 um 04.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48411

Vor zehn Jahren haben wir uns schon umfassend über das Thema Beschneidung ausgetauscht: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1525
Etwas anderes ist mir dazu nicht eingefallen, und mein Interesse an den Entscheidungen anderer Leute, die mich nichts angehen, ist nicht gewachsen. Das Christentum hat die Beschneidung aufgegeben, aber nicht aus humanitären Gründen.

Zu den Tulpenfüßen wollte ich noch nachtragen, daß sie ebenso wie die weibliche Beschneidung lebenslange Schmerzen mit sich brachten. Aber selbst das wurde sogar von vielen traditionell erzogenen Chinesinnen gutgeheißen, wie man zum Beispiel aus "Wild Swans" von Jung Chang erfährt, das ich in einem anderen Zusammenhang erwähnt habe, aber auch direkt aus Literatur der Kaiserzeit. Man könnte das Verprügeln von Kindern vergleichen, das bis vor kurzem zwar beklagt, aber trotzdem als vermeintlich notwendig ausgeübt wurde und naturgemnäß hinter verschlossenen Türen immer noch ausgeübt wird. Ob es den Kindern wirklich geschadet hat, will ich nicht diskutieren; es gibt hier fast ein Denkverbot. (Sehen Sie: Schon stehe ich im Verdacht, das Schlagen von Kindern gutzuheißen...)
Was ich wirklich schlimm finde, sind das Beschämen und die Ungerechtigkeit, woran sich ja alte Menschen nach 80 Jahren noch erinnern, oder einfach die Lieblosigkeit, die ein ganzes Leben verpfuschen kann. (Ich konnte solche Familien beobachten, wo der Selbstmord junger Menschen fast voraussehbar war.) Leider kann man von außen dagegen nichts machen, es liegt keine "Straftat" vor.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 28.01.2022 um 20.55 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48409

Eine kurze Zusammenfassung.
Beschneidung von jungen Frauen ist kein "religiöses Essential" und greift nicht soweit ein in die Identität der Menschen, deshalb konnte man sie – mit Erfolg – verbieten.
Elvis Presley durfte seine Beschneidung nicht nachholen.
Eine Beschneidung ist vergleichbar mit einer Impfung. (Soll ich das im Selbstversuch mal evaluieren? Einfach ein beherzter Schnitt mit der Nagelschere, einzwei Millimeter sollten für den Eindruck schon reichen. Meine letzte Impfung ist erst ein paar Wochen her, da hätte ich noch eine frische Erinnerung.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.01.2022 um 17.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48407

Daß in der Frage der Kirchlichkeit Deutschlands zur Zeit eine gewisse Schwelle überschritten ist, zeigt sich auch an der neuen Diskussion über das C im Namen der CDU. Früher wäre schon dies politischer Selbstmord gewesen.
Es wird sicherlich beim C bleiben, aber die Definition des Christlichen wird noch mehr als bisher in einen vagen Humanismus auslaufen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.01.2022 um 17.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48406

Man kann "Essentials" von Weltreligionen nicht auf die gleiche Stufe stellen wie irgendein Brauchtum, z. B. die eingebundenen Füße in China.
Ich respektiere Religionen, obwohl ich keinen Respekt vor ihnen habe.
Millionen Menschen sind schon aus diesem oder jenem Land vertrieben worden, einfach indem man sie mit "Cuius regio..." konfrontierte. Viele konvertierten, viele brachten es nicht über sich, sondern wanderten aus (das war noch der günstigere Fall). Es ist klar genug, daß die Juden und Muslime sich durch keine "Beratung" von der Beschneidung der Jungen abbringen lassen werden. Damit würden sie ihrer "Identität" beraubt, was in diesem Falle unendlich ernster zu nehmen ist als bei manchem Firlefanz, der heute unter diesem Namen läuft.

Es gibt zweifellos Männer, die lieber nicht beschnitten wären, aber Milliarden sind damit ganz einverstanden. Das ist aber nicht das Entscheidende.

Die Kindstaufe an sich lehne ich nicht ab, wohl aber die damit verbundenen rechtlichen Folgen. Beitragspflichtiges Vereinsmitglied kann man meiner Ansicht nach nur als vertrags- und geschäftsfähiger Mensch werden. Das gilt ebenso für Religionsgesellschaften und deren Besteuerungsrecht.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 28.01.2022 um 10.42 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48404

Gleichbehandlung wäre ja durchaus ein rationaler Grund. Wenn ich eine Religion gründe, bei der Säuglinge in Dreieck um den Bauchnabel herum tätowiert bekommen, hätte ich wohl wenig Aussicht auf Anerkennung. Und ein bißchen Herumgeschnippel an der Klitorisvorhaut (FGM Typ I) ist in unserem Rechtssystem unter Strafe verboten.

Letztlich geht es um Traditionen, Gewohnheitsrecht, Anteil der Betroffenen in der Bevölkerung, spezifisch deutsche Geschichte.

Man sollte vielleicht versuchen, mit religiösen Institutionen Vereinbarungen zu treffen. Z.B. Beratungspflichten oder gewisse Übergangszeitraume, in der Praktiken noch toleriert werden. Aber man versucht es gar nicht erst.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.01.2022 um 05.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48402

Vielleicht noch gravierender ist das Recht der Eltern, ihre Kinder überhaupt religiös zu erziehen. In fortgeschrittenen Ländern gibt es zwar Religionsfreiheit, aber wenn man sie wahrnehmen kann, ist es – aus meiner Sicht – "zu spät". Aber ich weiß, daß mein gottloses Idealbild nicht durchsetzbar ist. Der Preis bestünde darin, das Elternrecht auf Erziehung überhaupt abzuschaffen, aber da sei Gott vor!

Über die Beschneidung wird man sich nie einigen können. Es gibt zu wenig rationale Gründe auf beiden Seiten. Hinzu kommt neuerdings noch, daß die Polemik der Beschneidungsgegner sich zwar eher gegen die Muslime richtet, aber natürlich die Juden, um die es früher ging, mittrifft.

Die Juden sind das Salz der Erde. Man ist immer wieder erstaunt über den enormen Anteil von Juden an der Kultur vieler Länder, vor allem der USA. Daß alle diese Hochleister durch die Beschneidung irreversibel geschädigt ("traumatisiert") seien, kann ich mir schwer vorstellen.

(Elvis Presleys Kameraden behaupten, Presley habe sich nicht gern nackt gezeigt, weil er sich schämte, nicht beschnitten zu sein. In Amerika war die Beschneidung auch unter Nichtjuden eine Zeitlang sehr verbreitet.)

Unsere Jüngsten schreien wie am Spieß, wenn sie geimpft werden sollen. Sollen wir es deshalb unterlassen? Man könnte sagen: Hier geht es um die Verhütung wirklicher Schäden, beim Beschneiden aber nur um Einbildungen. Selber kommt’s ihnen nicht so vor – man müßte das Judentum und den Islam abschaffen...
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 27.01.2022 um 23.04 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48399

Hier wurde doch mal der Streit um die Rechtmäßigkeit der Beschneidung diskutiert. Ist das nicht ein bißchen ähnlich? Warum ist es gestattet, Neugeborene unumkehrbar mit religiöser Symbolik zu versehen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.01.2022 um 19.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48398

Derzeit müssen Bürger, die in Bayern aus der Kirche austreten, Gebühren in Höhe von 35 Euro bezahlen. Wie der Kircheneintritt, der ja meist im Kindesalter erfolgt, sollte auch der Austritt für die Bürger gebührenfrei sein, betonte Hagen (FDP). (ZEIT)

"Kircheneintritt"? Von Säuglingen?

Das Sittenwidrige eines solchen Vorgehens zu Lasten Dritter liegt auf der Hand. Man hat es wie so vieles hingenommen.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 26.01.2022 um 08.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48361

Fast noch schlimmer finde ich Schweigeminuten. Die werden ja immer wieder mal angesetzt – offenbar prinzipiell unangekündigt –, und dem könnte man sich eigentlich nur entziehen, indem man das Schweigen bricht oder den Raum verläßt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.01.2022 um 08.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48360

Ich kenne Herrn Kermani nicht und möchte ihm nicht zu nahe treten. Ich kenne aber andere wohlmeinende Personen, die mir in aller Unschuld zu nahe treten. Ich habe von Verwandten schon fromme Bücher geschenkt bekommen (hatte ich nicht schon über ein solches berichtet, Ratzingers Jesusbuch?), weil sie meinten, auch einem Ungläubigen könne es nicht schaden, vielleicht sogar nützen. Das ist mir sehr unangenehm, weil ich mich gewissermaßen entwaffnet fühle, überwältigt (vergewaltigt) durch Herzensgüte. Wenn ich an katholischen Gottesdiensten teilnehmen muß, mache ich alles mit außer Niederknien. Die Alternative wäre Fernbleiben, aber ich will ja die lieben Verwandten nicht vor den Kopf stoßen. Es ist eine Gratwanderung, aber heutzutage ist es leichter geworden. Gerade erleben wir den Stichtag, an dem die Angehörigen der beiden Großkirchen in die Minderheit geraten. Man kann nicht mehr so tun und braucht es auch nicht, als sei Deutschland ein christliches Land. Ein wenig haben auch die Zuwanderer dazu beigetragen. In der weiteren Verwandtschaft gibt es kaum eine Familie ohne muslimische Angeheiratete. Da nimmt man Rücksicht wie auf Vegetarier und andere bunte Vögel.
Wenn aber bei einer öffentlichen Feier, zu der man arglos hingegangen ist, die Aufforderung zum Beten ergeht und man aus Menschenfreundlichkeit zu etwas genötigt wird, auf das zu verzichten dem frommen Zeremonienmeister gar nicht in den Sinn kommt, dann regt sich in mir ein ganz elementarer Widerstandsgeist. So haben wir nicht gewettet, lieber Freund!
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.01.2022 um 19.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48356

"Das macht die Sache für mich so unangenehm."

Das muß es nicht. Ich bin für die Erinnerung an diese Einträge sehr dankbar, denn als sie entstanden, waren sie für mich nicht interessant, weil ich von Kermani noch nicht gehört hatte. Ich habe nun diese Links (und einige mehr) nachgelesen und bin mit Ihrer Einschätzung bzw. der des SZ-Journalisten Johan Schloemann vollkommen einverstanden.

Am besten gefällt mir Ihr Beitrag
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#29181,
aber Tränen gelacht habe ich im Zusammenhang mit dem Zitat "Gebete können Wunder vollbringen." (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=783#33596)

Nachdenklich gemacht hat mich: "Wer sich als Ungläubiger nötigen läßt, aufzustehen, weil die anderen beten, der tut so, als bete er selbst." Ja, das habe ich wiederholt gemacht, so getan, als bete ich. Aber ich denke, das ist nicht immer so verwerflich. Ich wollte einfach nur dabei sein, wenn ein Familienangehöriger feierlich getauft, konfirmiert oder getraut wurde, aber ich wollte die religiöse Feier und Andacht nicht stören, wollte durch auffälliges Benehmen keinen Eklat erzeugen. Es hat mich schließlich niemand gezwungen, am "Gottesdienst" teilzunehmen.

Das ist aber etwas ganz anderes als die säkulare Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in einem Haus mit der Geschichte der Frankfurter Paulskirche (die keine Kirche mehr ist). Da ist eindeutig derjenige, der frömmelt, der Störer bzw. Erzeuger von Peinlichkeiten. Kermani hat das sicher nicht gewollt, er hat sich wohl irrtümlich in einer Kirche mit religiösen Besuchern gewähnt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.01.2022 um 15.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48348

Kermani ist bestimmt ein sehr netter Mensch. Das macht die Sache für mich so unangenehm. Seine Rechtschreibung hatte ich schon anerkannt:
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=783#32990

Zur Paulskirche:

http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=783#30271
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=783#30360
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=783#30279

Heute wollte ich mich weniger zu Kermani als zu Seibts peinlichem Freundschaftsdienst äußern.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 25.01.2022 um 13.56 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48347

Hab mal kurz reingehört.
https://deutschlandfunk.de/zwischentoene-mit-navid-kermani-vom-19-09-2021-musik-gekuerzt-dlf-07f33ae5-100.html

51:24 Rechtschreibung
52:52–59:00 Gendern, Sprachtabus, Gesellschaftsspaltung
1:00:52–1:08:32 Bundestagswahl, Politiker, Flüchtlingspolitik
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.01.2022 um 12.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48346

Ich bin auf Navid Kermani durch ein Interview im September 2021 im DLF aufmerksam geworden. Darin erzählte er sehr bodenständig über sein Leben und Familie, und vor allem gefiel mir, was er relativ ausführlich, auch mit ein paar Beispielen, zur Rechtschreibreform und zum Gendern sagte. Er schreibt seine Bücher in der bewährten Rechtschreibung und gendert nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.01.2022 um 07.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48342

Navid Kermani hat wieder ein frommes Buch geschrieben. Kermani-Fan Gustav Seibt feiert es (SZ 25.1.22) und versäumt auch nicht die Gelegenheit, die „Ungläubigen“ als mögliche Hörer dieser „Predigt“ (an Kermanis zwölfjährige Tochter, echt süß) zu vereinnahmen. Das Ganze unter dem seichten Titel der „religiösen Musikalität“, die man üben könne. Zierlich auch der Hinweis auf den „Umstand, dass jedes der Milliarden Blätter an allen Bäumen, die je waren und je sein werden, ein wenig anders ist“. Da soll man staunen, und mit dem Staunen ist man schon halb drüben. Und der Islam und die Wissenschaft sind keineswegs Feinde, was man schon daran erkennt, daß im Mittelalter die Araber usw.
Leider hat Kermani den Friedenspreis schon, zweimal wird er ja nicht an dieselbe Person verliehen. Ein Atheist kann noch so friedlich und human sein und sich fürs Gemeinwohl abarbeiten, solchen Lorbeer wird er nie bekommen. (Bei Dawkins kommt man auch aus dem Staunen nicht heraus, aber es ist nicht das richtige, das fromme Staunen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.01.2022 um 08.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48114

Noch stehen die beleuchteten Weihnachtsbäume in den Vorgärten, darunter Apfelbäume und Korkenzieherhasel. Man sieht jedes Jahr, welches Sonderangebot es beim OBI gegeben hat. Dieses Jahr ist es die Lichterkette 200 mit Timer für innen und außen. Außerdem sind Effekte hinzugekommen, die man seit 100 Jahren von der großstädtischen Neonreklame und vom Rummelplatz kennt: Alternierendes Aufleuchten der meist farbigen Lämpchen. Neue rotnasige Rentiere aus Leuchtstoffröhren sind dagegen nicht aufgestellt worden, alte sind sogar ausgeblieben, vielleicht wegen der Umstellung auf LED.
In Japan gibt es jetzt menschenähnliche Roboter, die sogar beten können. Warum nicht? In Tibet betet schon seit Jahrhunderten sogar der Wind. Den Göttern ist das recht, Hauptsache, es wird gebetet.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 30.12.2021 um 13.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48081

Das Urteil krankt schon daran, daß es sich auf "Menschen mit Behinderung" bezieht. Laut § 2 SGB IX sind dies "Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können." Beileibe nicht alle Behinderungen bedeuten ja einen Überlebensnachteil im Notfall. Ein Paralympicsteilnehmer wird gegenüber einer ausgelutschten Couchkartoffel sogar eher im Vorteil sein. Natürlich haben die Richter an chronische Gebrechen gedacht, die bei einer Priorisierung maßgeblich sein können, und wollen pauschale, vorschnelle Entscheidungen unterbunden wissen. Ein Gesetz gegen schlechte Entscheidungen ist aber eine seltsame Idee.
Nany Poser, Klägerin und behinderte Richterin, denkt pragmatischer. Sie fordert, der Zufall solle entscheiden, oder: "Wer zuerst kommt, bekommt den Platz".

https://taz.de/Richterin-ueber-Triage/!5735415/
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.12.2021 um 11.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48080

"Frauen und Kinder" hatte ich nur als klassisches Beispiel erwähnt und weil es in Kommentaren zur Triage-Diskussion vorkommt.

Sie haben ganz recht: man kann das Problem in Wirklichkeit nicht lösen, und viele meinen ja auch, daß Prioritäten schon jetzt nicht nur beim Militär, sondern auch in den Kliniken gesetzt werden. Sich dafür eine Rechtsgrundlage holen zu wollen ist verständlich, zumal bei der immer weiter fortschreitenden Verrechtlichung. So klagen ja schon die Lehrer, daß jede Minute ihres Unterrichts justiziabel dokumentiert sein muß, andernfalls sie irgendwann von Eltern belangt werden können. Klassenfahrten machen manche gar nicht mehr. In Kliniken ist das noch relevanter. Da geschieht jeden Tag etwas, wo man über den Daumen peilt und fünf gerade sein läßt – weil es gar nicht anders geht. Das ist wie mit der Sterbehilfe: Manches sollte man in der Grauzone belassen, um nicht noch größeres Unheil anzurichten.

Wie Sie selbst am Ende sagen, überlegt man, was eine Maßnahme bringt – was ja eigentlich angesichts des absoluten Schutzes der Würde des Menschen keine Rolle spielen sollte.

Übrigens haben schon die alten römischen Juristen sehr gern solche Problemfälle erfunden, um daran ihren Scharfsinn zu erproben.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.12.2021 um 11.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48079

Jetzt wird nach einer Regelung für eine evtl. Triage, also den absoluten Notfall, verlangt, als ob man das überhaupt umfassend regeln könnte.

Im groben ist das wohl möglich, "Frauen und Kinder zuerst" war und ist ein vernünftiger Grundsatz. Man muß aber auch dann darauf achten, daß man kein volles Boot ganz ohne erfahrene Seemänner auf offenem Meer in den Sturm schickt, sonst wird letztlich gar keiner gerettet.

Soll das nun ergänzt oder ersetzt werden durch "Alte und Behinderte zuerst"? Diese befürchten bei einer Triage, "pauschal" benachteiligt zu werden. Allein medizinische Gründe, bessere Aussichten, sollen eine Rolle spielen, um möglichst viele zu retten. Na ja, wer, wenn nicht Alte und Behinderte, hat denn die schlechteren medizinischen Aussichten?

Es ist immer schwer, verschiedene Gebrechen gegeneinander aufzurechnen. Bei den Paralympics ist man darin geübt, aber Triage ist nun mal schon beinahe Krieg, es braucht schnelle Entscheidungen. Natürlich soll es gerecht zugehen, aber was ist Gerechtigkeit, wenn es um Leben oder Tod geht? Wollen Alte und Behinderte bei Triage bevorzugt behandelt werden? Sie haben nun einmal bereits einen gesundheitlichen Nachteil gegenüber Jungen und Nichtbehinderten, wer wollte das bestreiten? Um möglichst viele Menschen zu retten und Ressourcen nicht umsonst einzusetzen, ist es nur logisch, Alte und Behinderte notfalls hintan zu stellen, sonst ist zum Schluß niemandem geholfen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.12.2021 um 08.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48078

„Frauen und Kinder zuerst!“

Dieses Thema wird nach dem Triage-Urteil des Bundesverfassungsgerichts jetzt viel erörtert. Es wird als zivilisatorische Errungenschaft dargestellt, die Hilfsbedürftigsten zuerst zu retten, gerade weil sie sich am wenigsten selbst retten können. Ich wiederhole nicht, was man hier nachlesen kann: https://de.wikipedia.org/wiki/Frauen_und_Kinder_zuerst!

Aber sind die Wurzeln des Grundsatzes wirklich in einer sozusagen christlichen Sorge um die Schwächsten zu suchen? Man liest über archaische Gesellschaften, die im Notfall Alte, Kranke und Behinderte opferten, um sich selbst zu retten, nicht aber Frauen und Kinder. Im Sinne des Überlebens ist es sinnvoll, Frauen und Kinder um jeden Preis zu retten, weil sie die Zukunft des „Stammes“ sind. Das ist nicht der letzte Firnis der Zivilisation, sondern der allererste „Instinkt“ – Soziobiologie. Staatenbildende Insekten bringen zuerst die eierlegende Königin in Sicherheit. Jeder hat schon die Ameisen gesehen, wie sie die Eier bzw. Larven aus dem zerstörten Haufen tragen. (Wilson ist übrigens vor ein paar Tagen gestorben.)

Unverdorbene Menschen sind sozusagen unbewußt überzeugt, daß Frauen wichtiger sind als Männer, Kinder wichtiger als ihre Eltern. Wenn wir Berichte oder Romane lesen, in denen dieses Prinzip verwirklicht wurde, finden wir das zutiefst richtig und sind zufrieden.

Im AT legt Gott großen Wert darauf, daß die weniger auserwählten Völker mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden, auch Frauen und Kinder, und wird sehr böse, wenn man jemanden verschont. Auch das ist folgerichtig gedacht.

Ich rede damit natürlich keiner sozialdarwinistischen Selektion das Wort (auch nicht der katholischen Lehre über den Vorrang des Kindes vor der Mutter), sondern erinnere nur an die Grausamkeit des Lebens, wie sie eben schon der sehr unangenehme Gedanke der Triage mit sich bringt. Jeder möchte davon verschont bleiben, sich in einem solchen Fall entscheiden zu müssen. Soldaten wissen auch Bescheid. Der Verwundete muß damit rechnen können, unter beinahe allen Umständen geborgen zu werden, weil sonst die Kampfmoral zusammenbricht. Das ist auch zweckmäßig und nicht christliche Liebe zum Schwächsten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.12.2021 um 06.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#48046

Eine Historikerin berichtet, daß in den Südstaaten der USA viele Menschen überzeugt waren, die Juden hätten Hörner, die sie allerdings gut zu verbergen wußten. Das gleiche wurde, wie ich mir habe erzählen lassen, an einer von Nonnen geführten Mädchenschule in Irland geglaubt, allerdings in bezug auf die Protestanten. Als eines der Mädchen später in Deutschland protestantische Mitschüler usw. kennenlernte, war sie ziemlich überrascht; an die Hörner glaubte sie da zwar nicht mehr, aber soviel Normalität hatte sie nicht erwartet.

So komisch oder absurd uns manches vorkommt – es ist harmlos verglichen mit einigen Verschwörungserzählungen, die heute von beachtlichen Menschenmengen verbreitet und geglaubt werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.12.2021 um 06.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47982

Der fromme Astrophysiker Heino Falcke wird im Sonntagsblatt, das manchen Zeitungen beiliegt, gefragt:

Ist das Weltall per Zufall entstanden oder hat ein Schöpfer es designt, der an den Schräubchen gedreht hat, bis alles passte?

Falcke: Diese Frage kann die Wissenschaft nicht beantworten. Wir können nur sagen: Wenn alle diese Konstanten frei gewesen wären, ist es extremst unwahrscheinlich, dass sie exakt so zusammengekommen wären. Dass diese Erde existiert, ist und bleibt der helle Wahnsinn!


https://www.sonntagsblatt.de/artikel/menschen/astrophysiker-falcke-gott-schoepfung-urknall-weihnachten

Jeder Endzustand ist extrem unwahrscheinlich, und das ist noch untertrieben. Schon zehn Sandkörner, die am Strand beieinanderliegen, werden bis in alle Ewigkeit nie wieder genau so beieinanderliegen. Also existiert Gott.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2021 um 07.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47973

Es weihnachtet sehr.

Im Internet wird gefragt, wie alt Maria war, als sie schwanger wurde. Einer schreibt:

Maria war etwa 20 jahre alt. Ihre reaktion und ihr verständnis bezüglich dieser sache, deuten auf etwa dieses alter hin: klar nicht pupertär, erwachsen, aber dennoch hoffnungsvoll und gläubig! Da kann noch nicht viel kaputt gewesen sein, sonst hätte sie dies nicht so gut geschaft! Ich liebe Maria, sie ist eine ganz besondere Frau! 

Ein anderer:

Gott mutet uns niemals etwas zu, was wir nicht ertragen können. Ein weibliches Wesen im Alter von unter 20 Jahren ist - genauso wie ein männliches Wesen - mit Sicherheit nicht reif und verantwortungsbewusst genug, um ein Kind aufzuziehen. Und selbst in "reiferem" Alter sind viele eigentlich nicht fähig, mit einem Kind vernünftig umzugehen, weil sie oft selbst noch Kinder sind (mich eingeschlossen...)
All dies würde einer Empfängnis in jüngerem Alter widersprechen.


Darüber kann man schmunzeln. Aber tun die Theologen etwas grundsätzlich anderes, wenn sie aus den alten Texten etwas heraussaugen, was dem heutigen Zeitgeist entspricht? Manche leiten ja aus den "ungeklärten Vaterschaftsverhältnissen" (so eine Theologieprofessorin) in der Heiligen Familie ab, die Bibel sei offen für verschiedene Entwürfe des Zusammenlebens.

Es gibt aber auch in den Foren theologisch Belesene, die annehmen, daß Maria 12 bis 15 war. Nicht nur die Juden scheinen damals das früheste Heiratsalter etwa so bestimmt zu haben. Wer meistens jung stirbt und trotzdem viele Kinder haben muß, der fängt halt früh an (Old enough to bleed...). Ein Durchschnittsalter der Erstgebärenden von 30,1 Jahren wäre unseren Vorfahren geradezu absurd vorgekommen.

Da es sich insgesamt um eine mythologische Erzählung handelt, kann natürlich nur innertextlich argumentiert werden, sonst wäre man wieder bei der „Wahrheit über Rotkäppchen“. Altertumswissenschaftliche Realienkunde kann nur den Hintergrund beleuchten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.12.2021 um 08.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47827

Papst geißelt Flüchtlingpolitik
Papst geißelt Wegwerfgesellschaft
Papst geißelt Missbrauch
Papst geißelt Korruption
Papst geißt Sextourismus
Papst geißelt Waffenhandel
Papst geißelt Gleichgültigkeit
Papst geißelt Atomwaffen
Papst geißelt Umweltvergehen
Papst geißelt Teilnahmslosigkeit
Papst geißelt soziale Missstände
Papst geißelt Seilschaften im Vatikan
(Usw., die ganze Welt wird reihum gegeißelt, alles binnen weniger Wochen)

Jesus geißelte auch schon und wurde am Ende selbst gegeißelt. Nur seinen Stellvertreter geißelt niemand, diese Suche bleibt ohne Ergebnis.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.11.2021 um 04.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47716

Religious believers intuitively conceptualize deities as intentional agents with mental states who anticipate and respond to human beliefs, desires and concerns. It follows that mentalizing deficits, associated with the autistic spectrum and also commonly found in men more than in women, may undermine this intuitive support and reduce belief in a personal God. Autistic adolescents expressed less belief in God than did matched neuro-typical controls. (...) Mentalizing also explained the robust and well-known, but theoretically debated, gender gap in religious belief wherein men show reduced religious belief.
(https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0036880)

Männer sind weniger auf der kommunikativen, mehr auf der zupackenden Seite. Bei Autisten ist das Nichtkommunikative noch ausgeprägter; sie sehen weniger „Personen“ (= Gesprächspartner) in die Natur und sogar in die Menschen hinein. Diese über die Mitmenschen hinaus ausgedehnte Beseelung oder Personifizierung wäre aber eine der Wurzeln der Religion („faces in the clouds“); darin sind sich die Religionswissenschaftler fast einig.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.11.2021 um 06.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47702

Noch einmal zum importierten Begrüßungsritual "Küßchen links, Küßchen rechts": Schon Trollope beobachtete die den Engländern fremde neue Sitte um 1870 und ließ eine Romanfigur dazu sagen:

“There has come up a fashion for ladies to pretend to be very loving, and so they put their faces together. Two hundred years ago ladies and gentlemen did the same thing with just as little regard for each other. Fashions change, you know.”
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.11.2021 um 08.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47667

Im DLF ein Reporter im Gespräch mit „Flüchtlingen“ an der Grenze von Polen und Weißrußland: Ein junger Iraker hat sich wegen Arbeitslosigkeit auf den Weg gemacht, eine Frau sucht eine Krankenhausbehandlung für ihre Tochter, hat schon 25.000 Dollar ausgegeben und will nach Deutschland. Keiner macht politische Verfolgung geltend, jeder sucht ein „besseres Leben“. Das kann man verstehen, aber es ist kein Asylgrund. Der Reporter findet nichts dabei, weiterhin von „Flucht“ und „Flüchtlingen“ zu sprechen. Das ganze Problem in nuce. Vor einigen Jahre waren überall „refugees welcome“, d. h. unbesehen jedermann aus dem Orient oder Afrika. Die Ernüchterung konnte nicht ausbleiben, und die Schilder und T-Shirts sind längst wieder verschwunden. Ich habe meine liebenswerten Bekannten damals nicht darauf angesprochen und erinnere sie auch jetzt nicht daran. Wenn ein Staat sich aussucht, wen er ins Land läßt, ist das nicht gleich Selektion an der Rampe; also regt euch ab!
Als meine Frau den „unbegleiteten Jugendlichen“ Deutschunterricht gab, war klar zu sehen, was für arme Kerle es waren, die man da losgeschickt hatte. Man mußte ihnen helfen, aber Flüchtlinge im rechtlichen Sinn waren sie nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.11.2021 um 04.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47658

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1507#32975
Die Einhaltung der Sabbatruhe kann ebenso wie die Speisevorschriften so weit gesteigert werden, daß es Außenstehenden grotesk vorkommt. Vom Judentum ist die Sabbatruhe auf das Christentum übergegangen und wurde dort in gewissen Kreisen zum wichtigen Thema, wie man an wiederkehrenden Typen etwa in englischen Romanen des 19. Jahrhunderts sieht. Wenn etwas aus der Lehre Jesu feststeht, scheint es seine Kritik an den buchstabengläubig befolgten Reinheitsgeboten zu sein, also an der „Orthodoxie“:
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45363
Der Kampf zwischen dem Geist und dem Buchstaben ist sprichwörtlich und hört nie auf. Die Parallele im Rechtswesen drängt sich auf. In der Lücke wird abgesahnt (Steuervermeidung, Maskendeals, CSU...).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.11.2021 um 19.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47527

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35673

Ein Religionspädagoge will die katholischen Kirchen mit vier verschiedenen Parfüms beduften, um dem eintönigen Weihrauch entgegenzuwirken.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2021 um 04.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47451

Die FAS wirft die Frage auf, ob Pesto zu Blumenkohl paßt. Die Antwort der neuen Kolumnistin ist positiv. Wer hätte das gedacht! Daß die Chinesen das Hirn lebender Affen löffeln, habe ich im selben Jahr zum erstenmal gehört wie Kai Strittmatter, 1986 in Tianjin, von einem Deutschen, der es wohl aus derselben Quelle hatte (Loneley Planet). Vgl. https://sz-magazin.sueddeutsche.de/essen-and-trinken/die-peking-ente-80012 Dort auch über die in Sojasoße getunkten, beim Draufbeißen noch quiekenden Mäuse. Inzwischen zweifle ich sogar, ob der in Ringe geschnittene Bullenpenis, den ich in der Provinz genoß, wirklich welcher war (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1505#22625). Mein erstes echt chinesisches Gericht, noch am Flughafen Peking tief in der Nacht, war aber wirklich geschmorte Seegurke (Trepang). Unser seither leider verstorbener Gastgeber hatte uns gefragt, ob wir es wagen wollten, und wir haben uns von Anfang an immer auf das Landesübliche gestürzt, auch die etwas strengen hundertjährigen Eier. Ein paar Jahre vorher hatte ich deutsches Botschaftspersonal in Delhi erlebt, das stolz darauf war, dem indischen Koch einen passablen rheinischen Sauerbraten beigebracht zu haben... Uns Bleichgesichtern (angrez) wurde auch oft „continental“ angeboten. „Bloß nicht!“ war unsere Reaktion. When in Rome... Alles andere ist rassistisch – als wenn man nicht essen könnte, was die Barbaren essen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2021 um 19.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47343

Ich kenne all diese Personen überhaupt nicht, und von Heidenreich hatte mich nur die aus dem Nichts erzeugte Äußerung über den damals aktuellen, von ihr offenbar nicht gekannten Nobelpreisträger interessiert, daher meine Hellhörigkeit beim Vorwurf der Sprachlosigkeit.

Übrigens sieht man zur Zeit, wie die Literaturkritiker nach und nach ihre Lücke füllen, was den jüngsten Literaturnobelpreisträger betrifft. Ich habe seinen Namen schon wieder vergessen und glaube auch nicht, daß der Verkauf nun nennenswert anziehen wird. Die ersten Reaktionen waren aber genau wie früher: Man will um keinen Preis eingestehen, daß man noch nie von ihm gehört hat.

Die SZ (Hilmar Klute) macht heute auf die stille Vorzensur in den Literaturverlagen aufmerksam: Man achtet peinlich darauf, daß nichts politisch Unkorrektes durchgeht, was später Ärger machen könnte. Auch früher gab es heftige Debatten im Namen der Moral (einschl. Blasphemie), aber heute kämpft die Moral sozusagen selbst und hat alle im Griff. Da gilt es schon als großzügig, wenn ein Autor gendern darf, aber nicht muß (ausdrücklich erwähnt!).
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 15.10.2021 um 14.18 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47342

"weiße Menschen erkühnen sich"
https://twitter.com/ChemnitzGj/status/1447281879988776972
Grüne Jugend Chemnitz
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 15.10.2021 um 14.04 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47341

Was genau wäre eigentlich von einer Medienfigur wie Heidenreich an argumentativer Tiefe zu erwarten? Und was von einem Format wie Markus Lanz? Da werden munter Wissenschaftler, Schauspieler, Philosophen, Politiker, Aktivisten und Extremsportler kombiniert, gerade so, wie es dramaturgische Aspekte erfordern.

Wahrscheinlich ist es nicht leicht, einen Prominenten zu finden, der mal Tacheles redet. Außer vielleicht Leute wie Poschardt, die man gleich abkanzelt mit den üblichen Diffamierungen.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 15.10.2021 um 13.41 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47340

In der Beschreibung unter dem Youtube-Link (Gespräch mit MdB Emilia "Milla" Fester) steht übrigens, daß die Sendung geskriptet ist.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 15.10.2021 um 13.36 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47339

Aus dem Lebenslauf:
Mit etwa 15 Jahren wurde sie Schulsprecherin des Gymnasiums. Ab 2017 wurde sie vom Schülerstipendienprogramm „Ruhrtalente“ gefördert. (...)
Von 2019 bis 2020 studierte sie an der Universität Bonn Politik, Soziologie und Philosophie, wechselte jedoch zum Wintersemester Mit 2020 an die Universität Köln, um dort Sozialwissenschaften zu studieren.
Nach einem Praktikum bei den Grünen in Unna begann sie sich politisch zu engagieren. Anfang 2017 trat sie der Grünen Jugend bei und gründete die Ortsgruppe Unna. Von 2017 bis 2019 blieb sie deren Sprecherin. (...) Ab 2019 war sie Sprecherin der Grünen Jugend Ruhr und von 2019 bis 2021 Mitglied im Bundesvorstand der Grünen Jugend und zuständig für das Mitgliedermagazin.


Mit 18 sagt sie dann in einer Youtube-Talkrunde eines ÖRR-geförderten Kanals, daß wir in einer "eklig weißen Mehrheitsgesellschaft" leben. Sie redet auch von "weißen Burgis". Sie hat sich zwar entschuldigt, meinte aber, daß sie ihre Haltung nicht geändert habe. Statt "eklig" hätte sie auch "ungerecht" sagen können. So als hätte sie "eklig" im Sinne von ungerecht gemeint.

Der entscheidende Punkt ist aber gar nicht, daß sie sich nicht im Griff hat. Sondern daß sie genau wegen dieser Haltung willkommen ist. Es entspricht exakt der allgegenwärtigen Critical-Whiteness-Ideologie. Nur halt ungeschickt kommuniziert. Aber da sie junge, farbige Frau und nebenbei auf dem Höhepunkt ihrer sexuellen Attraktivität ist, ist es gesellschaftlich nicht opportun, sie zu kritisieren. Das ist der zweite Grund, warum man sie gern als Aushängeschild haben möchte.

Die Frage ist, was man dagegen überhaupt noch in der Hand hat. Außer Kompromat.

Zwei Frauen-Dummchen in Machtposition. Die andere ist jüngstes Mitglied im Bundestag:
https://youtube.com/watch?v=mV-0ukhdQBE
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 15.10.2021 um 13.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47338

Das Zitat sollte zeigen, was die „Critical-Race-Theory“ in den Köpfen der woken jungen Leute anrichtet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2021 um 12.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47337

Ob grün oder nicht: Was ich mit 14 geschrieben habe, möchte ich heute auch nicht mehr lesen. Entsprechend würde ich es auch bei anderen nicht ans Licht zerren oder gar öffentlich kommentieren. Normalerweise bleibt so etwas ja unter Verschluß oder wäre längst verweht. Damit scheint es heute vorbei zu sein.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 15.10.2021 um 08.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47336

Daß Heinrich „keine Sprache habe“, ist natürlich Unfug. Sie spricht heute so routiniert, wie es von einer jungen Politikerin zu erwarten ist. Ihre älteren, pubertären Äußerungen werfen aber ein Licht auf den Geist der jungen grünen Klientel: „Juden und asiaten sind keine weissen Menschen und bei Slawen weiss ichs ehrlich gesagt nicht“ (Heinrich 2016). Gut gemeint, altklug, ahnungslos.

Als Vulgarität könnte man auch Heidenreichs Neigung zum Kitsch auslegen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2021 um 08.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47335

Einverstanden, aber mir geht es um etwas anderes. Es gibt bei den Leuten, die ein Dauerrederecht in den Medien genießen, eine Undiszipliniertheit, die ich als höhere Form von Vulgarität empfinde.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 15.10.2021 um 06.49 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47334

Gossensprache wird ihr allerdings nicht vorgeworfen. Sondern Rassismus.

Daß die Karriere von Sarah-Lee Heinrich beendet ist, glaube ich keine Sekunde. Sie hat genau das richtige Geschlecht, die richtige Hautfarbe und die mangelnde Impulssteuerung, um jeden Posten sofort zu bekommen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2021 um 05.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47333

Das Komischste an der alten weißen Elke Heidenreich ist ja, daß sie einer sehr jungen dunklen Frau vorwirft, sie könne nicht sprechen, habe keine Sprache, während sie selbst zur Verleihung des Nobelpreises an Le Clézio folgendes absonderte, was ich hier zum drittenmal zitieren muß: "Sein Werk ist ein sehr intelligentes, sehr kluges Werk, aber es hat immer eine ganz große menschliche und dichte und warme Dimension."

Es gibt eine Gossensprache der "Gebildeten".
 
 

Kommentar von , verfaßt am 15.10.2021 um 05.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47331


 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.10.2021 um 06.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#47252

Bei Google News wird nirgendwo erwähnt, daß heute der Tag der Deutschen Einheit ist. Die FAS hat auch nichts dazu. Stattdessen auf der ersten Seite und auf einer ganzen Seite im Innenteil: „Wird Klopapier teurer?“ (5 % Preiserhöhung zeichnen sich ab, Hamsterkäufe drohen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.08.2021 um 07.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#46898

Die Einheit (Nichttrennung) von Staat und Religion ist doch eigentlich der Wunschtraum vieler Menschen, die andererseits das gleiche in muslimischen Staaten verurteilen. Im Alten Testament ist sie verwirklicht und versteht sich von selbst. Wenn es Gott gibt, kann man doch Staat und Religion nicht trennen? Manche Theologen, die es mit der Religion "existentiell" ernst meinen, sehen es ebenso und lehnen die weichgespülte Kuscheltheologie ab. Wie kommt es überhaupt zu einem vom Leben getrennten "Gottesdienst", der dann auch sonntags um zehn im Radio übertragen werden kann?

Das ist eine der vielen Sachen, die ich nicht verstehe. Ich rede sicher wie ein Blinder von der Farbe, aber allein bin ich damit nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.07.2021 um 04.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#46611

One recalls the governor of Texas who, asked if the Bible should also be taught in Spanish, replied that “if English was good enough for Jesus, then it´s good enough for me.” (Christopher Hitchens)
Richard Dawkins erzählt die Anekdote in etwas anderem Zusammenhang. Vielleicht erfunden, aber gut erfunden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.07.2021 um 04.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#46568

Zum Kopftuchurteil des EuGH, wonach Unternehmen das Kopftuch unter gewissen Umständen verbieten können: „Kommerz schlägt Gott“ (Wolfgang Janisch, SZ 16.7.21)
Damit wird eingeräumt, daß das Tragen eines Kopftuchs Teil der Religionsausübung ist. Diese soll auch im Betrieb möglich sein, wegen der Religionsfreiheit. Es kann Gründe geben, in bestimmten Bereichen permanente religiöse Bekenntnisse auszuschließen. Religionsfreiheit hat noch nie bedeutet, daß man überall und jederzeit seine Religion ausüben kann. In der Schule z. B. dürfen Lehrkräfte die Schüler nicht ununterbrochen mit religiösen Bekenntnissen konfrontieren. Gerade der totale Anspruch der Religion, wenn man sie ernst nimmt, schließt das aus. (Der Vatikan verlangt von katholischen Parlamentariern, daß sie alle politischen Entscheidungen vom katholischen Standpunkt aus treffen. Darum hat ja auch Herr Ratzinger den Bundestag, unter dem Jubel der Gescholtenen, mit einer Verbrecherbande verglichen – wegen des liberalen Sexualstrafrechts.) Janisch macht es sich wie so oft zu leicht. Natürlich betrifft das Urteil auch andere Religionen, auch christliche Symbole, wie er mit Schaudern feststellt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.06.2021 um 08.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#46243

Thus, the persistence of superstition emerges as a side-effect of our natural ability for pattern recognition and causal inference making (e.g. Foster & Kokko, 2009). In evolutionary terms, the cost of overlooking causal relations is higher than that of occasional false positives, which explains the high sensitivity of our cognitive faculties to correlations in the environment. Nesse (2001) has termed this the “smoking detector principle”, because smoking alarms are designed to err on the side of caution for the same reason. (Maarten Boudry/Johan Braeckman: „How convenient! The epistemic rationale of self-validating belief systems“. Philosophical Psychology 25, 3 (2012):341-364.)

Die Kostenrechnung ist spekulativ, wenn auch einleuchtend. Wären wir etwas weniger abergläubisch, ginge es uns vielleicht noch besser. Man braucht nur daran zu denken, daß Entwicklungsschübe wie in Europa seit der frühen Neuzeit oder in China nach der Entfesselung der Wirtschaft (des Erwerbsstrebens) in gewisser Hinsicht (denn eine globale Glücksbilanz wird immer strittig bleiben) einen großen Fortschritt gebracht hat: weniger Hunger, höhere Lebenserwartung und geringere Kinder- und Müttersterblichkeit – um nur diese sicherlich konsensfähigen Punkte zu erwähnen.
Man darf den Grundgedanken der Evolution nicht so ausdehnen, daß man zu jedem Zeitpunkt in der besten aller Welten zu leben meint.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.06.2021 um 16.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#46205

Mancherorts sind die Termine für den Kirchenaustritt auf zwei bis drei Monate ausgebucht. Während dieser Zeit müssen die Austrittswilligen weiterhin Kirchensteuer zahlen, so will es der Gesetzgeber.

Mein Vorschlag: Mit diesen Einnahmen ließen sich "Austrittszentren" finanzieren, die der Terminnot eine Ende bereiten und manchen Unmut verhindern würden. Man könnte auch nicht mehr benötigte Impfzentren mit wenig Aufwand entsprechend umrüsten (ich habe mir die Anlage in der Erlanger Innenstadt schon einmal daraufhin angesehen).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.06.2021 um 04.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#46138

In der Süddeutschen Zeitung verteidigt Dietrich Mittler aufs neue das "Kirchenasyl" und wirft besonders der bayerischen Justiz unchristliches Handeln vor. Die Leichtfertigkeit, mit der er den Rechtsstaat beiseite schiebt, ist wieder mal erstaunlich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.05.2021 um 04.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45932

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35381:

Internationale Theologische Kommission: Die Hoffnung auf Rettung für ungetauft sterbende Kinder (2007) / hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.– Bonn 2008. – 84 S. (Arbeitshilfen 224)
https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/arbeitshilfen/AH_224.pdf

Man kann das studieren, in Deutschland an staatlich finanzierten Universitäten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.04.2021 um 05.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45697

Hessisches Kultusministerium warnt Lehrer vor Zeigen von Mohammed-Karikaturen

Nun, auch Papstkarikaturen oder gar der klassische Jesus mit Gasmaske sind in deutschen Schulen heikel, und das bayerische Kultusministerium zum Beispiel schreitet, wie gezeigt (Fall Susan Jacoby), schon viel früher ein. Mit Religion ist eben nicht zu spaßen. In deutschen Zeitungen gibt es praktisch keine Religionskritik, auch wenn sie sonst alles und jedes kritisieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.04.2021 um 04.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45619

Zu meinem vorletzten Eintrag: Ich bin ja in Rechtschreibung nicht schlecht, auch wenn ich sie nicht gerade für die höchste Kulturleistung halte. Kaum zu glauben, daß ich eine ganze Weile auf die Prophezeihung starrte, mit dem Gefühl, daß irgend etwas nicht stimmt. Wie ich sehe, habe ich den Fehler auch früher schon gemacht, verzichte aber aus psychologischem Interesse darauf, ihn zu korrigieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.04.2021 um 05.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45604

Es versteht sich nicht von selbst, daß in Deutschland der Bundespräsident anläßlich eines Kirchenfestes zum Volk spricht. Aber selbst wenn man den Brauch hinnimmt – was befähigt und berechtigt das Staatsoberhaupt zu solchen ethnopsychologischen Diagnosen: „Warum muss es in Deutschland eigentlich immer der Superlativ sein – himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt?“? Es wird praktisch nicht weiter kommentiert, aber ist Narrenfreiheit das, was einem Staatsoberhaupt zukommt?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.04.2021 um 05.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45603

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39473

Drei Jahre später: Exorzist Söder hat sich mit seiner Kreuz-Verordnung nicht einmal ehrlich zur Heuchelei bekannt, sondern selbst diese noch simuliert. Er tat so, als wolle er nicht offen sagen, daß er ein christliches Bayern wünsche: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen." (Paragraf 28 der Geschäftsordnung für bayerische Behörden) – Durch den sich selbst überschlagenden Opportunismus hat er auch die Kirchen gegen sich aufgebracht. Heute will niemand mehr daran erinnert werden, und die unvermeidlichen Gerichtsverfahren liegen wegen Corona auf der langen Bank.
Gehört es zu den staatlichen Aufgaben, die „geschichtliche und kulturelle Prägung“ eines Bundeslandes zum Ausdruck zu bringen? Und ließe sich diese auf den Einfluß einer bestimmten Religionsgesellschaft reduzieren?
-
Die SZ hat vor einigen Tagen an all das erinnert und bei dieser Gelegenheit eine überaus treffende Beschreibung von Söders Verfahren gegeben, sich immer wieder durch mächtige Böller ins Gespräch zu bringen, von denen die meisten wirkungslos verpuffen, er selbst aber unübergehbar wird. Das entspricht meiner Beobachtung seit 25 Jahren und hat mich seinerzeit zu der Prophezeihung bewegt, er werde Bundeskanzler. Das scheint heute nicht mehr so gewagt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.04.2021 um 08.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45574

Ich glaube, Robert Spaemann war es. der Gott als "Gerücht" in Mode brachte, und nun rennen sie alle hinterher. Auch der Journalist Matthias Drobinski sprach in der SZ vom "Gottesgerücht".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.04.2021 um 05.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45542

Warum gilt es als modern, Spiritualität beim Yoga zu finden oder Schweigeseminare zu besuchen – aber als albern, ein Vaterunser zu beten? Über Gläubige wird in unserer Gesellschaft gern gelacht und geurteilt. Ein Plädoyer für die Freiheit, an Gott zu denken. (SZ Magazin zum Karfreitag 2021)

Die Voraussetzung stimmt doch gar nicht. Wer lacht denn über die Gläubigen? Das Christentum ist allgegenwärtig und die Kirche immer noch mächtig. Sie muß sich Kritik gefallen lassen, die aber selten in Verhöhnung der Gläubigen umschlagen dürfte. Nicht jeder sollte sich gleich zu den Verfolgten rechnen, nur weil Beten in der Öffentlichkeit manchmal peinlich wirkt – immerhin hat Jesus selbst es verurteilt.)

Im selben Beitrag: Gott ist größer und umfaßt alle Schwarzen Löcher usw. - was soll man dazu sagen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.03.2021 um 05.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45534

Wir mokieren uns über Hindus, die im Ganges baden und sich für ungefährdet halten, weil die Heiligkeit des Flusses über die Krankheitserreger siegt (die man sozusagen mit bloßem Auge sehen kann, besonders zur Monsunzeit).

Forscher fanden in Weihwasserproben aus 30 katholischen Kirchen in Deutschland, Österreich und Spanien – im Zeitraum von 2002 bis 2017 – 1500 bis 22.000, durchschnittlich 6000 Keime pro Milliliter. (Wikipedia)

Eine mir bekannte katholische Medizinerin wies ihre Kinder an, die Finger nicht wirklich in das Weihwasserbecken in der Kirche zu tauchen, sondern nur so zu tun.

Das Erzbischöfliche Ordinariat München verschickt zu Ostern weihwassergetränkte Feuchttücher an betagte Menschen. Heute ist Corona der Grund, früher hat man wegen Tuberkulose Weihwasserautomaten konstruiert, alles ohne viel Erfolg.

Ein Liturgie-Professor ist kritisch: Als skurril bewertet Feulner jedoch abgepackten feuchte „Weihwassertücher“; diese hätten nichts mehr „mit einem Gedächtnis der Taufe beim Bekreuzigen mit den befeuchteten Fingern zu tun“.
(https://religion.orf.at/v3/stories/3005303/, korrigiert)

In der katholischen Kirche hält man an der stofflichen Kontiguität fest. Das geht von der apostolischen Sukzession (einer ununterbrochenen Weitergabe des Segens durch Handauflegen) über den Reliquienkult bis zu geweihten Gegenständen wie eben dem Weihwasser. Die Protestanten beschränken sich auf die „Weitergabe“ der Lehre. Die Geister scheiden sich also an der Frage der Magie.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.03.2021 um 06.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45465

Natürlich muß man Ungläubige töten, das ist doch seit Jahrtausenden bekannt und wurde jederzeit befolgt. Warum regen manche sich erst jetzt darüber auf?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.03.2021 um 13.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45400

Zum Verhüllungsverbot in der Schweiz:

Interessant wird sein, ob das Verhüllungsverbot auch gegen reiche Araberinnen durchgesetzt wird, die in Zürich shoppen gehen. Die Ausführungsbestimmungen werden wohl weitere Ausnahmen enthalten; man denkt ja pragmatisch (an den Nervus rerum).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.03.2021 um 05.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45392

Beim Lesen einer FDR-Biographie notiert: Die Einwanderer in den USA und ihre Nachkommen wandten sich teilweise strikt gegen weitere Einwanderung. Der KKK war die Speerspitze, er wollte nur Weiße bzw. Anglosachsen zulassen und deren Vorherrschaft verewigen. Den anderen wurde nachgesagt, sie seien weder fähig noch willens, sich zu integrieren,
Hierzulande nennt man die Migranten am besten „nichtintegrierbare Eroberer“.
In der Schweiz müssen nach dem Volksentscheid die (etwa 30) sprengstoffstrotzenden Musliminnen ihren Niqab ablegen oder zu Hause bleiben, was der Sauberkeit des Straßenbildes zugute käme. Auch die gefährlichen Minarette müssen weg!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.03.2021 um 07.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45363

Die Zeitung würdigt die Einführung der Sonntagsruhe durch Kaiser Konstantin von 1700 Jahren, erwähnt aber nicht, daß es sich um die jüdische Sabbatruhe handelt, nur polemisch auf einen anderen Tag verschoben.
Heute halten vor allem die Gewerkschaften die Stellung, auch ohne religiöse Begründung und trotz der vielen Ausnahmen (die es schon bei Konstantin gab, ganz zu schweigen von der Fundamentalkritik durch Jesus persönlich). Geblieben ist der Streit um das kirchliche Arbeitsrecht als Fremdkörper im säkularen Staat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.01.2021 um 18.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45023

http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38219

Noch einmal zu Kasten usw.:

Die Mutter einer befreundeten Inderin war sehr stolz auf ihre blankpolierten Messingtöpfe. Als der Vater beiläufig erwähnte, daß der Wasserträger ein Schinder sei (das Unreinste überhaupt), war sie tagelang betrübt. Ändern konnte sie nichts, weil jemand ja das Wasser herbeischaffen mußte.

In abgelegenen Dörfern mag es heute noch vorkommen, daß ein Kastenloser erschlagen wird, weil sein Schatten auf einen Brahmanen gefallen ist.

Wie kamen eigentlich die weißen Rassisten in Amerika damit zurecht, daß sie schwarze Kindermädchen und Köche beschäftigten? Kann man etwas essen, was durch Negerhände gegangen ist? In Indien stellen sich ähnliche Fragen.

Ein deutscher Diplomat in Indien erlebte bei einer Sitzung den Chief Minister eines Bundesstaates, in Nationaltracht (Dhoti) ihm gegenübersitzend, die Beine hochgestellt auf den Sessel, so daß man seine Geschlechtsteile sah, die ganze Zeit in der Nase bohrend. Das war ein Brahmane.

In Gegenwart von Harijans erwähnt man Kasten überhaupt nicht. Offiziell spricht man von S. C. (scheduled castes) oder Harijans oder B. C. (backward castes). (Meine Erinnerungen beziehen sich auf die 70er Jahre.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.01.2021 um 05.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#45019

Modi schreibt internationalen Kuh-Wettbewerb aus:

In dem Lernmaterial steht laut örtlichen Medien etwa, dass das Töten von Kühen Erdbeben verursache – und dass Milch von indischen Kühen Spuren von Gold enthalte. Auch seien Menschen, die in Häusern mit von Kuhfladen bedeckten Wänden leben, 1984 von einem schlimmen Gasaustritt verschont geblieben.

Damals habe ich viele Hütten gesehen, an deren Wänden Kuhfladen zum Trocknen klebten. Sie hatten keinen Gasanschluß (sondern kochten eben auf den Kuhfladen, was den typischen indischen Landgeruch erzeugt), folglich konnte auch kein Gas austreten.

Der Rinderwahn wird hauptsächlich als Kampfmittel gegen Muslime genutzt. (Wie hierzulande das Schächtverbot.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.12.2020 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44906

Warum wir auch heute an Engel glauben sollten (Margot Käßmann, Der Sonntag, Weihnachten 2020)

Eigentümliche Zusammenstellung von glauben und sollen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.12.2020 um 04.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44799

Theologen wechseln nicht selten vom Kerngeschäft, an das sie vielleicht nicht mehr glauben oder von dessen Wissenschaftsfähigkeit sie nicht mehr überzeugt sind, zu den Hilfswissenschaften und werden Philologen (dies am häufigsten), Ethnologen, Historiker oder Religionswissenschaftler.

Wenn man Einführungen in die Religionswissenschaft sucht, stößt man denn auch nur auf Werke von Theologen: Klaus Hock, Ulrich Berner, Michael Stausberg, Johann Figl (der Reihe nach bei Amazon). Meistens bekennende Christen, aber die Religionswissenschaftlerin Bettina Bäumer (Bettina Sharad Baumer) ist zugleich Shivaitin, hat sogar die indische Staatsbürgerschaft angenommen. Eine solche Faszination findet man oft, vor allem durch die Advaita-Lehre, die für indisches Denken so bezeichnend ist, und die entschiedene Abkehr von einem persönlichen Gott nach Art des jüdisch-christlichen. In Anlehnung an den Sinologen Helwig Schmidt-Glintzer könnte man solche Religionen auch dadurch kennzeichnen, daß sie das Heil nicht „kontingentieren“ (wie das Christentum).
Es ist anzunehmen, daß Theologen der Religion anders gegenüberstehen als Nichtreligiöse. Theologie gehört ja nicht zu den freien Wissenschaften (artes liberales).

Wie würde eine solche Einführung aus atheistischer Sicht aussehen? (Wahrscheinlich „militant atheistisch“ – das ist das Attribut, das den Ungläubigen automatisch angehängt wird, wenn sie nicht schweigen.)

In die gleiche Tradition gehört es, wenn Ethiklehrer kurzerhand an der theologischen Fakultät ausgebildet werden; es ist ja doch alles dasselbe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.10.2020 um 05.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44452

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43192:

Über den indischen Gruß, der sich erfreulicherweise immer mehr verbreitet, schreibt die SZ:

Ausgeführt wird er, in dem man beide Hände flach vor der Brust mit den Innenflächen aneinander führt und "Namaste!" sagt, was so viel bedeutet wie "Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in dir“.

Aber in der Online-Fassung ist dieser Unsinn schon korrigiert:

Ausgeführt wird er, in dem man beide Hände flach vor der Brust mit den Innenflächen aneinander führt und "Namaste!" sagt, was so viel bedeutet wie "Dir einen Gruß" oder "Gegrüßt seist Du".

Der Gruß ist in Indien auch kein „religiös aufgeladenes Körperritual“ und wird auch nicht nur unter Hindus gebraucht, wie die Zeitung meint.

Wikipedia: Namaste bedeutet wörtlich übersetzt „Verbeugung zu dir“. Es ist eine Zusammensetzung von náma (Sanskrit „Verbeugung“) und -aste („zu dir“).

Letzteres ist Quatsch, "te" allein bedeutet "dir".

Die englische Wikipedia schreibt: The term namas is made of 2 words na meaning “not” and mamah meaning “i” or mine. It is therefore “not I”. This implies being open to the person being greeted and sometimes when “namaste” is said to God it refers to bowing or adoration.

Das ist dieser typische „Kratylos“-artige etymologisierende Unsinn der Frommen, den es auch im christlichen Bereich gibt. (Alle genannten Deutungen sind auch lautlich unmöglich.) In Wirklichkeit ist namas ein Substantiv zum Verb nam- „biegen, beugen“.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.09.2020 um 05.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44287

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35112

Die beiden Bedeutungskomponenten kommen auch in dieser Definition zum Ausdruck:

"Der Aberglaube ist subjektiv und steht im Widerspruch zu besserem Wissen seiner Zeit sowie zu einem mehrheitlich vertretenen Glauben und lässt sich meist auf Reste früherer Glaubens- und Verhaltensregeln zurückführen". (Rüdiger Hauth: Kompaktlexikon Religionen 1998)

Aberglaube ist primär ein religiöser Begriff und bezeichnet die Abweichung vom richtigen Glauben, also den Gegensatz zur Orthodoxie, die Häresie, und hat in den Augen der Wissenschaft keinen objektiven Sinn.

Im Englischen stellt superstition mehr auf den Gegensatz zur Wissenschaft und Vernunft ab. Die erwähnten superstitiösen Tauben Skinners irren sich, sind aber keine Ketzer.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.09.2020 um 07.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44253

"Wer im Kanton St.Gallen und in den beiden Appenzell aus der Kirche austreten will, muss dafür die Unterschrift amtlich beglaubigen lassen. St.Gallen begründet diesen zusätzlichen Aufwand damit, dass dadurch Sicherheit für beide Partien entsteht."

Die Beglaubigung kostet 30 Franken. Bei Eintritt oder Wiedereintritt wird keine Beglaubigung verlangt. Sie ist wie auch in ganz Deutschland kostenlos.

Fast möchte man der Kirche zu Hilfe kommen und ihr von solchen kontraproduktiven Tricks abraten, die bisher schon ihren Zweck nicht erreicht haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.08.2020 um 05.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44175

Zum vorigen ergänzend: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1488

(Säuglingsschrei)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.08.2020 um 13.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44167

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37266

Aus der Union kommt die Forderung, "kinderfreie" Hotels und Restaurants zu verbieten. Damit kann ich mich anfreunden, ungeachtet aller Vertragsfreiheit. Es gibt kein Recht, von Kindern nicht gestört zu werden, wenn sie einfach bloß da sind und sich kindgemäß benehmen.
Man kann ja Vereine gründen, eventuell auch Vereinshäuser betreiben, zu denen weder Kinder noch Krüppel noch Neger noch Juden usw. Zutritt haben.

Evolutionsbiologen haben kürzlich festgestellt, daß Säuglingsgeschrei zu den unangenehmsten Geräuschen gehört - was natürlich seinen guten Sinn hat. Nach meiner Beobachtung ertragen die jungen Mütter es noch am ehesten, während wir anderen gegen infantizidale Regungen kämpfen müssen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.08.2020 um 05.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44058

Unter Intellektuellen ist es weithin üblich geworden, nicht über Religion zu streiten, sondern sich ungefähr mit dem zu begnügen, was man nach S. J. Gould NOMA (Non-overlapping Magisteria) nennt. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Nonoverlapping_Magisteria

Ich gehöre zu den Kritikern, will aber hier nur auf ein praktisches Problem hinweisen. Die katholische Kirche zum Beispiel empfiehlt, Kindern die Schöpfungsgeschichte ohne jeden "Märchenvorbehalt" zu vermitteln:
https://www.katholisch.de/artikel/18826-die-schoepfungsgeschichte-fuer-kinder-erzaehlt

Darüber sieht man ein NASA-Foto, was den Eindruck verstärkt, daß von "non-overlapping" keine Rede sein kann – der Mythos wird als buchstäblich wahr dargeboten und zweifellos auch aufgenommen. Ist das zu verantworten? In anderen Fächern nicht. Man darf und muß vereinfachen, aber man darf nicht grundsätzlich von der wissenschaftlichen Wahrheit abweichen.

Ein Gesellschaft mit "hinkender Trennung" von Staat und Religion hat es sich mit Wegsehen bequem gemacht, womit aber keiner Seite wirklich gedient ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 31.07.2020 um 13.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44012

Da frage ich mich allerdings, nach welchen Kriterien die Muslime ausgewählt werden, die jetzt bis zur Kaaba dürfen, und welche Strafen ihnen drohen, falls sie aus den gut übersichtlichen und ständig gefilmten Reihen tanzen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.07.2020 um 12.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#44011

Die Bilder und Filme von der Wallfahrt nach Mekka (Umrundung der Kaaba) zeigen ein Wunder an Disziplin und Rücksichtnahme. Das muß einmal gesagt werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.07.2020 um 12.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43918

Wer sonst den Säkularismus ablehnt, sollte nicht dessen Aushöhlung in anderen Ländern beklagen (Hagia Sophia).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.07.2020 um 04.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43859

Julius Valentin reiste zusammen mit seinem Freund und Partner Emil Rathenau nach Amerika und war über die dortige Freiheit und den Unternehmungsgeist begeistert. "Keine Konfession", berichtete er brieflich nach Hause. Damit meinte er offensichtlich nicht den Mangel an persönlicher Frömmigkeit, sondern die Religionsfreiheit. In Berlin war die Taufe Voraussetzuung des gesellschaftlichen Aufstiegs. Ich entnehme dies Daniel Hopes Recherche seiner Familiengeschichte ("Familienstücke: eine Spurensuche").
Zur Person vgl. https://www.bz-berlin.de/leute/stargeiger-daniel-hope-wird-mit-bundesverdienstkreuz-geehrt
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.06.2020 um 06.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43808

Susan Blackmore hat sich die Mem-Theorie samt Religionskritik zu eigen gemacht und in einem missionarischen, meiner Ansicht nach stark überschätzten Buch "The meme machine" verbreitet. Dawkins hat ein Vorwort geschrieben.

In einem ziemlich albernen Artikel im "Guardian" (https://www.theguardian.com/commentisfree/belief/2010/sep/16/why-no-longer-believe-religion-virus-mind) hat sie sich von ihrer früheren Ansicht distanziert, Religion sei ein (schädliches) Virus, und findet nun, daß sie eher ein (teilweise nützliches) Bakterium sei. Und zwar nach Hinweisen auf die größere Gebärfreudigkeit religiöser Menschen! Religion sei also wohl doch adaptiv. Ernüchterndes Niveau.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.06.2020 um 05.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43803

Dawkins hat seine Religionskritik mit der Mem-Theorie verbunden. Der Titel seiner einflußreichen Schrift „Viruses of the mind“ deutet an, daß er Religionen für eine Art Krankheit hält.
Man kann Religionen aus philosophischen, politischen, rechtlichen oder moralischen Gründen kritisieren, auch und gerade im Namen der Wissenschaft, aber diese Kritik selbst hat mit Religionswissenschaft nichts zu tun.

Dennetts ergänzende Bemerkung, daß Religionen auch einen Nutzen haben können, wie es ja auch Viren gebe, die den Wirtsorganismus nicht schädigen oder gar umbringen, ändert nichts am Kern der Kritik.
Das Virus „Religion“ programmiert manche davon Befallenen so, daß sie als Prediger oder Missionare (im weiteren Sinn) die religiöse Lehre verkünden, als Inquisitoren (im weiteren Sinn) die Rechtgläubigkeit mit Machtmitteln durchsetzen oder als fromme Menge wie eine Schafherde hinter ihrem geistlichen Führer hertrotten. Wenn ein Mem all dies bewirken kann, ist sein Erklärungswert nicht hoch. Es gibt näherliegende Erklärungen für die Ausbreitung und Fortdauer der Religionen.
Gerade die beinahe universale Verbreitung und Langlebigkeit der Religionen stellt den Memtheoretiker auch vor die Frage, wie eine solche Krankheit der natürlichen Selektion widerstehen konnte. Hier wird sogar wieder Zahavis Handicap-Prinzip herangezogen: Die Robustheit einer Gruppe zeigt sich gerade darin, daß sie sich eine solche Dauer-Pandemie leisten kann.

H. Allen Orr:
If you find it hard to believe that the beneficiaries of religion aren’t human beings but the memes they carry, Dennett asks you to consider what Christians themselves claim to value more than their lives: the Word. “Spreading the Word of God is their summum bonum, and if they are called to forgo having children and grandchildren for the sake of spreading the Word, that is the command they will try hard to obey.” Dennett also argues that you can help a religion grow even if you don’t believe in God. People can become conscious stewards of memes they happen to consider benevolent, and, in the case of religion, the result might be a bloodless “belief in belief.” People who aren’t sure about God may nonetheless be sure that religion is good for society and so encourage its spread.

Dazu braucht man aber die Mem-Theorie nicht. Es ist sogar lächerlich, diese relativ einfachen, empirisch erforschbaren Tatsachen mit so spekulativen Begründungen zu versehen.

Es ist eigentlich schade, denn ich teile den religionskritischen Ansatz der sogenannten "New Atheists", halte aber nichts von der Mem-Spekulation, die zu einer Flut überflüssiger Literatur geführt hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.06.2020 um 06.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43710

„Corona und die Frage nach Gott“. Nachdem sich Theologen dazu geäußert haben, hält der Journalist und Theologe Reinhard Bingener in der FAZ (8.6.20) eine Art evangelische Metapredigt zum Thema. „Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wird in den Kirchen über deren Deutung diskutiert.“ Dawkins hat öfter gefragt: „Welchen Sinn hat das Matterhorn?“ Er wollte zeigen, daß man manche Fragen nicht stellen sollte. Der Schein des Tiefsinns verfliegt heute schneller als früher. Kein Wunder, daß immer mehr Menschen aus der Kirche austreten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.05.2020 um 05.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43642

Hans Maier, mitschuldig an der Rechtschreibreform, erinnert sich in der FAZ an den Kruzifix-Beschluß vor 25 Jahren. Der Kruzifix-Streit hat seinerzeit von der Rechtschreibreform abgelenkt und sie dadurch leichter durchsetzbar gemacht, wie wir Kritiker sehr deutlich gespürt haben.

In der gleichen Ausgabe eine ganzseitige Corona-Predigt von Bedford-Strohm. Andererseits macht sich Christian Geyer mit Recht über den Soziologen Hartmut Rosa lustig, der aus gleichem Anlaß mit seiner "Unverfügbarkeit" hausieren geht.

Im Leitartikel schreibt Daniel Deckers unentwegt von "sexueller Gewalt". Er weiß vermutlich gar nicht, in welcher ideologischen Ecke er sich mit dieser Sprachregelung befindet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.05.2020 um 06.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43614

Gallup found that (...) in 2019, 40 per cent of US adults held the view that "God created human beings pretty much in their present form at one time within the last 10,000 years or so". (Wikipedia: Young Earth Creationism)

Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Junge-Erde-Kreationismus (ziemlich wirrer Eintrag, der immer wieder neu ansetzt; der englische ist ungleich besser.

Was die Menschen wirklich glauben, ist schwer festzustellen. Sie wissen es oft selbst nicht so genau und vermeiden es auch, länger darüber nachzudenken. Von fremden und früheren Menschengruppen wissen wir es erst recht nicht. Wie weit haben die alten Griechen ihren Glauben ernst genommen?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 16.05.2020 um 12.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43611

Wikipedia: „In den Jahren 1901–2017 erhielten 813 Einzelpersonen ... den Nobelpreis.“
In der Liste der deutschen Nobelpreisträger verzeichnet Wikipedia 99 Personen, also 12%.
(Den Preis für Wirtschaftswissenschaften mitgerechnet, ergäbe das Verhältnis 892:100 Personen, also etwa 11%.)

Jedoch nur etwa 1% der Weltbevölkerung sind Deutsche.
Deutsche sind also beim Nobelpreis zwar nicht 100fach überrepräsentiert wie Juden, aber immerhin auch noch über 10fach. Was sagt das über Deutsche? Da könnte man sich theoretisch auch wundern.

Das Land mit der größten Dichte von Nobelpreisträgern an der Bevölkerung ist übrigens Island (1 Nobelpreis, und zwar für Literatur an Halldor Laxness).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.05.2020 um 04.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43610

Nobel Prizes have been awarded to over 900 individuals, of whom at least 20% were Jews although the Jewish population comprises less than 0.2% of the world’s population. (Wikipedia)

Warum wundert uns das nicht?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2020 um 05.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43573

Das hochgelehrte und trotzdem leicht lesbare Werk "Why Priests?" von Garry Wills, das ich schon mehrmals empfohlen habe, zeigt ausführlich, wie die Kirche in vielen Jahrhunderten eine neue Priesterschaft erfunden und immer weiter vom Volk der Gläubigen abgetrennt hat, alles auf die Macht zur Konsekration der Hostie gegründet. Wills beschreibt, wie er als Ministrant zugesehen hat, wie der Priester, mit dem er am frühen Morgen oft allein war (manchmal war es der berühmte Semiotiker Walter J. Ong SJ), Schicht um Schicht seiner heiligen Gewandung anlegte. In der öffentlichen Messe kam dann die bekannte Einrichtung der Altarzone hinzu, vor allem aber die lateinische Sprache, deren Hauptsinn (denn Jesus sprach sie ja nicht) darin bestand, vom Volk nicht verstanden zu werden.

Das Buch enthält auch eine neue Übersetzung und einen Kommentar zum Hebräerbrief.

(Die Glaubensartikel, zu denen sich Wills am Schluß des Buches und anderswo dann doch bekennt, sind nicht nur für Ungläubige kaum verständlich, aber das ist eine andere Geschichte.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.04.2020 um 04.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43405

Zur segensreichen Corona-Epidemie noch dies:

In seiner Homilie sagte der Kapuzinermönch und Prediger des päpstlichen Hauses, Raniero Cantalamessa, die Coronavirus-Pandemie habe viele auf der Welt von einem „Allmachtswahn“ befreit. Sie habe die Menschen auch dazu veranlasst, mehr Solidarität zu üben. (FAZ 11.4.20)

Wo leben eigentlich die Menschen mit dem Allmachtswahn? Ich kenne keinen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.04.2020 um 16.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43398

Kirche und Spiritualität sind in der Corona-Krise nach Einschätzung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, gefragt. "Ich erlebe, dass viel gebetet wird", sagte er im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Viele Menschen hätten in der soeben beendeten Fastenzeit ihre Vorsätze überprüft, etwa punktuell auf Süßigkeiten zu verzichten, so der Limburger Bischof.
(katholisch.de)

Die Süßigkeiten kommen in Fastenpredigten so oft vor, daß man meinen könnte, die Geistlichen sprächen zu Kindern – oder eben zu anderen naschsüchtigen Priestern.

Unsere Ökotrophologinnen finden das zwar auch richtig, aber der spirituelle Sinn der Schokolade liegt nicht gerade auf der Hand.

Derselbe Bischof Bätzing meint übrigens, die Corona-Epidemie könne zum "Glücksfall der Geschichte" werden. Dann hätte allerdings der Papst im März falsch gelegen:

WELT: Heiliger Vater, um was haben Sie gebeten, als Sie in den beiden römischen Kirchen gebetet haben?
Papst Franziskus: Ich habe den Herrn gebeten, die Epidemie zu stoppen: Herr, halte sie mit deiner Hand auf. Dafür habe ich gebetet.
(welt.de 18.3.20)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.04.2020 um 05.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43371

Wie kann man die Corona-Krise mit der Fremdenfeindlichkeit in eine nützliche Verbindung bringen? Der Generalnenner „Grenzen schließen“ ist zu unspezifisch. Die "National-Konservativen" raunen vom kommenden Ramadan, für den die Merkel selbstverständlich alle Kontaktbeschränkungen außer Kraft setzen wird.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.04.2020 um 09.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43328

"Die Experten sagen uns, dass wir in der kommenden Woche eine Welle an Erkrankten in unseren Krankenhäusern erleben werden", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gestern bei der virtuellen Regierungspressekonferenz in Stuttgart.
(Mannheimer Morgen, 1.4.2020, S. 5)

Ich kann mich noch gut an die Empörung vor vier Jahren über den Ausdruck "Welle" in bezug auf Flüchtlinge erinnern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.04.2020 um 05.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43326

Weil Peter Sloterdijk sich auch zu Corona geäußert hat, bin ich noch einmal auf seinen Ausspruch von 2016 gestoßen: „Jetzt entscheidet der Flüchtling über den Ausnahmezustand.“

Welcher Flüchtling? Na, der Flüchtling halt, wie "der Jude".

Carl Schmitt wird ja nun auch wieder viel zitiert, das Stichwort "Ausnahmezustand" löst bei der ganzen Mannschaft diesen Reflex aus.

Reinhard Müller (Jurist, FAZ) rügt:
„Ausgangsbeschränkungen sind im Grunde Mittel des Mittelalters. Sie wirken, wenn sie durchgesetzt werden. Aber heute muss man fragen, ob es nicht mildere und genauso wirksame Methoden gibt, um die Seuche einzudämmen. Womöglich sogar bessere, wenn man dadurch einen langen öffentlichen Stillstand, der auch Opfer fordern würde, vermeiden kann.“
Er empfiehlt den „guten alten Mundschutz“ und die Nachverfolgung der Menschen durch Handydaten.
„Es ist Zeit, zu wirklich wirksamen, angemessenen Mitteln zu greifen, um Stillstand und Depression zu verhindern. Sonst landen wir im Mittelalter.“ (1.4.20)

Man lernt nie aus.

Nach Aprilscherzen braucht man nicht zu suchen, weil der Ernst der Lage sie verbietet.

Die deutschen Trump-Verehrer lassen sich nicht irremachen:

"Herr Trump sorgt für seine Bevölkerung. Leider habe ich dieses Gefühl bei Frau Merkel nicht." (welt.de 30.3.20)

"Trump zeigt Einsicht, das habe ich von Frau Merkel noch nicht erlebt." (ebd. 1.4.20)

Jede einschlägige Meldung ruft innerhalb von Minuten eine Unzahl Kommentare dieser Art hervor.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.03.2020 um 07.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43288

Neun der 16 Bundesminister im Kabinett Merkel IV sind Katholiken, dazu 3 evangelische (Merkel, v. d. Leyen, Heil); 4 machen keine Angaben: Katarina Barley, Olaf Scholz, Franziska Giffey, Svenja Schulze. Im Kabinett von 2013 gab es gar keine Konfessionslosen, in der Bevölkerung waren es rund 35 Prozent; heute sind es fast 40.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2020 um 05.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43279

Statt sich nach jedem Handschlag die Hände zu desinfizieren wie Papst Franziskus, könnte man es gleich bleiben lassen und andere, ebenfalls ehrwürdige Formen des Grüßens wiederbeleben.

Noch vor wenigen Jahren wurde Händeschütteln zum ehernen Bestandteil unserer Leitkultur erklärt. Damals ging es freilich gegen Muslime. Heute ist Abstand der neue Anstand. Der Tod macht alle gleich.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.03.2020 um 17.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43195

Ja, der Knicks! Es war ca. 1985, ich war in meinem Büro auf der Arbeit und eine Handvoll Lehrlinge stellte sich zum Praktikum vor. Eine hübsche 17jährige knickste dabei vor mir, sehr anmutig und bescheiden, Aber ich war damals selbst gerade erst Anfang 30 und dachte mir, oh Gott, für wie alt mag sie mich wohl halten?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.03.2020 um 16.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43194

Die Begrüßungsmoden wechseln bekanntlich schnell und wandern auch über Grenzen. Man denke an hallo, ciao usw., das angedeutete Wangenküßchen – mir früher ganz fremd und heute noch unangenehm, Wo ist der Knicks geblieben, zu dem die kleinen Mädchen angehalten wurden? Das Händeschütteln ist auch schon länger nicht mehr so verbreitet wie zuvor. Ich will mich ja nicht unbedingt fürs Indische stark machen, halte aber einen Wandel für möglich.
"Exotisch" sind gewissermaßen alle Höflichkeitsformen, wie schon der Name sagt (vom Hofe).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.03.2020 um 15.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43193

"zusammengelegte Handflächen und leichte Neigung des Kopfs"

Also ich weiß nicht, man muß sich ja auch keinen abbrechen und irgendwelche neuen, exotischen Moden einführen.
Ein freundliches Nicken und "Hallo" oder "Guten Tag" hat’s auch noch immer getan, und wenn die Krise überstanden ist, wird man sich auch wieder fest die Hand drücken können. Das ist doch wirklich ein schöner Brauch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.03.2020 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43192

Von vielen Seiten wird nun der indische Gruß Namaste (mit "Anjali"-Geste: zusammengelegte Handflächen und leichte Neigung des Kopfs) empfohlen, was ich ja auch schon lange für richtig halte. Ein FAZ-Leser, der das auch findet, geht freilich zu weit, wenn er übersetzt "Ich grüße das Göttliche in dir." – Das ist ungefähr so, als wenn ein Inder unserem Grüß Gott oder Pfüat di eine spirituelle Deutung geben wollte, wobei allerdings der Weg zur Formelhaftigkeit gerade umgekehrt verlaufen ist. Namas-te heißt wörtlich "Verbeugung dir", alles andere ist dann religiöse Aufladung, an die der gewöhnliche Inder im täglichen Umgang bestimmt nicht denkt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.03.2020 um 04.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43164

ZU http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#24551

Sogar die FAZ sieht jetzt Handlungsbedarf (Bericht und Kommentar am 14.3.20). Daniel Deckers erwähnt das "Vermögen von eigentlich unschätzbarem Wert", das den Kirchen vor über 200 Jahren genommen wurde. Aus "eigentlich unschätzbar" (wie sonst nur der Wert des menschlichen Lebens) könnte man die Ewigkeit der Zahlungsverpflichtung herleiten.
Wie ist die Kirche (eine Religionsgesellschaft!) überhaupt zu diesem Reichtum gekommen? Das steht nicht zur Debatte, aber interessant ist es schon, auch unter dem Gesichtspunkt, daß andere Enteignungen ohne Entschädigung stattfanden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.03.2020 um 07.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43156

US President Donald Trump said that Prime Minister Narendra Modi brought India together and that he is the "Father of India".

Den hindunationalistischen Spalter Indiens mit dem Ehrentitel Mahatma Gandhis zu schmücken ist ein starkes Stück. Aber vielleicht verwechselte er die beiden? Möglich ist alles:

"He is like an American version of Elvis (Presley)," said Donald Trump. However, it seems that Trump wanted to say that Modi is an "Indian version" of the legendary performer. (India Today 24.9.19)

Es wird auch berichtet, daß Google in Indien einen sprunghaften Anstieg der Suche nach "Elvis" verzeichnete, weil Presley den meisten (jüngeren) Indern kein Begriff ist. Er sei wohl auch zu amerikanisch.

Übrigens ist die ganze Episode in deutschen Medien so gut wie nicht berichtet worden, ich bin nur zufällig darauf gestoßen. Unter Trumps täglichen Ergüssen geht so was auch leicht unter.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.03.2020 um 07.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43114

Immer mehr Berliner verlassen bewusst die Kirchen (Tagesspiegel 1.3.20)

Natürlich bewußt – wie denn sonst? Der Eintritt geschieht allerdings meist unbewußt (Kindstaufe). Darum gibt es in den meisten Bundesländern "Kirchenaustrittsgesetze" – eine Kuriosität,von der ich bisher nichts wußte.

Apropos Berlin:

30 Euro kostet der Austritt in der Hauptstadt. Die Grünen wollen das jetzt – wiederholt – ändern. Werner Graf, Landesvorsitzender seiner Partei, sagte dem Tagesspiegel: „Der Kirchenaustritt muss kostenlos sein – es darf keine finanzielle Frage sein, ob man Mitglied einer Glaubensgemeinschaft ist.“ In Berlin wurde erst im Jahr 2014 eine solche Gebühr für den Austritt eingeführt: Mit den Stimmen von Klaus Wowereits rot-schwarzer Koalition wurde das „Gesetz zur Einführung einer Verwaltungsgebühr für den Kirchenaustritt“ damals beschlossen.

Anscheinend hat die Einführung der Gebühr keinem der beiden "Partner" genutzt. Und manche erkennen allmählich den destruktiven Effekt der Verpartnerung. Vielleicht hängen die Abwendung von den Kirchen und die Abwendung von den "Altparteien" irgendwie zusammen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.03.2020 um 07.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#43100

Die Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung spricht in einem Beitrag für die FAZ von 2000 Jahren Antisemitismus usw., während sie im Detail stets Juden und (christliche und muslimische) Judenfeindschaft benennt, also ohne den unhistorischen rassistischen Zungenschlag. Warum läßt man sich von Nazis die Rassenbegriffe aufdrängen? Selbst wenn die Juden sich als Volk und nicht nur als Religionsgemeinschaft verstehen, sind sie immer noch keine Rasse.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.02.2020 um 08.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42953

Religionskritische Bücher läßt die FAZ stets durch Theologen rezensieren (heute Stephen Greenblatt durch Roland Kany), psychoanalysekritische durch Psychoanalytiker. Bei der Homöopathie wird es schwierig, aber es bleibt ja die Leserbriefspalte. So gleicht sich alles aus, und es herrscht Friede.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.01.2020 um 07.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42825

In der umfangreichen Literatur über die Gleichnisse Jesu scheint es zwei Hauptströmungen zu geben. Die einen sehen darin Verschlüsselungen der Lehre, die anderen gerade im Gegenteil Erläuterungen. Letztere kritisieren deshalb auch Ratzingers "Jesus".

Ich neige zur zweiten Ansicht. Es gibt zwar auch in ältester Literatur Verrätselungen, Orakel usw., aber das ist ein anderes Genre. In den Upanischaden, die gewiß "esoterische" Lehren enthalten, sind Gleichnisse popularisierende Erläuterungen. Ich denke etwa an das berühmte Gleichnis vom Salz in der Chandogya-Upanishad. Damit kann man auch einem Kind das schockierende "Tat tvam asi" erklären.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.01.2020 um 14.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42742

Mit ungewöhnlichen Worten hat der frühere Papst Benedikt seinen Nachfolger Franziskus überrascht. Er appellierte an ihn, das Zölibat nicht zu lockern. "Ich kann nicht still bleiben", schreibt Benedikt. (...) Der 92-jährige Benedikt argumentiert aber laut "Figaro" in dem Buch, dass die Ehe "den Mann in seiner Gesamtheit betrifft" – da das Priesteramt ebenfalls die Gesamtheit des Mannes beanspruche, "scheint es nicht möglich, beiden Berufungen gleichzeitig nachzugehen". (t-online.13.1.20)

Ich grübele schon einen halben Tag über die „Gesamtheit des Mannes“, auch über meine Ehe. Früher durften auch Lehrerinnen nicht verheiratet sein, sondern standen in ihrer Gesamtheit vor der Klasse.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.01.2020 um 04.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42703

Nach meiner Erfahrung mit Menschen und Büchern wird wohl niemand durch Erlebnisse oder Argumente vom Glauben an Götter usw. abgebracht, sondern man entdeckt gewissermaßen, daß man eigentlich gar nicht gläubig ist, sondern nur so im Strom mitgeschwommen ist und mitgeredet hat.

Das erkennen die Religionspädagogen ja auch an, wenn sie sagen, im Religionsunterricht sollten die Kinder ihren Glauben "entdecken". Wobei sie natürlich auch etwas ganz anderes entdecken könnten. Darum ist der allgemeine Jubel über den multireligiösen Unterricht (Hamburg usw.) voreilig. Atheismus ist neben den vielen schönen Religionen zwar nicht vorgesehen, aber dadurch wird er als Möglichkeit nicht beseitigt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.11.2019 um 04.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42408

In der Vorweihnachtszeit füllt sich der Briefkasten wieder mit Bettelbriefen aller Art. Darunter jene etwas dickeren Umschläge der "mund- und fußmalenden Künstler", die mich schon als Kind beeindruckt haben. Damals lebten noch viele amputierte Kriegsopfer, so daß die Sache eine gewisse Plausibilität hatte.
Ich werfe die mitgeschickten Postkarten, die man auch dann behalten darf, wenn man sie nicht bezahlt, immer gleich weg, weil ich sie nicht an Menschen verschicken möchte, die auf dieselbe preiswerte Lösung verfallen sein könnten, aber sollte ich mich nicht ein wenig schämen? Natürlich nicht, vgl. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/geschaeft-mitleid-1.4243331-0#seite-2
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 03.11.2019 um 21.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42359

Wenn ich das auf den Fotos richtig erkenne, haben sowieso alle Nürnberger Christkindln zumindest bei der Hauptzeremonie auf der Empore der Frauenkirche lange, blondgelockte Perücken auf. Stimmt das? Bei dem neuen Christkindl wäre das schade. Sie hat so herrliches, engelsgleiches gelocktes, natürliches Haar, genauso sollte sie auch bei der Eröffnung auftreten.

Was hat der AfD-Kreisredakteur geschrieben?
"Nürnberg hat ein neues Christkind. Eines Tages wird es uns wie den Indianern gehen."
Protest klingt m. E. anders, und eine offizielle AfD-Verlautbarung würde wohl auch nicht über Facebook lanciert. Hört sich für mich eher nach Resignation oder nach einer Warnung vor dem Untergang an.

Natürlich hat er sich damit lächerlich gemacht, es erübrigt sich, das zu widerlegen. Aber rechtfertigen seine Worte andererseits den danach erfolgten Ausbruch der politischen Gegner, das sei blanker Rassismus, Hetze und Haß?

Weder das Mitleid mit den Indianern noch die Befürchtung, es könnte uns eines Tages wie ihnen gehen, haben etwas mit Rassismus oder mit Haß oder mit Hetze zu tun. Die Äußerung des AfD-Mitglieds würdigt keine Rasse herab, ist also nicht rassistisch, sondern sie ist gegen die aktuelle Einwanderungspolitik gerichtet. Man kann eine solche Haltung nationalistisch nennen, aber nicht rassistisch. Soweit ich weiß, versteht sich die AfD als Sprecher derjenigen, die die verschiedenen Kulturen der Erde nicht einschmelzen, sondern schützen wollen. Sie ist nicht für Multikulti in Deutschland, sondern dafür, daß jedes Volk, jede Kultur sich in seiner angestammten Heimat selbstbestimmt weiterentwickelt.

Eine solche rechte, konservative, nationalistische Meinung ist als Teil des demokratischen Spektrums selbstverständlich zu tolerieren, genau wie auch linke, soziale, liberale, christliche Einstellungen zu tolerieren sind. Diese Strömungen haben sich demokratischen Wahlen zu stellen. Alle ihre Anhänger, einschließlich der AfD, haben ein Recht darauf, nicht pauschal als extremistisch, antidemokratisch, menschenfeindlich diffamiert zu werden.

Anstatt unbegründet bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit die Rassismus- und Nazikeule gegen die AfD zu schwingen, sollten sich demokratische Kräfte zusammentun, um gegen die wirklichen linken, rechten und islamistischen Rassisten und Nazis, also gegen alle Extremisten, vorzugehen.

Die dumme persönliche Kritik am neugewählten Nürnberger Christkindl konnte überhaupt erst aus der aktuellen, stark polarisierten Lage unserer Gesellschaft heraus entstehen. Solange die Regierung weiter immer mit dem Kopf durch die Wand die Befindlichkeiten großer Teile der Bevölkerung ignoriert und für radikal erklärt, werden Verfehlungen, Radikalisierung und dumme Sprüche einzelner eher noch zunehmen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.11.2019 um 16.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42353

Zum Protest der AfD gegen das Mudblood, das zum Nürnberger Christkind gewählt wurde: „In der Nürnberger Kostümdarstellung ist das Christkind eine junge Frau mit blondgelockten Haaren, einer Krone und einem weiß-goldenen engelsgleichen Kleid.“ (Wikipedia Christkind) Soll dieses uralte Brauchtum (seit 1933, bis 1968 durch Schauspieler dargestellt) denn gar nichts mehr wert sein? Aber wie kam es überhaupt zum Christkind, noch dazu einem blondgelockten Mädchen?

Der Kreisverband entschuldigt sich:
"Solche Inhalte teile ich definitiv nicht. Ich möchte mich im Namen des Kreisverbands bei Frau Munsi entschuldigen. Wir finden, dass sie ein sehr gutes Christkind für Nürnberg sein wird." Im Kreisverband seien Iraner und Chinesen Mitglied, so Specht weiter.

Als ob es darum ginge!

Was macht eigentlich ein sehr gutes Christkind aus? Schwierige theologische Frage. Im umfangreichen „Wörterbuch des Christentums“ wird das Christkind gar nicht erwähnt – wie vieles andere, was für gewöhnliche Christen rund ums Jahr durchaus wichtig ist, erst recht für ihre Kinder.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.09.2019 um 05.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42070

Ob der Islam zu Deutschland „gehört“ oder die AfD eine „bürgerliche“ Partei ist – an solchen semantischen Diskussionen sollte man sich nicht beteiligen, und der Deutschunterricht sollte lehren, warum man es nicht sollte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.09.2019 um 04.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42044

Juist im September. Mehr Schulklassen als in der Hauptsaison. Wieder viele Migrantenkinder darunter, fast immer ein paar schwarze darunter und gelegentlich ein Kopftuchmädchen. Dem Augenschein nach vollständige "Integration", die normale Vorurteilslosigkeit der Kinder eben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.09.2019 um 04.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#42043

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33543

Da die Zahl stetig zurückging, wurde die Andacht im Laufe der Zeit auch für die Mitarbeiter der Verwaltung, Fraktionen und Abgeordneten geöffnet, wodurch heute rund 15 Personen den Andachten beiwohnen. (https://de.wikipedia.org/wiki/Andachtsraum_im_Reichstagsgebäude)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.08.2019 um 16.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41958

Das Verhältnis zu den Polen beruhte auf gegenseitiger gründlichster Verachtung. Der Pole verachtete den Juden, weil er ein Jude ist, und der Jude verachtete den Polen, weil er kein Jude ist. Haß, namentlich Rassenhaß, war unbekannt. Dieser kam erst später aus Deutschland ins Land. (Mark Lidzbarski: Auf rauhem Wege. Gießen 1927:94)

Auf dieses Buch bin ich übrigens durch Wilamowitz aufmerksam geworden, der es in seinem Spätwerk "Der Glaube der Hellenen" empfiehlt (Autor und Buchtitel falsch geschrieben).

Die Jugenderinnerungen des 1868 geborenen Semitisten an seine Kindheit in einer streng religiösen, absurd bigotten (so der Autor selbst) jüdischen Familie und Umgebung sind wirklich sehr lesenswert. Kurze Zusammenfassung hier: https://phdj.hypotheses.org/430
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.07.2019 um 04.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41849

Islamismus-Vorwürfe gegen den Adorno-Imam
(...)
In seinem halbstündigen Vortrag vor Tausenden Ahmadiyya-Anhängern in Karlsruhe hatte Ahmed Sätze gesagt, die seitdem als Videoschnipsel im Netz kursieren und für Entrüstung sorgen. „Im westlich-säkularen Denken wurde an die Stelle von Gott die Vernunft gesetzt“, sagt er etwa. „Diese Absolutsetzung der Vernunft ist nicht mit dem Islam in Einklang zu bringen. In dieser Hinsicht ist die erkenntnistheoretische Position des Islam sehr klar. Und diese steht der westlich-säkularen Position diametral entgegen.“
(welt.de 19.7.19)

Das hätte mutatis mutandis aber auch der Papst sagen können, z. B. Benedikt XVI. Aber da hört ja keiner wirklich hin. Auch die weiterhin erwähnte Berufung auf Horkheimer und Adorno und ihre Kritik der Aufklärung ist berechtigt. Es gibt unzählige Texte, die entweder lobend oder tadelnd feststellen, die Aufklärung habe „die Vernunft an die Stelle Gottes“ gesetzt. Teilweise trifft das auch zu, aber heute dürften die meisten aufgeklärten Menschen ganz ohne Vernunft-Kult einfach versuchen, vernünftig zu sein. Nur manche Frommen sehen den Unterschied nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.07.2019 um 07.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41814

Die AfD in Baden-Württemberg will per Anfrage die Staatsangehörigkeit der Kulturschaffenden in staatlichen Institutionen wissen. (Das Ulmer Theater hat satirisch darauf geantwortet.) Das Ganze erinnert an die „Judenzählung“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Judenz%C3%A4hlung).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.07.2019 um 04.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41808

Über den Altphilologen Albin Lesky heißt es bei Wikipedia:

Lesky gehörte in der Zeit des Nationalsozialismus der NSDAP an (Mitgliedsnummer 7.252.762). Lesky konnte jedoch nach dem Krieg glaubhaft machen, dass er der NSDAP nur aus karrierepolitischen Motiven beigetreten war. Als ehemaliges NSDAP-Mitglied war er nach Ende des Zweiten Weltkriegs registrierungspflichtig, konnte jedoch seinen Beruf schon 1946 nach einem Bescheid der Entnazifizierungskommission wieder ausüben.

Ähnlich liest man es in vielen Biographien. Jemand bekennt sich als Opportunist, um dem Vorwurf der nationalsozialistischen Überzeugtheit zu entgehen. Eine andere Rangfolge der „Werte“ wäre denkbar: irregeleitet, aber aufrichtig.

Bei welchem Professor würde man lieber studieren: bei einem ehemaligen Nazi oder bei einem, der sich nur als Nazi ausgegeben hatte, um Karriere zu machen? (Wobei zugestanden sei, daß die meisten ehemaligen Nazis im Herzen immer noch welche gewesen sein und nicht per Entnazifizierung plötzlich bekehrt worden sein dürften.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.07.2019 um 09.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41791

In der heutigen FAZ steht ein ganzseitiger Artikel von Franz-Xaver Kaufmann über den Klerikalismus in der katholischen Kirche, d. h. über Ursprung und Zukunft der Konzentration aller wichtigen Funktionen auf geweihte Priester, mit einem Seitenblick auf Papst Franziskus. Recht gut, aber ich möchte noch einmal auf das vorzügliche Buch von Garry Wills hinweisen: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35707
Hinzugekommen ist von ihm noch "The Future of the Catholic Church with Pope Frances".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.06.2019 um 05.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41777

Jeder Prophet, sei er noch so verrückt, findet seine Anhänger. Zum Beispiel Jakob Lorber, auf den sich auch österreichische Antisemiten beriefen. Es gibt noch immer eine gemeinnützige Lorber-Gesellschaft:

„Die Lorber-Gesellschaft ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Werke des Grazer Mystikers Jakob Lorber (1800-1864) in der Urschrift rein zu erhalten und anderen Menschen zugänglich zu machen.“

In dieser Urschrift findet man so umwerfende Erkenntnisse wie diese:

"Ein Jude, wie er jetzt beschaffen ist, ist vollkommen ein Schwein; schon das Äußerliche beurkundet für jedermann, zu welcher Tierklasse diese Menschenrasse gehört. Ein Jude sieht nun im allgemeinen aus wie ein Schwein, und stinkt wie ein Schwein, und wälzt sich überall in dem allerverächtlichsten Weltschlamme wie ein Schwein, um seinen Gold- und Silberdurst zu stillen."
https://archive.org/stream/JakobLorber-ErdeUndMond/Jakob-Lorber-Erde-Und-Mond_djvu.txt

Die heutigen Verehrer wissen auch Antwort auf aktuelle Fragen:

"Jeder Organspender muss damit rechnen, dass er trotz seines so genannten Gehirntodes bei der Organentnahme fürchterliche Schmerzen erleiden wird, weil er nicht genügend narkotisiert wird. Aber auch bei hinreichender Betäubung der Schmerzen, die bei der Organentnahme entstehen, ist prinzipiell die Organtransplantation ein frevelhafter Eingriff in die göttliche Schöpfungsordnung, und daher sollte niemand der Organspende zustimmen!"
(https://www.lorber-jakob.de/organspende.php)

Man hat eine Zeitschrift, unterhält Begegnungsstätten usw., gemeinnützig eben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.06.2019 um 05.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41776

These 11
Engel stellen Umwelt her. Der Engel setzt den Menschen in ökologische Kontexte und lehrt, die Welt als Einheit zu sehen. Er führt zu einer ganzheitlichen Sicht des Menschen und der Welt. Eine theologische Ethik, die ökologische Horizonte zu denken wagt, wird sich auf Gottes Engel besinnen dürfen.
(Uwe Wolff: Die Wiederkehr der Engel. Impulse Nr. 32 Stuttgart II/1991)

(Ebd.: Die erfolgten Hinweise, Beobachtungen und Erinnerungen mögen Impulse zur verantwortlichen Rede von Gottes Engeln in Gemeinde und Schule setzen. Zur weiteren notwendigen Diskussion sind die folgenden Thesen gedacht, die zeigen sollen, daß das Zentralmedium Engel als didaktisches Prinzip von Gottes Offenbarung Anknüpfungspunkte für den interreligiösen, interkulturellen, alle Zeit- und Lebensalter umspannenden Dialog stiftet. Der Engel eröffnet den Zugang zu Glaubensvorstellungen in Geschichte und Gegenwart und ermöglicht in Religionsunterricht und Gemeindearbeit den kritischen Dialog zwischen christlichem und nichtchristlichem Gottesbild.)

Ob die Gläubigen ahnen, was ihre theologischen Lehrer über das Zentralmedium Engel als didaktisches Prinzip denken?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2019 um 17.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41751

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30562

Aus Wikipedia erfahre ich, daß es einschläfrige und mehrschläfrige Galgen gibt; besonders beliebt waren die dreischläfrigen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.06.2019 um 04.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41707

Noch einmal zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41318

Ich habe Klaus Bergers Buch über den Humor Jesu nicht gelesen. Der Klappentext bei Amazon sagt:

„Nur in einigen apokryphen Evangelien lacht Jesus selbst, sonst aber bringt er Menschen zum Lachen und befreit sie dadurch aus dem Labyrinth ihrer Abwege.“

Aber wird denn berichtet, daß die Zuhörer lachten? Ich erinnere mich nicht. Jesus spricht im Ton der Propheten des AT, zitiert sie ja auch ständig oder spielt darauf an. Dieser Ton ist nicht humorvoll, sondern todernst, apokalyptisch.

Ich lasse mich, wie immer, gern belehren, aber dieser Versuch, Heutigen die Bibel schmackhaft zu machen, scheint mir verfehlt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.06.2019 um 07.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41662

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41602:

Auch zu Pfingsten 2019 bringt die FAZ (samt FAS) keinen besinnlichen Artikel mehr; früher gab es noch manchmal etwas zur Vielfalt der Sprachen o. ä. parareligiöse Texte.

Mir scheint, daß auch Gastbeiträge von Theologen stark zurückgegangen sind.

In der Süddeutschen Zeitung titelt Heribert Prantl: "Pfingsten ist ein Fest gegen die Ausgrenzung".
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 04.06.2019 um 13.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41634

Wenn man sich die Fassungen von StGB § 189 einmal ansieht, wird man feststellen, daß der streichwütige Gesetzgeber einen Gummiparagraphen geschaffen hat, der auf einer NS-Reform von 1943 beruht.

Gerhard Augst wird immerhin beruhigt sein können, daß man ihn wenigstens postum nicht verunglimpfen darf.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.06.2019 um 12.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41633

Kasseler Regierungspräsident: Rechtsextreme verhöhnen Getöteten (Tagesschau.de 4.6.19)

Das kann man wohl sagen:

Wurde er Opfer seiner eigenen Ideologie? (Leser bei welt.de 4.6.19, inzwischen anscheinend gelöscht, aber was bei welt.de alles erscheint, ist noch schlimm genug. Die Zeitung wird sich eines Tages unangenehmen Fragen stellen müssen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.05.2019 um 06.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41602

Google doodelt den Vatertag, nicht Christi Himmelfahrt. Die FAZ brachte auf ihrer Technikseite passenderweise neue Modelle von Bollerwagen, aber keinen besinnlichen Artikel wie zu Ostern oder Weihnachten (bin gespannt auf Pfingsten).
Im Wald wird es heute wieder recht laut zugehen. Manche Gruppen schaffen es nur bis zum Waldrand, wo sie uns Wanderern dann schon einen beschwipsten Gruß zurufen.
Die Bestrebungen, einen Männertag daraus zu machen, sind praktisch längst erfüllt; wir kennen ja die Burschen und wissen, daß die meisten noch kein Kind in die Welt gesetzt haben. Relativ neu sind die mächtigen Kofferradios.
So entsteht Brauchtum, beinahe aus dem Nichts. Ich denke oft an spätere Archäologen und ihre vermutlich phantastischen Theorien über die Herkunft unserer Feste.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.05.2019 um 05.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41599

Die politischen Ereignisse in Israel sind von außen schwer zu verstehen, weil uns die Verquickung von Politik und Religion fremd geworden ist. Zufällig lese ich gerade im Buch Esra des AT. Im Religionsunterricht kriegt man davon nichts mit. Nach der Babylonischen Gefangenschaft verschärfte Esra das Verbot der Mischehe. Schon bestehende Ehen wurden aufgelöst, Frauen und Kinder weggeschickt (oder? Der Text schweigt über die Einzelheiten; auch darüber, warum sie nicht konvertierten). Rechtgläubigkeit und Rassereinheit bilden seither eine Einheit, und der Streit darüber spaltet noch heute die Gesellschaft.
Im AT gibt es auch vorbildliche fremdstämmige Frauengestalten (Tamar, Ruth...). Ob sie alle konvertierten, um Söhne Israels heiraten zu können (wie Ruth oder Trumps)?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.05.2019 um 15.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41522

„Buddhism is the export form of Hinduism.“ (Charles Eliot 1921) – Hübsch gesagt. Zur Weltreligion wurde der Hinduismus durch Lösung aus dem Kastenwesen. Vergleichbar wäre die Universalisierung des Judentums (einer Stammesreligion) durch das Christentum und dann noch einmal den Islam.

Glasenapp unterscheidet die westlichen Religionen der „geschichtlichen Gottesoffenbarung“ (die aber auch alle aus dem Osten stammen, von uns aus gesehen) von den östlichen „Religionen des ewigen Weltgesetzes“. Die Wasserscheide wäre etwa der Hindukusch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.05.2019 um 06.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41484

Neues aus Österreich:

"Das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“, ist künftig untersagt. Dies entschied der Nationalrat am Mittwochabend.
(...)
Den Populismusvorwurf wies Taschner zurück: "Das Einstehen für die Aufklärung ist gar nicht populistisch."


Das Verbot ist so gefaßt, daß es nur Muslime betrifft. Andere Religionen können ihre Symbole herzeigen, ohne gegen die „Aufklärung“ zu verstoßen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2019 um 17.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41439

Der Leiter der Priesterausbildung im größten deutschen Bistum, dem Erzbistum Köln, hat Homosexuelle in einem Vortrag als krank bezeichnet. Homosexualität sei nicht angeboren, sondern "die Folge einer psychologischen (Fehl)Entwicklung", die in der Kindheit oder Jugend stattfinde und zu einem "Geschlechtsminderwertigkeitskomplex" führe, zitierte die "Süddeutsche Zeitung" am Donnerstag aus dem Manuskript eines Vortrags von Pater Romano Christen vor Theologiestudenten. Demnach steht in dem Manuskript des Direktors des Collegium Albertinum weiter, homosexuelle Liebe sei weniger "die reale Begegnung mit einem Du", sondern vielmehr "eine narzisstische Suche". Die "Fixierung auf die Lust" solle "die eigene innere Wunde heilen und das Selbstmitleid stillen".

Kein Grund zur Empörung. Krank ist immerhin nicht böse, und was der Mann vorgetragen hat, ist ein altbekanntes Gebräu aus Freud und anderen Theorien, das vielleicht sogar einen Teil Wahrheit enthält, aber darauf kommt es auch nicht mehr an. Jedenfalls ist es nicht die moralische Verurteilung wie im Katechismus.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2019 um 17.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41438

Ja, ich halte immer noch die Kindstaufe, durch die man zahlungspflichtiges Mitglied der Kirche wird, für einen sittenwidrigen Vertrag zu Lasten Dritter. Sie ist der Hauptgrund dafür, daß die Mitgliederzahlen sich noch einigermaßen halten können. Man läßt es geschehen als eine der vielen Inkonsequenzen, die sich auf Brauch und Herkommen berufen ("bewährt" ist das Stichwort).
Meine Meinung kommt nicht von einer Kirchenfeindschaft her, sondern aus leidenschaftsloser rechtlicher Überlegung. Das Elternrecht, die Kinder auch religiös zu erziehen (oder zu indoktrinieren, wenn man so will), stelle ich nicht in Frage, einfach weil man ja die Kinder immer irgendwie erziehen muß; aber die Entscheidung zur Mitgliedschaft in einer Korporation sollte davon getrennt und auf das geschäftsfähige bzw. religionsmündige Alter verschoben werden. Das meinen ja auch manche Kirchen und viele Theologen.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 09.05.2019 um 15.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41436

Daß es Grundschülern gut tut, den ganzen Tag nichts zu trinken, glaube ich nicht. Ich glaube auch nicht, daß Kopftuchzwang einer gesunden Entwicklung zwölfjähriger Mädchen förderlich ist. Daß andere religiöse Institutionen wie die katholische Kirche nicht viel besser, womöglich sogar schlimmer sind, hilft keinem Kind. Sie haben mal die Gepflogenheit kritisiert, Kindern „ihre“ Religion zu vermitteln. Kinder werden schließlich mit keiner geboren, sondern meist in eine hineingezwungen. Das scheint mir das Gegenteil von Religionsfreiheit zu sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2019 um 13.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41434

Es ist sonderbar, wie die hierzulande lebenden Juden durch systematische Nichterwähnung (noch) geschont werden, obwohl sie ja immer mitbetroffen sind, wenn man im Namen der Leitkultur gegen Beschneidung und Schächten polemisiert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2019 um 12.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41432

Darauf werde ich nicht eingehen.

Man kann Kindern Schlimmeres antun, als sie am gemeinsamen Fasten (und Fastenbrechen) der Familie teilhaben zu lassen, was ja insgesamt eine festliche Veranstaltung ist.

Aus dem katholischen Milieu bin ich etwas mit Bräuchen wie der Beichte bekannt, die man, wenn sie nicht in anderes eingebettet und ritualisiert wäre, auch für eine seelische Mißhandlung halten könnte. Ein Verbot wäre zu erwägen...
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 09.05.2019 um 10.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41431

Man will den kleinen Moslems ihren Spaß am Kinderfasten, an Beschneidungen und Kopftüchern nehmen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2019 um 05.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41428

CDU-Politikerin Eva Kühne-Hörmann fordert, dass erzwungenes Kinderfasten gesetzlich untersagt und strafrechtlich sanktioniert wird.

Ramadan-Bräuche sind nach Zirkumzision, Schächten, Kopftuch und Vielweiberei eine weitere Gelegenheit, gegen die Muslime vorzugehen. Das werden sich die einschlägig engagierten Mitmenschen nicht entgehen lassen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.05.2019 um 06.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41393

Phoenix ist Atheist. (Wikipedia über Joaquin Phoenix)

Diese Klassifizierung von Menschen nach Gruppen, denen sie NICHT angehören, empfinde ich immer noch als schräg. Nichtklassifizierend wäre glaubt nicht an Götter, und wenn das mitteilenswert wäre, könnte man es so ausdrücken.

Wenn es Götter gäbe, könnte es mitteilenswert sein, daß jemand trotzdem nicht an ihre Existenz glaubt. Das hängt von der Natur der Götter ab. Wären wir ihnen so gleichgültig, wie die Epikureer annahmen, dann könnten sie uns auch gleichgültig sein, und dann wäre es auch nicht mitteilenswert, wie einer darüber denkt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.04.2019 um 03.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41367

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26783

In Indien lernte ich eine Dame kennen, die, wenn sie Angestellte untätig herumstehen sah, zu zitieren pflegte: They also serve who only stand and wait.
Ich war etwas überrascht, an diesem Ort den Schluß meines geliebten Gedichts zu hören, und habe dann erst richtig bemerkt, wie sehr die indische Schule noch englisch geprägt war. Zur Prüfungszeit stapelten sich in den Buchhandlungen die englischen Klassiker samt Lernhilfen aller Art - man fühlte sich wie in England. In ehemals französischen Kolonien bin ich nie gewesen, aber dort dürfte es ähnlich sein.

Erstens sind Schulen konservativ, schon wegen der Stafettenkontinuität des Personals bis hinauf in die Regierungen. Zweitens ist der Begriff der Allgemeinbildung und Schulpflicht so westlich, daß es schwer fallen dürfte, ihn mit nationalen Inhalten anderer Herkunft zu füllen. Das setzt sich ja in den Hochschulen fort. Gerade dadurch haben sich die Wissenschaften entnationalisiert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.04.2019 um 17.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41334

Bodo Ramelow und andere schlagen anstelle der Kirchensteuer eine allgemeine Kultursteuer für alle (= von allen)vor, und der SPIEGEL kommentiert: „Der Vorteil: Man kann sich einer Zahlung anders als bei den fälschlicherweise Kirchensteuer genannten Mitgliedsbeiträgen nicht einfach durch Austritt entziehen.“ – Wieso Vorteil? Für mich ist eine zusätzliche Steuer so wenig ein Vorteil wie die Fernsehgebühren, denen ich mich auch nicht durch „Austritt“ entziehen kann. Wessen Sicht teilt der SPIEGEL eigentlich?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.04.2019 um 06.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41320

Ein kleinerer Zwischenfall bei einem dieser türkischen „Hochzeitskorsos“, der es normalerweise kaum in die Lokalnachrichten schaffen würde, ruft bei welt.de über 800 einschlägige Leserzuschriften hervor. Auch die sachlich haltlose Verbindung zu Merkels Flüchtlingspolitik wird immer wieder beschworen und Hoffnung auf die 13 Prozent der Bevölkerung geweckt, die das undeutsche Treiben nicht wollten.

Ich will diese Menschen hier nicht. Nicht als Mitbürger. Nicht als Nachbarn. Nicht als feierwütige Egomanen. Dieser ganze multikulti-wir-haben-uns-alle-lieb-Scheiß! Ich WILL DAS NICHT!

Dazu gehört auch die ständig wiederholte Unterstellung, daß Kritik nicht erlaubt sei oder von der Redaktion wegzensiert werde.
Diese geschlossene Haßgesellschaft lauert den ganzen Tag auf Meldungen, an die sich ein giftiger Kommentar anschließen läßt, und kein Vorfall ist so entlegen, daß nicht eine Verbindung zu AM (Angie) möglich wäre.
Gemeinsam ist ihnen: Sie lesen nicht gern und wissen nicht viel.
Zu den Anschlägen auf Kirchen und Hotels in Sri Lanka schreibt ein Leser:

Wieder nur halbe Information! Buddhisten tun so etwas nicht und es gibt für Aufständische keinen Grund Kirchen anzugreifen. Dies schreit nach islamischem Terror. Warum wird darüber nicht berichtet?

Vielleicht weil man zunächst noch nichts Genaueres wußte. Was die Friedfertigkeit der Buddhisten betrifft (die auch andere Leser behaupten), sind die Rohingyas wohl anderer Meinung.

Mehrere Leser kritisieren, nur in ausländischen Medien werde berichtet, daß srilankische Politiker schon zehn Tage früher vor Anschlägen einer radikalislamischen Gruppe gewarnt hätten; aber genau dies stand in dem Artikel, zu dem sie sich äußern und den sie wohl nicht gelesen haben. Und warum hätte eine solche Mitteilung (die übrigens niemandem genutzt hätte) unterdrückt werden sollen?
Immer wieder wird gefragt, wo der Aufschrei, der Protest, die Beileidskundgabe bleibe – hier, wo es um ermordete Christen geht? Dabei war die ganze Presse voll davon, aber man kann ja mal das Gegenteil behaupten; wer prüft das schon nach.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.04.2019 um 05.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41319

FAS 21.4.19: Volker Zastrow scharf gegen Ratzingers Text über Mißbrauch. Die 68er Revolution, die Benedikt beschuldigt, habe im Gegenteil die Machtstrukturen in der Familie aufgeweicht und damit mehr als alles andere den Mißbrauch von Frauen und Kindern erschwert.
Sexueller Mißbrauch steht am Anfang der Reformpädagogik und hatte auch in der katholischen Kirche immer seinen Platz. Zastrow erinnert an Chorleiter Georg Ratzinger. Otto Köhler schrieb darüber:
Daß die Kirche im Alltagsleben nicht über dem Staat stehen sollte, bewies keiner so gut wie der ältere Ratzinger-Bruder Georg, der als Kapellmeister der Regensburger Domspatzen selbst Kinder mißhandelt hatte. »Grün und blau« habe er zwar nie einen Knaben geschlagen, erklärte er der Passauer Neuen Presse. Doch er sei froh gewesen, als zu Anfang der achtziger Jahre körperliche Züchtigungen vom Gesetzgeber verboten wurden. »Daran habe ich mich strictissime gehalten, und ich war innerlich erleichtert!« behauptete Bruder Ratzinger. Ohne staatliches Gebot hätte er sich weiter verhalten wie bis dahin. Der Regisseur und Komponist Franz Wittenbrink, der als Neunjähriger bei den Regensburger Domspatzen interniert war, erklärte laut Spiegel, es habe dort ein »ausgeklügeltes System sadistischer Strafen verbunden mit sexueller Lust« bestanden. (Ossietzky 4.4.10)

Zastrow bestreitet nicht, daß Pädophile sich an die Studentenbewegung angehängt haben, aber das war nur eine Marginalie und für die weltweite Bewegung nicht wesentlich. Dagegen habe ich in der deutschen Reformpädagogik mit ihrer Schwärmerei für abgeschlossene "pädagogische Provinzen" oft etwas Schwüles empfunden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.04.2019 um 07.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41318

Noch mal zum Index pellicularum prohibitarum:

Die aktuelle Liste nicht feiertagsfreier Filme (ab 1980) umfaßt ungefähr 700 Filme und damit nur einen winzigen Teil der Produktion. In den 50er Jahren waren 60 Prozent aller Filme nicht feiertagsfrei.
Verboten sind Gewalt und Sex, die man ohnehin nur zähneknirschend „ab 18“ zugelassen hatte. Also „Terminator“ und „Liebesgrüße aus der Lederhose“ (mehrere Fortsetzungen – was es alles mal gab!). Außerdem Kinderfilme und alles, was die Zuschauer zum Lachen bringen könnte. Hallervorden zum Beispiel geht gar nicht. Nicht freigegeben sind etwa:

Der zerbrochene Krug
Der Krieg der Knöpfe
Manche mögen’s heiß
Die Zürcher Verlobung
Charlys Tante
Quax, der Bruchpilot
Die Sklavenkarawane (ab 6, Prädikat „wertvoll“) – wegen des Titels vermutlich als Porno mißverstanden (wie „Sklavenmarkt der weißen Mädchen“)

Lachen ist sowieso des Teufels. Jesus lacht nie, obwohl der Theologe Klaus Berger kürzlich ein Buch über den Humor Jesu herausgebracht hat. Angesichts des bevorstehenden Weltendes gab es auch keinen Grund zum Lachen. (Berger zitiert schon im Titel das Gleichnis vom Nadelöhr; allerdings scheint das eine alte jüdische Redensart gewesen zu sein, unabhängig davon, ob mit „kamelos“ (kamilos) nun ein Kamel oder ein Ankertau gemeint war. In einer Bußpredigt wirkt es jedenfalls eher erschreckend als erheiternd.)

Daß erwachsene Menschen sich ab und zu treffen, um die Liste fortzuführen, ist ein gewöhnungsbedürftiger Gedanke. Ob sie all die Klamotten wirklich gesehen haben?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.04.2019 um 04.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41310

Der Index librorum prohibitorum wurde ja im Zuge des Zweiten Vaticanums abgeschafft, aber die theologisch hochkomeptente FSK hat die erwähnte Liste von Filmen erstellt, die an Karfreitag zwar im Fernsehen und im Netz, aber nicht in Kinos gezeigt werden dürfen:
http://www.fsk.de/media_Content/3224.pdf
Die Durchsicht läßt wohl jeden am Zustand der (deutschen) Menschheit zweifeln. Kuriose Einzelheiten hier: https://www.netzwelt.de/news/156845-nur-tanzverbot-700-filme-karfreitag-tabu.html

René König bemerkt in seiner Autobiographie, daß die Deutschen weniger religiös als rechthaberisch sind und auch dazu neigen, den jeweils anderen "eins auszuwischen". Das Insistieren auf überkommenen Privilegien in einer so stark veränderten Zeit halte ich, wie gesagt, für kontraproduktiv. Es übersteigt ohnehin meine Vorstellungskraft, daß ein frommer Mensch sich in seinem Glauben beeinträchtigt oder gar gekränkt fühlen könnte, wenn er weiß oder ahnt, daß andere Menschen in einem Kino einen bestimmten Film sehen (z. B. "Mary Poppins" oder "Victoria und ihr Husar").

Gibt es das wirklich noch, daß eine Art Religionspolizei loszieht, um die Einhaltung der Karfreitagsruhe zu überwachen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2019 um 09.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41304

Wem oder was gedenken die Christen am Karfreitag? Fast alle Zeitungen scheitern grammatisch an dieser Frage.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2019 um 08.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41303

Die FSK führt eine Liste von über 700 Filmen, die an Karfreitag nicht vorgeführt werden dürfen.

In Hannover darf laut Gerichtsbeschluß an Karfreitag zwar gegen das Tanzverbot demonstriert werden, aber nur ohne Tanz und Musik.

Manches sieht aus wie heimliche Obstruktion; der frommen Sache dient es jedenfalls nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2019 um 05.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41299

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39138

Henryk Broder redet wie Schwarz-Friesel:

„Es gibt keinen Antizionismus, der seinen Ursprung nicht im Antisemitismus hätte.“ „Ein antizionistischer Jude ist tendenziell ein Antisemit. Der Antizionismus ist für Nichtjuden wie für Juden nur eine Ausrede, ihren Antisemitismus sozusagen in einer politisch aseptischen Form präsentieren zu können.“ (Wikipedia zu Broder)

Was wäre dann erst Antibroderismus? Kann man jemanden noch mundtöter machen als auf diese Weise?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.04.2019 um 06.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41290

Die FAZ beschäftigt sich kritisch mit Joseph Ratzingers Status als "papa emeritus" (von ihm selbst verfügt) und zeigt die beiden Päpste nebeneinander sitzend, beide im weißen Papstgewand. Benedikt trägt nicht mehr die bekannten roten Schuhe, Franziskus wahrscheinlich sowieso nicht, aber man sieht es nicht.

Mich interessiert, wie es sich mit den Papstnamen verhält. Sind sie standesamtlich eingetragen oder werden sie wie Künstlernamen behandelt? Ist es despektierlich, wenn man als Nichtkatholik weiterhin den bürgerlichen Namen gebraucht? Ganz zu schweigen von den herrschaftlichen Anreden: "Heiliger Vater" geht einem Nichtkatholiken schwer über die Lippen.

Anlaß der aktuellen Beschäftigung mit dem zurückgetretenen Papst sind seine Äußerungen zum sexuellen Mißbrauch.

Laut Benedikt ist die Kirche ein „wehrloses“ Opfer des Mißbrauchs, der von ihren Priestern an Kindern begangen wurde. Die 68er sind mitschuld. Aber sind die 68er nicht auch ein Opfer (des Zeitgeistes, des Glaubensabfalls...)?

Es gibt viel Kritik:

Benedikt bringt auch die 68er Jahre in einen Zusammenhang mit dem Missbrauchsthema in der Kirche. Zur Physiognomie der 68er Revolution habe es gehört, dass auch Pädophilie erlaubt gewesen sei. Davon unabhängig habe sich zur gleichen Zeit ein Zusammenbruch der katholischen Moraltheologie ereignet, «der die Kirche wehrlos gegenüber den Vorgängen in der Gesellschaft machte».
Mit seiner These unterstellt Benedikt, dass vorwiegend Pädophile Kinder missbrauchen. Das widerspricht international verfügbaren Daten, die von einer Minderheit ausgehen. Ausserdem ignoriert Benedikt faktisch den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche in den Jahrzehnten zuvor, wie dieser in den vergangenen Jahren durch Studien in verschiedenen Ländern nachgewiesen wurde.
(NZZ 11.4.19)

Warum regen sich die Leute jetzt auf? Ratzinger hat doch schon als Papst dasselbe gelehrt, z. B.:

In den 70er Jahren wurde Pädophilie als etwas durchaus dem Menschen und auch dem Kind Gemäßes theoretisiert. Dies aber war Teil einer grundlegenden Perversion des Konzepts von Ethos. Es wurde – auch bis in die katholische Theologie hinein – behauptet, das in sich Böse gebe es so wenig, wie es das an sich Gute gebe. Es gebe nur „besser als“ und „schlechter als“. Nichts sei in sich gut oder schlecht. Alles hänge von den Umständen und von der Zwecksetzung ab. Je nach den Zwecken und Umständen könne alles gut oder auch schlecht sein. Moral wird durch ein Kalkül der Folgen ersetzt und hört damit auf, als solche zu bestehen. Die Folgen dieser Theorien sind heute offenkundig. (Aus seiner berühmten Ansprache an die Kardinäle 2010)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.04.2019 um 18.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41276

Nach dem Mord auf Usedom vor vier Wochen wußten die WELT-Leser im Gegensatz zur Polizei gleich Bescheid:
„Wieviele Mädchen müssen noch sterben, bevor AM & Co mal umschalten ?!“
(usw., über 150 Zuschriften im gleichen Ton)

Nun wurden zwei deutsche Tatverdächtige festgenommen. Sämtliche Leser bei welt.de äußern den Verdacht, daß sie ausländischer Herkunft seien, auch wenn sie einen deutschen Paß besitzen. Sie schreiben auch vielsagend: „... in einem Land, in dem wir gut und gerne leben...“ Einer schreibt:
„Früher war Deutschland bekannt als das Land der Dichter und Denker... Jetzt ist Deutschland immer mehr ein Land in dem junge Frauen um ihr Leben kämpfen müssen...“
Und immer wieder die bekannte Figur: Auch wenn es Deutsche waren, zeigt mein Verdacht, wie schlimm es im Lande bestellt ist. Danke, Frau Merkel!
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.04.2019 um 00.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41260

Haldenwang ist Mitglied der CDU und evangelischen Glaubens.
(Wikipedia)

Kann Wikipedia in die Menschen hineinschauen und sogar ihren Glauben lesen?
Gemeint ist wohl, daß er Mitglied der evangelischen Kirche ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.04.2019 um 00.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41259

Die Zahl der als potenziell gefährlich eingestuften Radikal-Islamisten in Deutschland ist laut Haldenwang im vergangenen Jahr um mehr als 300 auf rund 2.240 gestiegen.
(ZDFtext, heute Nachrichten 14.04.19, Seite 121)

Das ist zwar nicht die die genaue Wortwahl des Verfassungsschutzes, wirft aber ein bezeichnendes Licht auf die deutschen "Leitmedien".

Ein Merkmal von einfachem Islamismus ist laut Wikipedia:
"Potenzial zu Fanatismus und Gewaltbereitschaft".
Um wieviel gewaltbereiter und somit gefährlicher muß dann erst ein Radikal-Islamist sein?

Das ZDF meint aber, gefährlich ist der Radikal-Islamist erst, wenn er vom Verfassungsschutz auch tatsächlich als gefährlich eingestuft wurde.

Aber immer sachte, kein Radikal-Islamist wird laut ZDF gleich als gefährlich eingestuft. Erst einmal sind Radikal-Islamisten ja, wenn überhaupt, dann nur potentiell gefährlich, so das ZDF. Also auf deutsch: Radikal-Islamisten sind aktuell nicht gefährlich. Friede sei mit ihnen!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.04.2019 um 04.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41208

Ian Tattersalls „Paleontology“ ist in der „Templeton Science and Religion Series“ erschienen, und so verwundert es nicht, daß er am Ende erklärt, zwischen Bibel und Wissenschaft (Schöpfungsbericht und Evolutionslehre) bestehe kein Widerspruch. In einem anderen Buch mit fast gleichem Inhalt, aber in einem anderen Verlag („Masters of the Planet“), läßt er das weg.

Tattersall beschäftigt sich oft und gern mit der Entstehung der Sprache. Er läßt sie auf die eigentlich entscheidende Wende zum "symbolischen Denken" aufbauen, führt also etwas Beobachtbares auf etwas nur Konstruiertes zurück. Weitere Spekulationen über das Denken, Vorstellen und andere folkpsychologische Fiktionen lassen den jeweiligen Schlußteil seiner Bücher abfallen.

Nützlicher wäre es, Sprachverhalten mit anderem symbolischen Verhalten in Verbindung zu bringen, wie es in den Artefakten der Frühmenschen erhalten ist.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 03.04.2019 um 13.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41183

Verfassungswidrig im juristischen Sinne können nur Gesetze oder politische Parteien sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.04.2019 um 12.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41182

Zur Abwehr der SPD gegen Säkularisten:

In der schriftlichen Stellungnahme der SPD-Sprecherin Bianca Walther heißt es, die SPD bekenne sich „zum jüdisch-christlichen und humanistischen Erbe Europas und zur Toleranz in Fragen des Glaubens“. Maßstab dafür sei die Verfassung. Weiter schreibt Walther:
„Kernanliegen der ‚Säkularen Sozis‘ ist die strikte Trennung von Kirche und Staat. Das ist eine legitime Position. Es ist allerdings nicht die Position der SPD, so wie es auch nicht die Position des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist. 2011 hat der SPD-Parteivorstand daher die Einrichtung eines laizistischen Arbeitskreises einstimmig abgelehnt.“
(DLF 28.3.19)

Aber wäre die Forderung dann nicht verfassungswidrig und keineswegs „legitim“? Interessant.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.03.2019 um 06.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41154

Weihwasser ist oft mit Staphylokokken und anderen Keimen belastet. Die Gläubigen haben aber keine Angst davor. In Kliniken hängen überall Desinfektionsmittelspender, und Ärzte berühren keine Türklinke mehr, wenn sie ihre Hände desinfiziert haben.

Das Nebeneinander von penibler Vorsorge und Gleichgültigkeit findet man auch bei der Küchenarbeit.

Das Nebeneinander von feministischem Protest und Herrichtung des weiblichen Körpers als Leckerbissen haben wir schon öfter erwähnt.

So sind wir halt in unserem Widerspruch: Meliora probamus, deteriora sequimur.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.03.2019 um 05.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41147

Viele werden das Video gesehen haben, auf dem Papst Franziskus immer wieder hastig die Hand zurückzieht, so daß die Küsse der Gläubigen, die seinem Ring gelten, ins Leere gehen. Als Nichtkatholik sieht man den ganzen Papstkult sowieso mit großem Befremden, aber in diesem Fall muß man leider sagen, daß die Szene etwas Beschämendes hatte, wie eine unverdiente Demütigung (um keinen stärkeren Ausdruck zu benutzen). So haben es praktisch alle empfunden und nach einer Erklärung gerufen.

Nun lüftete der Vatikan das Geheimnis: Der Papst habe gegen Ende der langen Begrüßungsparade Bedenken bekommen, dass sich nach so vielen Küssen auf seinem Amtsring Keime verbreiten könnten. So erklärte Vatikansprecher Alessandro Gisotti den Vorfall. https://www.tagesschau.de/ausland/papst-audienz-ringkuss-101.html

So sah es zwar nicht aus, aber selbst wenn: Wie kleingläubig und wie wenig übereinstimmend mit der sonstigen Glaubenspraxis (Weihwasser usw.)!

Ich habe gläubige Hindus in Benares während des Monsunhochwassers im Ganges baden sehen, erspare meinen Lesern aber die nähere Beschreibung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.03.2019 um 05.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41098

Die panische Angst des SPD-Vorstands vor Atheisten oder auch christlichen Säkularisten (http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=196#11001) ist schwer zu verstehen.

Übrigens gab es im vorigen Kabinett Merkel keine Konfessionslosen. Im gegenwärtigen machen immerhin 4 Minister keine Angaben, aber 9 von 16 sind katholisch und 3 evangelisch. Das spiegelt natürlich nicht die Bevölkerung wider, aber es scheint niemanden zu stören. Oder man redet einfach nicht gern darüber, was ja gute alte deutsche Tradition wäre. Als gottlos möchte man nicht gelten, auch wenn man es ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.03.2019 um 05.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41097

„Religionsfreiheit heißt nicht nur Freiheit von Religion, sondern auch Freiheit zu Religion, d.h. der Staat fördert auch, dass es Kirchen und Religionsgemeinschaften gibt.“ (Kerstin Griese, Religionsbeauftragte der SPD)

Aber das Grundrecht auf Religionsfreiheit kommt wie alle Grundrechte nicht dem Staat zu, sondern dem einzelnen Bürger. Sonst wäre der Staat frei, sich für eine Konfession zu entscheiden usw. – was offensichtlich nicht im Sinne des GG und der allgemeinen Menschenrechte wäre.

Wir sind schon als Schüler mit dem Spruch traktiert worden, Freiheit sei nicht nur „von“, sondern auch „zu“, was harmlos klingt, uns aber doch auch gleich wieder vereinnahmen sollte. Das war damals so der Zeitgeist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.03.2019 um 16.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41025

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26937

und weiteren Einträgen:

Garry Wills ("Papal Sin") erörtert auch die Annullierung von Ehen als trickreichen Ersatz der theoretisch unmöglichen Scheidung ("catholic divorce"). Dazu beschreibt er den prominenten Fall einer Frau, die dieses unwürdige Theater nicht mitmachen wollte, Sheila Rauch Kennedy. Erst Jahre nach dem Erscheinen seines Buches wurde das folgende bekannt:
http://archive.boston.com/news/local/articles/2007/06/21/vatican_reverses_kennedy_ruling/

Der Katholik Wills macht sich ernste Sorgen um die Zukunft seiner Kirche und rät ihr mit Engelszungen, die "structures of deceit" aufzugeben.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 07.03.2019 um 17.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41007

Ich würde mit der sog. Meute etwas nachsichtiger sein. Die meisten dieser Menschen sind eigentlich friedlich und vernünftig. Es sind die gleichen Menschen wie vor, während und nach der Nazizeit, die gleichen vor und nach der Wiedervereinigung, die gleichen vor wie nach dem Beginn der Flüchtlingskrise 2015, die gleichen im Osten wie im Westen. Die z. Z. aufkommende "Meute" ist das Ergebnis einer forcierten Polarisierung des Volkes. Die Betreiber dieser Polarisierung sollte man kritisieren, noch vor der ungehobelten Menge, die daraus entstanden ist.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 07.03.2019 um 16.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41006

Ich denke, der Muslim als Mensch und Individuum ist gar nicht das Problem, sobald man ihn persönlich kennengelernt hat. Verständlich ist aber die Angst vor bestimmten Geboten im Koran, und diese werden nicht dadurch entkräftet, daß Muslime selten, wenn überhaupt, diese Gebote öffentlich als ungültig oder nicht zeitgemäß bezeichnen, möglicherweise weil sie negative Konsequenzen befürchten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.03.2019 um 19.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#41002

Brinkhaus spricht die Selbstverständlichkeit aus, daß auch ein Muslim CDU-Bundeskanzler werden könne. Sofort fällt die Meute bei welt.de über ihn her, ganz schnell 2500 Zuschriften, deren Inhalt ich nicht näher zu kennzeichnen brauche.

Es gibt nichtchristliche, auch jüdische und muslimische Mitglieder und Abgeordnete der Union; daß die erregten (anonymen) Leserbriefschreiber allesamt fromme Christen sind, scheint mir nicht so sicher. Daß Muslime christliche Werte vertreten können, ist auch Päpsten kein fremder Gedanke. In der Politik geht es ja nicht um Feinheiten theologischer Dogmen. Die Gemeinsamkeiten der abrahamitischen Religionen fallen mehr ins Gewicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.03.2019 um 12.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40983

War nicht so ernst gemeint, ich gebe Ihnen ja vollkommen recht.

An einer früheren Stelle habe ich mich auch schon mal über den kultusministeriell verordneten, pädagogisch wertvollen, unfallversicherten Demo-Freitag lustig gemacht, der natürlich von den verantwortlichen Lehrkräften zu begleiten ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.03.2019 um 10.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40982

Streng? Das ist wohl ein Mißverständnis. Ich sage hier ja nur, es gibt entschuldigtes und unentschuldigtes Fehlen. Ersteres ist in Ordnung, das andere heißt Schwänzen. Gerechtfertigtes Schulschwänzen wäre also ein Widerspruch in sich.

Etwas strenger würde ich aber dann tatsächlich beim Entschuldigen sein. Das ganze hat sowas Kulturrevolutionäres, Mao läßt grüßen. Kinder dürfen in der Freizeit spielen, in der Schule sollen sie aber erstmal etwas lernen! Wo soll das das hinführen, wenn Kinder sich selbständig unterrichtsfrei nehmen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.03.2019 um 05.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40978

Bei den Grünen (Magdeburg) lese ich aus gegebenem Anlaß eine ältere Stellungnahme:

Mehr als die Hälfte aller Jugendlichen, die im Jugendarrest landen, sind Schulschwänzer. Oft liegt das Schulschwänzen, eine Ordnungswidrigkeit, bereits Jahre zurück, wenn die Jugendlichen den Arrest antreten müssen.

Wenn das stimmt, gebe ich den Leuten recht:

Dies macht weder pädagogisch noch aus Sicht der Prävention Sinn. Im Gegenteil, durch den Jugendarrest kommen nicht straffällige Jugendliche oftmals zum ersten Mal in ihrem Leben in Kontakt mit haftähnlichen Bedingungen und möglicherweise auch mit echten Kriminellen.

Aus meiner Schulzeit kann ich mich nicht an Fälle von Schulschwänzen erinnern, ich selbst habe auch keine "unentschuldigten Fehlzeiten" im Zeugnis gehabt.

Noch etwas zur Pädagogik:

„Was ist das Abitur noch wert?“ fragt die Zeitung heute – wenn nämlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung es hat. Nun, der Distinktionsgewinn (das Prestige, der Dünkel) sinkt natürlich, aber es gibt noch andere Wertmaßstäbe. Wenn in einem Volk 50 statt 10 Prozent eine höhere Schule besucht oder eine Ausbildung absolviert, wird man ohne weiteres sagen, daß der Bildungsstand der Bevölkerung sich gehoben hat. Die Frage nach dem Prestige stellt man hier gar nicht.
Damit ist noch nichts über den Sinn der Akademisierung gesagt. Da hat die Wirtschaft das letzte Wort.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.03.2019 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40977

Sie sind aber streng! Und wenn wieder mal die Oma gestorben ist oder der Urlaubsflieger zu früh gestartet oder zu spät gelandet ist?

Meine Bemerkung war übrigens hauptsächlich durch den tapferen Ritter Ziemiak ausgelöst, der unerschrocken gegen den Drachen anreitet und ihn auffordert, erst einmal eine umfassende nationalökonomische Analyse der Klimapolitik vorzulegen, bevor er sich dazu äußert. Damit hat er sich offensichtlich vergaloppiert.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 03.03.2019 um 16.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40976

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek:
„Auch unterstützenswertes Engagement gehört in die Freizeit und rechtfertigt nicht das Schulschwänzen.“
(Internet)

Gerechtfertigtes Fernbleiben von der Schule wird sowieso nicht Schulschwänzen genannt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.03.2019 um 10.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40973

Am heldenhaften Kampf gegen ein 16jähriges, leicht behindertes Mädchen aus Schweden beteiligen sich viele, von denen man es erwartet hat. Besonders klug ist das nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.02.2019 um 06.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40941

Fleisch von Tieren, die ohne vorherige Betäubung rituell geschlachtet wurden, darf nach einem Urteil des obersten EU-Gerichts nicht mit dem EU-Bio-Gütesiegel gekennzeichnet werden. Eine solche Schlachtmethode erfülle nicht die höchsten Tierschutzstandards, erklärt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Rechtssache C-497/17). (27.2.19)

Ich verstehe unter Bio etwas anderes und kaufe, wenn überhaupt, Fleisch nur von halal geschlachteten Schafen, übrigens hier aus Franken, wo sie artgerecht gehalten werden. Das scheint mir immer noch besser als Bioschwein.

Wie ich die Mitkundschaft kenne, pfeift sie auf Bio und hohe Preise.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.02.2019 um 13.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40929

Der Papst vergleicht den sexuellen Mißbrauch von Kindern mit "heidnischen Menschenopfern". Dann wären es ja fromme Handlungen, zwar unchristlich, aber doch in gutem Glauben begangen. Geht’s noch?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.02.2019 um 14.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40907

Israel hat mit seinem Mondlander auch die Nationalflagge und andere nationale Requisiten, darunter eine digitale Fassung der hebräischen Bibel zum Mond transportieren lassen. (Den Transport haben andere übernommen, so daß es etwas verfrüht ist, Israel mit den USA, Rußland und China gleichziehen zu sehen.)

Es ergibt sich die Frage, wer die Bibel dort entziffern soll – und wann, vgl. zur Pioneer-Sonde http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1584#40079. Ich kann jetzt schon meine 10 Jahre alten Disketten nicht mehr lesen, und die Floppies von 1990 erst recht nicht.

Aber vielleicht ist das Ganze ja nur eine erweiterte Siedlungspolitik.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.02.2019 um 06.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40825

Zum Verschleierungsverbot an der Universität Kiel schreibt ein Leser:

Grundsätzlich soll jeder tragen, was er will, und der Religion folgen, mit der er glücklich wird. Im direkten Gespräch aber ist es schon wichtig, das Gesicht seines Gegenübers sehen zu können. Wer sich hinter einem Schleier versteckt, muss zu seinen Worten nicht in der gleichen Weise stehen wie jemand, der erkennbar ist. Insoweit halte ich die Entscheidung der Uni Kiel für richtig.

Ich halte sie auch für richtig, aber das würde ich nicht unter dem Schleier der Anonymität kundtun. Der anonyme Schreiber muß zu seinen Worten nicht in der gleichen Weise stehen wie jemand, der erkennbar ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.02.2019 um 13.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40821

Kieler Universität verbietet Musliminnen den Schleier (Rheinische Post 13.2.19)

Nein, das Verbot gilt allgemein, sonst wäre es auch nicht durchsetzbar.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.02.2019 um 09.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40753

Wenn nun die höchste Form der Religion, die wir kennen, Erlösungsreligion ist, so liegt es nahe, das Moment der Erlösung auch schon für unentwickeltere und mit Heterogenem verlagerte Stufen als das eigentlich Treibende anzusehen. (Eduard Spranger: Lebensformen. Der religiöse Mensch)

Es muß Freude machen, wenn man entdeckt, daß die eigene Religion die höchste ist. Vielen Religionswissenschaftlern christlich-theologischer Herkunft ging es ähnlich. Man läßt es ihnen bis heute durchgehen, während man gleichartigen Behauptungen in bezug auf Rasse streng entgegentritt. Dabei kommt in beiden Fällen heraus, daß wir die Besten sind.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.01.2019 um 05.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40659

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26522

Da ich gerade mit der Korrektur von Texten zum Datenschutz beschäftigt bin, fällt mir wieder mal auf, welch krasser Widerspruch zwischen dem umfassenden Schutz personenbezogener Daten und der Offenlegung der Religionszugehörigkeit durch die Lohnsteuerkarte (in welcher Form auch immer) besteht und von der Herde frommer deutscher Schafe klaglos hingenommen wird.

Vgl. https://ibka.org/de/artikel/miz81/kirchensteuereinzug.html
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.01.2019 um 18.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40652

Als mein Großvater geboren wurde, lag die letzte Hinrichtung einer Hexe in Europa (in der Schweiz) gerade mal 100 Jahre zurück. Bemerkenswert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.01.2019 um 07.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40513

In einem großen Beitrag in der FAZ vom 8.1.19 kritisiert Mitherausgeber Jürgen Kaube den konfessionellen Religionsunterricht und schlägt einen neutralen religionskundlichen Unterricht vor, der die Geschichte und die gegenwärtige Bedeutung der Religionen auf wissenschaftlicher Grundlage wie die anderen Fächer vermitteln sollte. Damit entfiele natürlich auch die kirchliche Aufsicht über Inhalte und Lehrpersonal.
Gute Argumentation, die weiterreichenden Folgen (auch verfassungsrechtlich) kann sich der Leser denken. Irgendwann wird das sowieso kommen, die Theologen wissen es schon lange.
Die Theologie von staatlichen Hochschulen zu entfernen wäre der nächste Schritt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.01.2019 um 05.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40487

Über seinen kirchlichen Werdegang sagte Lindner, dass er zwar zur Erstkommunion gegangen, aber nach seinem 18. Geburtstag aus der katholischen Kirche ausgetreten sei. "Es ist für einen naturwissenschaftlich interessierten Menschen wie mich eine Hürde, sich mit metaphysischen Fragen zu beschäftigen. Die Dogmen kommen noch dazu." Dennoch betrachte er Religion als wertvoll für die Gesellschaft. Sie sei "eine Quelle für Zusammenhalt, Sinn und Wertvorstellungen." Auch stehe es den Kirchen als gesellschaftlichen Akteuren frei, sich in politischen Fragen zu Wort zu melden.
Dennoch brauche die Gesellschaft einen "ethischen Minimalkonsens, der unabhängig von einer einzelnen Religion ist. Sonst fliegt der Laden auseinander", mahnte der Parteivorsitzende.
(https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/christian-lindner-bin-kein-kirchenfeind-aber)

Ähnlich wie Habermas: Ich selbst bin nicht religiös und brauche so etwas nicht, aber für die anderen ist es gut, damit sie sich anständig benehmen („Werte“, „Sinnressourcen“ usw.).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.01.2019 um 07.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40465

Unter "Identität" versteht man heute, wohl auch nach amerikanischem Vorbild, persönliche Merkmale wie Rasse, Geschlecht, sexuelle Orientierung und Religion, weniger die Klassen- oder Schichtzugehörigkeit, und gerade darum bemüht sich Nancy Isenberg in ihrem schon genannten Buch. Man kann sich als homosexuell outen, aber kaum jemand würde sich als "white trash" bezeichnen. Von ehemaligen Klassenkameraden Elvis Presleys haben wir gehört, man sei damals in Tupelo und an Humes High School in Memphis "poor, but not dirt-poor" gewesen.

Auf ihre Religion lassen die meisten nichts kommen, es ist ganz, ganz tief in ihrer Person verwurzelt. Ich habe schon mehrmals auf die Sonderbarkeit hingewiesen, daß die Kinder und auch die Erwachsenen "ihre Religion" erst kennenlernen sollen, im Religionsunterricht und aus Büchern usw. Man hat daher gesagt, daß es keine katholischen Kinder gibt usw.

Der bekannte Journalist Alexander Görlach, den ich in anderem Zusammenhang zitiert habe, ist als Türke geboren und wurde als Baby adoptiert. Er ist heute sehr aktiver Katholik, aber war er bei seiner Geburt nicht Muslim? So könnte es ins Geburtsregister eingetragen sein (zusammen mit dem Namen Firat Kaya).

Hierher gehört auch http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=963#35487: den Glauben auswendig lernen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.12.2018 um 08.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40443

Alle Neigungen sind zu tolerieren, nur nicht die Neigung, nicht alle Neigungen zu tolerieren.

(Nach Gadamer sind Vorurteile nicht zu verurteilen, bis auf das Vorurteil gegen Vorurteile.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.12.2018 um 04.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40420

„Eine Moschee-Steuer wäre gerecht, denn warum soll der deutsche Steuerzahler Moschee-Gemeinden unterstützen, wenn diese nicht auch in selber Höhe selbst zur eigenen Finanzierung beitragen? Noch interessanter an dem Vorschlag ist aber, die Moschee-Gemeinden so unabhängig von ausländischen Geldgebern zu machen. Dass diese Interessen verfolgen können, die der freiheitlich-demokratischen Grundordnung widersprechen, ist eine unerträgliche Gefahr. Verbunden mit einer Moschee-Steuer könnten Geldtransfers etwa aus der Türkei verboten werden. Moschee-Gemeinden hätten die gleichen Rechte und Pflichten wie christliche Kirchen. In den Moscheen könnten dann nur Imame predigen, die in Deutschland ausgebildet wurden.“ (RhP 27.12.18)

Der deutsche Steuerzahler sollte überhaupt keine Religionsgesellschaften unterstützen. Außerdem wären dann auch Zuwendungen deutscher Kirchen an ausländische und Einflußnahme des Vatikans (der letzten absolutistischen Monarchie Europas) auf katholische Gemeinden in aller Welt zu verbieten.
Alle Parteien sind für die Moscheesteuer. Sie wollen einen richtigen schönen deutschen Islam schaffen. Viele Muslime lehnen die Ersetzung ihrer frommen Finanzierung durch das deutsche Kirchensteuersystem ab. Ohne Zwang wird es nicht gehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.12.2018 um 07.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40416

Statt die Kirchensteuer (bzw. das staatliche Inkasso mit seinen bedenklichen Folgen, international eine Rarität) abzuschaffen, erwägt man die Einführung einer Moscheesteuer. Damit wiederholt sich das Muster des Religionsunterrichts, der Staat wird immer enger mit Religion verzahnt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.12.2018 um 05.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40406

1643 „schufen“ die Puritaner Weihnachten ganz ab, wie die FAS schreibt (23.12.18). Das war bekanntlich nicht von Dauer. Bei uns hält der Bundespräsident eine Weihnachtsansprache, obwohl das nicht zu seinen Aufgaben gehört (Art. 59ff. GG). Es ist eben Brauchtum wie die Betonklötze in der Fußgängerzone rund um den Weihnachtsmarkt.
In derselben Nummer wird das friedlich-freundliche Bild von Jesus und Maria beschrieben, das der Koran bietet. Vieles wäre möglich, aber wenn die Leute hüben und drüben nicht wollen, kann man nichts machen. An den Texten liegt es nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.12.2018 um 15.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40393

Die Weihnachtsempörung ist noch nicht vorbei, da wird schon die Karte "Besser ohne Böller" gezogen. Ist die Silvesterknallerei nicht auch Brauchtum und erhaltenswert? Oder tun solches etwa die Muselmanen auch? Es wird sich doch was finden lassen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.12.2018 um 05.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40386

Der fromme SPIEGEL weiß, worum es bei Weihnachten geht:

Fressbuden statt Kleinkunst – Wie der Weihnachtsmarkt zum Volksfest verkommt (19.12.18)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.12.2018 um 04.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40382

Trüber Morgen, vorweihnachtlich.

Die Welt ist aus den Fugen, und womit beschäftigen sich die Leute (oder werden sie von den Medien beschäftigt)? Mit Toblerone und der Beschriftung von Weihnachtskarten.

Kurt Flasch nimmt Anstoß an der Rosinenpickerei der Frommen, und gerade am Liebesgesäusel zu Weihnachten. Das AT enthält nicht nur die Zehn Gebote, sondern deren 600. Joseph Ratzinger, den er besonders auf dem Kieker hat, übergeht in seiner "Einführung" alles Unangenehme, wie Samuel 1,15.

In der Bibel und nicht im Koran steht folgendes:

Ihr sollt ihre Altäre niederreißen, ihre Steinmale zerschlagen, ihre Kultpfähle umhauen und ihre Götterbilder im Feuer verbrennen. (Dtn 7,5)

neben vielem ähnlichem.

Cantus firmus ist die unendliche Rachsucht Gottes, die besonders seit dem unerbittlichen Augustinus, dem größten Kirchenvater, zum "rhetorischen Infernalismus" geführt hat (ich habe schon Predigttexte angeführt). Das Herunterspielen der Hölle in neuester Zeit bis zum vollständigen Verschweigen (allerdings nicht bei Papst Franziskus) ist eine der erstaunlichsten Anpassungen an den Zeitgeist. Vgl. schon http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1544#35960.

Ich bin mit wirklich gläubigen Christen befreundet, und wir verstehen uns gut, weil wir nie über Religion sprechen. Ich weiß, daß sie unendlich weit davon entfernt sind, sich über Toblerone oder Weihnachtsgrußkarten zu empören, wie es der Pegida-Club der WELT-Leser zu tun vorgibt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 19.12.2018 um 21.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40381

Ich kenne schon seit jeher die Grußformel "Schöne Feiertage!", da ist im Grunde auch nichts dabei. Man sagt halt mal so, mal so. Aber auffällig ist es dann schon, daß es auf englisch grundsätzlich "holidays" heißt. In meiner Firma ergeht die Einladung zur jährlichen Feier immer zweisprachig (in ein und derselben E-Mail) und immer auf die gleiche Weise wie dies Jahr:
Lasst uns feiern: Weihnachtsfeier am Freitag, den 7. Dezember 2018
Let’s celebrate: Holiday Party Friday, December 7, 2018

Und auch so:
The holiday season 2018 is just around the corner.
Wieso die Feiertagssaison von 2018? Schließlich gibt es mehrere solche in jedem Jahr, diese ist nur eine davon und hat ja einen Namen.

Also, sie sollen sich nicht herausreden, das sind nicht einfach zufällige, beliebige Formulierungen, sondern da steckt eindeutig die "political correctness" und Verleugnung eigener Traditionen dahinter. Ich befürchte, irgendwann werden die Deutschen dem wohl folgen, aber vorläufig kommt es trotz fortschreitender Säkularisierung schon noch auf die Bezeichnung an. Diese Traditionen sind sehr tief verwurzelt und den Deutschen nur sehr langsam auszutreiben.

Es erinnert mich auch an DDR-Zeiten. Manchmal wurden Ausdrücke wie "geflügelte Jahresendfigur" oder "Figurenkarussel" als (politischer) Witz erzählt, aber solche Sachen kamen schon vereinzelt auch in der Wirklichkeit vor. Vor allem die "Jahresendfeier". Damals ging es allerdings nicht um kulturelle Rücksichten, sondern um Reduzierung der dem Staat allzu christlich-religiös aufgeladenen Atmosphäre, wenigstens in der Öffentlichkeit und in den staatlichen Institutionen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2018 um 18.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40380

Wenn die Tradition darin besteht, bezahlte arbeitsfreie Tage zu genießen – davon will ja auch niemand abgehen. Die Gewerkschaften wollen ja sogar mehr davon einführen. Aber wenn das alles sich vom religiösen Hintergrund gelöst hat, wie Sie sagen, dann kann es doch auf die Bezeichnung auch nicht mehr ankommen, und die "holidays" und die schon erwähnten "seasonal greetings" sind ganz passend. Ich vermute übrigens, daß "neutralere" Grüße auch in Deutschland schon seit vielen Jahren ausgetauscht werden, habe es aber nicht untersucht. Daß die Rücksichtnahme auf Nichtchristen sich erst anläßlich der muslimischen Zuwanderung eingestellt haben sollte, wäre ja auch kein Ruhmesblatt für den säkularen Staat.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 19.12.2018 um 17.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40379

Weihnachten, Ostern und Pfingsten haben sich schon längst vom christlichen Hintergrund gelöst und werden von allen unter diesem Namen gefeiert. Weihnachtsmann und Osterhase, Osterei und Weihnachtsbaum sind auch nicht gerade biblische Figuren und Utensilien.

Christen denken dann natürlich besonders an die biblischen Geschichten, aber für andere haben diese Feiertage eine ebenso hohe Bedeutung. Zumindest galten diese Traditionen bisher, und wir sollten unsere Traditionen bewahren.

In erster Linie sind es keine Kirchenfeste, sondern staatliche Feiertage, denn der Staat bestimmt darüber, nicht die Kirche.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2018 um 16.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40378

Man scheint doch sehr christich zu denken, besonders auf der Leserbriefseite der WELT. Die Versendung neutraler Grußkarten ohne das Wort "Weihnachten" durch ein Bundesministerium (doch nicht erst seit gestern?) hat umgehend 1000 empörte Zuschriften hervorgerufen. Solche Karten sind seit langem üblich, meine Sparkasse hat mir auch gerade wieder eine geschickt. Fast die Hälfte der Deutschen gehört ja keiner christlichen Kirche an, in Köln (!) ist es mehr als die Hälfte, wie gerade gemeldet wird.

Aus einer "Karriere-Bibel":

Etwas tricky ist natürlich, Weihnachtsgrüße an Kollegen, Kunden oder Mitarbeiter zu senden, die einer anderen Religion oder Kultur angehören. Hier sollten Sie besser eine neutrale Karte wählen – also keine Weihnachtsmänner oder christlichen Motive. Wünschen Sie den Leute lieber „frohe Tage“ oder eine „besinnliche Zeit im Kreis der Familie“. Das heißt ja nicht, dass Sie Ihre eigene Religion verleugnen müssen.

Solche Ratschläge gibt es schon lange in großer Zahl.

Man könnte natürlich fragen, wieso der Staat überhaupt Grußkarten zu Kirchenfesten verschickt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.12.2018 um 15.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40376

Im Sinne der Reihenbildung wäre das in der Tat zu erwarten. Bei anderen Marken steht auch mal drauf Ganze Nüsse.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 18.12.2018 um 14.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40374

Eben, es ist Schokolade mit mit . . .
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.12.2018 um 13.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40373

mit Honig und Salz verfeinerte, geröstete Mandeln

Das Komma ist nicht nötig, stört aber auch nicht. Pedanten könnten kritisieren, daß nicht der ganze Packungsinhalt aus Mandeln besteht, sondern diese nur in der Schokolade sitzen.

Jetzt fehlt noch der Hinweis Halal.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 18.12.2018 um 07.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40372

Also jetzt mit Honig und mit mit Salz verfeinerten, gerösteten Mandeln oder mit mit Honig und Salz verfeinerten, gerösteten Mandeln?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.12.2018 um 21.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40371

Um gleich bei Schokolade zu bleiben: Ritter Sport (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1103#39543) hat seine Beschriftung grammatisch korrigiert, vielleicht infolge meiner freundlich beantworteten Zuschrift – aber warum habe ich dann keine Gratistafel bekommen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.12.2018 um 19.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40370

Toblerone-Schokolade ist jetzt als „halal“ zertifiziert, ohne Änderung der Rezeptur. Sofort gibt es 800 Leserbriefe an die WELT, die im AfD-Ton die Islamisierung beklagen. Viele behaupten, das Erzeugnis nicht mehr essen zu wollen, was wohl so ernst zu nehmen ist wie die Auswanderungsabsicht wg. Migranten. Ein Irrenhaus.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.12.2018 um 05.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40363

Es gehört eigentlich zu "Heilige Texte", aber weil auch Flasch es erwähnt, will ich es hier einrücken. Kein Tag in dieser Adventszeit, an dem wir nicht "O du fröhliche" hören, viele werde es wenigstens einmal im Jahr selbst singen.

Was denken sich die Leute, wenn sie singen „Welt ging verloren“?

»Welt ging verloren« – viele Menschen erleben Weihnachten 2014 hautnah, wie zu Bruch geht, was bisher Halt gab. Andere fürchten sich vor zu vielen Veränderungen oder fühlen sich ohnmächtig, weil die Fülle erschütternder Nachrichten aus aller Welt sie überfordert. Stichworte wie IS Terror, Ukrainekrise, Ebola Epidemie, Flüchtlingselend und Fremdenfeindlichkeit beschreiben Notvolles und Dunkles, das sich mit dem weihnachtlichen Lichterglanz nicht aufhellen lässt.
(Weihnachtsbotschaft von Rosemarie Wenner, Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland, https://www.emk.de/meldungen-2014/welt-ging-verloren-christ-ist-geboren/)

Für John Wesley war noch klar, daß es im Kern der christlichen Lehre um die Erbsünde ging und nicht um die täglichen Kalamitäten. Flasch kennt die Bibel, das Mittelalter und die Kirchenväter besser als alle Pfarrer und konfrontiert das ganze Christentum mit seinen sentimentalen Schwundformen als Brauchtum. Darum ist sein Buch auch lesenswert, nicht als Bekenntnis- und schon gar nicht als Bekehrungsschrift. So erklärt sich auch manche Kritik: Viele Christen wollen gar nicht so genau wissen, woran sie glauben. Augustinus zum Beispiel, dem Flasch ein eigenes Buch gewidmet hat, ist eigentlich ein Ärgernis. Am besten, man liest ihn gar nicht – aber was bleibt dann noch? Predigten wie oben – und Söders Kreuzzug durch Bayern.

Flasch kennt natürlich das Argument der heutigen Apologetik: Die vermeintliche Schwundform, also das Brauchtum und das gefühlige Gesäusel von Liebe usw., sei gerade der Kern, jedenfalls für den modernen Menschen, den all das theologische Klügeln nichts mehr angeht. Das Ernstnehmen der alten Dogmen sei die "erledigte" Religionskritik des 19. Jahrhunderts usw. – Flaschs Antwort ist (dem Sinne nach), daß er kein Christentum braucht, um ein netter Mensch zu sein. Aber wie gesagt, das ist es nicht, was sein Buch lesenswert macht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.12.2018 um 04.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40362

"Eine Meinung haben" – das ist ja auch in anderen Zusammenhängen (vgl. "Umfragen") problematisch. Zu vielen Themen können wir eine Meinung äußern, ohne sie bisher "gehabt" zu haben. Das Ganze multipliziert sich noch, wenn es um negative Aussagen geht. Man könnte mich zu sämtlichen Mythologemen, nicht nur den christlichen, um meine Meinung befragen, und ich würde Tausende von Unglaubensbekenntnissen hervorbringen, daß ich zum Beispiel nicht an Huitzilopochtli oder an die Quirlung des Weltozeans glaube. Warum sollte ich mich über meinen Unglauben an jüdisch-christliche Lehren definieren?

Tatsache ist, daß ich genau wie Kurt Flasch an all dies keinen Gedanken verschwende außer im historischen Interesse. Also auch nicht den Gedanken: "Ich kann das Gegenteil nicht beweisen." "Agnostiker" wäre schon zuviel gesagt. "Nicht glauben" ist im Alpha privativum von "atheos" ("gottlos") schon richtig ausgedrückt.

Die "bewährte Zusammenarbeit" von Staat und Kirche hat zur Folge, daß der Bürger bei verschiedenen Gelegenheiten gezwungen wird, sich zu einem "Bekenntnis" zu bekennen, also gegebenenfalls auch zur Bekenntnislosigkeit. Damit definiert er sich durch sein Verhältnis zu bestimmten Religionsgesellschaften, mit denen er nichts zu tun haben will. Die Gewöhnung macht es nicht weniger abstrus.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.12.2018 um 01.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40361

Umgangssprachlich wird "nicht glauben, daß" meistens genauso verstanden wie "glauben, daß nicht". Um zweifelsfrei die Meinung des Atheisten wiederzugeben, d.h. was er unter dem ersteren genau versteht, müßte man es vielleicht so formulieren:
Der Atheist sagt, es trifft nicht zu, daß er glaubt, daß ...
Das heißt aber, er sagt dazu eigentlich gar nichts, und gar nichts zu sagen, ist selbstverständlich nicht beweispflichtig.

Ich meine aber, daß Atheisten doch eine Meinung haben. Sie sagen also nicht, daß sie nicht glauben (bzw. daß es nicht zutrifft, s.o.), sondern sie sagen sehr wohl, daß sie glauben, bzw. behaupten sogar sogar zu wissen, daß es keine Götter gibt. Das ist zwar auch nicht beweisbar, insofern hat K. Flasch natürlich nicht recht, aber eine Art Begründung erfordert es schon, im Grunde ähnlich wie jeder Glaube.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.12.2018 um 21.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40360

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#24551

Das Kirchensteueramt läßt es sich nicht verdrießen, alljährlich jene 48 Cent Steuerschuld anzumahnen, die meiner Frau wg. Kapitaleinkünften entstanden sind. Die Kirche hat nun schon ein Vielfaches an Porto ausgegeben. Ich kann mich aber nicht aufraffen, zur Bank zu gehen und eine kostenpflichtige Überweisung vorzunehmen. Warten wir also auf den Gerichtsvollzieher, der vielleicht eine Kaffeetasse pfänden wird.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.12.2018 um 21.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40359

Meine Position ist konsequent agnostisch, nicht atheistisch. Denn ein Atheist traut sich zu, er könne beweisen, dass kein Gott sei. So zuversichtlich bin ich nicht. (Kurt Flasch: Warum ich kein Christ bin. München 2013:23)

So ist die Beweislast meiner Ansicht nach nicht verteilt. Es ist wieder Unterschied zwischen „glauben, daß nicht“ und „nicht glauben, daß“. Letzteres ist nicht begründungsbedürftig oder gar beweispflichtig.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.12.2018 um 08.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40358

Es weihnachtet, und die Zeitungen werden besinnlich. Im Leitartikel der FAZ (15.12.18) wird mehr „Sakrokunst“ gefordert, Triegel dient als Vorbild. Die hybride Wortbildung ist für unsere Zeit bezeichnend und könnte in der Kurzform „Sakro“ als Stilbezeichnung Mode werden. T-Shirts im Sakrolook als neuer Hit. Triegels Kunst bringe mit ihrer „eigentümlichen Kraft selbst Ungläubige zum Staunen“. Schon wahr, wenn da nur nicht dieser vereinnahmende missionarische Beiklang wäre. Die „Menschwerdung“ soll uns nachdenklich machen. Warum der Kunsthistoriker Stefan Trinks das fordert, ist nicht recht klar.

Der Musikkritiker Jan Brachmann schließt eine Besprechung von Weihnachts-CDs so: Auch das nämlich ist Weihnachten: Es macht die Grenze durchlässig zwischen Mensch und Tier wie zwischen Tod und Leben. (FAZ 15.12.18)

Die Tiere wohl wegen der Krippenfiguren, die allerdings keine Vorlage im NT haben; Tod und Leben ist nach dem Gesetz der wachsenden Glieder umgestellt, die normale Reihenfolge ist ikonisch: erst kommt das Leben.

Der ganze Satz ist ein Beispiel der Feuilletontheologie, die alles aufsaugt, was nett und besinnlich klingt. Wenn es gut aussieht, ist es irgendwie auch christlich.

Wer das nicht hinnimmt wie Kurt Flasch ("Warum ich kein Christ bin"), macht sich unbeliebt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2018 um 17.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40327

Terrorexperte: Islamisten sind heute nicht mehr religiös, sondern Kriminelle (FAZ 12.12.18)

Als ob es keine Verbrechen aus religiösen Gründen geben könnte. Die typische Argumentationsfigur der Reinwaschung: Das ist dann keine echte Religiosität. Unter diesen Kriminellen gibt es ja auch viele Selbstmordattentäter, die sich doch wohl nicht aus Bosheit umbringen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2018 um 17.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40326

Zur Sache selbst wollte ich mich gar nicht äußern, nur zur Rhetorik der Leserbriefe. Inzwischen sind es rund 1000, die meisten versuchen eine Verbindung zu Merkel und der deutschen Migrationspolitik herzustellen. Daß der Tatverdächtige über die nahe Grenze nach Deutschland fliehen könnte, liegt nahe, aber nicht weil Merkel ihm so gern Unterschlupf bieten möchte, wie die Leserbriefschreiber meinen.

Die Leserbriefe scheinen nicht automatisch generiert zu sein, auch wenn sie so wirken.

Marokkaner sind laut neuester Kriminalstatistik weit überdurchschnittlich in deutschen Gefängnissen vertreten. Gewisse Parteien haben jahrelang die Abschiebung von Maghrebinern verhindert.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 12.12.2018 um 15.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40324

Der Anschlag kam ja nicht aus heiterem Himmel.
www.deutschlandfunk.de schreibt:

Der zuständige Staatsanwalt erklärte, der mutmaßliche Attentäter sei als islamistischer Gefährder eingestuft und auch in Deutschland polizeibekannt. Er sei 27 mal von Gerichten in Frankreich, Deutschland und der Schweiz verurteilt worden und habe sich im Gefängnis radikalisiert.

27mal als 29jähriger! Wieso läuft der noch oder schon wieder frei herum? Wenn unsere mitteleuropäischen Staaten so etwas zulassen, dann brauchen wir nicht auf rechtsextreme Parteien zu warten, dann haben wir die Demokratie schon längst in der Garderobe abgegeben.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 12.12.2018 um 12.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40321

Der Anschlag wird jetzt einem »gebürtigen Straßburger« zugeschrieben. Die elsässischen Protestanten waren immer schon suspekt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2018 um 11.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40320

Ich hatte mit verstellter Stimme gesprochen. Natürlich zur AfD, wie in den erwähnten Leserbriefspalten herbeigesehnt. Dort steht übrigens auch, daß die Merkel in Marrakesch das "Todesurteil für Deutschland" unterzeichnet hat. Ich habe den ganzen UN-Migrationspakt gelesen – das merkwürdigste Todesurteil aller Zeiten.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 12.12.2018 um 10.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40319

Was für ein Machtwechsel?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2018 um 07.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40318

Nach Ansicht von WELT-Lesern (deren Zuschriften sich sekundenschnell vermehren) hat Merkel den Attentäter vom Straßburger Weihnachtsmarkt ins Land geholt, wo er dann geboren wurde. Und Kramp-Karrenbauer wird abwiegeln, weil sie zu „Merkels Politclique“ gehört. Das ändert sich nicht bis zum Machtwechsel.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.12.2018 um 03.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40283

Um Söders Kreuz-Erlaß ist es zur Zeit still, aber irgendwann muß der (nach Dieter Grimm eindeutig verfassungswidrige) Akt zurückgenommen werden. Vielleicht hilft ein wenig Druck aus Rom:

Mit Blick auf den Kreuz-Erlass von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich Kurienkardinal Gianfranco Ravasi gegen eine Instrumentalisierung ausgesprochen. Das christliche Symbol dürfe nicht politisch verzweckt werden. Dies wolle er unmissverständlich klar machen, sagte der Präsident des Päpstlichen Kulturrats der römischen Tageszeitung "Il Messaggero" (Samstag). (katholisch.de 3.12.18)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.12.2018 um 16.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40268

Heute berichtet sogar die FAZ sehr kritisch über die auffallende Untätigkeit der Staatsanwaltschaften in Sachen Mißbrauch durch katholische Priester. Erst schwärzt die katholische Kirche die Namen in den ausgewählten Dokumenten, die sie der Staatsanwaltschaft übergibt, dann verweigerte diese die Einleitung von Ermittlungen unter Hinweis auf die Ungreifbarkeit konkreter Fälle...

Soviel zum Stichwort "Parallelgesellschaft".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.12.2018 um 19.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40234

Seehofers Blutwurstangebot auf der Islamkonferenz ist von den Medien zum Skandal (in wessen Augen auch immer) hochgepuscht worden, und die WELT hat denn auch schon über 1.200 einschlägige Leserbriefe eingefahren. Ziel erreicht: Empörung den Empörten!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.11.2018 um 05.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40218

Dazu: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 29.11.2018 um 18.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40217

Es ist ein Anglizismus. Korrekt aus dem Griechischen ins Deutsche übertragen müßte es Holokaust geschrieben werden, aus griech. holos = ganz und kaustos = verbrannt. Diese beiden griechischen Wörter kommen in anderen Zusammenhängen im Deutschen häufig vor.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2018 um 15.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40216

Der Deutschunterricht für Ausländer war in der DDR besser und die Lehrmaterialien auch, was das Methodische betraf – aber inhaltlich so grau wie das Papier und unerträglich öde, wie in allen kommunistischen Ländern. Die Chinesen bemühen sich heute um attraktivere Lehrwerke; ich habe schon erwähnt, daß anstelle Lenins neuerdings der junge Bill Gates als Held auftritt. Das entspricht dem neuen Ideal: nicht mehr sich aufzuopfern, sondern reich zu werden.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.11.2018 um 14.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40214

zu R.M.:
Ja, das stimmt wohl. Wie ich gerade auch schon schrieb, alles wurde aus kommunistischer Sicht gesehen, die Helden, egal ob sie nun gegen Nazis im allgemeinen kämpften oder für Juden eintraten, waren immer Kommunisten. Zuletzt haben die Leute in der DDR nur noch auf Durchgang geschaltet.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.11.2018 um 14.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40213

Imperialismus wurde ja in der DDR nicht gemäß seiner wörtlichen Bedeutung verstanden, sondern ausschließlich im Sinne der Leninschen Definition als höchstes und letztes Stadium des Kapitalismus. Deshalb galt die Bundesrepublik als imperialistischer Staat, alle Staatsbürger (außer vielleicht ein paar Anhängern der DKP) waren automatisch Imperialisten. "Sie als Imperialist" konnte evtl. sogar höflich und bedauernd (mitleidig) gemeint sein.

Das Problem der Faschismus- und Nazikritik in der DDR, die dort wirklich ständig präsent war, war meines Erachtens, daß sie immer und nur aus kommunistischer Sicht kam. Bücher wie z. B. das von Anne Frank waren unbekannt und kaum erhältlich, sie war schließlich keine Kommunistin. Ein Antifaschist war im Grunde ein Synonym für Kommunist.

Die DDR hat ihre Insassen im Grunde dazu erzogen, die staatliche Propaganda zwar zu ertragen, aber nicht mehr ernst zu nehmen. Und weil das jede staatliche Ideologie betraf, hat darunter vielleicht auch die Aufklärung über Judenpogrome und Nationalsozialismus gelitten. Da wurden dann schnell mal die Westdeutschen nicht nur Imperialisten, sondern besonders die Anhänger rechter demokratischer Parteien pauschal Neonazis genannt, beleidigend und verharmlosend zugleich.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 29.11.2018 um 13.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40212

Soweit erinnerlich, geht es in Nackt unter Wölfen nicht um Juden, sondern um heldenhafte Kommunisten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2018 um 13.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40211

Nein, in der Bundesrepublik war das Wort vollkommen unbekannnt, außer natürlich unter Altertums- und Religionswissenschaftlern. Ich habe schon berichtet, wie wir als Studienreferendare von unserem Seminarleiter beinahe genötigt wurden, die Fernsehserie anzusehen, was ich aber verweigerte.

Die DDR hatte es leichter, sich mit dem "Hitler-Faschismus" zu beschäftigen, weil sie erklärtermaßen nichts damit zu tun hatte. Die wahren Nachkommen der Nazis saßen alle in Westdeutschland. So daß mich ein SED-Funktionär 1975 mal anredete: "Sie als Imperialist..." Und ich blickte auf mein Reich hinab: "Dies alles ist mir untertan!" – wie es eben Imperialisten so tun. Dabei war ich bloß ein armer DAAD-Lektor.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.11.2018 um 11.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40210

Wie bei allen Umfragen müßte man wissen, was überhaupt gefragt wurde. Wenn die Frage hieß, "Was wissen Sie über den Holocaust?", dann wundert es mich auch nicht, daß relativ wenige darauf antworten können. So wurde das Wort z. B. in der DDR bis zum Ende nicht benutzt. Ich habe es nur im Zusammenhang mit der Serie "Holocaust" des Westfernsehens kennengelernt, die 1979 lief, also erst gegen Ende meiner Studentenzeit. Ich weiß nicht, ob diese Bezeichnung vorher im Westen bekannt war. Das heißt aber nicht, daß im Osten niemand etwas über die Judenverfolgung im "Dritten Reich" wußte. Im Gegenteil, es war ständiges Thema in den Schulen. Ich erinnere mich an Bücher wie "Nackt unter Wölfen", "Professor Mamlock", es liefen auch entsprechende Filme dazu im DDR-Fernsehen. Diese und ähnliche waren Pflichtliteratur.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2018 um 06.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40206

"Dass Seehofer eine Ansage macht und später das Gegenteil behauptet und dabei beteuert, seiner Linie stets treu geblieben zu sein, ist nicht neu." (Helene Bubrowski, FAZ 29.11.18)

Seehofer hat für seinen Satz, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, mindestens drei ganz verschiedene Begründungen geliefert und stellt seine Gedankengänge als so subtil dar, daß viele ihm leider nicht folgen können. Inzwischen hat er wohl zumindest eingesehen, daß man eine Islamkonferenz nicht unter dem Banner "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" stattfinden lassen kann. Aber er kommt von seinem Kernsatz nicht runter.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2018 um 05.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40205

Viele junge Menschen in Deutschland wissen nur wenig oder gar nichts über den Holocaust, das zeigt eine neue Studie. Ein Experte der Bundesregierung zeigt sich besorgt. (28.11.18)

Dazu könnte die Verschlüsselung durch ein vollkommen undurchsichtiges Fremdwort beigetragen haben, das auf die amerikanische Unterhaltungsindustrie verweist, und die muß man ja nicht unbedingt kennen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.11.2018 um 21.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40204

Es ist nötig, zu unterscheiden zwischen den "arabischen Wissenschaften" des Mittelalters, die Europa haushoch überlegen waren, und dem "heutigen Islam", der diese Zeit als Ketzerei ablehnt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.11.2018 um 16.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40201

Die hochverehrten Scholastiker wären nicht denkbar ohne die Arbeit muslimischer Philosophen, auf die sie sich auch ständig namentlich beziehen. Katholiken sollten das wissen.

Übrigens gibt es in Deutschland doppelt so viele Buddhisten wie Juden (dank Hitler).

Die Atheisten bilden wahrscheinlich die stärkste Gruppe, aber sie definieren sich ja nicht negativ, sondern leben größtenteils unscheinbar vor sich hin, ohne sich groß um das zu kümmern, was sie nicht sind.

Was geht das alles einen Bundesminister an?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.11.2018 um 15.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40200

Seehofer bleibt dabei, daß der Islam nicht zu Deutschland gehört, erklärt sich aber nun so:

Im Sommer, so erzählt der Minister bedächtig, sei er beim Tag der offenen Tür in seinem Ministerium einer muslimischen Familie begegnet: "Eine Familie, die in den ersten Minuten ganz verschreckt auf mich reagiert hat." Seehofer sei doch der Meinung, dass Muslime in Deutschland nicht dazugehörten, hätten die Leute zu ihm gesagt. Er habe dann erlebt, wie schwer es in Deutschland sei, "zu unterscheiden zwischen der Historie und der kulturellen Prägung über viele Jahrhunderte hinweg und über unsere gemeinsame Gegenwart". Der Islam gehört nicht zur historisch gewachsenen Kultur Deutschlands, geschichtlich gesehen, so will Seehofer seinen Satz des Anstoßes verstanden wissen. (SZ 28.11.18)

Die Unterscheidung ist nur darum so schwer, weil Seehofer die naheliegenden Möglichkeiten der deutschen Sprache nicht zu nutzen versteht. Was er (angeblich) sagen wollte und immer noch will, läßt sich etwa so ausdrücken: "Der Islam gehörte nicht zu Deutschland, aber jetzt gehört er dazu, weil es in Deutschland mehrere Millionen Muslime gibt."

Das ist wie mit dem Christentum oder eben, das traut sich natürlich keiner zu sagen, mit dem Judentum.

Aber in Wirklichkeit hatte er das natürlich nicht im Sinn, und es wäre ja auch abwegig, als Minister (bzw. Ministerpräsident) kulturgeschichtliche Thesen aufzustellen und im tagespolitischen Kampf verbissen zu verteidigen. Jeder hat ihn so verstanden, wie er verstanden werden wollte.

Seine Konferenz heißt übrigens Deutsche Islam Konferenz. Die Schreibweise könnte hintersinnig auf einen Deutschen Islam als Ziel hinweisen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.11.2018 um 04.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40186

In einer Weihnachtspredigt von Ulrich Greiner, die 2005 auf der ersten Seite der ZEIT stand und die ich aus grammatischen Gründen schon einmal zitiert habe, wird zustimmend Chesterton zitiert:

Christlichen Ursprungs ist die Französische Revolution. Christlichen Ursprungs ist die Zeitung. Christlichen Ursprungs sind die Anarchisten. Christlichen Ursprungs ist die Naturwissenschaft. Christlichen Ursprungs ist auch der Angriff auf das Christentum.

Original:

There is only one thing in the modern world that has been face to face with Paganism; there is only one thing in the modern world which in that sense knows anything about Paganism: and that is Christianity. That fact is really the weak point in the whole of that hedonistic neo-Paganism of which I have spoken. All that genuinely remains of the ancient hymns or the ancient dances of Europe, all that has honestly come to us from the festivals of Phoebus or Pan, is to be found in the festivals of the Christian Church. If any one wants to hold the end of a chain which really goes back to the heathen mysteries, he had better take hold of a festoon of flowers at Easter or a string of sausages at Christmas. Everything else in the modern world is of Christian origin, even everything that seems most anti-Christian. The French Revolution is of Christian origin. The newspaper is of Christian origin. The anarchists are of Christian origin. Physical science is of Christian origin. The attack on Christianity is of Christian origin. There is one thing, and one thing only, in existence at the present day which can in any sense accurately be said to be of pagan origin, and that is Christianity. (Chesterton: Heretics Kapitel 12)

Den logischen Purzelbaum findet man schon in protreptischen Schriften der Antike: Man kann nicht nicht philosophieren, denn damit philosophiert man schon usw.

Ob der religiöse Eiferer (Konvertit) damit Proselyten machen kann, ist aber sehr zweifelhaft.

Was früher geistreich klang, ist heute Allgemeinplatz: Überall kann man lesen, daß im Christentum bereits die Aufklärung und damit der Kampf gegen die Religion angelegt sei. Den Schlußpunkt setzen dann unsere Theologinnen: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1544#40010

Das putzt ungemein. (Bendix Grünlich)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.11.2018 um 04.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40176

Ohne mich in Einzelheiten zu verlieren, die ich auch gar nicht kenne: Die Tötung eines Amerikaners, der unbedingt die Sentinelesen christlich missionieren wollte, obwohl er wußte, daß das verbotene Betreten ihrer Insel den sicheren Tod bedeutet, wirft in krasser Form eine alte Frage auf. Manche Leser schreiben: Mord ist Mord, und staatliches Recht gilt für alle. Folglich müßten indische Polizeieinheiten nach North Sentinel ausrücken und die Mörder festzunehmen versuchen. Das wäre wahrscheinlich das Ende dieses letzten Naturvolks. Fiat iustitia, pereat mundus!

Manche behaupten, unsere Verurteilung exotischer Bräuche wie der weiblichen Genitalverstümmelung (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1042#40167) sei westlich-postkoloniale Gewalt. Man könnte auch die indische Witwenverbrennung anführen, die dann die Briten zu Unrecht verboten hätten (freilich sehen das die meisten Inder anders, von den Inderinnen ganz zu schweigen).

Nicht bemerkt wird der Selbstwiderspruch: Warum sollen alle Traditionen Respekt verdienen, nur nicht die der Aufklärung (auf der herumzuhacken zum guten Ton gehört)? Welcher Teufel reitet Leute und Leutinnen, wenn sie lustvoll behaupten: Alle haben recht, nur wir nicht?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.11.2018 um 13.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40166

Manfred Lurker, hg., Wörterbuch der Symbolik. 5. Aufl. Stuttgart 1991

In diesem Buch ist noch unbefangen von "Negern" die Rede (s. v. Schwarz).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.11.2018 um 07.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#40105

In einem katholischen Traktat, der älter war als "Familiaris Consortio", wurde Eheleuten geraten, auch beim Geschlechtsverkehr (der anders hieß) stets den Gekreuzigten im Blick zu behalten, weil die eheliche Liebe nur abgeleitet sei von der göttlichen, die im Opfertod Jesu ihre Vollendung gefunden habe.

Das ist schon lange her, und ich weiß nicht mehr genau, ob es derselbe Ratgeber war, der auch andere gute Tips enthielt, z. B.: "Kluge Brautleute sparen sich den Kuß für die Ehe auf." Die Braut sei während der Verlobungszeit allenfalls auf die Stirn zu küssen, aber Vorsicht!

Jungen Mädchen wurde geraten, falls sie einmal in die Badewanne steigen müßten, Bärlappsporen (uns als homöopathisches Lykopodium bestens bekannt) auf das Wasser zu streuen, damit sie ihren Körper nicht sehen müssen. Man kann sich denken, welche Verfasser ein solcher Körper auf unzüchtige Gedanken bringen mußte.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.11.2018 um 20.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39993

Zum Beispiel im Fall der Freiburger Gruppenvergewaltigung wurde bis heute offiziell nichts dergleichen Beschämendes über den beteiligten "Deutschen" mitgeteilt. Die Wahrheit ist natürlich längst durchgesickert. Da muß man sich nicht wundern, wenn sich die Gepflogenheit ergibt: Ein Deutscher ohne Migrationshintergrund ist nur der, der auch ausdrücklich so genannt wird.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.11.2018 um 05.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39984

Ein Schüler erwürgt seinen Freund. Leserbriefschreiber orakeln, man wolle abwarten, bis die Vornamen bekannt würden. Die Polizei teilt mit (schon dies ist beschämend), es liege kein Migrationshintergrund vor. Da ist guter Rat teuer. Aber man kann ja immer noch dazu aufrufen, die Regierung abzuwählen, die eine solche Verrohung der Gesellschaft verursacht hat. So geschieht es. Danke, Frau Merkel!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.11.2018 um 04.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39977

Der bedeutende Sprachwissenschaftler Franz Dornseiff sprach 1932 in der Frankfurter Zeitung vom „Fremdenhaß, der allmählich zur seelischen Ruhelage des homo sapiens wird“.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.11.2018 um 04.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39976

In politischen und religiösen Fragen gibt es eben kein Leibnizsches "Calculemus", sondern nur Meinungen, an denen keine Diskussion je etwas geändert hat.

Versuchen Sie doch mal, mit einem Sarrazin-Kritiker zu diskutieren! Es ist hoffnungslos.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.11.2018 um 04.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39975

Gericht in Pakistan hebt Todesurteil gegen Christin auf

Diese Meldung ist wieder mal Anlaß für Zuschriften des Inhalts: "Wir können Muslimen nur so viel Meinungsfreiheit gewähren, wie in Pakistan Christen gewährt wird."

Ähnlich wird ja auch zum Moscheebau geurteilt: Nur erlauben, wenn in muslimischen Staaten auch Kirchen gebaut werden dürfen.

Also sollten wir das pakistanische Rechtswesen auf Deutschland übertragen. Aber soweit denken manche Leute ja nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.10.2018 um 16.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39974

Indien hat eine Riesenstatue für Patel eingeweiht, und die Unsrigen kommentieren eifrig ("Was das wieder kostet!"), obwohl es sie nichts angeht und sie von den politischen Verhältnissen in Indien keine Ahnung haben.

Nein, der Hinduismus ist von Hause aus nicht pazifistisch, und die Festlegung auf die Lektüre der Bhagavadgita verbirgt das auch nicht. Deren Lehre läßt sich so zusammenfassen: "Wat mutt, dat mutt." Also auch das Töten, jedenfalls für Krieger. Nur seinen Seelenfrieden soll man dabei bewahren.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.10.2018 um 14.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39960

Lassen wir es dabei? Jeder hat natürlich seine Meinung, ob man sie ändert, liegt an einem selbst. Ich bin Ihnen für die Möglichkeit, auch kontrovers zu argumentieren, sehr dankbar. Man muß dadurch den eigenen Standpunkt immer wieder prüfen, vergleichen, und ich bilde mir ein, meinen ggf. auch ändern zu können. Gerade was Sie schreiben, lieber Prof. Ickler, hat für mich ein besonderes Gewicht, nicht nur in rein sprachlichen Dingen. Ich versuche immer, Sie zu verstehen, auch wo ich vielleicht eine andere Einstellung habe.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.10.2018 um 11.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39957

Ein Beispiel ist Sarajewo, die Hauptstadt der bosnischen Muslims. Dort haben die Christen dafür gesorgt, daß die Stadt jetzt fast rein muslimisch geprägt ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2018 um 11.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39956

Lieber Herr Riemer, das sind alles Fragen, auf die ich hier nicht eingehen kann und will, zumal ich nicht gerade der ideale Verteidiger von Religionen bin, die mir allesamt nicht geheuer sind, um es milde auszudrücken. Ich wollte mich nur zum deutschen Staatskirchenrecht äußern.

Ihre Frage "Aber können Sie das beweisen?" erledigt sich eigentlich von selbst, wie Sie bestimmt genau wissen.

Ich glaube Ihre Einstellung zu kennen, und Sie kennen meine. Lassen wir es dabei?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.10.2018 um 11.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39955

zu #39952:
"daß selbst unter einer muslimischen Herrschaft Anders- und Ungläubige nicht inkommodiert werden"

In diese Richtung, allerdings immer noch mit großen Abstrichen, geht ja schon das aktuelle islamische Recht (falls man die Scharia einmal so übersetzen will): Religionsfreiheit wird je nach Religion unterschiedlich definiert.

Aber könnten wir uns denn, selbst wenn diese noch existierenden Abstriche beseitigt würden, damit zufriedengeben? Der Wikipedia-Artikel "Glaubensfreiheit im Islam" benennt die Probleme, er läßt mich gruseln.

Ich bin auch optimistisch, daß der Islam in einigen Jahrhunderten wie Atheisten, Christen u.a. zu einer wirklichen Religionsfreiheit finden wird. Aber wo soll dieser Kampf stattfinden? Europa ist schon durch ein blutiges Zeitalter gegangen, in dem Ketzer, Hexen usw. bestialisch hingerichtet wurden. Soll das nun alles von vorn beginnen, womöglich jetzt mit den Mitteln der modernen Technik (elektrische Sägen usw.)?

Sie, lieber Prof. Ickler, sind offenbar sogar noch optimistischer, Sie meinen, so schlimm wird es hier, z. B. in Deutschland, nie kommen. Aber können Sie das beweisen? Niemand kann es, und deshalb dürfen wir meiner Ansicht nach dieses Risiko gar nicht erst eingehen. Der Islam muß sich auf seinem eigenen Territorium selbst "domestizieren".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2018 um 04.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39952

Auch mir ist nicht klar, warum der Staat nach dem Wegbrechen der Volkskirche sozusagen einen neuen "Partner" braucht, damit die spezifisch deutsche Nicht-Trennung ("hinkende Trenung") von Staat und Kirche wieder einen Stoff hat, der sie erfüllt.

Kirchennahe Juristen und andere Leute behaupten ja gern, der französische Laizismus sei für Deutsche nicht geeignet. Waldhoff gibt eine Art Scheinbegründung aus der Geschichte, aber er schreibt arg verklausuliert und zieht entsprechende untriftige Schlüsse, nicht zum erstenmal. Der Hinweis auf französische Verhältnisse bleibt auch unvollständig ohne die Kolonialgeschichte.

Der Jurist Horst Dreier denkt anders und meiner Ansicht nach viel klarer.

Der Islam kann meiner Ansicht nach wie jede Religion so domestiziert werden, daß selbst unter einer muslimischen Herrschaft Anders- und Ungläubige nicht inkommodiert werden. Gegenwärtig sieht es nicht so aus, aber das war unter christlichen Verhältnissen auch lange so. Das Alte Testament strotzt auch nicht gerade von Religionsfreiheit, der Vernichtungswille gegen Andersgläubige hat reichlich Anknüpfungspunkte. Andererseits verfügte schon der bereits erwähnte Kaiser Akbar Religionsfreiheit (nach damaligen Maßstäben), das kostet nur einen Federstrich, und darauf müßte man wieder hinarbeiten. Es bleibt ja sowieso keine andere Wahl.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.10.2018 um 16.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39950

Waldhoff: "Wenn dem staat­li­chen An­ge­bot auf Sei­ten der Re­li­gio­nen kein In­ter­es­se oder auch kei­ne Sub­stanz mehr ge­gen­über­ste­hen soll­te, ver­liert das Sys­tem an Le­gi­ti­mi­tät. Die Poin­te könn­te dar­in be­ste­hen, dass ein neu­for­mier­ter Is­lam in die­se Lü­cke stößt."

Wunschdenken! Wieso sollte sich der Islam dazu neu formieren? Hat er gar nicht nötig.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2018 um 09.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39949

In der FAZ (29.10.18) verteidigt der katholische Öffentlichrechtler Christian Waldhoff – wie seit Jahren – das deutsche Staatskirchenrecht gegen den französischen Laizismus und meint, es müsse mit der islamischen Herausforderung besser fertig werden. Mehr als eine Hoffnung ist es aber nicht, und die Interessen der Nichtchristen kommen gar nicht in den Blick, obwohl Waldhoff weiß, daß die Volkskirche, von der die WRV und das Grundgesetz noch ausgingen, mangels Masse bröckelt.

Aus einer älteren Quelle:

Der Bonner Juraprofessor Christian Waldhoff sagte, die Einbeziehung des Islam werde das in Deutschland gewachsene System der „wohlwollenden Neutralität“ zwischen Staat und Religionsgemeinschaften stabilisieren. Der deutsche Mittelweg jenseits von Staatskirchentum und Laizismus habe sich bewährt.

In den Augen der Nutznießer gewiß (deren unerhörte Privilegien Waldhoff ausdrücklich einräumt).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.10.2018 um 03.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39870

Die Zeitung berichtet ironisch-kritisch über die Anhängerschaft eines längst verstorbenen Geistheilers. Schön und gut, aber ebenso kritisch über Homöopathie usw. oder gar über den Wunderglauben der katholischen Kirche zu schreiben fällt natürlich keinem Journalisten ein und würde ihm auch nicht erlaubt. Mit jener Fangemeinde beschäftigen sich – ausgerechnet – die Sektenbeauftragten der Kirche. Wenn schon Denunziation, dann auch richtig!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2018 um 15.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39830

Jede Kritik der Psychoanalyse oder der Homöopathie als Irrlehren ruft die Gemeinde auf den Plan: 15 Erstunterzeichner und 600 weitere protestieren. Bei einer Pseudowissenschaft wie Theologie werden „falsche“ Theorien nicht widerlegt (wie denn auch?), sondern verurteilt und ihre Vertreter mit Berufsverbot bestraft, früher am besten gleich verbrannt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.10.2018 um 20.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39825

Wegen der Landtagswahl war ich wieder mal in einem Klassenzimmer der Grundschule. Das vorschriftsmäßige Kreuz über der Tür ist inzwischen ein niedliches buntes Ding geworden, wirkt fast zufällig und nicht mehr als das antike Hinrichtungsinstrument, das an den Opfertod des Stifters erinnern soll. Derselbe Unernst wie bei Söders Einfall mit den Behördenkreuzen, die nun wohl bald wieder verschwinden werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2018 um 09.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39794

Nein, nicht genau, und überhaupt stark übertrieben.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.10.2018 um 08.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39793

Was besser wäre, das tun leider die meisten nicht. Sie machen das einfachere, sehen, was in der Zeitung steht oder im Fernsehen kommt. Wem die großen Medien gehören, wer sie kontrolliert, der kann das Volk lenken, der hat die Macht, genau wie in einer Diktatur.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2018 um 06.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39788

Die eine Bedeutung ist die übliche, die andere ist theoretisch möglich und wird zu Wortspielen benutzt. Ich sehe keinen Änderungsbedarf und glaube auch nicht an die Durchsetzbarkeit.

Von politischen Schlagworten und Kampfbegriffen darf man nicht zuviel erwarten. Rechts läßt sich so willkürlich bestimmen wie faschistisch oder Neonazi usw. Ich finde es besser, sich die Programme und noch mehr die Leute anzusehen und danach zu urteilen (und zu wählen).
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 09.10.2018 um 22.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39786

Das Wort "Rechtsstaat" hat eben zwei Bedeutungen: "Recht" oder "rechts". Mein Vorschlag: Wenn "Recht" gemeint ist, das Genitiv-s weglassen oder durch einen Bindestrich ersetzen, also "Rechtstaat" oder "Recht-Staat".
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.10.2018 um 11.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39784

Tatsächlich, man braucht nur buchmesse und j einzugeben. Ich verstehe, schätze, wegen des vielfachen Protests wird zumindest eine der Trennwände bald wieder abgebaut werden.

Ich wundere mich allgemein über den neuen Gebrauch des Wortes Rechter, rechts. Früher war es ganz normal, daß es rechte Parteien gab, keiner kam auf die Idee, der CDU oder CSU vorzuwerfen, nicht verfassungskonform zu sein. Heute ist damit oft das gemeint, was früher rechtsextrem oder rechtsradikal hieß. Ich finde das bedenklich, denn so geht eine Unterscheidungsmöglichkeit verloren und alles wird begrifflich über einen Kamm geschert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.10.2018 um 09.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39781

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39778

Pater semper incertus, und auf diesem Gebiet kann jemand wunderbarerweise mehrere Väter haben. Ich bin neugierig.

Ein ähnlicher Fall ist Afghanistan. Die Taliban haben auch mehrere Väter.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.10.2018 um 09.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39780

Durch ihr schäbiges und dummes Verhalten hat die Messeleitung – unfreiwillig natürlich – Aufmerksamkeit für die JF geweckt und ihr zum erwünschten Opferstatus verholfen (wie so oft beim Einschreiten gegen Rechte).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.10.2018 um 09.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39779

Lieber Prof. Ickler, manchmal schreiben Sie aber zu sehr in Rätseln. Sie sind ja nicht gerade als Freund der JF bekannt, warum würden Sie zu deren Stand gehen? Und welchen Grund hat die Messeleitung, der JF zu besonders großer Popularität zu verhelfen?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 09.10.2018 um 08.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39778

Was den IS angeht, so ist über die Vaterschaftsverhältnisse schon treffender geurteilt worden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.10.2018 um 06.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39776

Wäre ich auf der Frankfurter Buchmesse, würde ich keine Mühe scheuen, den Stand der Jungen Freiheit aufzusuchen, auch wenn dort dank der Messeleitung ein ziemliches Gedränge herrschen dürfte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.10.2018 um 06.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39775

Was eher auf Sarrazin zutrifft, denn Wills versucht ja nicht, den Islam durch Koranlektüre zu verstehen. Nach katholischer Lehre gehört die Bibel nicht in Laienhände.

Wills schreibt übrigens, mit Anspielung auf Bushs denkwürdigen Auftritt an Bord der USS Abraham Lincoln:

Unfortunately, the Iraq war could not be erased so easily. George Bush had accomplished his own historical mission, though he did not know yet, what it was. His real mission was to create the Islamic State, supplying terrorists with all the propaganda they could wish for.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 08.10.2018 um 20.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39774

Zu #39748: Die Bibelmission ist eine nahezu rein protestantische Angelegenheit, und selbst das Katholische Bibelwerk ist im Grunde eine quasi-protestantische Initiative innerhalb der katholischen Kirche. Der Versuch, den Islam durch Koranlektüre zu verstehen, ist insofern auch ein protestantisch gefärbter Irrtum.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.10.2018 um 18.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39772

Zu Seehofer und Söder brachte die FAS gestern zwei ausführliche Analysen, die den Niedergang der CSU auch für Landesfremde verständlich machen. Wegen Söder verweise ich noch einmal auf meinen Eintrag "Mittelfranken". Sein hartnäckig betriebener Aufstieg lag die ganzen Jahre so offen zutage wie die Unvermeidlichkeit seines Scheiterns. Nach der Wahl kann es heiter werden. Komisch, daß mich die Rechtschreibreform und ein Vorstoß der Jungen Union, die deswegen an mich herangetreten war, auf diesen exemplarischen "Fall" gestoßen haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.10.2018 um 16.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39771

Die WELT berichtet über einen Autounfall mit 20 Toten in den USA. Ein Leser schreibt:
Glaube kaum, dass das ein Unfall war. Bin gespannt, wann wir die Hintergründe erfahren. Habe da so eine Vermutung. (8.10.18)
Für ein „Danke, Frau Merkel!“ ist es noch etwas früh, aber schaden kann es auch nicht, zumal im Schutz der Anonymität.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.10.2018 um 13.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39748

Da bin ich natürlich einverstanden, auch wenn man nicht bei jeder Gelegenheit alles besprechen kann, was sonst noch zu besprechen wäre.

Wills bespricht in einem seiner drei einleitenden Teile den Wunsch vieler Leute, sich überhaupt nicht mit den Grundtexten befassen zu wollen: "willed ignorance". Christen bemühen sich ja schon lange und sehr intensiv, die Bibel in der ganzen Welt bekannt zu machen. Bibeln werden auch verschenkt. (Man denke an den Unmut, als hierzulande der Koran verschenkt wurde; wir haben darüber gesprochen.) Sie würden sich dagegen verwahren, sich und ihre Kirche nur an ihren Taten (einschl. Untaten) messen zu lassen; vielmehr führen sie unablässig die Lehre Jesu im Mund. Gleiches sollte man auch den Muslimen zugestehen.

Man kann sich nicht genug darüber wundern, wie Religionen sich wandeln, geschichtlich und bei der Verpflanzung in andere Räume. Da muß man gar nicht an Osterhasen und das Weihnachtsgeschäft denken. Die katholische Kirche hat aus einer Nebenfigur des NT den Hauptgegenstand ihrer bildlichen Darstellung und volkstümlichen Verehrung gemacht, so daß, wie ein schon mal zitierter Religionswissenschaftler sagte, künftige Archäologen hierzulande die Spuren eines kräftigen Mutterkultes freilegen würden – und das auf der Grundlage einer extrem männlichen Religion. Wer zum erstenmal das NT liest, könnte sich wie der Koranleser wundern, was alles NICHT drinsteht.

Ich bin also der Meinung, man sollte sowohl die Bibel als auch den Koran lesen. Wem letzteres (wegen der abstrusen Ordnung der Suren nach der Länge und auch sonst) zu mühsam ist, der ist mit Garry Wills gut bedient, nicht zu vergessen auch die Einführungen, die mein alter Freund Hartmut Bobzin bei C. H. Beck vorgelegt hat!

Wills erinnert noch einmal in aller Kürze daran und belegt es, wie lange der Irakkrieg schon geplant war (von Kristol, Kagan, Cheney und anderen), bis sich mit 9/11 endlich ein Vorwand bot. Natürlich waren die religiösen Verhältnisse nicht das einzige, was die Falken in den USA falsch einschätzten oder falsch darstellten.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 05.10.2018 um 11.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39746

Ein Nachtrag zur Wills-Empfehlung. Wie gesagt, das Buch ist gewiß lesenswert. Ich fand aber den Hinweis wichtig, daß Veröffentlichungen zum Thema Koran nicht abgehoben von der deutschen Wirklichkeit betrachtbar sind – zumindest dann nicht, wenn sie gerade wegen deutschen Geschehens gehäuft im Gespräch sind. Ein Islamkenner mag etwa anführen, daß der Islam auf eine jahrhundertelange homoerotische Kultur zurückblicke und erst durch westliche Einfüsse verdorben worden sei, doch das hilft keinem Schwulen, der sich in Köln oder sonstwo den Angriffen junger Möchtegern-Moslems ausgesetzt sieht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.10.2018 um 05.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39741

Im Juni werden in bayerischen Behörden Kreuze aufgehängt. Der Freistaat werde jedoch keine Überprüfungen vornehmen. Denn Kontrollen seien ein "komisches Staatsverständnis", meint Oliver Platzer, der Sprecher des Innenministeriums. ... "Wir freuen uns aber über jedes Kreuz, das hängt."

Jede staatliche Maßnahme ist mit Kontrollen verbunden, das wird normalerweise nicht als komisch angesehen, und Regierungen begnügen sich normalerweise auch nicht mit Bekundungen ihrer „Freude“, wenn eine Anordnung befolgt wird. In Bayern hat man eher den Eindruck, daß der markige Kreuz-Erlaß zuviel Unmut hervorruft, als daß man die Wahlaussichten durch hartes Durchgreifen gefährden möchte. Nach der Landtagswahl wird dieser gottlose Versuchsballon ohnehin wieder eingeholt.

Ungünstig wirkt neuerdings auch dies:

Erneut machte Söder die Berliner Politik mindestens mitverantwortlich für die schlechten CSU-Umfragewerte. "Das sind natürlich alles Zahlen, die unglaublich geprägt werden durch die Berliner Politik", sagte er. (4.10.18)

Die Leute denken nicht nur pflichtgemäß an die Frau, die Deutschland zugrunde richtet, sondern auch an Seehofer (Stänkern – Zurückweichen – Stänkern). Hätte Söder der "Berliner Politik" etwas entgegenzusetzen, müßte die CSU sogar zulegen. Aber Söder konnte nur innerhalb der Partei aufsteigen, darüber hinaus ist er niemand. Als bayerischer Wähler empfinde ich auch die tausendfache porentiefe Ablichtung des Kandidaten nicht als werbendes Argument. Über physiognomische Herausgefordertheit sollte man eigentlich nicht reden, aber die Werbestrategen selbst provozieren es ja. (Das war schon bei "Martin" ein Fehler.)
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 04.10.2018 um 17.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39738

Gegenwärtig werden Asylbewerber aus den Balkanstaaten zurückgeschickt, weil sie aus Sicheren Herkunftsländern kommen. Nur Pflegeberufe haben eine Bleibechance.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.10.2018 um 06.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39731

Selbst auf der zweiten von der Vishva Hindu Parishad organisierten Welt-Hindu-Konferenz von 1979 konnten sich die Vertreter verschiedener hinduistischer Gruppierungen, Kasten oder religiösen Richtungen nicht auf eine gemeinsame Definition einigen. Immerhin entwickelte man einen Sechs-Punkte-Kodex für alle Hindus: Wer Gebete (suryapranama und prarthana) spricht, die Bhagavad Gita liest, eine persönliche Wunschgottheit (Murti, wörtlich „Götterstatue, Bild“) verehrt, die heilige Silbe Om verwendet und das heilige Kraut Tulsi („Indisches Basilikum“) anbaut, der darf sich „Hindu“ nennen. Doch diese Definition bleibt oberflächlich und wegen des Tulsi-Strauches zudem vishnuitisch gefärbt. (Wikipedia "Hinduismus")

Es fällt tatsächlich auf, daß die Definition praktisch keinen Bezug auf irgendeine Lehre enthält. Aber bei fremden Theologien fällt einem ja manches auf, hier zum Beispiel die absonderliche Tatsache, daß erwachsene Menschen auf Kongressen ganz ernsthaft über die religiöse Relevanz eines bestimmten Küchenkrauts diskutieren. "Die spinnen, die Inder", möchte man sagen, aber dann wären sie nicht die einzigen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 03.10.2018 um 22.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39727

Wenige haben die aus Unkenntnis der politischen Verhältnisse erwachsenen Fehlkalkulationen der USA schärfer kritisiert als Trump.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 03.10.2018 um 20.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39726

zu #39723 (Balkanstaaten in die EU):
Das hätte überhaupt keinen Einfluß auf die durchschnittliche ethnische und religiöse Zusammensetzung der europäischen Bevölkerung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.10.2018 um 16.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39724

Nicht unerwartet und doch ein bißchen schade, daß meine Anregung sofort auf ein anderes Gebiet verschoben wird.

Im ersten Teil von Wills’ Buch geht es u. a. um das Überfallenwerden des Irak und die aus Unkenntnis der religiösen Verhältnisse erwachsene Fehlkalkulation der USA, deren Folge die Ströme von Migranten sind, unter denen auch einige wenige sind, von denen wir nun "überfallen" werden – und wofür wir uns auch noch von Herrn Trump verhöhnen lassen müssen.

Trump wollte ja und will vielleicht immer noch allen Muslimen die Einreise verweigern. Das wird nicht genügen. Wie wird man eine Milliarde Muslime los? Wills ist verrückt genug, in ihnen zunächst mal "fellow human beings" zu sehen, in deren Geschichte es Aufs und Abs gegeben hat wie in der Geschichte der Christenheit.

Damit will ich es aber genug sein lassen, niemand muß dieses Buch lesen; ich wollte es verdientermaßen aber mal erwähnt haben.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.10.2018 um 15.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39723

Man stelle sich das Undenkbare vor, daß das Kosovo und Bosnien und Herzegowina einmal zur EU gehören könnten und die EU-Moslems das Niederlassungsrecht in der ganzen Union haben könnten?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 03.10.2018 um 13.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39722

zu #39454
(Rezension einer Islamwissenschaftlerin zu Sarrazins neuem Buch):

»Seit bald zehn Jahren wird in Deutschland auf allen Kanälen über "den Islam" diskutiert. Verhindert er Integration? Unterdrückt er Frauen? Gefährdet er unsere Sicherheit?«
...
»In einer überwältigenden Vortäuschung von Sachlichkeit präsentiert er die Begründung dafür, warum das in Deutschland schafft sich ab geschilderte Schreckgespenst auf nichts anderes als den Islam zurückgehe.«

Frau Pink polemisiert gegen Sarrazins Islamkenntnisse, aber diese drei Fragen und worauf die Schwierigkeiten bei der Integration von Muslimen tatsächlich zurückgehen, wenn nicht auf den Islam, und wozu wir in Mitteleuropa eine massenhafte Einwanderung von Muslimen überhaupt brauchen, beantwortet sie wohlweislich selbst auch nicht.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 03.10.2018 um 07.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39719

Wills ist zweifellos lesenswert, und tiefe Korankenntnis schadet niemandem. Sie ist namentlich von Muslimen zu fordern; anderen nützt sie (etwa beim Überfallenwerden) nicht unbedingt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2018 um 17.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39713

Wills erörtert natürlich auch die Frage, ob es nicht genügt, sich an das Verhalten der (?) Muslime zu halten, statt den Koran zu lesen. Ich kann und will hier nicht wiedergeben, was er dazu sagt. Das Beiseitewischen aller tieferen Kenntnisse über den Islam ist sogar eines seiner Hauptthemen, der drei Typen von Ignoranz, nach denen der erste Teil gegliedert ist. Das Buch setzt, wie alle meine Lieblingsbücher (also Skinner zum Beispiel), die Bereitschaft voraus, sich nicht mit dem zu begnügen, was man schon zu wissen glaubt.

Es ist ein reichhaltiges Buch, wenn auch, wie die Kritik bemerkt hat, mit irreführendem Titel (wohl vom Verlag an seine anderen erfolgreichen Bücher angeglichen). Es geht durchaus um Gegenwartsfragen, die amerikanische Irak-Politik usw. Das Buch wird u.a. hier lobend vorgestellt: https://www.nytimes.com/2017/12/20/books/review/garry-wills-what-the-quran-meant.html

Übrigens schreibt Wills nicht nur gelehrte Bücher, sondern auch Zeitungsartikel, z. B. über Trump in der NY Review of Books.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 02.10.2018 um 17.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39712

Der Rechtsstaat muß nicht unterwandert werden. Es reicht völlig, seine Vertreter einzuschüchtern.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.10.2018 um 10.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39710

Diese Sache ist haarsträubend, kann eigentlich (so sollte man meinen) gar nicht wahr sein.
Ich frage mich, was die Richter dazu sagen, wenn sie einfach nur nach dem Prozeß mit diesem Eintrag in Ihrem Blog konfrontiert würden. Den ganzen Hergang müssen sie doch auch gekannt haben. Was sind das für Richter? Ist unser Rechtssystem schon von irgendwelchen dubiosen Organisationen unterwandert? Mein Vertrauen in diesen Staat, das bis ins erste Jahrzehnt nach der Wende noch reichlich vorhanden war, ist mittlerweile fast restlos aufgebraucht.

(Ich muß mich schon zwingen, hier das Wörtchen "fast" zu gebrauchen, nur so Nachrichten wie heute morgen im DLF über Venezuela zeigen, daß es tatsächlich noch schlimmer geht.)
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 02.10.2018 um 09.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39709

Interessanter als immer neue seriöse oder vermeintliche Gelehrsamkeiten über den Koran finde ich das Verhalten von Muslimen im deutschen Alltag und wie der Staat darauf reagiert. Ein Beispiel.

https://virchblog.wordpress.com/2018/08/03/kein-mimimi-kevin/
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2018 um 04.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39706

Garry Wills (84) hat voriges Jahr ein Buch über den Koran und den Islam herausgebracht: What the Qur’an meant and why it matters. New York 2017.

Wie sehr sich das Herangehen dieses großen Gelehrten etwa von dem unseres Sarrazin unterscheidet, sieht man (sofern man es sich nicht ohnehin denken kann) schon an der überaus lesenswerten Einleitung. Auch er gibt zu, daß er sich zeitlebens vor allem mit seiner eigenen katholischen Religion beschäftigt hat (und wie! Dazu gehören auch die kirchen- und papstkritischen Bücher, die kein Christenfresser schärfer und fundierter hätte abfassen können). Aber wie anders ist sein Bild von der eigenen Laienhaftigkeit und den Folgerungen daraus!
Das Buch ist nicht teuer und unbedingt lesenswert.

Aus dem Schlußwort:

Reading the Qur’an is not initially an easy task. What is easy is to sense the overall tenor and priorities of the book. A few verses endlessly cited have to do with violence. The grimmest are reserved for polytheists and apostate Muslims. Some of those are cited and applied to Christians and Jews, against whom as such violence is never condoned.
The overall tenor is one of mercy and forgiveness, which are evoked everywhere, almost obsessively. I am reminded of the few verses of the New Testament that are unforgiving (again, directed principally to pagans and apostates), as opposed to the nearly obsessive command to care for the poor, the weak, the neglected.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.09.2018 um 08.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39695

Die Messerattacke eines psychisch gestörten Afghanen (auf zwei andere Asylbewerber und einen Deutschen) in Ravensburg ist ein bedauerlicher Zwischenfall, aber müssen gleich über 1000 Leser sich unter welt.de dazu äußern? Das ist erklärungsbedürftig, zumal die Kriminalstatistik keine reale Grundlage bietet.
Eine schreibt seltsam distanziert wie im soziologischen Lehrbuch:

Charlotte H.:
Aus der Unberechenbarkeit solcher Taten entsteht die eigentliche Bedrohung für mich – jederzeit und überall könnte ich einem tödlichen Angriff ausgesetzt werden. Um dem zu begegnen kann ich Selbstverteidigung lernen, Alarmgeräte oder Pfefferspray bei mir haben. Die Regierung, die ich als Verursacher des Problems sehe, verleugnet die Gefahr und kann mir damit keinen Schutz gewähren. Durch diese Verleugnung erlebe ich einen massiven Vertrauensverlust, der gewiss zu einer kulturellen Veränderung führt und langfristige, nicht abschätzbare Auswirkungen mit sich bringen wird. Mein Protest ist geboren!

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.09.2018 um 04.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39693

Volker Kauder hat übrigens kräftig mitgeholfen, die Rechtschreibreform durchzusetzen. (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1416#18174)

Ich kann mir denken, daß er in seiner Fraktion und Partei viele Gegner hatte. Daß das Votum gegen Kauder ein Votum gegen Kauder gewesen sein könnte, wollten die Medien zunächst gar nicht erwägen. Inzwischen halten manche es für möglich, etwa Volker Zastrow in der FAS vom 30.9.18. [Dazu, wie ich jetzt erst sehe, ein gründlich recherchierter Beitrag von vier Journalisten in derselben Ausgabe der FAS: Wie konnte Ralph Brinkhaus den Favoriten Volker Kauder stürzen? Bei der Nachbetrachtung wird klar: Eine Revolte hatte der neue Mann an der Spitze der Unionsfraktion nie geplant. Ralph Brinkhaus hat in dieser Woche eine Sensation geschafft: Er ist zum Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU aufgestiegen, zum mächtigsten Mann in der Union nach der Bundeskanzlerin. Damit hatte von den professionellen Beobachtern niemand gerechnet. Als Brinkhaus seinen Hut vor vier Wochen in den Ring warf, wurde er von vielen belächelt: ein „Aufständchen“ gegen Merkel sei das, Brinkhaus´ Plan sei aussichtslos. Volker Kauder habe „gute Chancen“, im Amt zu bleiben, schrieben auch wir damals – denn angesichts einer Kampfabstimmung werde die Union ihre Reihen hinter dem Langzeit-Fraktionsvorsitzenden schließen. Kauder könne sogar mit einem besseren Ergebnis rechnen als zuvor. Autsch! So kann man sich irren. Aber warum eigentlich? In dieser Woche haben wir mit fünfzig Abgeordneten von CDU und CSU darüber gesprochen, was da eigentlich geschehen ist und was wir übersehen haben. Parlamentarier aus allen Landesverbänden und Interessengruppen, junge und erfahrene, Männer und Frauen. Viele wunderten sich über Brinkhaus´ Sieg so sehr wie wir. Aber längst nicht alle. Einige hatten schon in den Tagen vor der Abstimmung das Ergebnis sogar genau vorhergesehen. Zufall? Nein. Wenn es bei einer Kampfkandidatur um die Macht geht, zählt jede Seite vorher ihre Unterstützer. Aber im Stillen, denn dieses Wissen ist selbst schon Macht. usw.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.09.2018 um 16.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39668

Würde man die Verfassungskonformität des Christentums durch eine Analyse des AT und NT feststellen wollen?

Da sei die ganze Kunst der Hermeneutik vor!
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 26.09.2018 um 16.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39667

Eine Verfassungsfeindlich- oder -freundlichkeit des Islam wird sich nicht nachweisen lassen, solange „der Islam” nicht genau festgelegt wurde. Man bräuchte erstmal einen Kanon von Schriften (Koran, Hadithe), dazu eine verbindliche, z.B. für Saathoff plattdeutsche, Übersetzung mit entsprechender Klärung, ob z.B. Weintrauben oder Jungfrauen im Paradies warten. Daraus abzuleiten wäre ein "Code of Conduct", und dieser könnte auf Grundgesetzkonformität untersucht werden. Das Ganze scheitert aber bereits an Spaltung zwischen Sunniten, Schiiten, Aleviten, Alawiten etc.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.09.2018 um 19.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39647

Verhüllungsverbot im Kanton St. Gallen, falls die Verhüllung "die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet".

Das ist für einen Rechtsstaat bemerkenswert unbestimmt formuliert. Die „öffentliche Sicherheit“ wäre gerade noch hinzunehmen, d. h. Identifizierbarkeit der Person, auch wohl Ausschließung heimlich mitgeführter Waffen und dgl., aber „religiöser oder gesellschaftlicher Friede“? Genügt das Anstoßnehmen der Mehrheitsgesellschaft (oder einzelner Andersgläubiger)? Rechtssicherheit ist so nicht möglich, Grundrechte sind ausgehebelt. Wenn es um Straftaten ginge, würde man finden, daß sie anderswo schon definiert sind. Aber jeder weiß, daß es um die Abwehr einer bestimmten Religion geht. Ihre Nichtnennung ist heuchlerisch.

Das ist allerdings keine schweizerische Spezialität. Das ganze christliche Abendland wehrt sich, ohne im Wortsinn die Religionsfreiheit anzutasten. Wenn der Islam verfassungswidrig wäre, könnte man ihn verbieten, aber das ist entweder nicht der Fall oder unbeweisbar. Darum versucht man es hinten herum; sogar Kleidervorschriften sind nicht zu gering.

Sogar noch im Siegestaumel wurden viele Befürworter nach dem Resultat nicht müde, sich gegen den Begriff «Burkaverbot» zu wehren. Es sei bei diesem Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz überhaupt nicht um die Burka gegangen, sondern um jede Art der Vermummung, die den Frieden bedrohe.
Das ist, mit Verlaub, entweder grenzenlos berechnend oder grenzenlos naiv. Es braucht keine Analyse zur sicheren Annahme: Der überwiegende Teil der St.Galler, die Ja gesagt haben zu diesem Nachtrag, meinte damit die Burka und nichts anderes. Man findet im Kanton St.Gallen keine Mehrheit für einen Gesetzesnachtrag, der sich allein um Fussball-Hooligans oder ähnliches dreht. Der Hebel, um solche Vorlagen zu gewinnen, lautet: Die zunehmende Verbreitung islamischer Einflüsse in unserer Gesellschaft. Damit und mit der Angst davor wurde dieses Ja möglich. Alles andere ist Verblendung.
(Stefan Millius, Chefredakteur der „Ostschweiz“, 23.9.18)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.09.2018 um 04.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39644

Es ist heute Mode, vor einer Geringschätzung der Scholastik zu warnen. Es gibt sicher parodistische Verzerrungen, die man dem Humanismus vorhalten kann. Aber sehen wir uns eine typische und vielzitierte Frage aus Thomas’ Summa theologica an, utrum plures Angeli possint simul esse in eodem loco: Respondeo dicendum quod duo Angeli non sunt simul in eodem loco. Das wird dann messerscharf bewiesen. Alles aus reinen Begriffen, denn einen Gegenstand, der die Frage entscheiden könnte, gibt es ja nicht. (Ausführlich und zweisprachig z. B. hier: https://www.unifr.ch/bkv/summa/kapitel53-3.htm)
Ein kollektives Wahnsystem wird nicht achtbarer, wenn es in sich logisch ist.

Übrigens: Kann man sich einen Jesus vorstellen, der sich mit solchen Fragen beschäftigt? Eher einen, der den Stubengelehrten eins mit der „Geißel“ (Joh. 2,13–16) übergezogen hätte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.09.2018 um 10.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39616

Hetzjagd, Treibjagd, Kesseltreiben – angefangen hat aber Gauland mit den Metaphern: Wir werden sie jagen. Wie er das ausgesprochen hat, ist unvergeßlich – ich hatte damals zufällig Zugang zum Fernsehen.

Nun scheint die AfD bald die einzige Opposition im Bundestag zu sein. Wenn sich die SPD gegen den Willen ihrer Führung, aber nicht ohne deren Mitverantwortung aus der Regierung zurückzieht, um sich "in der Opposition zu erneuern" (wie der linke Flügel es wollte), dann dürfte eine sehr lange Durststrecke vor ihr liegen, mit der Aussicht auf Nimmerwiedersehen. Die sozialistische Tradition ist bei der Linken aufgehoben, die sich verbürgerlichen und das DDR-Erbe abstreifen wird.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.09.2018 um 16.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39539

Ein Bochumer ohne Migrationshintergrund hat einen ebensolchen erstochen. Da ist guter Rat teuer. Nun, wenn er nicht zugewandert war, wird er wohl zum Islam übergetreten sein, um der Messerstecherkultur frönen zu können. Jedenfalls: Danke, Frau Merkel!

(Näheres unter welt.de, Leserbriefe)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.09.2018 um 06.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39527

Wie die FAZ berichtet, ist in Chemnitz eine Gruppe SPD-Mitglieder von rechten Schlägern angegriffen worden:

Zu den Fliehenden habe auch ein Mitglied der Reisegruppe gehört, das den Angreifern „nicht deutsch genug aussah“. Diesem Mann seien die Angreifer mit den Worten „den schnappen wir uns“ hinterhergerannt, allerdings ohne ihn zu erreichen. Drei bis vier Personen seien von den Angreifern ins Gesicht und auf den Hinterkopf geschlagen worden.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bestätigte der F.A.S., dass er über diesen Vorfall informiert war, als er am 5. September in einer Regierungserklärung bestritt, dass es in Chemnitz „Hetzjagden“ oder einen „Mob“ gegeben habe. Er habe seine Formulierung aber dennoch gewählt, weil „Demokraten durch Wortwahl zur Beruhigung beitragen“ sollten. Trotzdem seien die geschilderten Vorfälle „schlimm“ und müssten aufgeklärt werden.


Ein solches Bekenntnis zur volkspädagogischen Sprachmanipulation liest man selten. Auf der anderen Seite spricht Seehofer auch dann noch von Tötungsdelikt, als er bereits über die Todesursache informiert ist, und vielleicht hat er ja recht. Gab es nicht einen Film von Clouzot, in dem jemand bis zum Herzversagen terrorisiert wird? Oder war es Hitchcock?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.09.2018 um 07.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39513

Die Muslime werden immer schlimmer. Jetzt messern sie uns nicht nur, sondern infarzieren uns auch. "Aber wir werden die Trauer in Wut verwandeln."

Unter dem Foto in der WELT stand zunächst „getöteter Köthener“, das ist inzwischen korrigiert, aber über 1000 Leserbriefe sind großenteils auf „Danke, Frau Merkel“ gestimmt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.09.2018 um 16.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39473

Beim sogenannten Kreuzerlass handelt es sich eigentlich um eine Änderung der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern. Seit 1. Juni 2018 heißt es in Paragraph 28: „Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“
Diese Anordnung betrifft ausschließlich Landesbehörden, etwa Finanzämter, Polizeidirektionen oder Ministerien. Hochschulen und Kultureinrichtungen sind ausgenommen. Für kommunale Behörden wie Rathäuser ist die Neuregelung freiwillig.
Die Landesregierung hat angekündigt, die Umsetzung der Anordnung in den Behörden nicht zu kontrollieren; auch Sanktionen seien nicht geplant.


Beide Halbherzigkeiten sind sehr zu bedauern. Auch die Hochschulen sollten gezwungen werden, Kreuze aufzuhängen, und wir wollen auch bestraft werden, wenn wir es nicht tun. Was ist denn das für ein Erlaß, dessen Nichtbefolgung keinerlei Konsequenzen hat?! Das ist dann nur eine Empfehlung, entgegen dem Wortlaut: "ist anzubringen". So kann niemand vor Gericht ziehen, und wenn die nächste bayerische Landesregierung unter Beteiligung und auf Antrag der Koalitionspartei die Abschaffung der Verordnung erzwingt, dann wird Söder den Schwanz einziehen und sagen, er habe immerhin versucht, das kulturelle Erbe auch gegen den Widerspruch der Kirche hochzuhalten. In seinem unchristlichen Herzen wird er aber froh sein, mit der unseligen Fehlkalkulation nichts mehr zu tun zu haben.
Interessant wird aber sein, wie viele Behördenleiter der Anordnung trotzdem Folge leisten. (Reformiert schreiben, Gendern, Kreuze aufhängen...)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.08.2018 um 05.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39457

Bei Amazon konnte man beobachten, wie die fast ausnahmslos begeisterten, sonst aber inhaltsfreien "Rezensionen" beinahe minütlich eingingen. Interessanterweise erschienen die ersten paar Dutzend ohne den Vermerk "verifizierter Kauf". Es ist also anzunehmen, daß die "Rezensenten" das Buch noch gar nicht gesehen hatten. Eine Fan-Gemeinde hat das auch nicht nötig. In den nächsten Tagen werden die Fünf-Sterne-Rezensionen wohl nach Tausenden zählen, wie gewohnt. In der FAZ entlarvt auch Rainer Hermann die Unbildung Sarrazins in Fragen der islamischen Kultur und Geschichte, und ein Kriminologe zeigt, wie unseriös Sarrazin mit der Kriminalstatistik umgeht (auch früher schon). Die Islamhasser wird allerdings keiner von beiden erreichen, und die "Ausländer raus!"-Brüller erst recht nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.08.2018 um 15.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39454

Aus dem neuen Buch des bekannten Religionswissenschaftlers Thilo Sarrazin werden nun Hunderttausende erfahren, was es mit dem Islam wirklich auf sich hat. Daran kann auch die exzessive Sachkenntnis einer Islamwissenschaftlerin ("Alhambra"!, "Tausendundeine Nacht"!) nichts ändern:

https://www.zeit.de/2018/36/feindliche-uebernahme-thilo-sarrazin-islam-buch
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.08.2018 um 06.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39450

Nicht-missionierende Religionen wie der Hinduismus oder Buddhismus sind wohl insgesamt friedfertiger und zeigen in ihrer doch sehr langen Geschichte weniger Ketzerverfolgung. "Rechtgläubigkeit" gibt es entweder nicht, oder sie spielt keine große Rolle. Heterodoxie betrifft im Hinduismus das jeweilige Verhältnis zur vedischen Überlieferung, ist aber an sich kein Grund, sich den Schädel einzuschlagen.

Aber wie wir gerade wieder sehen, können sie sich mit Nationalismus oder Rassismus verbinden und hindern dann ihre Anhänger keineswegs an Gewalttaten, ethnischen Säuberungen, Pogromen.

Mit den heiligen Texten läßt sich das nicht vereinbaren, aber was sind Texte! Das gilt in jeder Richtung, weshalb man auch mit der bös- oder gutwilligen Interpretation des Korans (und natürlich der Bibel) etwas vorsichtiger sein sollte. Religion poisons everything – wenn sich die Gelegenheit ergibt, Texte hin oder her.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.08.2018 um 06.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39440

Das neutrale Genus von Kruzifix erklärt sich wohl vom Synonym Kreuz her.

Anläßlich des Söderschen Kreuzerlasses gab es manchmal einen Streit über die Wortwahl. Allerdings wird in der Praxis oft nicht zwischen den beiden Ausdrücken unterschieden, und auch Wikipedia handelt von der bayerischen Verordnung unter dem Stichwort "Kruzifix", obwohl nur einfache Kreuze ohne Korpus aufgehängt werden müssen.

Entgegen einer Voraussage des SPIEGEL im Frühjahr erlebt die Kruzifix- und Devotionalienwirtschaft keinen Aufschwung, wie die Augsburger Allgemeine berichtet. Entweder geht die Aufhängung schleppend voran, oder man bestellt billige Kreuze aus China, wo ja auch amerikanische Flaggen usw. hergestellt werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.08.2018 um 05.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39338

Reinhard Bingener wirft im Leitartikel der FAZ einen kritischen Blick auf die Kirchen. Entgegen der Erwartung, die der Titel „Entscheidungschristentum“ weckt, erörtert er jedoch nicht das Problem der Kindstaufe. Wie kann man ohne Einwilligung beitragspflichtiges Mitglied einer Vereinigung werden? Könnten Eltern ihr Recht der religiösen Erziehung nicht auch ohne diese Rechtsfolgen für das Kind ausüben? (Nicht alle Konfessionen halten die Taufe von Säuglingen für richtig.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.08.2018 um 04.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39293

Die Rhetorik der Vereinnahmung zielt darauf ab, die Grenze zwischen Staat und Gesellschaft wieder aufzuheben. Sie werden doch nichts gegen christliche Werte haben? Natürlich nicht. Dann war es richtig, daß die Menschen früher bestraft wurden, wenn sie sonntags nicht zur Kirche gingen. Dann muß doch auch ein bayerischer Behördenleiter bestraft werden, wenn er in seinem Dienstgebäude kein Kreuz aufhängt?
Dieser Fall wird irgendwann vorkommen, dann kommt der Kreuzerlaß vor Gericht. Man darf gespannt sein.

Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit müßte jeder zweite Beamte keiner christlichen Kirche angehören. Dazu gibt es wohl keine Zahlen, aber es ist anzunehmen, daß Zugehörigkeit zur Kirche (und zur CSU) der Beamtenlaufbahn nicht hinderlich ist. (Ich kenne einen Professor, der mir klar sagte, er sei nur um der Karriere willen der CSU beigetreten.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.08.2018 um 16.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39291

Das ist das klassische Den-Bock-zum-Gärtner-machen: Dieselben Leute, die massenhaft Antisemitismus importieren, beklagen sich, daß dieser doch gar nicht im Abnehmen sei, sondern in Deutschland ja schon immer verbreitet war und weiter zunehme. Und dann setzen sie einen Antisemitismus-Beauftragten ein, der mithilft, den immer weitergehenden Import zu vertuschen.

Aber auch dieses Problem wird sich bald gelöst haben, denn wenn die Antisemitisten erst die Mehrheit haben, schaffen sie den Beauftragten einfach wieder ab und dann ist alles gut.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.08.2018 um 13.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39290

Frau Schwarz-Friesel ist ja sehr besorgt wegen der Deutschen, aber was sagt sie eigentlich zur ausländischen Kritik an der Politik Israels?
Zum Beispiel https://www.counterpunch.org/2018/08/08/the-apartheid-state-of-israel-decoding-the-basic-law-and-the-meaning-of-a-jewish-nation/
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.08.2018 um 06.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39278

Gleich zwei Befürworter einer allgemeinen Dienstpflicht bemühen in der FAZ die goldenen Worte Kennedys „Frage nicht, was dein Land“ usw., als könne dies über die Größe eines solchen Bruchs mit geltendem Verfassungsrecht hinwegtäuschen. Das Lamento über eine von „Individualisierung und Segregation geprägte Gesellschaft“ (Michael Hanfeld) erinnert an päpstliche Klagen über einen angeblich tödlichen „Relativismus“, und man wundert sich, daß die schwer erkämpften Freiheitsrechte ohne Umstände in so düstere Farben getaucht erscheinen. Aber manchen paßt eben die ganze moderne Richtung nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.08.2018 um 06.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39276

„Ich bin persönlich für ein verpflichtendes Jahr, egal ob Wehrpflicht oder soziales Jahr. Es ist wichtig, früh Verantwortung zu übernehmen und zu lernen, für andere einzustehen.“
(Das sagt ein FDP-Mann, aber man hört es von allen Seiten so oder ähnlich.)

Also keine verteidigungspolitischen Argumente (schon weil die Bundeswehr damit ohnehin überfordert wäre, andererseits als moderne Armee auch keine schlappen Kurzgedienten braucht), sondern eine erzieherische Maßnahme. Allerdings sind Erwachsene keine Objekte staatlicher Pädagogik. „Staatsbürgerliches Bewußtsein“ kann man Schülern beibringen wollen, nicht Erwachsenen. Eine solche Grundsatzfrage sollte man auch nicht mit wohlklingender Propaganda zur Volksabstimmung stellen. (Was unterstellt man eigentlich jungen Erwachsenen, wenn man eine solche Erziehungsmaßnahme für notwendig erklärt? Und gilt die Prämisse überhaupt, daß ein Jahr Zwangsarbeit Verantwortungsbewußtsein und Gemeinschaftssinn fördert?)

Die politische Redaktion der FAZ begrüßt eine allgemeine Dienstpflicht mit ähnlich vager Begründung, während die Wirtschaftsredaktion sie als Fremdkörper in der Marktwirtschaft ablehnt.

Die zurückhaltende oder ablehnende Reaktion der Wohlfahrtsverbände ist verständlich. Der zum Teil sehr fordernde Dienst in der Pflege zum Beispiel kann keine Dienstverpflichteten gebrauchen. Wer dort sein FSJ leistet (wie unsere Jüngste), muß wirklich dazu bereit sein. Der Bufdi wiederum verzeichnet mehr Nachfrage als Stellen.

Aber das Sommerloch ist gefüllt, das Leben kann weitergehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.08.2018 um 14.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39272

Ein tüchtiger Handwerker berichtet: Im ersten Jahr der Berufsschule behandelte der Deutschunterricht fast ausschließlich das Abfassen von Bewerbungsschreiben. Und im zweiten Jahr? Genau dasselbe!
Außerdem ärgerten sich alle darüber, daß ein Teil der knappen Stundenzahl auf Religionsunterricht entfiel.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 05.08.2018 um 15.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39267

Lieber Herr Metz,
das stimmt, mein Beitrag war auch viel zu kurz. Selbstverständlich finde ich auch, daß jemand, den man als integrierten Deutschen bezeichnen kann, nicht nur seinem eigenen Gefühl nach Deutscher sein muß, sondern schon auch noch ein paar objektive Kriterien erfüllen muß.

Sie fragen, was, wenn ein Migrant mit dem Deutschsein ganz andere Vorstellungen verbindet als ich? Nun, ich habe zwar meine Vorstellungen, die in dieser Hinsicht sicherlich eher konservativ sind, aber um diese geht es ja nicht. Selbstverständlich sollten Migranten nach demokratisch festgelegten Kriterien beurteilt werden.

Wenn man das in Form eines Punktekatalogs tun würde, könnte man den Grad der Integration sogar ganz gut messen.

Natürlich muß nicht jeder in Deutschland Lebende unbedingt 100%ig integriert sein. Jedes Land kann sich auch ein paar Exoten leisten. Aber wenn ein Land seine Traditionen und kulturellen Eigenheiten bewahren will, könnte es mit so einem Katalog zum Beispiel feststellen, ob sich der Anteil schlecht integrierter Personen im Laufe der Zeit erhöht, man könnte sehen, woher diese Leute kommen, und könnte das bei künftigen Einwanderungen berücksichtigen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.08.2018 um 16.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39256

Sag ich ja. Aber diese Art des Anstoßnehmens scheint von Land zu Land (und Stadt!) ziemlich verschieden stark ausgeprägt zu sein.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.08.2018 um 12.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39255

Möglicherweise gefällt es manchen Leuten nicht, wenn andere sich in einer für sie unverständlichen Sprache unterhalten, vielleicht auch noch laut.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 02.08.2018 um 10.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39249

Ach ja, die Gefühle. Viele Migranten, selbst solche der zweiten und dritten Generation, fühlen sich nicht genügend als Deutsche gewürdigt, wie wir nun wissen. Wegen dieses Gefühls wiederum fühlen sich hiesige Türkenabkömmlinge Erdogan verbundener als Steinmeier. Es könnte zwar auch umgekehrt sein, nämlich daß ostentatives Türkentum in Deutschland Fremdheitsgefühle auslöst. Dieser Gedanke gehört sich jedoch nicht. Außer man kleidet ihn in die Forderung, Deutschland habe es zu akzeptieren, wenn jemand zwei Herzen in der Brust trägt. Der Zweiherzenstatus anderer berechtigt niemanden zu Fremdheitsempfindungen. Wir haben unsere Gefühle gefälligst in den Griff zu kriegen. Früher, in finsteren Zeiten, war es einmal so, daß ein Zugezogener (selbst aus dem Nachbardorf!) sein Leben lang ein Fremder blieb. Das mag damals menschlich gewesen sein – heute ist es unmenschlich. Ich habe diesbezüglich noch viel zu lernen, kämpfe immer noch mit einem ungehörigen Fremdeln, wenn sich eine Kopftuchfamilie im Supermarkt auf türkisch unterhält.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 02.08.2018 um 10.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39248

Allerdings würde eine Messung des gefühlten Deutschseins, wenn sie denn möglich wäre, zwar interessante, aber letztlich wertlose Erkenntnisse zutage fördern. Welche Konsequenzen sollte das Meßergebnis beispielsweise für diejenigen »Biodeutschen« haben, die mit vielem, was man gemeinhin für typisch deutsch hält, so gar nichts anfangen können? Und was, wenn ein Migrant, der schon einige Jahre in Deutschland lebt, sich zwar »ehrlicherweise und aus tiefstem Herzen« als Deutscher fühlt, damit aber ganz andere Vorstellungen verbindet als Sie?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.08.2018 um 01.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39246

Man möchte eigentlich auch gar nicht wissen, wer irgendeinen Migrationshintergrund hat. Wichtig zu wissen wäre, wie viele Staatsbürger sich ehrlicherweise und aus tiefstem Herzen als Deutsche und nicht als "Trojaner" fühlen, wie viele also wirklich integriert sind. Die Schwierigkeit liegt darin, das zu messen, Die Definition des Bundesamtes wird daher nicht vom Notwendigen, sondern leider nur vom Meßbaren bestimmt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.08.2018 um 01.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39245

Man sollte halt auch nicht allzuviel auf diesen Mob geben. Er drängt sich vor, doch gehören zu ihm nur die wenigsten. Ich glaube aber, daß wesentlich mehr Menschen im Grunde die gleichen Ziele wie dieser Mob hätten, sie könnten sich auch viel zivilisierter ausdrücken, aber leider tun sie es nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.08.2018 um 19.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39243

„Im vergangenen Jahr lebten 19,3 Millionen Frauen, Männer und Kinder mit ausländischen Wurzeln in der Bundesrepublik. (...)
Ein Mensch hat laut Bundesamt einen Migrationshintergrund, wenn er selbst oder ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. 23,6 Prozent – rund ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland – gehören nach den aktuellen Zahlen nun dazu.“ (WELT 1.8.18)
 
Dazu Hunderte von Leserbriefen, meistens auf diesen Ton:

Wahnsinn! Wir wurden "geflutet" und keiner hat uns vorher gefragt, ob wir das überhaupt wollen. Nicht einmal die Nazis hatten geschafft, Deutschland komplett zu vernichten...
-
Ein Lottogewinn und dann weit weg. Neuseeland vielleicht. Nur weg von diesem Deutschland.


Manche gehen schon in die Luft,wenn sie eine Sprache hören, die sie nicht verstehen. Einer will nach Malle, um wieder mal ein paar Worte Deutsch zu hören.

Natürlich wandert kein einziger aus, alle leben gut und gern hier – warum auch nicht? Deutschland hat sich zwar abgeschafft und ist nun komplett vernichtet, von Merkel „ins Chaos geführt“, wie einer schreibt, aber sonst geht es uns gut. (Vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=783#30744)

Die so definierten Menschen mit Migrationshintergrund bilden zwar eine eindeutig abgegrenzte Menge, aber außer der definierenden Eigenschaft haben sie nichts Interessantes gemein. Vor allem wird der Unterschied zwischen EU-Ausländern und anderen unsichtbar gemacht. Nach dem jahrzehntelangen „Europa“-Jubel bis in die Kindergärten hinein sollte man meinen, bei EU-Bürgern spiele die Staatangehörigkeit kaum noch eine Rolle. Ganz anders natürlich bei Migranten aus Afrika oder dem Orient.

Mir fällt gerade ein, daß unsere jüngste Enkelin definitionsgemäß auch einen Migrationshintergrund hat, das süße Ding, daran habe ich gar nicht gedacht.

Wenn die Zeitung das Ziel hatte, dem Mob ein Stichwort zu liefern, hat sie es erreicht.

Sogar die Verleihung der Fields-Medaille an Peter Scholze nutzt einer noch, um Dampf abzulassen:

Komisch, ich hätte gewettet, dass einer der vielen Mathematik-Professoren, die seit 2015 gekommen sind, diese Medaille holen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.07.2018 um 09.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39222

Hoffentlich werden in den neuen bayerischen Ankerzentren Kreuze angebracht. Nirgendwo wären sie notwendiger.
 
 

Kommentar von Theodor ickler, verfaßt am 25.07.2018 um 05.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39183

In der FAZ kritisiert Wolfgang Krischke – bei grundsätzlicher Anerkennung – recht zurückhaltend die Antisemitismus-Studie von Monika Schwarz-Friesel und ihrer Gruppe, und er stellt erwartungsgemäß deren Umgang mit israelkritischen Texten in den Mittelpunkt. Für den kundigen Leser wird klar genug, welchen gemeingefährlichen Unsinn die selbstimmunisierende "linguistische Antisemitismusforschung" produziert. (Im persönlichen Gespräch scheint Krischke auch einen unvorteilhaften Eindruck von der Fanatikerin gewonnen zu haben.)

Schade nur, daß die Sprachwissenschaft wieder einmal (wie bei Rechtschreibreform, Unwort und anderen Narreteien) in Mißkredit gerät und wohl gar zum Abschuß freigegeben werden könnte.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.07.2018 um 00.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39169

Es gibt Leute, die vorschnell urteilen, und es gibt Leute, die sehr wohl erst eine Begründung wollen. Beide Gruppen wird es immer geben. Meist sind die Vorschnellen auch die Vorlauten, während die anderen sich eher zurückhalten. So können Mehrheitsverhältnisse manchmal verfälscht wahrgenommen werden.

Was hat Merkel muß weg mit Doppel-s zu tun? Bis vor kurzem haben noch Junge Welt und Junge Freiheit, also die stärksten Verfechter dieser Forderung beiderseits von Merkel, gemeinsam das scharfe Eszett geschwungen. Die JW ist inzwischen abgesprungen, was für sie in diesem Zusammenhang nicht nur eine orthographische Frage war, d.h. auch mit neuem Doppel-s würde sie das Frau Merkel wohl nicht antun.

Egal, wo eine Messerstecherei passiert, es ist sowieso klar, daß meist Deutsche die Schuldigen sind. Merkel selbst sagt ja: "Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt." Sie spricht natürlich vom deutschen Volk, und daran halten sich selbstverständlich alle braven Medien, wenn sie schreiben, der Täter sei "Deutscher". Manchmal ist das dumme Volk auch wirklich ein bißchen zu neugierig. Deshalb läßt sich die Polizei meist herab, wenigstens das Alter sofort aufs Jahr genau bekanntzugeben. Der sogenannte familiäre oder Migrationshintergrund muß dagegen noch etwas warten, erstmal sehen, ob der überhaupt für den Messerstich relevant ist, d.h. ob es unsern Obrigen genehm ist, den zu veröffentlichen. "Deutscher", das reicht doch, oder? Wie gesagt, es gibt immer beide Gruppen, die Vorschnellen und die auf Fakten Wartenden. Wenn aus vermeintlichen Gründen politischer Korrektheit die Wahrheit zurückgehalten wird, ist kein Wunder, daß man nur die erstere Gruppe hört.

Wen sollte man eigentlich einen Deutschen nennen? Einen in Deutschland Geborenen, jemanden, der einen deutschen Paß hat? Jemand wie Özil, der sagt: "Ein Foto mit Präsident Erdogan zu machen, ... war aus Respekt vor dem höchsten Amt des Landes meiner Familie"?

Ich achte Menschen sehr, die sich so verbunden zu ihrer Familie fühlen und so loyal zum Land ihrer Familie stehen. Aber ob so jemand dann auch mit dem nötigen Herzblut für das Land, wo er wohnt, eintreten kann, da habe ich einige Zweifel. Er wäre wohl doch in der Nationalmannschaft des Landes seiner Familie besser aufgehoben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.07.2018 um 06.23 Uhr  
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Wer urteilen will, ist an Begründungen nicht interessiert. Das sieht man an den Reaktionen auf jeden einzelnen Vorfall, z. B. jetzt dem Messerangriff in Lübeck. Wer nicht einmal ein paar Stunden abwarten kann, um die Tatsachen zu erfahren, dem tut man mit dem Urteil "vorschnell" nicht unrecht. Allzu viele, ob gebildet oder nicht, wirken "geladen" und schießen beim kleinsten Anlaß los, immer in dieselbe Richtung.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 21.07.2018 um 23.00 Uhr  
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Ach wie gut, daß wir wohlerzogen und gebildet sind und nicht solche Spießbürger und „deplorables“ wie die Leserbriefschreiber der WELT. Wir sind klug und weise und treffen keine vorschnellen Urteile.

Unwillkürlich beschleicht mich allerdings manchmal ein klammheimliches Verständnis für diese Menschen. Hat man sie je nach ihrer Meinung gefragt? Wie sollen sie sich ein begründetes Urteil bilden, wenn ihnen von amtlicher und medialer Seite systematisch Tatsachen vorenthalten oder verschleiert werden?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.07.2018 um 05.15 Uhr  
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Zur Messerattacke in einem Lübecker Bus gibt es bei der WELT fast 700 Leserbriefe. Viele bedanken sich ironisch bei Bundeskanzlerin Merkel. Ohne Merkel gäbe es in Deutschland weder Ausländer noch Deutsche ausländischer Herkunft. Darum muss Merkel weg! (Das kann man sich nur mit Doppel-s vorstellen...)
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 20.07.2018 um 13.04 Uhr  
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Ich sehe ein, daß die Wertmaßstäbe des deutschen Grundgesetzes nur für Deutschland gelten und die der "Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" nur für Europa und dort auch nur für diejenigen Staaten gelten, die diese Konvention unterzeichnet haben, z.B. die Türkei.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 19.07.2018 um 17.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39151

Wird Israel nicht unentwegt gerügt? Z. B. für "systematische Folter und Ermordung, rechtswidrige und willkürliche Inhaftierung, Beschneidung grundlegender Menschenrechte, etwa von Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Verwehrung von politischer, kultureller und wirtschaftlicher Teilhabe, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung … " Am besten gefällt mir "Israel droht mit Selbstverteidigung".
 
 

Kommentar von Stefan Stirnemann, verfaßt am 19.07.2018 um 15.32 Uhr   Mail an
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Wenn ich lese, was der sonst geschätzet "Germanist" gerade geschrieben hat, ohne seinen Namen zu nennen, denke ich mir allerdings allerhand. Ich glaube nicht, daß ich deswegen ein Schuft bin.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 19.07.2018 um 14.54 Uhr  
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Merkwürdig ist es schon, daß jeder Staat wegen zweifelhafter Rechtsstaatlichkeit gerügt werden darf, nur nicht Israel. Hony soit qui mal y pense. (Ein Schuft sei, wer schlecht davon denkt.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.07.2018 um 11.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39143

Das gerade verabschiedete Gesetz über den jüdischen Nationalstaat könnte manchen dazu verleiten, die Innenpolitik Israels kritisch zu kommentieren. Man könnte Frau Schwarz-Friesel mal fragen, was sie davon hält.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.07.2018 um 07.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39138

Monika Schwarz-Friesel ist wieder da und liest uns die Leviten. Israel-Kritiker können sich drehen und winden, sie sind und bleiben verkappte Antisemiten. (Diese Prämisse unterscheidet die Forschungsgruppe der „Kognitionswissenschaftlerin“ von anderen, mehr sozialwissenschaftlichen.) So gibt es jetzt eine neue Kategorie „israelkritisch-antisemitisch“. Darum: Mund halten! („Gaza“? – Nie gehört!)

Dieser Eintrag zum Beispiel überführt mich, gerade weil er in der bekannten tückischen Art objektiv zu sein vorgibt. Ich könnte natürlich hinzufügen, daß ich „nichts gegen Juden habe“, aber das würde alles noch schlimmer machen, es ist ja die salvatorische Klausel der Antisemiten schlechthin. Es gibt kein Entrinnen. Nur die Antisemitismusforscher selbst werden nie unter die Lupe genommen, sie sind die Heiligen unserer Tage.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.07.2018 um 05.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39077

Wer aus der katholischen Kirche austritt, bekommt in manchen Bistümern einen geharnischten Brief vom Pfarrer, im Auftrag des Bischofs. (Inzwischen teilweise geändert wegen des verheerenden Eindrucks.)

Außer dem rüden Ton ist folgendes bemerkenswert:

Wer in der katholischen Kirche getauft oder in sie aufgenommenen wurde, hat ja auf seine Weise Anteil an der Sendung des ganzen christlichen Volkes in Kirche und Welt (vgl. Lumen Gentium 31). (...)

Wer vor der zuständigen Behörde seinen Kirchenaustritt erklärt, verstößt gegen die Pflicht, die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren (c. 209 § 1 CIC) und seinen finanziellen Beitrag zu leisten, dass die Kirche ihre Sendung erfüllen kann (c. 222 § 1 CIC i.V.m. 1263 CIC).


Wie in einem behördlichen Bescheid werden also in Klammern die jeweiligen Rechtsgrundlagen angegeben. Der Leser ist schwer beeindruckt, auch wenn er keine Ahnung von Lumen Gentium und CIC hat.

Man sollte nicht meinen, daß es um Sünde, Erlösung und Seelenheil geht in dieser verrechtlichten, quasi-staatlichen Sonderwelt. Genau das und nicht das Geld entfremdet die Menschen von der Kirche, aber sie versteht es nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.07.2018 um 05.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39007

Der patriarchische Charakter des Judentums ist nachzuerleben in Sherwin Nulands Autobiographie „Lost in America“. Selbst der lebensuntüchtige, vorzeitig alternde und immer hinfälliger und schmutziger werdende Vater verlangt mit Erfolg, als absolute Autorität der Familie anerkannt zu werden.
Es gibt noch mehr biographische Literatur, die dasselbe belegt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.07.2018 um 05.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39006

Zum Getue mit der uralten Weisheit (Indien, Ferner Osten) passen auch die bekannten Draht-Mandalas ("Lebensblume"), deren Verkauf mit abenteuerlichen Thesen über vedische Ursprünge usw. gefördert wird.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.07.2018 um 04.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#39003

Wenn Deutschtürken, die z. T. schon lange oder in zweiter Generation in Deutschland leben, Erdogan wählen, sehen manche (auch die FAS) darin ein Zeichen von Integrationsverweigerung. Ein Leserbrief an die FAZ stellt es richtig, aber wohl vergeblich.

Paßt zu Gaucks Blackout.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.07.2018 um 07.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38993

An Schulen in Delhi soll jetzt täglich "Glück" unterrichtet werden. (https://www.hindustantimes.com/education/cm-arvind-kejriwal-dalai-lama-launch-happiness-curriculum-for-delhi-govt-schools/story-f5wWxz0vVfAPQlMkHscvtJ.html)

Congratulating Delhi government for its initiative to include ‘Happiness curriculum’ in its schools, the Dalai Lama said “only India has the ability to combine modern education with ancient knowledge which is necessary for fulfilment of human emotions.”

Der übliche Dünkel der Traditionalisten, den gerade indische Kritiker immer wieder anprangern.

Die Idee wird schon seit einiger Zeit auch in Deutschland diskutiert. 2007 entwickelte der ehemalige Schuldirektor Fritz Schubert aus Heidelberg sogar ein Konzept für Glück als Unterrichtsfach. Etwa 40 Schulen in Deutschland und 140 Schulen in Österreich haben das Konzept inzwischen übernommen, erklärt Schubert in einem Interview. Das Fritz-Schubert-Institut bietet außerdem „Glücksausbildungen“ und Kurse für das „Schulfach Glück“ an. Seit 2009 wurden dort über 500 Lehrer ausgebildet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.06.2018 um 15.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38950

Nach der Ermordung der 15jährigen Rumänin in Viersen:

Nach Gewaltdelikt im Casinogarten in Viersen fahndet die Polizei nach dem Täter: 1,70 Meter groß, schwarze Kleidung, dunkle Schuhe, nordafrikanisches Aussehen, schwarze glänzende Haare.

Leser dazu:

Alle paar Tage ein solcher Vorfall und Frau Merkel drückt ihr Bedauern aus und verhindert gleichzeitig eine Umkehr in unserer verfehlten Ausländerpolitik.

In einem Land, in dem wir gut und gerne leben.

Inzwischen hat sich der Täter gestellt: ein 17jähriger Viersener bulgarischer Herkunft. Also wohl Deutscher und als Bulgare sowieso EU-Bürger.

Das Fahnungsprofil scheint von einem gewissen Täterklischee inspiriert zu sein. "Die Ermittler gehen davon aus, dass Zeugen den Täter mangelhaft beschrieben haben könnten – und die Polizei zunächst den Falschen suchte."
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.06.2018 um 04.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38875

„Ich glaube nicht an die aufklärerische Kraft der Musik.“ (Christian Zacharias) Die FAZ wundert sich über eine so „rigorose“ Aussage des Pianisten. In Würzburg war gefragt worden, ob Mozart aufklärerisch oder antiaufklärerisch ist oder so ähnlich. Worüber soll denn ausgerechnet Musik aufklären? Man glaubt Nachklänge von Adorno und seinen Verehrern zu hören, die es ja einst als Musikkritiker besonders wild trieben.
Muß sich denn alles, was gut und schön ist, außerdem und vor allem auch noch als aufklärerisch, emanzipatorisch, antirassistisch usw. rechtfertigen? Aberglaube unserer Zeit, wenig aufgeklärt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 05.06.2018 um 15.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38862

Der Fehler der AfD-Jugend ist nicht, daß sie das Schächten und die Einfuhr von durch Schächten gewonnenem Fleisch verbieten will, sondern die Begründung dafür, falls sie es denn so gesagt hat.

Der Gesetzgeber hat kein Fleisch aus "koscherer" Schlachtung zu verbieten, sondern gegebenenfalls Fleisch, welches aus nicht tierschutzgerechten Schlachtungen stammt.
Was das Wort "koscher" bedeutet, darum braucht sich der Gesetzgeber nicht zu kümmern, das ist Sache der Religionen.

Tiere haben keine Rechte.
Menschen haben eine moralische Pflicht, Tiere zu schützen und nicht zu quälen. Daraus leiten sich die Rechte für Menschen ab, wie sie mit Tieren umgehen dürfen, aber keine "Tierrechte".

Religionsfreiheit bedeutet wie jede andere individuelle Freiheit nicht, daß jeder machen kann was er will, sondern Freiheit im Rahmen der Gesetze, die sich eine demokratische Gemeinschaft gibt.
Ich will es mal ganz drastisch ausdrücken: Menschenopfer sind nicht erlaubt, auch wenn jemand behauptet, seine Religion erfordere das. Es gibt also zwischen Religion und Gesetz eine Grenze, und diese Grenze wird nicht von der Religion bestimmt, sondern demokratisch.

Das sollte uns allen sowas von selbstverständlich sein! Da müssen Politiker nicht über Religionsinhalte, "Tierrechte" und was schwerer wiegt faseln, sondern sie sollen sachlich darüber entscheiden und wachen, was der Tierschutz unbedingt erfordert. Der Rest ist dann automatisch Religionsfreiheit.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2018 um 14.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38858

Grundgesetz hin oder her, damit der Staat uns nicht auf der Nase herumtanzt (und jeder jedem), bedarf es eines "Unverfügbaren". Ich kann dieses Geraune um ein Abstraktum immer weniger ertragen, zumal es ja nur die notdürftige Tarnung des Versuchs ist, jedermann letzten Endes doch noch auf die Mehrheitsreligion festzunageln.
Die einen stehen mit beiden Beinen auf dem Boden des Unverfügbaren, die anderen treiben wie welkes Laub hin und her. Ist das denn wirklich so?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2018 um 13.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38856

Die AfD-Jugend will das Schächten und sogar die Einfuhr von koscher geschlachtetem Fleisch verbieten. Religionsfreiheit dürfe nicht über Tierrechten stehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.05.2018 um 18.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38775

Den Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, künftig in allen bayerischen Behörden Kruzifixe aufzuhängen, begrüßte Gänswein:
"Es bewahrt den Staat vor der Versuchung, sich totalitär des Menschen zu bemächtigen."
(stern.de)

Tagesprämie für den Erzbischof!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.05.2018 um 04.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38747

Man lauert darauf, ob jemand sich so ausdrückt, daß es als Verstoß gegen die Politische Korrektheit zu seinen Ungunsten, am besten zu seiner Vernichtung verwendet werden kann. Gleichzeitig erweitern Talkshows und „soziale Netze“ das tägliche Geplapper bis ins Unendliche.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2018 um 07.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38713

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38703

Die Ausnahme für Universitäten entspricht in gewisser Weise der Beschränkung der Kreuzpflicht auf die Grundschulen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.05.2018 um 15.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38706

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Kruzifix-Pläne der bayerischen Landesregierung gegen Kritik der Kirche verteidigt. „Ich finde es irritierend, wenn hohe Kirchenvertreter plötzlich Anstoß nehmen am Kreuz“, sagte Spahn in einem Interview der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“.

Auch das ist wie bei Bedford-Strohm ein mutwilliges Verdrehen der Worte. Die Kirchenvertreter nehmen nicht Anstoß "am Kreuz" – warum sollten sie!

Weiter geht’s mit Herrn Spahn:

„Selbst wenn ich Atheist wäre oder andersgläubig, fände ich es beruhigend, in einer Amtsstube auf ein Selbstverständnis zu treffen, das allen Menschen die gleiche Würde zuspricht.“ Die Botschaft, für die das Kreuz stehe, sei eine Einladung an den Menschen.

Dank für die Einladung!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.05.2018 um 19.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38703

„Für Universitäten gilt nach Angaben des Innenministeriums keine Verpflichtung zum Anbringen eines Kreuzes.“ (ekd.de)

Warum denn nicht? Ich hatte mich schon darauf gefreut – und auf die widerstandslose Hinnahme durch die Universitätsleitungen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.05.2018 um 19.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38702

Der EKD-Vorsitzende Bedford-Strohm äußert sich auf einer ganzen Seite der FAZ zur bayerischen Kreuzpflicht.
„Die dritte Umgangsweise mit dem Kreuz in der Öffentlichkeit ist die laizistische. Sie verbannt das Kreuz überhaupt aus der Öffentlichkeit.“
Der Laizismus verbannt weder das Kreuz noch andere religiöse Symbole aus der Öffentlichkeit. Wie Nida-Rümelin neulich schön dargelegt hat, hat niemand etwas gegen all die Marterln, Kirchtürme, Prozessionen usw. Er untersagt nur dem Staat, sie aufzuhängen, zu errichten oder zu veranstalten. Sollte der studierte „Bischof“ nicht fähig sein, einen so einfachen Unterschied zu verstehen? Daher auch gegenstandslos: „Sie bleibt indessen ein schlüssiges Argument dafür schuldig, warum säkulare Weltanschauungen öffentlichen Raum einnehmen können sollen, religiöse aber nicht.“ Wovon spricht der Mann eigentlich?
Das Sophisma beruht auf dem Taschenspielertrick mit dem Begriff „Öffentlichkeit“. Ein erwachsener Mensch sollte sich dafür zu schade sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.05.2018 um 16.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38677

Manche regen sich über das chinesische Marx-Standbild in Trier auf. Zu Unrecht. Als Propaganda für den Kommunismus wird das wohl niemand ernst nehmen – zumal als Gabe aus solchen Händen.

(Franziska Augstein versucht sich in der Süddeutschen Zeitung an einer Aktualisierung, indem sie die Ausbeutung Afrikas durch die Industrienationen, darunter nun auch China, in das Marxsche Schema bringt.)

Aber das Denkmal wird die Ströme chinesischer Touristen nach Trier lenken, und das ist ja auch nicht zu verachten. Neuschwanstein macht sie etwas ratlos, wie ich neulich an ihren Mienen erkennen konnte, aber in Trier werden sie sich gleich zu Hause fühlen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.05.2018 um 15.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38674

Jeder weiß, bei wem er Gutachten für bestimmte Zwecke bestellen muß, das ist doch kein Geheimnis. So viele Juristen, so viele Meinungen (und noch eine mehr, wie das Sprichwort sagt). Das würden wir doch auch so machen. Das hat nichts mit Gefälligkeit zu tun, als wenn der Starjurist gegen Geld mal dies und mal das Gegenteil bekunden würde. (Gilt natürlich auch für Rundfunkgebühren-Gutachten.)
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 05.05.2018 um 15.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38673

Was man von Kreuzen in Behörden hält, sollte man davon trennen, wie man die Reaktion auf Söders Entscheidung sieht. Natürlich ist die prompte Verurteilung ein pawlowscher Reflex der üblichen Medien und Journalisten, und das kann auch rügen, wer keine Kreuze in Behörden sehen will.
Wenn Sie der diffamierende Ton in di Fabios Worten stört, stört mich der unterschwellige Vorwurf, di Fabio hätte Seehofer ein Gefälligkeitsgutachten erstellt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.05.2018 um 06.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38655

Aber im Symbol des Kreuzes bündelt sich auch die Grundidee eines säkularen Staates. (Söder)
Schöner kann man es nicht sagen. Warum regen sich die Bischöfe auf?

Ohne Religion keine Kultur. (usw.)
So der „promovierte Philosoph“ Alexander Grau in „Cicero“: Warum Söder Recht hat.

Natürlich ist auch Udo di Fabio einverstanden: Die Reaktion, der Aufschrei, er war zu erwarten. Er erfolgte wie nach dem Münzeinwurf in einen Automaten: prompte Lieferung der bestellten Ware. (ZEIT)
Der diffamierende Ton zeigt schon, wo das Herz des Juristen schlägt. Bei ihm kann die bayerische Staatsregierung auch künftig Gutachten bestellen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.04.2018 um 04.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38627

Wer sich mit der Antike beschäftigt, fragt sich wohl beim Lesen der Texte und Anschauen der Denkmäler, ob die Leute damals wirklich an all diese Götter und deren munteres Treiben geglaubt haben. Die Kritik der Aufklärer (Sophistik) ist nicht der stärkste Einwand, denn was die Gelehrten sagen, war damals wie heute für das gewöhnliche Volk ohne Bedeutung.
Sicher ist aber, daß etwa die pompösen Umzüge usw. bei den Panathenäen in erster Linie politische Demonstrationen waren. Was Sokrates persönlich glaubte, dürfte die Obrigkeit nicht interessiert haben, der Vorwurf der Asebie war rein politisch motiviert. So auch später in Rom bis hin zum Kaiserkult.

Glaubt, was ihr wollt (Religionsfreiheit), zum Kreuz als Symbol bayerischer Lebensart müßt ihr euch bekennen!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.04.2018 um 05.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38617

"Heimat" als Schrumpfform von "Leitkultur" wird auch bald totgeritten sein. Brauchtum und Kreuze sind auch nicht jedermanns Sache.
Die Erfindung von Brauchtum nach dem Krieg hat wohl bei der Integration von Flüchtlingen geholfen. Dörfer sind aufs Zehnfache gewachsen, die wenigen verbliebenen Bauernfamilien, denen freilich noch der Grund und Boden, das künftige Bauland, gehört, würden nicht für Brauchtumspflege ausreichen und sind auch nicht daran interessiert.
Über das Dirndl haben wir schon gesprochen. Aus Hessen war mir die Schwälmer Tracht vertrauter, ich habe später von einem Mediziner in Marburg noch furchtbare Einzelheiten über die hygienischen Verhältnisse dazugelernt. Die Schwälmer Tracht wird seit ca. 150 Jahren in der Schwalm getragen. Das ist nicht alt, sogar noch älter als das meiste sonstige Brauchtum.
Beim Radeln durch Wälder und Felder gerät man hier nach wenigen Kilometern an schmucke Grenzpfähle, die den Übergang von Mittel- nach Oberfranken kennzeichnen. Das merkt man aber ohnehin: überall Kruzifixe, fast immer "aktiv" (mit Blumen geschmückt).
Die Ortschaften haben sich früher aus religiösen Gründen erbittert bekämpft. Bei historischen Führungen werden noch die Obstwiesen gezeigt, auf denen die erzbischöflichen Bamberger die Baiersdorfer aufgehängt haben (oder umgekehrt?). Dies alles als unsere "Identität" zu feiern kommt niemandem in den Sinn; man wählt aus.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.04.2018 um 05.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38605

Glaubensbekenntnisse sind als Textsorte schwer in herkömmlichen Kommunikationsmodellen unterzubringen. Welche Funktion hat Sprache hier? Zumal es auch nichtsprachliche symbolische Verkürzungen gibt, z.B. Kreuze.

Glaubensbekenntnisse, unermüdlich wiederholt, gehören zu Religionen, die auf Rechtgläubigkeit Wert legen. Vgl. auch die sehr informativen Wikipedia-Einträge dazu. Diese besondere Voraussetzung ist der Grund der genannten Schwierigkeit.

Natürlich kann an die Stelle der Religion auch eine Staatsideologie treten, symbolisch dann etwa Hakenkreuze in Gerichtssälen, Schulen und Behörden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.04.2018 um 06.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38599

Der große Theologe Markus Söder führt viele erstaunliche Einzelheiten über die Grundfesten der Christlichen Republik Bayern aus, womit sich andere Theologen beschäftigen mögen. Mir fiel dies auf: „Ich wundere mich, dass wir über Toleranz für andere Religionen reden, und uns nicht trauen, zu unseren eigenen Werten, zu unserer eigenen Religion zu stehen.“ (tagesschau.de)
Wer hindert die Christen daran, zu ihrer eigenen Religion zu stehen, und tun sie es etwa nicht? Die Frage ist doch, warum auch Nichtchristen zur christlichen Religion stehen sollten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.04.2018 um 07.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38594

Eigentlich "Opium des Volkes".

Gerade lese ich:

Das Grundgesetz statuiert zwar keine streng laizistische Ordnung, wie sie etwa in Frankreich herrscht. Der Staat darf sich offen gegenüber den Religionen seiner Bürger zeigen und muss weder geschichts- noch religionsblind sein. Doch er darf sich eben auch nicht mit einer Religion allein identifizieren. (Frasch/Haneke in FAZ 25.4.18)

Dieser abschätzige Ton bei jeder Erwähnung des Laizismus ist nicht nur in der FAZ seit je üblich.

Von Reinhard Müller in der FAZ das übliche Gewäsch:
Neutralität bedeutet nicht Sterilität. Der Staat darf Religion sichtbar machen, aber nicht indoktrinieren.

Was sind denn das für Begriffe – bei einem Juristen! Müller scheint die Anbringung von Kreuzen auch in Schulen zu befürworten, nur solle sich seiner Meinung nach Söder auch zum christlichen Gehalt bekennen. – Im Feuilleton derselben Ausgabe wird das Nötige dazu gesagt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.04.2018 um 14.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38591

Religion ist Opium fürs Volk, hat mal einer gesagt, der in wenigen Tagen 200 Jahre alt wird.
Da bringt man also, um den wachsenden Konsum von Schlafmohn einzuschränken, mehr Hanf unter die Leute.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.04.2018 um 12.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38590

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, begrüßt das Vorhaben. Er freue sich, wenn auch in der Öffentlichkeit Kreuze sichtbar seien, sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, der Nachrichtenagentur epd. "Religion lässt sich nicht in die Privatsphäre verbannen." (SZ 25.4.18)

Da hat er wohl etwas mißverstanden. Nur wenn es nicht um Religion geht, darf der Staat so etwas anordnen. Andere Theologen haben erkannt, daß die CSU das Kreuz für den Wahlkampf gegen die AfD mißbraucht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.04.2018 um 07.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38589

Noch zur Kreuzpflicht:

Durch die Plazierung an einem Ort [im Eingangsbereich], an dem Leute sich nur kurz aufhalten, werde verhindert, dass jemand dauernd damit konfrontiert sei. (FAZ 25.4.18)

Wie kann man das verhindern wollen? Es geht doch um Werte wie Toleranz und Nächstenliebe? Eine Arznei hilft doch nicht, wenn man bloß mal daran schnuppert.

Es scheint sich um die bekannte bayerische Schlitzohrigkeit zu handeln, knapp am Grundgesetz vorbeizuschrammen, um nicht vor dem Verfassungsgericht zu scheitern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.04.2018 um 04.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38588

Das Kreuz für ein nicht-christliches Symbol zu erklären, unter dem sich Christen wie Nichtchristen sammeln könnten, ist schon ein starkes Stück.

Bisher kannte man besonders von evangelischen Theologen eine weichgespülte Christenlehre, die es angeblich auch Ungläubigen ermögliche, sich dazu zu bekennen ("Werte"). Der Protestant Söder mag das so sehen, aber die in Bayern immer noch dominierende katholische Kirche? Für sie ist Atheismus Todsünde und Andersgläubigkeit ein Mißstand, an dessen Behebung gearbeitet werden muß. Papst Benedikt hat das oft gesagt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.04.2018 um 19.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38587

In allen Behörden der bayerischen Staatsverwaltung müssen künftig Kreuze im Eingangsbereich hängen. Nicht als religiöses Symbol des Christentums, sondern, so erklärt es Ministerpräsident Markus Söder, als "Bekenntnis zur Identität" und zur "kulturellen Prägung" Bayerns. Das Kreuz stehe für elementare Werte wie Nächstenliebe, Menschenwürde und Toleranz.
(...)
Die AfD begrüßte die Ankündigung.
(SZ 24.4.18)

Aber werden das die Muslime auch so sehen? Vielleicht sollte man die Kreuzzüge in "Toleranzzüge" umbenennen oder "Züge der Nächstenliebe".

Im Herbst wird der Landtag gewählt. Der CSU geht es, wie ja Söder auch sagt, nicht um das Christentum, sondern um die Stimmen, die zur AfD abgewandert sind: "Die AfD begrüßte die Ankündigung." Eben!

Aber was sagt die Kirche zu Söders These? Die SZ fährt fort:

Das Kreuz, das Söder anschließend in der Eingangshalle der Staatskanzlei anbrachte, hat aber durchaus religiösen Hintergrund: Es hing bis 2008 im Kabinettssaal, war ein Geschenk des früheren Münchner Kardinals Friedrich Wetter und wurde nach Söders Worten auch von diesem geweiht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.04.2018 um 15.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38585

Unter dem Bericht über die nun angeordnete Anbringung von deutlich sichtbaren Kreuzen in allen bayerischen Behörden stehen erstaunlich viele Leserbriefe, deren Verfasser behaupten, Atheisten zu sein, aber diese Maßnahme richtig finden. Oft mit dem Hinweis verbunden, daß man es den Muslimen mal zeigen müsse.

Wie schon gesagt, man könnte sich über die Anordnung ärgern (in München und Nürnberg sind weniger als die Hälfte in der Kirche), aber da Kreuze bekanntlich nur noch als Wandschmuck zu gelten haben, kann man es auf sich beruhen lassen. Ostereier sehen übrigens auch hübsch aus und sind noch allgemeiner in der bayerischen Kultur verbreitet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.04.2018 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38581

Selbst so einfallsreiche Politiker wie Söder bestimmen glücklicherweise nicht den Kanon der Unterrichtsfächer. Auch Pädagogen dürfen allenfalls mitreden und sollten, wie die Bildungsreformen im Geiste Klafkis usw. gezeigt haben, nicht zu viel Einfluß bekommen.
Der Fächerkanon ist nirgendwo am Reißbrett entworfen wie in den philosophischen Utopien, unter deren Bedingungen ja in Wirklichkeit niemand leben möchte. Tradition und gesellschaftlicher Konsens begründen ihn wie kaum irgendwo sonst. Diese Trägheit ist nicht durchweg beklagenswert. Es gibt ja auch kein einziges Schulfach, das man nicht ebenso gut für überflüssig wie für absolut notwendig erklären könnte. Also läßt man besser alles, wie es ist, mit homöopathischen Verschiebungen innerhalb der Stundentafel.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.04.2018 um 04.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38578

„Im Land des Holocausts ist Antisemitismus kein Import“, sagt Kipping.

usw. in einer Talkshow, wo alles durcheinandergeht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.04.2018 um 16.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38568

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26940

Gerade wird die verdeckte Parteienfinanzierung über Stiftungen wieder mal diskutiert, und der Steuerzahlerbund fordert eine gesetzliche Regelung. Die kann er haben! Es sind ja die Parteien, die die Gesetze machen, und die lassen schon nichts anbrennen. Das ist wie mit den Rundfunkanstalten: Je weniger Zuspruch, desto reicher die Mittel.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.04.2018 um 06.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38556

Die Parteien haben sich zur umwegigen, eigentlich verbotenen staatlichen Finanzierung u. a. die Parteistiftungen ausgedacht. Nun will auch die AfD daran teilhaben. Das wird man ihr nicht verwehren können, ohne sich einer weiteren Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze schuldig zu machen. Das ähnelt der Lage, die man sich mit der Nichttrennung von Staat und Religion eingebrockt hat und die keinen Christenmenschen störte, bis der Islam hinzukam und anfing, die gleichen Privilegien zu fordern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2018 um 17.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38550

Zu den amerikanischen Raketenangriffen in Syrien vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26860

Übrigens: Trump hat vor dem Raketenangriff dargelegt, daß er nur spielen und keinesfalls die Russen ärgern wolle, die er damit als eigentliche Schutzmacht Syriens anerkennt. Er wollte sich ja auch so schnell ganz zurückziehen, daß nur noch seine Generäle ihn mühsam ein wenig bremsen konnten. Die „anderen“, die es machen sollen, freuen sich natürlich sehr darüber. – Auch im Handel rund um den Pazifik überläßt er „anderen“ das Feld, also China, wo ja auch der Begriff des Papiertigers erfunden wurde.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.04.2018 um 07.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38525

„Es kann erwartet werden, dass man sich mit der Sache, für die man bezahlt wird, auch identifiziert. Wer das Ethos einer Vereinigung ablehnt, sollte sich einen anderen Arbeitgeber suchen.“ (Reinhard Müller, FAZ 18.4.18)

Müller weiß, daß die Putzfrau in einem von der Kirche getragenen Kindergarten keine Christin mehr sein muß und vielleicht sogar eine wiederverheiratete Geschiedene sein darf (über all das wurde schon prozessiert). Aber nicht aus Einsicht in Nichtdiskriminierung, sondern weil sonst bald gar nicht mehr geuptzt würde.
Es ist ja nicht selbstverständlich, daß die Kirche der weitaus größte nichtstaatliche Arbeitgeber in sozialen Berufen ist. Die Suche nach einem anderen Arbeitgeber ist nicht so einfach; Müllers saloppe Formulierung wirkt fast zynisch.
Es versteht sich auch nicht von selbst, daß der „Träger“ einer Einrichtung seine Selbstbestimmung so weit in den privaten Bereich der Arbeitnehmer ausdehnen darf. Niemand erwartet, daß Priester von Atheisten ausgebildet werden. Aber der Mathematiklehrer an einem katholischen Gymnasium? Es geht ja nicht um „Ablehnung“ im Sinne eines Widerstands. Ich selbst habe an einer theologischen Fakultät gearbeitet. „Identifiziert“ habe ich mich mit der Aufgabe, die griechische Sprache zu vermitteln; das war es nämlich, wofür ich bezahlt wurde.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.04.2018 um 05.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38522

Der Europäische Gerichtshof hat die Privilegien der Kirche beim Arbeitsrecht unter die Lupe genommen,das war überfällig. Die starke Stellung der Kirchen als größter Träger von sozialen Einrichtungen, die vom Staat oder von Versicherungen finanziert werden, läßt es für anders- und nichtgläubige Menschen ratsam erscheinen, einer der Großkirchen anzugehören, wenn sie je einen sozialen Beruf ausüben wollen. Dieser Opportunismus hat zusammen mit der Kindstaufe bisher den Mitgliederstand (und die Kirchensteuer) hoch gehalten. Das ist ein offenes Geheimnis, und der EuGH hat jetzt dafür gesorgt, daß es mal ausgesprochen wird. Mehr Ehrlichkeit könnte aber den Kirchen letzten Endes nutzen.

Viele Leserbriefschreiber nutzen die Meldung zu einer Polemik gegen die "Islamisierung" Deutschlands. Dazu ist jede Gelegenheit recht.

(Man liest tausendmal häufiger "Danke, Frau Merkel" als "Danke, Herr Draghi", obwohl es dafür bessere Gründe gäbe, aber das ist den meisten zu abstrakt.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.04.2018 um 06.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38478

Man hat den Eindruck, daß unsere Spitzenpolitiker sich zur Zeit hauptsächlich mit Religionsgeschichte beschäftigen. Hört man Dobrindt und seine Freunde, könnte man ein neues "Narrativ" entstehen sehen: ein christliches Abendland, von Nächstenliebe beseelt, die der Islam nicht kennt. Ähnlich verklärende Geschichtspolitik beobachtet man in vielen Teilen der Welt. Für die eigentlichen Historiker wird das Leben beschwerlicher (Polen, Türkei) und gefährlicher (Indien).
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 10.04.2018 um 13.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38472

Die „Verlautbarungen“ der Polizei sind nicht zu beanstanden. Ein irreführender Eindruck ist durch den Bericht der „Welt“ entstanden, auf den andere Zeitungen aufbauten (Zeit, FAZ, ...) und dies wiederum hauptsächlich durch die Überschriften, u.a. durch das Wort „offenbar“. Der folgende Text vermittelte dann ein anderes Bild. Dort hieß es etwa in der „Zeit“ nur noch „möglicherweise“.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.04.2018 um 04.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38467

Ein bekannter bayerischer Ritter vom Heiligen Grab stellt fest, daß der Islam keinen Beitrag zum gegenwärtigen Deutschland geleistet habe.

Man könnte spitzfindig antworten: Doch, gerade zum gegenwärtigen Deutschland.

Die amateurhaften kulturgeschichtlichen Scheindebatten werden irgendwann wegen Erschöpfung aufhören.

Der bedeutende bayerische Pädagoge Markus Söder will die Ausländerkinder in Sonderklassen stecken, damit sie den Unterschied zwischen Händeschütteln und Grapschen lernen. Das dient der Integration.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.04.2018 um 03.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38466

Sprachkritisch würde ich es nicht angehen. Der Bedeutungswandel von "sicher" zu "vielleicht" entspricht ja einer allgemeinen Tendenz: sicher, gewiß, vielleicht, bestimmt und andere Wörter liegen auf derselben Linie. Es ist eine Spezialabteilung der Kraftwörter, die in den unabänderlichen Kreislauf von Abnutzung und Ersetzung geraten.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 10.04.2018 um 03.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38465

Sie hat uns alles gegeben.
Sonne und Wind, und sie geizte nie.
Wo sie war, war das Leben.
Was wir sind, sind wir durch sie.
Sie hat uns niemals verlassen.
Fror auch die Welt, uns war warm.
Die Justiz, die Justiz,
die hat immer recht!
Denn wer kämpft für das Recht,
Der hat immer recht.
(usw.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.04.2018 um 18.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38464

Das Wort "offenbar" finde ich hier auch fehl am Platz. Aber es wird oft in dieser schiefen Art benutzt. Ich glaube, es sollte in diesem Zeitungstext gar nicht heißen, daß der Angriff offenbar bevorstand, sondern daß offenbar die Polizei in Aktion trat, nämlich einen möglicherweise geplanten Angriff zu verhindern. Klar ist das natürlich nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.04.2018 um 17.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38462

Die Polizei sollte sich zurückhalten, auch wenn sie verständlicherweise mal gelobt werden möchte. Die Verlautbarungen standen "offenbar" in keinem Verhältnis zu den greifbaren Tatsachen. Ich halte es für unverantwortlich, den Alarmisten noch mehr Futter zu liefern. Als wenn man kaum noch auf die Straße gehen könnte!

Was heißt eigentlich "offenbar"? (Das war der eigentlich Anlaß meines vorigen Eintrags.)

Bei der ZEIT hatte man die Hälfte der Lesermeinungen schon unterdrückt. "Offenbar" waren sie noch wüster als die veröffentlichten.

In diesen Tagen sieht man wieder gut das Argumentationsschema: "Wenn ich die Falschmeldungen für wahr halten konnte, beweist das doch nur, daß sie in einem tieferen Sinne wahr sind!"
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.04.2018 um 17.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38461

Kein Anhaltspunkt? welt.de schreibt:

In der Wohnung eines mutmaßlichen Komplizen des am Sonntag vom SEK überwältigten Verdächtigen haben speziell auf Sprengstoff trainierte Hunde im Keller angeschlagen. Ein ranghoher Polizeiführer sagte WELT: „Wir werten noch aus. Aber das war wahrscheinlich knapp.“

Na ja, kein Anschlag, nur die Hunde haben wohl irrtümlich angeschlagen. Es ist immerhin sehr beruhigend zu wissen, daß die sechs "Freunde" und "Vertraute" von Amri wieder frei sind. Wahrscheinlich sind sie alle Deutsche und können somit auch gar nicht ausgewiesen werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.04.2018 um 16.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38460

Polizei vereitelt offenbar Angriff auf Halbmarathon (zeit.de 8.4.18)

Ein ranghoher Polizeiführer sagte WELT: „Wir werten noch aus. Aber das war wahrscheinlich knapp.“ Sogar daß es sich um einen Messerangriff handeln würde, wußte man schon.

Es fand sich dann aber kein Anhaltspunkt, die Verhafteten wurden freigelassen, es war alles null und nichtig. – Hunderte von dankbaren Leserbriefen stehen noch im Netz, voll Lob für die tüchtige Polizei.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.04.2018 um 05.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38456

Musik und Tanz sind in einigen Richtungen des Islam verboten, wie es ja auch in bestimmten Richtungen des Christentums war.
Anderswo gibt es zwar Musik und Tanz, aber keinen Paartanz wie hierzulande. Muß ja auch nicht sein, oder?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.04.2018 um 22.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38454

Lieber Germanist,
Sie wissen offenbar mit unseren Werten, Sitten und Gebräuchen ebensowenig anzufangen wie Ihr Lehrer.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 08.04.2018 um 18.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38453

Nochmals zur Aussage im Beitrag 1512#38337:„Nur die Berufung auf die religiöse Zusammensetzung muß unterbleiben. Das ist kein zulässiges Zuwanderungskriterium.“

Ernst-Wolfgang Böckenförde ist dazu offenbar anderer Meinung. So sagt er in einer Rezension vom 22.04.2009:

„Andererseits hat der Staat dafür Sorge zu tragen, dass solange die von Wick aufgezeigten Vorbehalte fortbestehen, die Angehörigen des Islams durch geeignete Maßnahmen im Bereich von Freizügigkeit und Migration – nicht zuletzt im Hinblick auf die Türkei – in ihrer Minderheitenposition verbleiben, ihnen mithin der Weg verlegt ist, über die Ausnutzung demokratischer politischer Möglichkeiten seine auf Offenheit angelegte Ordnung von innen her aufzurollen.“
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 08.04.2018 um 15.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38450

Mit "unseren Werten, Sitten und Gebräuchen" wurde ich als Grundschüler gleich nach dem Krieg bekannt gemacht, als ein Lehrer Schüler wegen zu langer Haare oder nicht geradegezogenem Scheitel vor der Klasse lächerlich machte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.04.2018 um 08.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38449

Die Kirche, besonders die katholische, läßt sich als Parallelgesellschaft, sogar als Parallelstaat auffassen, mit eigenem Recht, das man studieren kann wie das weltliche. Mit dem Staat werden Staatskirchenverträge geschlossen. Viele Leute lassen sich zweimal trauen, standesamtlich und kirchlich. (Früher machte das die Kirche allein.) Der Konflikt zwischen den beiden Mächten bestimmte ja große Teile der abendländischen Geschichte, heute ist er vergleichsweise weitgehend entschärft („bewährte Kooperation“). Die Spannung im Arbeitsrecht ist einer der wenigen verbliebenen Konflikte. Besteuerung und Finanzen werden selten diskutiert. Marginal umstritten ist zur Zeit das „Kirchenasyl“, wohinter ebenfalls der Anspruch auf eine Parallelgesellschaft mit eigener, sogar höherer Gerechtigkeit steht.
Wenn man grundlegende Widersprüche auch nicht gelöst hat, so hat man sie doch nach den Lehren der Geschichte einigermaßen ruhiggestellt. Nach diesem Muster möchte man auch mit anderen Religionsgesellschaften einen Modus vivendi suchen. Anders geht es wohl nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.04.2018 um 06.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38447

Wohin die Geringschätzung von Recht und Gesetz führt, kann man zum Beispiel am Oberbürgermeister von Wetzlar (SPD) studieren, der sich ausdrücklich allen Gerichtsurteilen bis zum Bundesverfassungsgericht widersetzt und der NPD keinen Saal vermieten will – unter Berufung auf den „Arsch in der Hose“. Viel Beifall, weil es die NPD trifft, aber morgen kann es den Arsch treffen.

(Der Fall wird in der heutigen FAS angemessen besprochen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.04.2018 um 05.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38446

Habe ich nicht zum Verbrechen von Münster gestern abend auf der Website der WELT über 100 Leserzuschriften der bekannten Art ("Danke, Frau Merkel!") gesehen? Jetzt sind sie alle gelöscht und durch solche ersetzt, die von der neuen Nachrichtenlage ausgehen.

Ich will aber den Islam nicht verteidigen, und die Ausnahme bestätigt ja auch nur die Regel. Also danke, Frau Merkel!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.04.2018 um 05.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38445

Grundsätzlich gelte zwar die Religionsfreiheit, "aber jeder, der zu uns kommt, muss sich unseren Werten, Sitten und Gebräuchen anpassen und nicht umgekehrt." (Söder)

Das Zwar verstehe ich, das Aber nicht. Wo steht denn das geschrieben, und wer definiert die "deutschen Werte" (ebd.)? Welche Sitten und Gebräuche? Die Zuwandererkinder sollen Wertekunde erhalten – warum nicht Rechtskunde?

So zieht die Willkür in den Rechtsstaat ein. Man könnte von einer Parallelgesellschaft aus "Werten, Sitten und Gebräuchen" sprechen – parallel zu den Gesetzen. Die Aufforderung, die Grenzen zu mißachten, die dem Staat gesetzt sind, ist verfassungswidrig.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 07.04.2018 um 18.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38443

Es ist ein beliebter und gerade jetzt besonders häufig benutzter rhetorische Kniff, die Argumente anderer so zu überspitzen, daß man sie leicht vom Tisch wischen kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.04.2018 um 18.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38441

Ich weiß, was gemeint ist. Ich kritisiere die unbestimmte Begrifflichkeit, mit der man alles, was einem nicht paßt, in die illegale Ecke schieben kann. In welcher Parallelwelt leben 90 Prozent der Türken?

Wer nichts Verbotenes tut, braucht sich keinen Vorwurf machen zu lassen. Alles andere ist irrelevant ("Leitkultur", "Parallelwelt", "Integrationswille"...).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 07.04.2018 um 11.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38438

Niemand hat etwas gegen Parallelen im allgemeinen, aber gegen bestimmte Parallelen, z. B. gegen die Parallelen durch die Gesetzlosigkeit oder Eigengesetzlichkeit.
Nur diese sind gemeint, wenn von Parallelgesellschaften die Rede ist. Das ist zwar verkürzt ausgesrückt, aber es wird schon richtig verstanden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.04.2018 um 10.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38437

Zur "Leitkultur" paßt die "Parallelgesellschaft", ebenfalls ein außerrechtlicher Begriff, mit dem sich gut polemisieren läßt. Trivialerweise kann man zu jeder Gruppe eine andere bilden, die der ersten parallel ist. Nach Bassam Tibi leben 90 Prozent der deutschen Muslime in Parallelgeschaften.

Ich selbst sehe nicht fern, fahre nicht Auto, gehe nicht in die Kirche und schreibe nicht richtig. Wie parallel ist das denn?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.04.2018 um 08.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38435

Das Laizitätsgebot, das Religionsunterricht an den staatlichen Schulen untersagt, verstärkt das Unwissen weiter. (FAZ 7.4.18 über den Antisemitismus in Frankreich)

Der Laizismus untersagt nicht jeden Religionsunterricht, sondern nur den konfessionellen. Religion ist so wichtig, daß man einen wissenschaftlich begründeten, also konfessionslosen religionskundlichen Unterricht als eigenes Schulfach befürworten kann (nicht nur als Thema von Gemeinschaftskunde, oder wie auch immer das in einzelnen Ländern heißt). Allerdings wäre er aufklärend und damit inhärent religionskritisch. (In Bayern werden Ethiklehrer praktischerweise gleich von katholischen Theologen ausgebildet.)
Andererseits gibt es keinen Grund anzunehmen, daß Kenntnis einer Religion der Abneigung gegen ihre Anhänger entgegenwirkt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.04.2018 um 05.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38431

Homöopathie wirkt nicht nur als Placebo, sondern beruht auch auf einer menschlichen Schwäche im Kopfrechnen, genauer gesagt im statistischen Denken.

Regenzauber oder der Dienst an den Staatsgöttern muß sein, sonst gibt es Hungersnot und andere Plagen. Experimente sind viel zu gefährlich, der Glaube wird daher so wenig widerlegt wie eine Zwangsneurose.
Vielleicht waren die Opferrituale letztes Jahr nicht genau genug? Man kann sie ausbauen, verfeinern. Das vedische Opfer hat eine ganze Lehrbuchliteratur hervorgebracht. Schon die Herstellung des Altars (mit Zügen, die deutlich in die Zeit indogermanischen Nomadentums zurückreichen) ist eine Wissenschaft für sich. Nur der Priesterstand beherrscht das Ritual. (Neuere Analogien sind nicht unerwünscht.)
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 01.04.2018 um 14.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38383

Nun ist in der Tat die Aussage, "Religion ... habe in der Öffentlichkeit nichts zu suchen", nicht nur "pure Ideologie", sondern einfach Quatsch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.04.2018 um 08.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38382

Religiöses Mobbing unter Zweitkläßlern ist ein pädagogisches Problem und kein polizeiliches. Allerdings sollte man sich Elternhäuser, die Schwererziehbarkeit hervorbringen, näher ansehen.

Aus einem Leserbrief dazu:
Sie sind bestimmt sehr vernünftig und wissenschaftlich, nur Ihre Vorstellung von Religion und Glauben ist albern. Sie haben auch das Kooperationsmodell von Staat und Kirchen in D nicht verstanden, das sich in den Jahrzehnten seit der Gestaltung durch das Grundgesetz bewährt hat. Ihre Behauptung, Religion sei Privatsache und habe in der Öffentlichkeit nichts zu suchen, ist pure Ideologie. Stalin würde sich freuen über Ihren Beitrag.

Die „Bewährtheit“ des Kooperationsmodells zu behaupten gehört zur Staatsräson. Und „Stalin“ zu erwähnen genügt, um die religiöse Neutralität des Staates zu diskreditieren. (Die Gegenseite nutz gern den Katholiken Hitler als Retourkutsche.) Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.03.2018 um 07.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38376

Gestern am sonnigen Karfreitag wimmelte es ja von Ausflüglern, erstaunlich viele Motorradfahrer darunter, richtig gefährlich. Warum wird das nicht verboten, sondern nur das Tanzen und ausgewählte Filme? In einem Pub wurde, wie ich höre, um Mitternacht auf klassische Musik umgestellt. Soviel Andacht muß sein.

Die FAZ kritisiert die Osterbriefmarke des Vatikans, die im Stil alter Meister einen Modellathleten als Auferstandenen darstellt. Jesus mit frommem Augenaufschlag ist völlig europäisiert. Der Stil entspricht den Andachts-Comics, wie sie besonders amerikanische Kirchen, Zeugen Jehovas und andere Fundamentalisten unters Volk bringen. Auch an Wallfahrtsorten in aller Welt wird solcher Kitsch vertrieben, der alle Geschmacksurteile hinter sich läßt. Das Bilderverbot von Juden und Muslimen kommt dem Betrachter vergleichsweise nobel vor.

Zum Tanzverbot an Karfreitag noch dies:

So erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, an das Leiden zu erinnern, sei "ein wichtiges Kulturgut" – auch jenseits von Religion.

Man könnte einwenden, daß die täglichen Nachrichten eigentlich ausreichen und viele Menschen auch sonst keiner besonderen Erinnerung an das Leiden bedürfen. Das Gerede vom Kulturgut paßt zu dem dünnen theologischen Süppchen, das von der christlichen Lehre übriggeblieben ist (Kruzifix als Wandschmuck usw.). Meine anima naturaliter christiana ("jenseits von Religion") schaudert es.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.03.2018 um 19.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38375

Ich hatte zwei typische Einzelheiten aus AT und NT erwähnt, um die Auslegungsbedürftigkeit und -fähigkeit heiliger Texte zu erläutern.

Dazu Wikipedia:

Die Hölle ist nach traditionellen Vorstellungen des Christentums ein Ort der Qual, an welchen Übeltäter nach dem Tod gelangen, bevölkert von Dämonen und dem Teufel. In modernen christlichen Glaubenslehren ist diese Vorstellung allerdings in verschiedener Weise modifiziert oder auch ganz fallen gelassen worden.

Und wie ich schon erwähnt hatte, im "Wörterbuch des Christentum" gibt es kein Stichwort "Hölle". Heute übliche Erklärungen sind meistens sehr abstrakt, blutleer.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 30.03.2018 um 15.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38374

Es macht aber womöglich einen großen Unterschied, ob man glaubt, Menschen- oder Gotteswort auszulegen.

Was Steinigung und Christentum angeht (nach Wikipedia):

„Im seit dem Frühmittelalter vom Christentum geprägten Europa war die Steinigung keine offizielle Hinrichtungsart, sondern wurde allenfalls bei Lynchmorden angewandt: etwa bei Ansverus in Ratzeburg oder Stephanos dem Jüngeren in Byzanz“.

Dazu sollte man noch wissen, daß Ansverus von heidnischen Slawen ermordet und Stephanus von der Kirche heiliggesprochen wurde (ebenfalls nach Wikipedia).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.03.2018 um 10.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38370

Soll Deutschland "jüdisch-christlich" bleiben mit Steinigungen und der Androhung ewiger Höllenstrafen?

Woran sich nochmals zeigt: Die Texte legen sich nicht selbst aus. Das sollte man dann aber allen religiösen Texten zugestehen.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 30.03.2018 um 07.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38367

Dann wäre es natürlich auch besser, die Jungen mit Eintritt ihrer Geschlechtsreife entscheiden zu lassen, ob sie auf ihre Vorhaut verzichten wollen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.03.2018 um 05.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38364

Einige Bundesländer wollen kirchliche Feiertage ohne religiöse Begründung einführen. Während die Kirchen es begrüßen, dem Glaubensschwund mit neuen Feiertagen entgegenzuwirken, führen Gewerkschaften und Politiker nur an, daß die Zahl der arbeitsfreien Tage an die der südlichen Länder angeglichen werden solle. Die FDP ist aus demselben Grund dagegen.
Kritiker erinnern daran, daß Bayern zwar die meisten Feiertage hat, aber auch die größte Wirtschaftskraft, so daß mehr als die Hälfte des Länderfinanzausgleichs von Bayern geleistet wird - hauptsächlich an Berlin mit seinen wenigen Feiertagen.

Der Bund für Geistesfreiheit Erlangen lädt zu einer Karfreitagsfete "Heidenspaß" ein, was mir ebenso kindisch vorkommt wie seine säkularen Weihnachtsfeiern. Die wünschenswerte Trennung von Staat und Kirche wird man so nicht fördern.

Diskutieren sollte man die Rechtmäßigkeit der bürgerlichen Folgen der Kindstaufe: Kann man ohne Wissen und Wollen beitragspflichtiges (nicht nur spirituelles) Mitglied einer Vereinigung werden? Wäre es nicht besser, die Menschen erst mit dem Eintritt der Steuerpflicht entscheiden zu lassen, ob sie das wollen? (Das fragen auch Theologen.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.03.2018 um 22.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38347

Bei meinem Vergleich (#38339) geht es nicht um Geschmacksfragen. Ich vergleiche das Recht auf Religionsfreiheit mit dem Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung von Behinderten. Beides sind wichtige allgemeine Menschenrechte.

In beiden Fällen geht es darum, daß mit dem allgemein anerkannten Grundrecht nicht jede beliebige weitergehende Forderung (z.B. Einreise in ein bestimmtes Land/Heirat eines bestimmten Menschen) verknüpft (Ablehnung "nicht zulässig") werden kann.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 26.03.2018 um 18.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38344

Was ist denn eine "Grenzüberschreitung" und worin bestünde sie hier?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.03.2018 um 17.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38343

Wenn einem Ausländer die Einreise oder die Einbürgerung mit der Begründung verweigert wird, er gehöre wahrscheinlich einer bestimmten Religion an, dann ist damit nicht sein Grundrecht auf Religionsfreiheit eingeschränkt. Es gibt andererseits kein Grundrecht auf Einreise oder Einbürgerung in ein beliebiges Land der Erde.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2018 um 17.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38340

Religionsfreiheit ist wie alle Grundrechte keine Frage des Mehrheitswillens. Jedenfalls versucht die Verfassung sie wechselnden Mehrheitsentscheidungen zu entziehen. Natürlich kann eine Verfassungsänderung den Abschied davon einleiten.

(Die Aussage, Deutschland solle christlich geprägt bleiben, ist ebenfalls eine Grenzüberschreitung, wenn Regierungsmitglieder sie äußern.)

Mit dem Hinweis auf Grundrechte ist auch Ihr Hinweis, lieber Herr Riemer, beantwortet. (Der Vergleich kommt mir, mit Verlaub, etwas frivol vor. Bei den Grundrechten geht es um staatliches Handeln, nicht um Geschmacksfragen.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.03.2018 um 17.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38339

Ich stelle mir gerade vor, ein Freund erzählt mir, er möchte gern heiraten. Er suche eine Frau, die ihn liebt, nur behindert dürfe sie nicht sein.
Ich sage, das ist aber kein zulässiges Heiratskriterium. Darauf er: Na hör mal, wen ich heirate, das geht ja wohl nur mich selbst etwas an.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 26.03.2018 um 16.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38338

„Das ist kein zulässiges Zuwanderungskriterium.“

Warum nicht? Es gibt ja noch das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Und falls die Mehrheit der Deutschen nicht will, daß ihr Land in absehbarer Zeit ein mehrheitlich moslemisches Land wird, so müsste die Bundesregierung an sich eine Politik verfolgen, die dies zumindest versucht zu vermeiden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2018 um 16.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38337

Darüber kann man reden. Nur die Berufung auf die religiöse Zusammensetzung muß unterbleiben. Das ist kein zulässiges Zuwanderungskriterium.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.03.2018 um 16.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38336

Ja, da stimme ich Ihnen voll zu, was die einheimische Bevölkerung, das deutsche Volk, betrifft.

Aber wenn es um Zuwanderung geht, durch die die religiöse und ethnische Zusammensetzung des Volkes innerhalb relativ sehr kurzer Zeit grundlegend verändert wird, meine ich, muß(!) der Staat schon regulierend eingreifen. Das heißt, nicht die Religion unterdrücken, sondern die Zuwanderung regeln.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2018 um 15.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38335

Das mögen Sie so sehen, aber auch der Anteil der Religionen an der Bevölkerung hat die Regierung nicht zu interessieren.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.03.2018 um 15.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38334

Zu den Kompetenzen des Bundesinnenministers sagt Altenbockum:

Seine [des Staates] Aufgabe gegenüber jeglichen Glaubensgemeinschaften besteht darin, dafür zu sorgen, dass sich keine von ihnen anmaßt, diese Grundrechte zu verletzen.

Die einzige Möglichkeit, diese Aufgabe zu erfüllen, sehe ich darin, den islamischen Bevölkerungsanteil nicht zu groß werden zu lassen, und das will auch Seehofer mit dem Slogan über das, was zu Deutschland gehört, letztlich erreichen. (Ich an seiner Stelle würde es nur etwas anders ausdrücken.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2018 um 14.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38333

Ich mache mir auch keine Sorgen (die Privilegierung der Kirchen reicht mir schon), sondern frage nach den Kompetenzen des Bundesinnenministers.
Aber weiter will ich dazu auch nichts mehr sagen, die Standpunkte sind ja klar.

Aus bayerischer Sicht nehme ich an, daß nicht die ganze CSU Seehofers Religionspolitik teilt. Einige aus dem zweiten Glied folgen dem Leithammel in voraussagbarer Weise, viele schweigen einfach. Das ist die berühmte "Geschlossenheit".
Man spricht jetzt oft von "AfD, CSU und Teilen der CDU" – Merkel hat es nicht leicht...
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.03.2018 um 14.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38332

Die Sorge um Religionsfreiheit ist m. E. völlig unbegründet. Man soll nicht den Teufel an die Wand malen. Weder Seehofer noch die AfD bezweifeln die verfassungsmäßig verbürgte Religionsfreiheit, und seit Kriegsende hat noch niemand wieder von einer konfessionellen Säuberung Deutschlands gesprochen. (Die NPD kann man wohl vernachlässigen.)
Bei der Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, geht es ausschließlich darum, wie weit die schon begonnene Islamisierung Deutschlands und Europas noch getrieben werden soll bzw. ob sie überhaupt noch aufzuhalten ist.

Sollte die Islamisierung noch weiter fortschreiten, dann sehe ich allerdings die Religionsfreiheit in großer Gefahr, aber von der entgegengesetzten Seite her. Wie lange haben wir darüber noch die Kontrolle?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2018 um 13.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38331

Nein, ich meine die Unterscheidung zwischen Islam und Muslimen: Muslime ja, Islam nein.
Es geht mir auch nicht darum, was die deutsche Bevökerungsmehrheit sich wünscht (oder was die Mehrheit über die Minderheit denkt), sondern um die verfassungsmäßig verbürgte Religionsfreiheit. Warum äußert sich ein Bundesinnenminister überhaupt in dieser Weise, die man wohlwollend "mißverständlich" nennen könnte, wenn sie nicht so fatal unmißverständlich wäre. – Ich weigere mich, diese Frage mit eigenen Urteilen über bestimmte Religionen zu verknüpfen und damit denselben Fehler zu machen wie die Volksverhetzer.

Es wird keine konfessionelle Säuberung Deutschlands geben. Folglich werden mehrere Millionen Muslime auf Dauer hier leben. Seehofer will darum die Islamkonferenz wiederbeleben, allerdings unter der Prämisse, daß der Islam nicht zu Deutschland gehört ("kein Jota" will er davon zurücknehmen). Was soll man denn dazu sagen? Altenbockum hat es auf den Punkt gebracht.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.03.2018 um 12.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38330

Meinen Sie die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus? (Bitte ggf. nach Korr. wieder löschen.)

Ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, ist schon deshalb sinnlos, weil es eine Frage nach vollendeten Tatsachen ist. Die Antwort darauf ändert gar nichts an den bestehenden Verhältnissen.

Die Frage sollte sinnvollerweise lauten, ob und wenn ja, warum das deutsche Volk sich die Einwanderung eines großen islamischen Bevölkerungsanteils wünscht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2018 um 11.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38329

Sogar der FAZ wird Seehofers Treiben zu bunt. Ungewöhnlich deutlich: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/kommentar-der-kern-des-problems-der-islam-debatte-15512387.html

Auch anderswo beugen sich Journalisten über die Semantik. Die Unterscheidung zwischen Islam und Muslimen ist so fein gesponnen, daß sie übersehen wird, und das ist ja auch der Zweck der Übung.

Heibert Prantl erinnert an die Richtlinienkompetenz und sieht Seehofer auch in dieser Hinsicht kurz vor dem Verfassungsbruch. Das ist Sache der Kanzlerin, aber die Ausschließung einer ganzen Religion durch einen Verfassungsminister geht jeden an.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.03.2018 um 05.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38308

Er glaubt nicht, daß es Götter gibt.
Er glaubt, daß es Götter nicht gibt/keine Götter gibt.


Beide Sätze treffen meist gemeinsam zu, sind aber nicht gleichbedeutend.

Nicht an Götter glauben kann auch jemand, der nie etwas von Göttern (d. h. vom Götterglauben anderer Leute) gehört hat. Davon muß man aber gehört haben, wenn man glaubt, daß es keine gibt.
Gewissermaßen dazwischen steht die sprachkritische Haltung: Jemand hört zwar von Göttern reden, verbindet mit solchen Wörtern aber keinen Sinn, so daß die Frage der Existenz sich gar nicht stellt. Er glaubt also auch nicht, und der erste der beiden Sätze trifft auf ihn zu.
Ich nehme an, daß Blackburn zu diesen Menschen gehört, für die theologische Aussagen nur leeres Stroh dreschen.
Darum ist die uralte These, daß auch der Atheist glaubt, nämlich an die Nichtexistenz der Götter, nur ein sophistischer Trugschluß. Niemand kann gezwungen werden, sich diese Definition des Nichtgläubigen (infidel) zu eigen zu machen.
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 23.03.2018 um 21.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38307

@ #38304: Hier warum das so ist:

Religion & Astrotheology [Mark Passio]

https://www.youtube.com/watch?v=Qszm6uErb_g
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 23.03.2018 um 20.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38306

Tun sie doch schon.
https://secure.i.telegraph.co.uk/multimedia/archive/03259/Ian_Harris_colande_3259312b.jpg
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 23.03.2018 um 19.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38305

"Da sie so gut wie nicht organisiert sind und keine Interessenvertretung haben, fallen sie in religionspolitisch aufgewühlten Zeiten unter den Tisch." Im Internet kursiert seit langem der Witz, daß sich das erst ändern werde, wenn sich ihre Vertreter wunderliche Hüte aufsetzen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2018 um 18.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38304

Wer sich mit der Geschichte des Christentums und des Islams beschäftigt, wird finden, daß auf beiden Seiten die gleichen Positionen vertreten worden sind. Auch viele Christen meinen, die Bibel brauche oder dürfe nicht ausgelegt werden, und auf der anderen Seite legen natürlich die islamischen Theologen den Koran aus – was denn sonst? Auf beiden Seiten gibt es auch Theologen, die behaupten, ihre Auslegung sei gar keine.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2018 um 15.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38303

Warum sollten "Gottlose" ein Bedürfnis haben, sich zu definieren? Das tun doch nur die anderen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.03.2018 um 15.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38302

Wenn es mal im Islam auch nur ums Seelenheil ginge, dann wäre ja alles in Ordnung.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 23.03.2018 um 12.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38301

Das Rechtsstaatsprinzip verlangt jedem ab, sich an die Gesetze zu halten; widrigenfalls wird er bestraft.
Religionen verlangen von ihren Gläubigen, sich an die religiösen Gesetze zu halten; widrigenfalls wird ihnen das Seelenheil versagt.
Sobald religiöse und weltliche Gesetze kollidieren, muß sich der Gläubige entscheiden, ob er sein Seelenheil riskiert oder straffällig wird. Diese Fälle treten für den Christen in den westeuropäischen Staaten weitaus seltener auf als für den Muslim, zumal nach muslimischem Verständnis Allah die Gesetze macht und sie Mohammed im siebten Jahrhundert vollumfänglich im Koran niederschreiben lassen hat.
Und ob es nur mit oder auch ohne Auslegung geht: Der Koran darf nicht ausgelegt werden.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.03.2018 um 11.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38299

Es ist das Schicksal der Gottlosen auf dieser Welt, daß sie sich nur über eine Negation definieren können.

Irgendwo habe ich gelesen, daß sogar Atheisten gläubig seien: Sie glauben, daß es keinen Gott gibt. Das ist ziemlich schräg ausgedrückt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2018 um 04.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38292

Die üblen Konnotationen, die mit dem Wort Atheist verbunden sind, überdauern den Gottesglauben. Daher das paradoxe Ergebnis vieler Umfragen: Viele glauben zwar nicht an Gott, wollen aber trotzdem nicht Atheisten (= böser Mensch) genannt werden. Über Simon Blackburn:

He is a patron of Humanists UK (formerly the British Humanist Association), and when asked to define his atheism, he said he prefers the label infidel over atheist: Being an infidel, that is, just having no faith, I do not have to prove anything. I have no faith in the Loch Ness Monster, but do not go about trying to prove that it does not exist, although there are certainly overwhelming arguments that it does not.

Vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=783#38259

Das dürfte eine wachsende Zahl von Zeitgenossen treffen: Sie interessieren sich einfach nicht mehr dafür, was andere glauben. Da sie so gut wie nicht organisiert sind und keine Interessenvertretung haben, fallen sie in religionspolitisch aufgewühlten Zeiten unter den Tisch.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.03.2018 um 13.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38282

Wer die deutschen Gesetze mißachtet, aus welchen Gründen auch immer, wird immer wieder bestraft werden, außer er wandert aus.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.03.2018 um 04.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38274

Wollen Sie einen neuen Straftatbestand und eine neue Strafe einführen? Das dürfte nicht so einfach sein.

Sein Leben im Gefängnis verbringen – das ist bisher die Strafe für Mord.

Der Landes verwiesen werden kann ein Deutscher schon mal gar nicht. (Das steht übrigens im GG.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.03.2018 um 21.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38272

Wie kann man sich denn dem Grundgesetz unterordnen?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 21.03.2018 um 21.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38271

Wer sich nicht dem Grundgesetz und den übrigen deutschen Gesetzen unterordnen will, muß sein Leben im Gefängnis verbringen oder Deutschland verlassen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.03.2018 um 20.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38270

Der Islam gehört zu Deutschland.
Der Islam ist ein Teil Deutschlands.
Die Muslime gehören zu Deutschland.
Der Islam gehört nicht zu Deutschland.
Deutschland ist ein christliches Land.
Deutschland ist christlich-jüdisch geprägt.

Preisfrage: Welche Sätze widersprechen einander?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.03.2018 um 04.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38260

Walter Kaufmann (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1540#28873) erinnert an Ernst Troeltsch, der ebenfalls schon gezeigt habe, daß die heutigen Christen sich um ihre Grundtexte nicht sehr kümmern. Beide sehen, daß das NT im Gegensatz zum AT weniger an sozialen Fragen und mehr am Jenseitigen interessiert ist. Auch in der Bergpredigt gehe es hauptsächlich um Rettung vor der ewigen Verdammnis: „Nur eine Zeit, in der das Seelenheil fast jegliche Bedeutung verloren hatte, konnte die Sittenlehre Jesu so falsch deuten, wie es der liberale Protestantismus getan hat. Auch in der Bergpredigt geht es zentral nicht um den Nächsten, sondern um das Seelenheil.“ (Kaufmann 222)
Ich will mich nicht meinerseits auf theologische Diskussionen einlassen, sondern nur noch einmal bekräftigen: Ohne Auslegung geht es nicht. Es ist eine fromme Illusion, daß die Texte sich selbst auslegen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.03.2018 um 00.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38255

Natürlich plant sie es nicht, aber tatsächlich tut sie es. Deshalb kann ich solche Ironie gar nicht gut finden. Nicht die AfD ist für den neuen braunen Sumpf verantwortlich, sondern unsere selbstherrliche Kanzlerin züchtet ihn ungewollt höchstselbst.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 20.03.2018 um 17.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38252

Braun hat ja schon zugelegt, der IQ kommt dort vielleicht auch hin.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.03.2018 um 13.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38249

Auch per E-Mail bekomme ich unwiderlegliche Beweise, daß Merkel plant, eine hellbraune, leicht lenkbare Mischrasse mit einem IQ von 90 zu züchten. Vielleicht der feuchte Traum eines benachteiligten Mannes?
Andererseits: noch leichter lenkbar, als wir jetzt schon sind, Wachs in den teuflischen Händen der Bundeskanzlerin – geht das?
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 20.03.2018 um 13.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38248

Die Bibel ist nicht das christliche Pendant zum Koran. Jesus Christus ist die Offenbarung Gottes für den Christen, und deshalb kann niemand Christ sein, der nicht glaubt, daß Jesus Gottes Sohn ist. Die Bibel ist dagegen ein von Menschen geschriebenes Buch, das von Menschen frei interpretiert werden kann.
Im Islam ist der Koran die Offenbarung Allahs; eine Interpretation durch den Menschen wäre eine Interpretation Allahs und damit haram.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.03.2018 um 08.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38247

Lehrreich auch https://en.wikipedia.org/wiki/Religious_persecution

(Ausführlicher als die deutsche Entsprechung, die allerdings mehr über Luther und die deutschen Verhältnisse bringt: https://de.wikipedia.org/wiki/Religiöse_Verfolgung)

Zur Vervollständigung des Bildes: https://en.wikipedia.org/wiki/State_atheism
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.03.2018 um 21.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38242

Ohne Auslegung geht es nicht, auf allen Seiten. Auch ganz interessant: https://de.wikipedia.org/wiki/Gewalt_in_der_Bibel
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 19.03.2018 um 21.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38241

Nach der christlichen Zwei-Reiche-Lehre, die auf Jesu Wort "So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!" (Lk 20.25) zurückgeht und von Paulus im Römerbrief aufgegriffen wurde, ist das Christentum mit der Demokratie vereinbar oder doch zumindest mit einer menschgemachten Ordnung und Rechtslage.
Der Islam erhebt den Anspruch, alle Lebensbereiche zu regeln. Das Gesetz kommt im Islam von Allah, und deshalb darf der Mensch keine Gesetze machen; zumindest keine, die den göttlichen widersprechen.
Allahs Gebote zur Richtschnur für Gesetze zu machen, paßt nicht zum über Jahrhunderte gewachsenen deutschen Recht.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 19.03.2018 um 18.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38240

Peter Grimm:

„Es heißt auch, dass die Glaubensgemeinschaft den Inhalt ihres Bekenntnisses und die daraus folgenden Verhaltensanforderungen an die Gläubigen selbst bestimmt.“
...
„Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, welche aus den Glaubensüberzeugungen folgenden Verhaltensanforderungen an die Gläubigen der freiheitliche demokratische Staat hinzunehmen hat und welche er verbieten kann.“
...
„Religiös begründete Verhaltensanforderungen, die mit diesen Prinzipien kollidieren, können selbst im Innenverhältnis nicht geduldet werden.“

Da kann die AfD leicht erwidern: „Genau das sagen wir doch die ganze Zeit.“
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 19.03.2018 um 18.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38239

In alten Zeiten gab es die über Verbeamtung oder Berufsverbote entscheidende Frage, ob jemand die "Freiheitlich Demokratische Grundordnung" ("FDGO") unterstützte oder ein "Systemveränderer" war.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.03.2018 um 16.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38235

Nach Dieter Grimm müssen Religionen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sein, um in den Genuß der Religionsfreiheit zu gelangen. Sonst hätten es auch Christentum und Judentum schwer.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 19.03.2018 um 11.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38234

Die Aussage „Der Islam gehört zu Deutschland” ist nüchtern betrachtet genauso blödsinnig wie sein Gegenteil. Was soll „gehört zu” konkret bedeuten? Ich verstehe daher die erste Aussage als plumpe Einschleimerei und die zweite als ebensolche Provokation.

Wichtig ist letztlich die Frage, ob Koran, Scharia etc. mit dem derzeit hierzulande geltenden Grund- und anderen Gesetzen vereinbar sind oder nicht. Und selbst das sagt nur bedingt etwas aus über die hier lebenden Menschen, die sich dieser Mischung aus Staatsform und Religion zugehörig fühlen. Entsprechende Umfragen entsprechender Menschen, ob ihnen ihr Glaube wichtiger sei als die derzeit hierzulande geltenden Gesetze, sagen dagegen mehr aus als o.g. Phrasen, sind aber für die stumpfe Masse der Bevölkerung schwieriger zu verstehen und zu verdauen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.03.2018 um 10.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38224

CSU-Generalsekretär Markus Blume hat Forderungen nach einem Ende der Debatte über die Islam-Äußerungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer zurückgewiesen. „Diese Debatte darf jetzt nicht unterdrückt werden, sondern wir müssen sie endlich einmal zu Ende führen“, sagte Blume der „Bild am Sonntag“ einem Vorabbericht zufolge.

Seehofer – ebenfalls CSU – habe Recht mit seiner Aussage gehabt, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre. „Die Union hat nie einen Zweifel aufkommen lassen, dass Deutschland ein christlich geprägtes Land ist und bleiben soll.“
(Handelsblatt)

bleiben soll ist erfreulicherweise deutlicher als die scheinbar rein historische Darstellung. Aber wie soll eine solche Debatte "zu Ende geführt" werden? Man könnte sich eine Bundestagsresolution nach Art der Armenienresolution vorstellen. Dafür wird es aber keine Mehrheit geben, denn AfD und CSU haben nicht genügend Stimmen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.03.2018 um 09.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38222

"Islam und Christentum gehören nicht zu Indien. Indien ist kulturgeschichtlich unbestreibar vom Hinduismus geprägt."

Meine Formulierung, aber deckungsgleich mit programmatischen Erklärungen der Hindunationalisten. Wir nennen deren Programm faschistisch und würden damit bei ihnen nicht auf Widerspruch stoßen, im Gegenteil, sie sind stolz darauf, von Mussolini und Hitler gelernt zu haben (wie man regiert und wie man Minderheiten loswird).

Tatsächlich ist Indien länger und nachhaltiger vom Hinduismus geprägt als Deutschland vom Christentum. Schon der Buddhismus konnte sich nicht halten, weil er nicht zum Kastensystem paßt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.03.2018 um 08.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38221

Der Politiker Jens Spahn verteidigt den Gottesbezug im deutschen Grundgesetz. "Wer weiß, dass es da noch etwas anderes, etwas jenseitiges gibt, der ist gelassener und im Zweifel auch zur Korrektur fähig", sagte das CDU-Präsidiumsmitglied in einem Interview für den Sammelband "Wie viel Glaube braucht das Land?".
(http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/jens-spahn-glaube-ist-keine-privatsache)

Woher weiß er das? Es kommt, wie gewohnt, harmlos daher, grenzt aber aus und ist im Grunde diffamierend.
In den Augen eines gelassenen Ungläubigen ist es aber auch erheiternd naiv, sich selbst und seine Gesinnungsgenossen für bessere Menschen zu erklären. Das muß ja richtig guttun.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.03.2018 um 07.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38220

Zum vorigen, aber auch schriftgeschichtlich von Interesse:

http://www.frontline.in/static/html/fl1720/17200040.htm

(Das ist nur ein kurzweiliger Ausschnitt aus einer sehr ausgedehnten Diskussion. Die Literatur ist leicht zu finden, Michael Witzel ist einer der Exponenten auf der seriösen Seite, und unter seinem Namen findet man dann weitere Links.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.03.2018 um 05.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38219

Wohin es führt, wenn man Religion (oder Nation) gegen Teile der Bevölkerung in Stellung bringt, kann man in aller Ruhe am Hindutva-Nationalismus studieren. Seine Geschichtslehre ist nicht an Geschichte interessiert, sondern will Muslime und Christen dämonisieren (http://www.sujayraomandavilli.com/wp-content/uploads/2018/02/Sujay-The-great-Hindutva-hoax.pdf), letztlich sogar die Kastenlosen, denn es ist eine Brahmanenideologie.
In der FAS vom 18.3.18 berichtet Norman Ohler über seine Erfahrungen mit der Hitler-Verehrung in Indien, wo es sogar Hitler-Eiskrem gibt. Er zitiert auch den Indienkenner William Dalrymple (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1618#36494), der den finsteren Hintergrund des BJP (und RSS) beim Namen nennt. Der religiös fundierte Rassismus ist die größte Bedrohung des modernen Indien.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.03.2018 um 18.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38218

Das Ganze hatten wir ja schon einmal (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1042#26497) und auch was die Umfragen jetzt herausfinden, haben sie vor einigen Jahren schon einmal herausgefunden.

Es ist bedauerlich, daß die neue Regierung gleich mit solchem Hickhack anfängt und darüber nicht zur Bearbeitung der lösbaren Fragen kommt. Als Bundesinnenminister müßte Seehofer Pläne vorlegen, wie man die Ausreisepflichtigen loswird usw. Das Stänkern und das Provozieren eines Teils der Bevölkerung ist nicht Aufgabe einer Regierung, die ja über andere Mittel verfügt. Polemik gegen eine Religion, die grundgesetzlichen Schutz genießt, kann doch zu nichts führen.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 17.03.2018 um 16.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38216

Das ist grundsätzlich schon richtig. Ich finde es trotzdem lehrreich, die gegensätzliche Behandlung in den verschiedenen Meinungslagern zu beobachten.

Was mit der Aussage zum Islam wirklich gemeint wird, hat Herr Riemer ja ganz klar dargelegt.

Warum trauen sich Politiker nicht, es ebenso klar zu sagen?

Ich sehe zwei Antworten:

Erstens wissen sie, daß sie dann vom politiko-medialen Komplex in der Luft zerrissen werden. Sie müssen befürchten, daß einige potentielle Wähler sich davon beeinflussen lassen.

Zweitens (und wohl noch wichtiger) wissen die Politiker, daß die eigene Selbstentmachtung so weit fortgeschritten ist, daß sie gar nichts wirkungsvolles unternehmen können.

Ob Seehofer (zumal in dieser Koalition) es wohl schafft, bis zur Wahl in Bayern die Öffentlichkeit darüber hinwegzutäuschen, daß er genausowenig ausrichten kann, wie all seine Vorgänger?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.03.2018 um 15.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38214

Das soll man auch nicht, weil es der naturalistische Fehlschluß ist.

Hier wie dort nicht einfach ein logischer Fehler, sondern ein rhetorischer Kunstgriff, der die wahre Funktion solcher Äußerungen verschleiert (die aber von den wirklichen Adressaten trotzdem verstanden wird).
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 17.03.2018 um 15.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38213

Die FAZ widmet dieser „sinnlosen Frage“ heute auf der ersten Seite den Hauptartikel und einen Kommentar, obwohl es zu diesem abgegriffenen Thema wohl kaum etwas neues zu sagen gibt.

Ich denke, es ist endlich an der Zeit, gleichen Raum auch der Frage einzuräumen, ob der Waschbär zu Deutschland gehört. Historisch gehört er ohne Zweifel nicht zu Deutschland, andererseits „ist er ja nun einmal da“.

Der politiko-mediale Komplex hat ja die Frage, ob der Wolf zu Deutschland gehöre, schon klar beantwortet. In dieser Frage konnte man ganz ähnliche meinungsbildende (oder -diktierende) Prozesse beobachten, wie in der des Islam. So gehört es zur politischen Korrektheit, fest zu glauben, daß der Wolf völlig harmlos sei.

Zweifellos gehörte der Wolf zu Zeiten von Hänsel und Gretel zu Deutschland, der Islam dagegen nicht.

Wenn man aus der Tatsache, daß der Islam historisch nicht zu Deutschland gehörte, nicht schließen darf, daß er es auch heute nicht tut, warum sollte man umgekehrt beim Wolf schließen, daß er zu Deutschland gehört, weil er es früher einmal getan hat?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.03.2018 um 14.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38212

Kriminalität ist allerdings nicht das Thema. Dobrindt nennt Deutschland einen christlichen Staat und weist triumphierend auf die Tatsache hin, daß die Angehörigen seiner eigenen Religion in der Mehrheit sind. Das GG schützt aber nicht Mehrheiten.

Für mich ist die Frage, ob der Islam (oder der Buddhismus oder das Judentum) zu Deutschland gehört oder nicht, schlicht sinnlos – wegen der Undefiniertheit der Begriffe.

Also noch einmal: Was soll geschehen, wenn man zustimmt, daß der Islam nicht zu Deutschland gehört? Der Satz muß doch über die Tatsachenfeststellung hinaus einen appellativen Sinn haben. Sonst würde ja auch die AfD nicht so begeistert zustimmen und darauf hinweisen, daß er aus ihrem Programm stammt.

Ich werde weiterhin bei meinem Türken einkaufen, der mich übrigens noch nie beschummelt hat, im Gegensatz zu einer bekannnten Drogeriemarktkette, die es schon zehnmal versucht hat.

In einem "christlichen Staat" müßten sich eigentlich auch die Atheisten warm anziehen, aber so ist es auch wieder nicht gemeint. Die monotheistischen Religionen kämpfen herkömmlicherweise untereinander.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.03.2018 um 11.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38211

Man könnte diese Liste noch um einiges fortsetzen: Sie sollen ihre Messer stecken lassen, keine "Ehren"-Morde begehen, die Gleichberechtigung achten (nicht nur von Frauen, sondern z. B. auch anderer Religionen), keine Parallelgesellschaften mit eigener Gesetzlichkeit bilden, demokratische Regeln achten, ...

Aber solche Listen sind völlig überflüssig. Jedes Volk (Muslime, Christen, Religionslose; Araber, Deutsche, ...) soll die Freiheit haben, in seiner angestammten Heimat nach seinem Willen zu leben und seine Traditionen zu pflegen.

Als wichtigste Frage für uns sehe ich diese:
Warum tun wir uns das alles an? Wer zwingt uns, Menschen mit einer anderen Kultur hierherzuholen, sich hier ansiedeln zu lassen, was jede Menge Unfrieden mit sich bringt?

Mit ein paar wenigen Flüchtlingen haben wir keine Probleme, aber Völkerwanderungen können einfach nicht sein, dafür müssen andere Lösungen gefunden werden.

Würde das von allen Seiten verstanden und umgesetzt, dann wäre die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, nach wie vor völlig irrelevant.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.03.2018 um 06.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38208

Bei geschichtlichen Tatsachenbehauptungen von Politikern, ob wahr oder falsch, aber besonders bei wahren, muß man ja immer fragen, warum sie geäußert werden und warum gerade jetzt? Das galt für die Armenien-Resolution, das gilt für die griechischen Thesen zu Mazedonien usw.
Das Christentum hat die deutsche (und europäische) Geschichte stärker beeinflußt als jede andere Relgion. Was folgt daraus, und warum wird diese Binsenwahrheit gerade jetzt proklamiert? Diese einzig berechtigte Frage stellen die Interviewer meistens nicht. (Auch Söder stellt fest, daß der Islam „kulturgeschichtlich nicht zu Deutschland gehört“.)

Einige Möglichkeiten:

Die Muslime sollen sich der Leitkultur anpassen, Frauenhände schütteln (de Maizière), die Sonntagsruhe einhalten, Weihnachten feiern (?)...
Die Minarette müssen weg.
Sie sollen nicht schächten und sich bei Schweinefleisch nicht so anstellen (Vorsicht! Auch Juden wären betroffen.)

Ich frage ja nur, auch weil ich keine Lust habe, Mediävistisches zur Bedeutung der arabischen Gelehrsamkeit für die Scholastiker zu repetieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.03.2018 um 04.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38204

In Deutschland hat sich von den konkurrierenden vorderorientalischen Religionen überwiegend das Christentum durchgesetzt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.03.2018 um 18.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38198

Was gehört wozu? Das wäre ein schönes Ratespiel.

Gehört das Christentum zu China?

Gehört die Judenfeindschaft zu Deutschland?

Der bekannte Historiker Horst Seehofer wird die Antworten wissen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.03.2018 um 05.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38191

Seehofer wiederholt seine These, daß der Islam nicht zu Deutschland gehöre. Da werden die meisten zustimmen. Freilich nicht die Muslime selbst, denen er bescheinigt, sie gehörten zu Deutschland, hingen aber einer Religion an, die nicht zu Deutschland gehört. Seehofer meint das natürlich rein historisch, als Beitrag des Bundesinnenministers zum identitätsstiftenden Narrativ. Wer das mißversteht, ist selbst schuld. – Interessant ist noch, wie Seehofer die christliche Prägung Deutschlands definiert: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt. Dazu gehören der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten." Also entspannt euch, alles halb so wild! (Den christlichen Lebenswandel kann er schlecht preisen, angesichts seines eigenen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.03.2018 um 08.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#38120

Der Einsatz von Giftgas als Kriegswaffe ruft in der ganzen Welt Empörung hervor, der Einsatz von Religion dagegen kaum, obwohl er besser nachweisbar ist und viel mehr Opfer fordert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.03.2018 um 05.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37996

"During World War I, the German language was outlawed from many public schools, Beethoven was regularly eliminated from concert programs, sauerkraut was renamed Liberty Cabbage. Around this time, I have read, Germans and Jews in the United States who had stein in their last names began pronouncing it steen, in the hope of de-Germanizing themselves." (Joseph Epstein, korrigiert)
-
Über die richtige Aussprache wird viel diskutiert, s. etwa:
http://www.nytimes.com/1983/12/25/magazine/on-language-stine-or-steen.html (William Safire)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.03.2018 um 19.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37994

Die großen Hotelketten speichern alle möglichen Informationen (nicht nur was der Gast selbst eingetragen hat) und reden den Gast schon beim zweiten Aufenthalt so an, als sei er ein guter Freund, dessen Gewohnheiten sie sich genau gemerkt haben und vorab berücksichtigen. Er ist dann sehr geschmeichelt. Sie vergessen auch nie die Geburtstagsgrüße – natürlich nicht, es ist ja alles automatisiert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.02.2018 um 14.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37970

Gespräch mit einer iranischen Studentin:

Können Sie in Ihrer Heimatstadt Teheran auch so herumlaufen, in westlicher Kleidung?

- Ja, schon. Man sollte den Kopf bedecken, aber es gibt viele Frauen, die so stark sind, daß sie das nicht machen.

Sind es vor allem die Männer, die darauf achten?

- Nicht die Männer, nur die Tiere.

Die Tiere?

- Ja, die Religionswächter.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.02.2018 um 10.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37956

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat vor einer Entchristlichung der deutschen Gesellschaft gewarnt. "Eine strikte religiöse Neutralität des Staates und eine Privatisierung der Religion fördert nicht Toleranz und Weltoffenheit der Gesellschaft. Im Gegenteil: So legt man die Axt an ihre Wurzeln", sagte sie am Freitagabend in der Hamburger Petrikirche. (24.2.18)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.02.2018 um 05.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37937

Ist es eigentlich wahr, daß man in den USA ein fremdes Grundstück nicht ohne Einladung betreten darf, wenn man keine Kugel riskieren will?

Bei uns kommen die Leute gleich über den Gartenweg bis vor die Haustür, die wir allerdings gerade deshalb verglast haben, weil wir dann nicht zu öffnen brauchen, wenn eine dieser Bettlergestalten mit Migrationshintergund zu erkennen ist.

Gestern allerdings habe ich für einen zivilisiert aussehenden Vater und seinen halbwüchsigen Sohn geöffnet, die sich als Evangelisierer zu erkennen gaben. Der unschuldig aussehende Junge sagte sein Sprüchlein auf ("ob uns die Bibel heute noch" usw.), aber ich mußte ihn unterbrechen, weil ich gerade dabei war, für meine influenzageplagte Tochter die Mutter aller Hühnersuppen zu kochen. Ich schickte die beiden also weg, aber irgendwie kam ich mir schlecht vor. Natürlich zu Unrecht. Abgewiesen zu werden macht diesen Menschen nichts aus, im Gegenteil. Sie wirkten denn auch vollkommen entspannt und ihrer Sache sicher. Sollte ich etwas tun, um wenigsten den Jungen für die Menschheit zu retten? Aber das steht niemandem zu. Unbefriedigend so oder so.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.02.2018 um 03.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37927

In einem anderswo schon verlinkten Interview sagt Schwitzgebel auch sehr treffend:

I think, you’re in a mixed-up condition in which it’s neither quite right to say that you believe the races are intellectually equal nor quite right to say that you fail to believe that. I call this an “in-between” state of believing. It’s in-between but it’s not at all like being uncertain. You might still feel unshakeably certain. I think such in-between states are very common for the attitudes we regard as most central to our lives. Do you really believe that God exists? Do you really believe that family is more important than work? Let’s not look just at what you sincerely say to yourself and others but at how you act and how you react. Let’s look at your spontaneous valuations of things. Often, the match between sincere words and in-the-world reactivity is poor. And I doubt we have very good self-knowledge about any of this. (Eric Schwitzgebel: http://www.3ammagazine.com/3am/the-splintered-skeptic/)

Das ist auch meine Überzeugung sozusagen von Kindesbeinen an. Ich habe mir dazu immer ein Bild zurechtgelegt: Wir haben gewissermaßen mehrere Abteilungen im Kopf, die kaum voneinander wissen. Philosophen versuchen immer, die Meinungen konsistent zu machen. Sokrates war der penetranteste (und wußte es), Kant gehört natürlich auch in die erste Reihe: Alles, was wir tun, sollte logisch von Maximen ableitbar sein. Das ist ein Artefakt der Methode "Rechtfertigungsdialog".
Andere suchen die einheitstiftende Instanz außerhalb (Religion, heilige Texte). Dennett hat neuerdings die Inkonsistenz der religiösen Überzeugungen empirisch ermittelt. Er ist Beobachter; die Betroffenen quält es – oder auch nicht, wie Schwitzgebel meint, weil sie es gar nicht bemerken.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.02.2018 um 03.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37774

Der anderswo erwähnte Philosoph Eric Schwitzgebel bespricht auch die naheliegende Frage, warum z. B. die Juden am Pessach-Fest die Ermordung der ägyptischen Kinder feiern.
(http://www.latimes.com/opinion/op-ed/la-oe-schwitzgebel-passover-falsity-20170409-story.html)

I was imagining the Egyptians´ sons. I am an outsider to the temple. My wife and teenage son are Jewish, but I am not. My 10-year-old daughter, adopted from China at age 1, describes herself as "half Jewish."

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.02.2018 um 05.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37749

Manche erregen sich über Privilegien der Kirchen, aber das wirkungsvollste Privileg wird gar nicht wahrgenommen und daher auch nicht diskutiert. Durch die Kindstaufe werden Menschen zu beitragspflichtigen Mitgliedern einer Religionsgesellschaft. Gewiß können sie – kostenpflichtig – austreten, sobald sie religionsmündig geworden sind; aber das ist nur eine theoretische Möglichkeit und mit einigen Erschwernissen bewehrt. Ist das Ganze nicht ein Vertrag zu Lasten Dritter und damit sittenwidrig? Man könnte doch die Aufnahme des Kindes in eine spirituelle Gemeinschaft von der eigentlichen Vereinsmitgliedschaft unterscheiden, die der Religionsmündige in vollem Bewußtsein aufnimmt. Aber das verhindert unser Staat, wie ein ähnlich argumentierender Theologe kürzlich vor Gericht erfahren mußte.
Die Kindstaufe gleicht den Mitgliederschwund nicht völlig aus, verlangsamt ihn aber ganz erheblich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.02.2018 um 06.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37721

In Berlin streiten sie über die Revierabgrenzung der Theologien an den Universitäten. Warum finanziert der Staat mit Steuergeldern „bekenntnisgebundene Studiengänge“? Deren typische Denkfigur ist das päpstliche: „Es ist fest zu glauben, daß...“
Statt den Widerspruch zu benennen, spricht man freundlich von einem "Spannungsverhältnis" oder "Spannungsfeld". Man möchte ja nicht der gottlosen Trennung von Staat und Religion das Wort reden.
(Vgl. den schwammigen Text des Wissenschaftsrates: https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/9678-10.pdf)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.01.2018 um 05.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37635

Fest steht aber, dass die Masseneinwanderung das Problem (des Antisemitismus) verschärft hat. Auch hier zeigt sich, dass jede Gesellschaft eine Grenze der Aufnahmefähigkeit hat. Deutschland steht nicht zuletzt vor einer Bildungsaufgabe ersten Ranges. Es geht um die Vermittlung grundgesetzlicher, ja christlicher Werte. (Reinhard Müller FAZ 27.1.18)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.01.2018 um 09.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37450

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger (55) feiert Weihnachten mit seiner Familie. «Ich werde Zeit mit meiner Familie verbringen, meinen Eltern und meinen Geschwistern», sagte er in Freiburg der Deutschen Presse-Agentur: «Da unterscheide ich mich überhaupt nicht von den meisten anderen Menschen – Weihnachten ist auch Familienzeit.»

Schön, daß er seine Eltern noch hat, aber warum sagt er nicht mutig, daß er aus Überzeugung eben gerade nicht wie die „meisten anderen Menschen“ ist? Die wissen es doch und übersehen es keinen Augenblick. Leutseligkeit lebt gerade davon, daß sie die Kluft nur überspielt. Wenn ich dasselbe sagen würde, wäre es nicht leutselig und sowieso witzlos.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.01.2018 um 18.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37440

(Papst Franziskus zu Neujahr:)

Dabei verwies er auf die Muttergottes als Vorbild. Maria sei "genau so, wie Gott uns will, wie er seine Kirche will: Sie ist eine zärtliche Mutter, demütig, arm an materiellen Dingen, aber reich an Liebe".

Und wie ist sie als Ehefrau? Gehört das nicht seit Adam und Eva auch zum Menschsein? Im AT ist es noch selbstverständlich, aber wohl nicht für einen zölibatären alten Mann.

(Ist die Kirche "arm an materiellen Dingen"?)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.12.2017 um 06.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37390

Josef und Maria waren keine Flüchtlinge, sondern fanden kein Hotelzimmer, weil sie nicht rechtzeitig gebucht hatten. Insofern läßt sich die heutige Migrationsproblematik nicht so gut an die Weihnachtsgeschichte anknüpfen. Was die spätere Flucht nach Ägypten angeht, so ist der Betlehemitische Kindermord sicher eine Legende, zumal Herodes schon vier Jahre v. Chr. verstorben war.
Theologen wissen das alles, aber in den Predigten lassen sie es beiseite. Immerhin:

Laut einer vorab verbreiteten Weihnachtspredigt erinnerte Heße an Heiligabend an die befreiende Kraft des christlichen Glaubens. Maria und Josef seien nach Bethlehem gezogen, weil sie sich dem Evangelisten Lukas zufolge in eine Steuerliste eintragen sollten. Man dürfe annehmen, dass auch das Jesuskind auf dieser Liste erfasst wurde. "Jesus lässt sich in diese Steuerliste eintragen und er bezahlt seine Steuern", erklärte der Erzbischof.
In einem umfassenden Sinne habe Jesus mit seinem Leben und Sterben eine Schuld eingelöst, die wie eine schwere Steuerlast auf der ganzen Menschheit ruhe.


Aber so richtig klar wird auch hier nicht gesagt, worin denn die Steuerlast der ganzen Menschheit besteht. Dabei bemühen sich auch fromme Katholiken wie Garry Wills, aus dem als unzumutbar empfundenen Schema von Erbsünde und Opfertod herauszufinden.

Schriftliche Fixierung der Offenbarung macht es nicht unbedingt leichter. Mündlichkeit ist flexibler, kennt daher auch weniger Häresie.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.12.2017 um 04.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37388

Weihnachtsansprachen von Politikern usw. könnte man als "parareligiöse" Veranstaltungen bezeichnen. Dazu gehören auch das steuerfinanzierte Aufstellen von Weihnachtsbäumen, Schmücken der Straßen usw. durch die Kommunen, aber eben auch das Aufhängen von Kreuzen in Schulräumen, wie besprochen ("Wandschmuck"). Ohne den religiösen Hintergrund würde es nicht geschehen, die religiöse Bedeutung muß aber vollständig geschwunden sein, sonst wäre es im säkularen Staat nicht zu rechtfertigen. All dieses zur Leitkultur gewordene "Brauchtum" hält sich unangefochtener als sämtliche Dogmen, weil es keine "Aufklärung" zu befürchten hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.12.2017 um 07.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37384

Was hat die Weihnachtsgeschichte mit der Regierungsbildung zu tun? Das liegt doch auf der Hand:

"Aber wären wir Menschen nicht auch mutig und offen für das Unerwartete, dann wären schon die Hirten vor Bethlehem auseinandergelaufen." (Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten Steinmeier)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.12.2017 um 04.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37352

Closed Shop ist in Deutschland verboten, da es gegen die negative Koalitionsfreiheit verstößt. Das Arbeitsrecht der Kirchen genießt den bekannten Ausnahmestatus. Wer in sozialen Berufen arbeiten will, sollte in der Kirche bleiben und die Kirchensteuer zahlen, anstelle des Gewerkschaftsbeitrags der Closed-Shop-Politik. Andernfalls schränkt er seine Berufsaussichten stark ein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.12.2017 um 17.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37285

Deutschlands neuer Judenhass kommt aus dem Einwanderermillieu (NZZ 12.12.17)

Auch diese Schlagzeile bereitet mir ein leichtes Unbehagen, nicht nur wegen des Rechtschreibfehlers.

Auch dies:

Antisemitismus ist in Deutschland tief verwurzelt – vor allem in muslimischen Communitys.(ZEIT 14.12.17)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.12.2017 um 04.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37275

Ich hatte eigentlich ein ganz anderes Thema im Kopf, will es aber auf sich beruhen lassen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 12.12.2017 um 23.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37273

Witzig eigentlich, wir reden hier noch über Leistungen.

Der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) hat einen "Brandbrief" an die Landesregierung geschrieben, in dem er eingesteht, daß die Stadt mit den kriminellen Ausländern nicht fertig wird. Mannheimer Morgen, 2.12.17, S. 1:

Die etwa zehn bis 15 Personen starke Gruppe (zumeist aus Marokko) falle durch "eine extrem hohe kriminelle Energie" auf, schreibt Kurz weiter. Die sogenannten Uma (unbegleitete minderjährige Ausländer) sorgten laut Stadtoberhaupt seit 2015 für einen erheblichen Anstieg der Straßenkriminalität in Mannheim. Bei ihnen bestünde keinerlei Interesse an einer Integration. "Gesetze, Verordnungen werden hemmungslos gebrochen und die Hausordnungen der Einrichtungen vollkommen ignoriert."

Der MM schreibt weiter (S. 2), Abschiebung sei bei Minderjährigen gesetzlich nicht möglich, Haftstrafen sehe das Strafgesetzbuch bei Jugendlichen auch wegen wiederholter Diebstähle nicht vor.
Unsere "Demokratie" sieht also keinen Ausweg aus dieser Misere. Die Jugendlichen dürfen seit Jahren frei und ungehemmt auf Raubzüge durch die Stadt gehen. Manchmal werden sie geschnappt. Na und? Macht doch Spaß, und morgen klappt es vielleicht besser.

Übrigens zahlt die Stadt pro Person 5000 Euro Betreuungskosten im Monat, das sei so teuer wegen der 24-stündigen Betreuung. (Bei insgesamt 222 Uma, die zur Zeit in Mannheim leben, macht das jährlich 13,3 Millionen Euro.) Ich frage mich, ob der Zeitungsleser hier verscheißert wird, oder ob die Betreuer bei den Diebeszügen tatsächlich dabei sind.

Tja, die "Leistungen" der jungen Migranten ...

Aber es ist völlig richtig, ich sage das jetzt auch ohne alle Ironie, man kann dem einzelnen nicht böse sein. Es ist unsere Regierung, unser Staat, letztlich wir alle, die sich von Kriminellen auf der Nase herumtanzen lassen und die Flüchtlinge und Migranten zu diesem Tun erziehen. Es ist falsch verstandene Demokratie, ein Gutmenschentum, das seinem eigenen Untergang zusieht, es ist eben keine Demokratie!
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 12.12.2017 um 16.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37272

Das ist es ja. Eine längere Aufenthaltserlaubnis mit Aussicht auf Einbürgerung sollte nur den Bewerbern erteilt werden, denen eine solche Überlegung nicht so fern liegt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2017 um 15.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37271

Nein, das glaube ich nicht. Eine solche Überlegung liegt den Betreffenden zu fern.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 12.12.2017 um 14.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37269

Das wird wohl daran liegen, daß unsere verantwortlichen Politiker auch keinen Zusammenhang sehen zwischen der Leistung eines Einwanderungswilligen und der Einwanderungserlaubnis.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2017 um 11.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37268

Ausbilder berichten mir, manche jungen Migranten sähen keinen Zusammenhang zwischen Leistung und Noten. Sie bringen die Vorstellung mit, daß man gute Noten auf verschiedene Weise erlangen kann, nur nicht durch eigene Anstrengung. Das macht den Unterricht auf die Dauer sehr frustrierend. Zumal man dem einzelnen gar nicht böse sein kann, er kennt es eben nicht anders.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2017 um 11.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37267

Aus meiner Kindheit in der Kleinstadt kenn ich noch den Spruch: "Die gehn zum Lachen in den Keller" – über gewisse protestantische Nachbarn. Mencken schrieb:
"Puritanism: The haunting fear that someone, somewhere, may be happy." Heute hört man so etwas seltener, die Bigotterie ist in Spielarten des Islam übergegangen (Wahhabiten, Boko Haram...).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2017 um 10.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37266

Es gibt eine große Menge "kinderfreier" Hotels, die den "Urlaub ohne Kinder" als besonders erholsam anpreisen. Damit werden nur selten Eltern angesprochen, die ihre Kinder mal zu Hause lassen oder anderswo unterbringen möchten. Ganz anders der "Urlaub ohne Hunde"; da geht es fast immer um die Unterbringung des Hundes, der nicht mitreisen darf oder soll. "Seniorenfreie" Hotels scheint es bisher nicht zu geben, da würde sich wohl auch einiges Gezeter erheben. "Urlaub ohne Behinderte" ist zwar gelegentlich eingeklagt worden, aber ohne Erfolg und Nachfolge. Es bleibt also bei der Einsicht, daß eigentlich nur Kinder stören.

Ob man sich gestört fühlt, ist größtenteils eine Frage der Einstellung. Baulärm stört wohl jeden. Urlaub ohne Einheimische könnte auch erstrebenswert erscheinen, die sind oft arm oder dreckig oder laut oder alles zusammen. Die Ferien-"Oasen" in exotischen Ländern tragen diesem Wunsch implizit Rechnung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2017 um 05.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37261

In verschiedenen inzwischen von der Wissenschaft abgelehnten Rassentheorien wurden die Juden als „Semiten“ bezeichnet, weil die Hebräer ein semitisches Volk seien. Um die Judenfeindlichkeit „wissenschaftlich“ (und nicht mehr nur religiös) zu untermauern, wurden die Semiten zu einer „minderwertigen Rasse“ erklärt, die zu keiner eigenständigen Kultur imstande sei. Hieraus entstand auch die Bezeichnung Antisemitismus (Judenfeinde bezeichneten sich selbst als Antisemiten). Antisemiten wie Eugen Dühring gingen so weit, die Juden als schlimmste Sorte der Semiten zu bezeichnen, die selbst von den anderen Semiten (Arabern) gehasst werden.
(Wikipedia)

Man übernimmt also den rassistischen Sprachgebrauch, wenn man die Demonstrationen und Ausschreitungen der Araber in Berlin usw. als "antisemitisch" statt "juden-/israelfeindlich" bezeichnet.

Oft in der Absicht, Israelkritik von vornherein unmöglich zu machen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.12.2017 um 17.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37259

Übrigens:

Stadt Erlangen zeigt Flagge gegen Atomwaffen (nordbayern.de 10.12.17)

Gegen Forchheim einerseits, Fürth andererseits wird Erlangen sich weiterhin mit konventionellen Waffen zur Wehr setzen, was uns Spardorfern natürlich nur recht sein kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.12.2017 um 17.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37258

Wenn Araber die israelische Flagge verbrennen usw., ist das wohl kaum als "Antisemitismus" zu bezeichnen. Der Antisemitismus war und ist eine mit Rassenbegriffen garnierte Judenfeindschaft. Hier geht es jedoch um Israelkritik und Israelfeindschaft. Als "Antisemitismus" kann man es leichter verurteilen und braucht die richtige Schublade nicht zu öffnen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.12.2017 um 07.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37198

Unter der Mogul-Herrschaft wurden viele Hindu-Tempel zerstört, aus den Steinen manche Moschee gebaut. Heute zerstören die Hindunationalisten gern Moscheen. Auch das Taj Mahal sehen sie schon als unindisch an. Ich halte es für möglich, daß sie es bald sprengen. Man kann das kaum verhindern. Mit Religion hat es zunächst nichts zu tun, schon weil der Hinduismus nicht missioniert und keine Rechtgläubigkeit kennt. "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" trifft es schon eher. Der Gewinn, einer Gemeinschaft anzugehören, die besser ist als eine andere (wenn auch vielleicht nur zurechtphantasierte), ist ungeheuer; da kann man sich mal richtig austoben. Die vorgeschobene Religion gibt das gute Gewissen dazu. ("Gott will es.")
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.12.2017 um 13.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37183

Wenn man nicht an die Lehren bestimmter Kirchen glaubt, aber auch nicht als "religiös unmusikalisch" (atheistisch) gelten will, kann man sich als "spirituell interessiert" bezeichnen. In den USA werden solche Leute als "seekers" bezeichnet. Das Wort wird heute zunächst mit Harry Potter in Verbindung gebracht, so auch von Google, aber es hat eine viel ältere "spirituelle" Bedeutung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.11.2017 um 04.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37018

Die Menschen sollen wieder an Gott glauben, nicht wahr?

So schlicht kann man es aber unter gebildeten Lesern heute nicht mehr ausdrücken, folglich spricht man von der „Wiederherstellung der Kategorie des Heiligen“ (Hans Jonas). Mit dieser blutleeren Abstraktion kann man aber den Frommen nicht kommen, und die Atheisten, die man wieder ins Boot holen möchte, finden es erst recht zum Speien.

Man kann auf vielen hundert Seiten den naturalistischen Fehlschluß ausbreiten ("nach den Regeln der Natur bzw. der Schöpfung leben") wie Jonas oder auf wenigen hundert wie sein Ziehsohn Konrad Adam, es funktioniert einfach nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.11.2017 um 17.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37017

Einen festen Termin für den Buß- und Bettag gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Die evangelische Kirche legte damals den Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres, dem Ewigkeits- oder Totensonntag, als Feiertag fest. Er dient zur Besinnung und zur Reflexion über individuelle und gesellschaftliche Themen wie Ausländerhass, Umweltzerstörung oder Ausgrenzung.
(http://www.nordbayern.de/region/buss-und-bettag-die-meisten-bayern-mussen-arbeiten-1.6871628)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.11.2017 um 15.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#37006

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1060#21790

In China scheint die Geschichtsfälschung Fahrt aufzunehmen. Das Überwachungssystem könnte Mao erblassen lassen und wird mit modernsten Mitteln weiter vervollkommnet. Im Westen werden sich Sympathisanten finden, wie seinerzeit zu allen Spielarten kommunistischer Herrschaft.

Schade um das Land, das mich immer aus ganz anderen Gründen fasziniert hat. Man kann höchstens noch versuchen, etwas daraus zu lernen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.11.2017 um 05.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36998

Viele tun so, als habe Karl Lagerfeld etwas Skandalöses getan, als er aussprach, daß mit den (muslimischen) Migranten die Judenfeindschaft zunehme. Das steht allerdings seit Jahren täglich in den Zeitungen, und zum Beispiel die Hanns-Seidel-Stiftung hat es kürzlich ungerügt ausgesprochen:

"Ein weiteres Problem, das die Studie zutage fördert, ist der weitverbreitete Antisemitismus unter muslimischen Flüchtlingen, der sich durch alle Altersklassen und Bildungsschichten zieht."

Die künstliche Erregung hat die vielleicht gewünschte Folge, daß nun jeder denkt: Aber er hat doch recht!

(Gewissermaßen die Umkehrung des Märchens: Aber er ist doch gar nicht nackt!)

Warum sollten die muslimischen Migranten die Judenfeindschaft in der Heimat zurücklassen? Erfahrungsgemäß verstärken sich Einstellungen in der Diaspora, weil sie dem Entwurzelten Halt geben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.11.2017 um 06.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36945

Mit Jesu Anspruch «Ich bin die Wahrheit» begegnet uns etwas völlig Neues, das sich von allen bisherigen Modellen grundlegend unterscheidet. Jesus behauptet ja nicht nur: Ich sage die Wahrheit wie ein Prophet, oder: Ich entfalte die Wahrheit wie ein Weisheitslehrer, oder: Ich vermittle die Wahrheit, wie dies ein Guru behaupten mag. Jesus beansprucht: Ich bin die Wahrheit in Person.
Im Christusglauben geht es nicht um eine bestimmte «Lehre», ein Programm, ein neues Menschenbild das man selbst ablehnen könnte um es doch bei Freunden zu tolerieren. Im Zentrum steht vielmehr der Name Jesus. Dieser Jesus ist der einzige, in dem Gott, der Schöpfer und Herr der Welt und jedes einzelnen Lebens, «wirklich» zu uns kommt. In Jesus steht der eine Gott vor uns. Und diese «Person/Wahrheit Jesus» ist die eine und alleinige (exklusive), die für alle umfassend gültige und die für immer bleibende, niemals wiederholbare Offenbarung Gottes. Jesus ist der Eine für alle, und das ein für allemal. Wer dies glaubt bekennt und ihm Folgsamkeit leistet, ist Christ. Wer ihm begegnet, sollte also nicht nur tolerant sein, sondern von ganzem Herzen in die Nachfolge treten, denn hier begegnet ihm das Leben selbst! Ja, dann hat er die Wahrheit begriffen und das wahre Leben ergriffen.

http://www.livenet.de/themen/glaube/andachten/kurzpredigt_dick_leuvenink/112955-ich_bin_die_wahrheit.html

Auf unzähligen Websites wird das paraphrasiert, aber nie wird erklärt, wie eine Person die Wahrheit sein kann. Man soll es glauben, auch wenn man es schon rein sprachlich nicht versteht. Im zitierten Text heißt es ausdrücklich, daß die Formulierung nicht metonymisch zu verstehen sei (auf die Lehre Jesu bezogen). Verlangt wird, daß man sich über die sprachliche Unmöglichkeit hinwegsetzt. Wer es schafft, ist ein Christ. Credo quia absurdum bezieht sich eigentlich auf die Wunder (besonders die Auferstehung). Aber das sacrificium intellectus setzt schon früher ein, bei der Grammatik. Es ist verdienstvoll, etwas zu glauben, obwohl man es nicht versteht. Das wird schon Schulkindern beigebracht, mit staatlicher Billigung und Unterstützung.

Ich habe mich schon als Schüler dagegen gewehrt und auf der Grammatik bestanden. „Caesar non supra grammaticos.“ Das habe ich damals noch nicht gekannt, es drückt aber aus, was ich denke, bis hin zur Rechtschreibreform. Vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1598#26454.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 05.11.2017 um 11.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36885

Typisch für faktenresistente Menschen ist, daß sie ihre Meinungen für Tatsachen und dem widersprechende Tatsachen für Meinungen halten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.11.2017 um 06.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36882

Viele Beschuldigungen wegen sexueller Belästigung werfen ein logisches Problem auf:
Hat ein Annäherungsversuch Erfolg, ist alles in Ordnung.
Hat er keinen Erfolg, kann er als Belästigung aufgefaßt werden.
Nur weiß der "Täter" nicht im voraus, ob er Erfolg haben wird. (Manche folgern ja schon jetzt, daß man es in Zukunft eher ganz unterlassen und lieber gleich ins Bordell gehen werde.)

Nicht widerlegbar ist auch die Anschuldigung nach oft mehrjähriger Ehe, man sei von Anfang an ein Opfer des mittlerweile geschiedenen Partners gewesen; die beiderseitigen heißen Liebesbriefe usw. widerlegten das nicht, im Gegenteil.

Ähnlich erbietet sich ja die katholische Kirche, eine Ehe auch nach 20 Jahren und der Aufzucht gemeinsamer Kinder als "von Anfang an ungültig" zu erklären, wodurch die glückliche Zeit also nichts anderes als eine Serie von Vergewaltigungen gewesen wäre. Immerhin zu einem humanen Zweck – eine Wiederverheiratung zu ermöglichen –, aber doch irgendwie unwürdig (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26937).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.11.2017 um 04.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36880

Ein Mann "findet" seine ermordete Ehefrau unter suspekten Umständen. Gleichwohl sind Dutzende von Leserzuschriften auf den üblichen Ton "Danke, Frau Merkel" gestimmt. Inzwischen sitzt der Mann erwartungsgemäß in Untersuchungshaft, "dringend tatverdächtig".

Wie die Meisterredner des vorigen Jahrhunderts wußten, muß man etwas nur oft genug wiederholen, dann wird es geglaubt. Für die Leserbriefschreiber steht auch fest, wer Schengen, die Energiewende und das EEG erfunden hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.11.2017 um 07.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36846

Die FAZ nennt den Attentäter von New York einen „mordenden Nihilisten“. Das ist absurd. Er ist ein mordender Idealist, ein frommer Mann („tief religiös“, wie man sagt, wenn einem das Verhalten besser gefällt), der daher laut Berichten auch „keine Reue zeigt“. Warum sollte er? Sein Ziel, Ungläubige zu töten, hat er erreicht und hätte bestimmt nichts gegen die Todesstrafe. Die Begriffsverwirrung kommt daher, daß man Religion unbesehen als etwas Gutes definiert. (Vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1103#28130) Man kann Probleme nicht lösen, wenn man sich den Zugang schon rein begrifflich verstellt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2017 um 17.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36817

Nochmals zu den Feiertagen:

Morgen wird der 500. Jahrestag der Reformation durch Martin Luther gefeiert. Bürgermeister Uwe Becker will, dass der Feiertag auch künftig gesetzlich gilt. Es brauche dafür eine gesamtdeutsche Initiative.
„Dieser Tag besitzt nicht nur alle 500 Jahre jene Bedeutung, sondern dauerhaft", sagt Uwe Becker. Daher solle der Reformationstag auch dauerhaft in seiner Bedeutung gewürdigt und als gesetzlicher Feiertag fest verankert werden. "Ich bin sehr dafür, dass die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden und der Reformationstag als religiös wie kulturgeschichtlich wichtiges Datum gesetzlicher Feiertag in unserem Land auf Dauer wird“, so der CDU-Politiker.

Es sei ein Fehler gewesen, „aus wirtschaftlichen Gründen heraus den Buß- und Bettag als gesetzlichen Feiertag abzuschaffen. Wir können nicht fortlaufend den Werteverfall unserer Gesellschaft beklagen und gleichzeitig die Ankerpunkte unserer christlich-jüdischen Traditionen lösen. Auch aus diesem Grund wäre eine gesamtdeutsche Initiative für die Einführung des Reformationstages als gesetzlichen Feiertag ein guter und wichtiger Schritt.“


Mit Protestanten kenne ich mich vergleichsweise besser aus und glaube sagen zu können, daß für beinahe alle nur ein arbeitsfreier Tag bevorsteht. Der Reformationstag hat ja eigentlich keine religiöse Bedeutung, sondern nur eine geschichtliche.

Wikipedia verlinkt einen weiteren kleinen "Ankerpunkt" der Tradition:

Reformationsbrötchen, die nur vier statt der fünf Blätter abbilden, entstammen entweder der Unkenntnis des Herstellers oder sind für den Fertigungsprozess vereinfacht – was vermieden werden sollte.

Das ist gewissermaßen das Satyrspiel.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2017 um 05.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36811

Manche "Bibeltreuen" berufen sich auf den Text und nichts als den Text (oft noch in Übersetzung). Aufgeklärte Theologen lächeln darüber. Sie haben die Textgeschichte, die historischen Umstände, die Beziehungen zu anderen Texten ("Intertextualität") studiert. Aus praktischen Gründen hüten sie sich meistens, die Illusion der "wörtlichen Auslegung" zu stören.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2017 um 16.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36809

Die Rechtssicherheit erfordert es natürlich, daß der Wortlaut der Gesetze beachtet wird. Aber es wäre eine Illusion und Überschätzung seiner Möglichkeiten, wenn man dem Text eine hinreichende Bestimmtheit zuschriebe, so daß man sich darauf beschränken könnte. Dann könnte man die Auslegung oder vielmehr Anwendung (denn eine Auslegung brauchte es gar nicht mehr) einem Automaten überlassen. Dies weisen alle mir bekannten Methodenlehren ausdrücklich zurück.

Texte sind Menschenwerk. Im Gesetz wird zum Beispiel etwas verboten; was nicht verboten ist, ist erlaubt. Das ist ein guter Grundsatz, aber die Verbote können gar nicht alle Fälle erfassen, die in Zukunft auftauchen. Folglich müßte man das Gesetz ständig ändern, ergänzen. Das ist weder möglich noch wünschenswert. Man besinnt sich also auf den Zweck des Ganzen, auf das zu schützende Rechtsgut.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2017 um 15.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36808

Es stimmt aber trotzdem, und ich kenne keine deutsche juristische Methodenlehre, die es nicht so darstellt; bin allerdings kein Fachmann. Über Scalia war ja bis zu seinem Tode viel in der Presse zu lesen; seine "guten Gründe" sind mir nicht bekannt, welche waren es denn? Im Wikipedia-Artikel steht auch etwas über seine Kritiker, die ihm Selbsttäuschung nachsagten: er habe den strikten Wortlaut des Gesetzes nur benutzt, um seine vorgefaßten Ansichten durchzusetzen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 29.10.2017 um 12.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36807

Daß »die Interpretation eines Gesetzes aus der Intention des Gesetzgebers und damit aus der Geschichte ein wichtiger Grundsatz der juristischen Methode« sei, wird von Textualisten wie Anthony Scalia aus guten Gründen bestritten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2017 um 04.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36804

Fußnote zum vorigen: Ich habe schon mehrmals darauf hingewiesen, daß unser GG an einer absurd frühen Stelle den Religionsunterricht an staatlichen Schulen thematisiert. Das ist wie die ganze Übernahme der WRV zum Punkt Religionsgesellschaften nur historisch zu verstehen. Ein weiteres Thema wäre der Auftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirche. Die geschichtsfreie Neuerfindung eines Verfassungsstaates ist eine Utopie (und selbst die Utopien müssen historisch verstanden werden...).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2017 um 04.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36802

Man kann eine Religion ja nicht einfach verbieten und auch nicht von außen so trimmen, daß sie einem paßt. In Deutschland gibt es namhafte islamische Theologen (die ich eigentlich an staatlichen Universitäten so wenig sehen möchte wie christliche, aber aus pragmatischen Gründen hinnehme), die einen liberalen und "modernen" Islam vertreten. Die sollte man unterstützen. Aber ich will diese Dinge gar nicht diskutieren; man kommt erfahrungsgemäßt nicht weiter, weil jeder die Tatsachen so oder so gewichten kann.

Wichtiger ist mir, daß die Interpretation eines Gesetzes aus der Intention des Gesetzgebers und damit aus der Geschichte ein wichtiger Grundsatz der juristischen Methode ist. Das ist wirklich nicht zu vergleichen mit dem Interesse an der Etymologie.

(Die Entsprechung in der theologischen Dogmatik ist bekannt. Kein ernstzunehmender Theologe würde doch auf wörtlicher Befolgung der biblischen Gebote bestehen; alle sagen uns: Das muß man aus der Zeit heraus verstehen, zu der die Verfasser ihre Mahnungen an das Volk richteten. Wenn islamische Theologen etwas ähnliches sagen, stoßen sie auf Mißtrauen.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.10.2017 um 22.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36800

Die Geschichte und Herkunft der Gesetze ist sicher ebenso interessant wie die Etymologie der Sprache. Aber so wie diese nicht unbedingt heute den Sprachgebrauch und die Bedeutung eines Wortes bestimmt, kommt es im heutigen Leben nicht auf die Entwicklung der Gesetze und Religionsfreiheit an, sondern auf deren aktuellen Stand. Und da muß man "dem" Christentum wohl zugestehen, daß für die größten Strömungen überall auf der Welt trotz einiger Unterschiede im Detail Glaubens- und Gewissensfreiheit gelten. Dagegen ist "der" Islam sehr heterogen. Ich achte eine Frau sehr, die sagt, die Scharia sei weiter nichts als der richtige Weg, Wasser in der heißen Wüste zu finden, und die ansonsten fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht.

Frau Kaddor glaubt, mit dieser Meinung zur absoluten Mehrheit aller Muslime zu gehören. Nun gut, das lasse ich jetzt mal dahingestellt. Jedenfalls machen die islamischen Staaten, wo der Islam Staatsreligion ist, nicht gerade den Eindruck, daß dort die absolute Mehrheit Im Volk das Sagen hat.

Die Idee des deutschen Gutmenschentums, diese Staaten dadurch zu demokratisieren, daß wir ihre unterdrückte grundgesetztreue Bevölkerungsmehrheit nach Deutschland holen, finde ich einfach verrückt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.10.2017 um 03.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36793

Nachtrag: Hier erklärt eine Muslimin, was sie sich unter Scharia vorstellt: http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_82590044/kolumne-keine-angst-vor-der-scharia-.html
Das ist also zumindest auch möglich. Ich will mich in die Theologie einer mir ohnehin fernstehenden Religion nicht einmischen, aber ein bißchen mehr als das (christlich geprägte, von vornherein ablehnende) Klischee sollte man schon kennen.

Wenn man das Schreckensbild "des" Islams pflegt, müßte man sich fragen lassen: Wie kann man denn mit Muslimen befreundet sein? Das ist aber gar nicht schwer, nicht schwerer als mit Christen (wenn man selbst keiner ist).

Wobei mir klar ist, daß Einzelfälle das Vorurteil nicht beseitigen. Auch der Antisemit war mit seinem Ausnahmejuden befreundet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2017 um 21.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36792

Ganz allgemein und ohne Ihnen, lieber Herr Riemer, direkt widersprechen zu wollen, möchte ich doch sagen, daß die Vergangenheit auch für das Recht nicht irrelevant ist, und das betrifft auch das Verhältnis von Staat und Religion. Die Juristen ziehen zur Interpretation der Gesetze durchaus auch deren Entstehungsgeschichte heran. Daraus erklärt sich nämlich teilweise die Intention des Gesetzgebers.

Interessant ist übrigens, wie flexibel scheinbar eherne Gesetze doch auch bei uns sind. Natürlich lehnen wir die Polygamie ab, aber wer weiß? Die Schwulenehe schien bis vor kurzem auch undenkbar, das Verbot der Geschwisterehe wird schon stark angegriffen.
Die recht verstandene Polygamie hat ja auch Vorteile...

Der Wikipedia-Artikel "Scharia" ist noch unabgeschlossen, gibt aber schon einen Einblick in die Kompliziertheit des Gegenstandes. Wir denken ja oft allzu schematisch darüber, wie überhaupt über "den" Islam (was ich gar nicht gern höre).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 27.10.2017 um 18.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36791

Ja, die Leute drücken sich wirklich immer sehr ungeschickt aus. Man kann niemandem ein Grundrecht aberkennen, nur weil derjenige dieses Grundrecht selbst nicht anerkennt. So ist das eben in einer Demokratie.

Warum sagt Glaser nicht einfach ganz klar:
Die Afd erkennt selbstverständlich die Religionsfreiheit an!
Insofern es sich aber nicht um eine Religion oder religiöse Fragen handelt, wie zum Beispiel bei Scientology oder bei der Scharia des Islam oder bei der Kirche des Spaghettimonsters, ist das Grundrecht der Religionsfreiheit gar nicht betroffen. Deshalb kann der Staat rechtswidrige Praktiken, die lediglich unter dem Deckmantel einer Religion stehen, auch verbieten.

Es kann doch nicht sein, daß eine Gruppe religiöser Spinner demnächst z. B. zu Ostern Menschenopfer einführt und sich dabei auf Religionsfreiheit beruft. Das heißt, eine Religionsgemeinschaft kann nicht allein bestimmen, was Außenstehende als ihre inneren Religionsangelegenheiten anzuerkennen haben.

Die Scharia ist in Deutschland gesetzwidrig und wird deshalb zu Recht von keiner Partei anerkannt.
Nur schleichen die anderen Parteien immer um den heißen Brei herum, und nur die AfD spricht das Problem offen aus, leider oft ein bißchen holprig. Anstatt zuzugeben, daß die AfD im Prinzip recht hat, reiten nun die andern Parteien genau auf diesen Holprigkeiten herum.

Der deutsche Staat muß Muslimen ganz klar und eindeutig sagen, daß die Scharia in Deutschland nicht gilt. Insofern Muslime die Scharia als Teil ihrer Religion verstehen, was die meisten Muslime offenbar tun, dann gilt eben in ihrem Sinne keine Religionsfreiheit. Im Sinne des deutschen Grundgesetzes ist aber selbstverständlich die Religionsfreiheit gewahrt. Vor einer Einbürgerung sollte der Staat verlangen, daß der Neubürger sich klar zu diesen Regeln bekennt. Verstößt er später dagegen, muß eine Wiederausbürgerung möglich sein.

Für andere Religionen oder "Religionen" gilt natürlich das gleiche. Was Christen oder Juden in der Vergangenheit gemacht haben, ist irrelevant. Wir leben in der Gegenwart, und heute legt der Staat unabhängig von Religionen die Gesetze und damit auch die Freiheiten der Religionen nach demokratischen Grundsätzen fest.
Religionsfreiheit gilt also automatisch, wenn die demokratischen Regeln eingehalten werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2017 um 16.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36789

Glaser (AfD): „Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muss man das Grundrecht entziehen.“
Religionsfreiheit und andere Grundrechte gewährt der Staat, nicht eine Religion. Auch andere Religionen als der Islam legen auf Rechtgläubigkeit wert, und wenn sie die staatliche Macht erringen, können sie sie durchsetzen oder auch nicht (ich hatte Kaiser Akbar erwähnt). Juden und Christen haben es ebenso gehalten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2017 um 05.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36779

Empörung in Würzburg, weil eine Professorin eine muslimische Studentin aufgefordert haben soll, während der Vorlesung ihr Kopftuch abzulegen. Die Studentin beruft sich auf die Religionsfreiheit in Deutschland.

Das alte Dilemma: Religionsfreiheit bedeutet nicht, daß man seine Religion überall und jederzeit "ausüben" darf, also auch in geschlossenen Veranstaltungen. Auch wenn die Hausordnung der Universität kein ausdrückliches Verbot enthält - sie enthält wahrscheinlich auch manche anderen Verbote nicht, die als selbstverständlich gelten; außerdem übt der Dozent das Hausrecht aus und hat wohl einen gewissen Spielraum.
Wenn Schüler usw. verlangen dürfen, daß Kruzifixe abgehängt werden, können Professoren wohl auch verlangen, daß die Religionsausübung während einer säkularen Veranstaltung, zu der sie eingeladen haben, unterbleibt.
Ist das Kopftuch (wie das Kruzifix) aber nur ein modisches Accessoire, kann man es erst recht verlangen.
Wenn ich jemandem zum Essen einlade, kann ich mir verbitten, daß er mittendrin seinen Gebetsteppich ausrollt.
Ich selbst habe mich übrigens nie an Kopftüchern meiner Studentinnen gestört. Anderswo habe ich schon von der grenzwertigen Situation berichtet, wenn – mehr als einmal – eine solche Studentin zusammen mit ihrem Mann in die Sprechstunde kam und dieser, des Deutschen unkundig, die ganze Zeit in einer Ecke saß und die Tugend seiner gebildeteren Gattin bewachte. Das habe ich gerade noch hingenommen; die Hausordnung bot keine Hilfe, weil an solche Absurditäten nie gedacht worden war.
Die Frommen haben zwar ihren "Gottesdienst" als besonderen Kult, aber eigentlich sind sie doch immer "im Dienst" – oder? Man heißt ja entsprechend auch Abdullah (= Gottschalk) usw.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 25.10.2017 um 15.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36760

Es ist hinzuzufügen, daß die Iraner (früher Perser), die als Staatreligion den Islam haben (allerdings in einer Variante, die von den heutigen Arabern total abgelehnt wird, sich als die wirkliche "Arier" bezeichnen (von altindisch "aryas" = die Reinen). (Altpersisch ist eine indogermanische Sprache, die für die antiken Griechen nicht völlig fremd war.)
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 23.10.2017 um 16.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36747

Nach Ansicht der Antirassisten gibt es ja gar keine Rassen. Folglich kann man auch vom Islam als Rasse sprechen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 23.10.2017 um 11.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36739

In Wikipedia wird im Artikel über Islamfeindlichkeit antimuslimischer Rassismus als "konkurrierende Bezeichnung" aufgeführt, und in dem Artikel ist viel von Rasse die Rede. Zum Beispiel: "Umstritten ist, ob Islamfeindlichkeit als Form des Rassismus oder als eine nahe verwandte Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu betrachten sei."

Da ist doch etwas dran. Werden fremdländisch aussehende Muslime vorwiegend wegen ihres anderen Aussehens oder vorwiegend wegen ihrer abweichenden Religion abgelehnt? Ich vermute mal schwer: vorwiegend wegen des Aussehens. Insofern wäre "Rassismus" tatsächlich treffend, soweit das Hauptmotiv der Ablehnung gemeint ist. Seit Jahrmillionen bildet sich der Mensch spontane Urteile aufgrund dessen, was er mit den Augen wahrnimmt. Der Islam ist hingegen erst 1400 Jahre alt – und eine abstrakte Sache, die die meisten auch gar nicht genau kennen. Die Zugehörigkeit zum Islam wird überlicherweise aufgrund des Aussehens vermutet, oder sie macht sich an Signalen wie dem Kopftuch fest. Diese tragen gegebenenfalls zum Urteil "fremd" bei.

Man muß auch unterscheiden zwischen unwillkürlichen Impulsen, die sich gegen einzelne Menschen richten, die man als "fremdartig" wahrnimmt, und einer durchaus begründeten Furcht davor, daß der Islam in historisch kürzester Zeit, in wenigen Generationen, zur Mehrheitsreligion in Europa werden könnte. Dieses Szenario kann man (ebenfalls mit guten Gründen) abstoßend finden, ohne etwas gegen die einzelnen Menschen zu haben, die dieser Religion angehören. "Ich habe nichts gegen Muslime, ich möchte nur nicht, daß es immer mehr Islam in Deutschland gibt" – diese Aussage wird in den meisten Medien dahingehend interpretiert, daß der Betreffende islamfeindlich sei und seine Islamfeindlichkeit zugleich verleugne. Finde ich überhaupt nicht. Diese Deutung mag auf einige zutreffen, die sich so äußern, aber bei weitem nicht auf alle.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.10.2017 um 05.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36733

"Gegen Rassismus"? Die Poster der Demonstranten scheinen mir wieder mal haarscharf vorbeizugehen. Der Islam ist keine Rasse. Zwar mögen wir die Leute mit den schwarzen Bärten auch nicht, aber selbst die sind keine Rasse, ihr Antirassisten!

("Sexualisierte Gewalt" war der andere Mißgriff.)

Wenn man den Leserzuschriften folgt, scheinen die Tschechen einen Weg gefunden zu haben, die Migrantenflut einzudämmen, die ihnen Merkels Willkommenskultur eingebrockt hat. Dazu paßt:

Tschechien will die EU-Flüchtlingsquoten nicht länger erfüllen. Das Land habe im Rahmen des Umverteilungsprogramms vom September 2015 bisher zwölf Flüchtlinge aus Griechenland aufgenommen, sagte Innenminister Milan Chovanec der Onlineausgabe der Zeitung Pravo. "Tschechien hat nicht vor, weitere Migranten aufzunehmen", fügte der Sozialdemokrat hinzu. (ZEIT 16.4.17)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.10.2017 um 11.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36679

Ein nettes Wortspiel, mit dem ich gut leben kann. Unter einem "Privileg" versteht man ja eigentlich ein Vorrecht, also eine Ausnahme von der rechtlichen Gleichbehandlung.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 18.10.2017 um 18.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36672

Zweifellos ist das Christentum in Europa privilegiert – durch eine mehr als tausendjährige gemeinsame Geschichte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.10.2017 um 16.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36669

Es gab und es gibt dieses und jenes, auf allen Seiten. Wenn ich dazu nichts mehr sage, bedeutet es nicht, daß ich einverstanden wäre.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 18.10.2017 um 14.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36668

"Fremdfinanzierte Kirchenbauten gibt es auch in aller Welt" (#36426)

Mit Sicherheit nicht in Saudi-Arabien. Touristen mit einer Bibel im Reisegepäck werden von dort umgehend zurückgeschickt, Einheimische mit einer Bibel finden sich im Gefängnis wieder. Es gibt islamische Länder, wo Konvertierung zum Christentum mit Steinigung bestraft wird. Zwangsamputationen bei Diebstahl (Scharia). Usw.

Die Aussage, das „Recht auf freie Religionsausübung und Vereinigungsfreiheit“ sei „unislamisch, aber gut christlich“, kann man nur als sehr moderat bezeichnen. Der Islam kennt leider keine Religionsfreiheit. Wie kann man jemandem, der diese Wahrheit ausspricht, unterstellen, auch in anderen Dingen die Unwahrheit zu sagen? Schon das "auch" ergibt für mich keinen Sinn.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.10.2017 um 06.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36659

Wie es der Zufall will: Nachdem die katholische Kirche islamische Feiertage befürwortet hat, legt Daniel Deckers noch einmal nach. Er bezeichnet das „Recht auf freie Religionsausübung und Vereinigungsfreiheit“ als „unislamisch, aber gut christlich“. (FAZ 18.10.17) Wahrscheinlich würde er auch bestreiten, daß es unter Christen Religionskriege und Verfolgung aus religiösen Gründen gegeben hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.10.2017 um 06.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36658

Wie die Erfahrung zeigt, schützt keine Religion aus sich heraus davor, daß in ihrem Namen und von ihren Anhängern Verfolgung und Verbrechen begangen werden. Es ist nicht entscheidend, ob sie die Nichtduldung "anderer Götter" schon im Programm haben oder nicht.

Zugunsten des Islam wird im Westen gern an die relativ tolerante Herrschaft in Spanien erinnert. In Indien gedenkt man noch immer der Herrschaft Akbars. Die selbstgefällige These, der Islam habe seine Phase der Aufklärung noch vor sich, ist also ziemlich ungerecht. Alles ist möglich.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.10.2017 um 10.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36636

"Nicht mit den Feiertagen, mit den Privilegien."
Ich dachte, wir reden im Moment vor allem darüber, ob Feiertage Privilegien sind.

"Es ging übrigens darum, was den Christen entzogen wird, wenn die 5 Mill. Muslime ebenfalls einen klitzekleinen Feiertag bekommen."

Meiner Meinung nach ist das Problem falsch formuliert. Es geht nicht darum, was den Christen entzogen wird, sondern was der Wirtschaft entzogen wird, wenn ein Feiertag hinzukommt. Die Antwort darauf ist etwas naheliegender.

Wir haben Religionsfreiheit, jeder kann zu Hause seine eigenen Feiertage begehen, wie er will, dazu müssen nicht kleine Religionen ihre Feiertage dem ganzen Land aufnötigen. 5 Mio. Muslime sind 1/16, wir haben aber bundesweit nur 6 religiöse Feiertage.

Daß diese ursprünglich religiösen Feiertage alle aufs Christentum zurückgehen, hängt damit zusammen, daß die ganze westliche Kultur christlich geprägt ist, daß dies wegen der heutigen Toleranz und Weltoffenheit der Kirche auch allgemein akzeptiert wird und in unser gemeinsames Volksgut eingegangen ist.

Unabhängigkeit von Staat und Kirche kann erreicht werden, ohne daß der Staat die traditionellen Volksfeste infrage stellen oder dem ganzen Volk neue fremdartige Bräuche aufzwingen muß.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.10.2017 um 04.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36629

Was die Wochentage betrifft, so ist der Sonntag als Ruhetag ja jüdisch, nicht christlich. Die Bibel ist vielfältig auslegbar, aber ein unbefangener Leser wird wohl zu der Ansicht kommen, daß Jesus sich gegen die jüdische Orthodoxie gewandt und die strenge Beachtung des Sabbat kritisiert hat (Mk 2, 27 u. ö.), wie er denn hauptsächlich gegen den religiösen Gesetzesformalismus kämpfte.

Wo man die Sieben-Tage-Woche nicht kannte, gab es viele andere Gelegenheiten, die Arbeit ruhen zu lassen, z. B. in Griechenland und Rom. Unser indisches Personal gab vor, die christlichen, muslimischen und hinduistischen Feste zu feiern, was bedeutete, jedesmal die Hand aufzuhalten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.10.2017 um 04.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36628

Sag ich ja. Die verbliebenen Gläubigen sehen es natürlich nicht so. Es ging übrigens darum, was den Christen entzogen wird, wenn die 5 Mill. Muslime ebenfalls einen klitzekleinen Feiertag bekommen.

Und zu Herrn Achenbach:

In Frankreich findet grundsätzlich kein schulischer Religionsunterricht statt. 1905 beschloss das damalige Parlament das Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat; dieses gilt bis heute. In drei Départements Frankreichs (Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle) trat das Gesetz von 1905 nicht in Kraft, weil sie von 1871 bis Kriegsende 1918 bzw. bis zum Inkrafttreten des Versailler Vertrags als Reichsland Elsaß-Lothringen ein Bestandteil des Deutschen Reiches waren. Dort gilt noch das Konkordat von 1801; in diesen Départements wird ein schulischer Religionsunterricht in staatlicher Trägerschaft erteilt.

Selbst wenn es sich nicht um diese Ausnahme handelte, wäre der Hinweis, auch anderswo genieße die Kirche Privilegien, nicht relevant. Es bleiben Privilegien, und darum ging die Diskussion.

Man hat ja oft gesagt, in den USA seien die Reigionsgesellschaften gerade deshalb so aktiv und erfolgreich, weil sie sich tatsächlich konkurrierend um ihre Anhänger bemühen müssen. Auch bei uns fordern manche Theologen daher eine strengere Entstaatlichung der Kirchen. Wo die Kirche gefühlsmäßig zu "denen da oben" gehört, ist die Bindung der Gläubigen weniger stark als dort, wo sie das Gemeindeleben als ihre eigene Sache ansehen.

Aber jetzt will ich mich wieder aus solchen Betrachtungen ausklinken, die mich ja eigentlich nichts angehen.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 16.10.2017 um 22.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36627

Die Genese der Feiertage ist interessant, aber für die Praxis unerheblich. Dem entspricht auch, daß alte Kirchen heute ganz überwiegend wie Museen besucht werden. Wenn die ursprüngliche Bedeutung eines (christlichen) Feiertags verblaßt, erfindet man entweder eine neue oder feiert auch ohne eine solche. Der arbeitsfreie Samstag ist ja auch so etwas wie ein Feiertag ("Am Samstag gehört Vati mir"). Das wichtigste für die "hart arbeitende Bevölkerung" ist es, arbeitsfrei zu haben. Darauf weisen auch die Berechnungen am Jahresbeginn hin, mit denen den Erwerbstätigen schon einmal die Aussicht auf einen reichen Segen an solchen Tagen vermittelt wird. Wenn sie es "geschickt" anstellen, können sie ein Maximum herausholen.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 16.10.2017 um 22.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36626

Selbst im säkularen Frankreich gibt es staatlichen Religionsunterricht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2017 um 16.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36622

Nicht mit den Feiertagen, mit den Privilegien.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 16.10.2017 um 16.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36620

Ja, aber was hat das mit den Feiertagen zu tun? Die ursprünglich christlichen Feiertage gehören nicht allein der Kirche. Sie sind auch nicht auf Deutschland beschränkt, sondern gelten so ähnlich überall im westlichen Kulturkreis.

Sie bestreiten zwar nicht die fortschreitende Bedeutungsentleerung der religiösen Feiertage, ignorieren diese dann aber trotzdem.
Und daß ursprünglich religiöse Feiertage außerdem längst eine neue Bedeutung und Berechtigung über die Religion hinaus bekommen haben, nehmen Sie gar nicht erst zur Kenntnis.
Beides spielt doch aber eine Rolle bei der Frage, ob die christliche Religion vom Staat bevorzugt wird.

In vielen Dingen ist das leider noch so, aber die Feiertage, zumindest die 3 Hauptfeste, sind m. E. allgemeines Volksgut geworden und haben mit Bevorzugung von Kirche nichts zu tun.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2017 um 16.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36618

Unter den Beispielsätzen, die ich aus anderen Gründen gesammelt habe (rhetorische Frage), finde ich gerade:

Wo sonst in der Welt ist Religion ordentliches Unterrichtsfach, haben Kirchen Anspruch auf Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen wie im Privatrundfunk, gibt es staatlich finanzierte Militärseelsorge und vieles andere mehr? (FAZ 6.12.03)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2017 um 05.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36610

Mögen christliche Feiertage hierzulande innere Plausibilität verlieren, so sind sie noch immer Erinnerungsorte der Prägung unserer Kultur durch das Christentum. (Daniel Deckers FAZ 16.10.17)

Abgesehen davon, daß Feiertage keine „Orte“ sind – dann wären christliche Feiertage also Gedenkveranstaltungen? Na gut, wenn die Theologen selbst das so sehen, bin ich einverstanden: Wir alle erinnern uns daran, daß Deutschland einst vom Christentum geprägt war. Aber es stimmt natürlich nicht. Die Feiertage werden in Gottesdiensten und besinnlichen Leitartikeln durchaus als religiöse Feiern begangen. Das muß man verleugnen und verraten, um den Muslimen nicht ebenfalls welche zugestehen zu müssen. – Manchmal melden sich noch Theologen der strengeren Observanz und kritisieren den Übergang von Glaubensinhalten zu "kultureller Prägung" als laues Wischiwaschi; sie haben meine Sympathie.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 16.10.2017 um 00.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36607

Ich habe ja auch schon (wenn ich mich recht erinnere, sogar öfters) gesagt, daß ich mit dem Stand der Trennung von Staat und Kirche nicht zufrieden bin. In fast allen Punkten bin ich darin Ihrer Meinung, lieber Prof. Ickler, und auch der christliche Feiertagskalender wäre für mich kein Tabu. Zum Beispiel könnte er bundesweit vereinheitlicht werden. Was tatsächlich für mich absolut tabu wäre, sind irgendwelche Eingriffe in die Hauptfeste Weihnachten, Ostern, Pfingsten und die Einführung jeglicher neuer gesetzlicher Feiertage irgendeiner Religion (einschl. der christlichen). Nur, dessen bin ich mir sicher, dies wird alles im den nächsten 30–50 Jahren kommen, wenn bis dahin kein Wunder mehr geschieht.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 16.10.2017 um 00.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36606

Neujahr ist auch kein christlicher Feiertag.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 15.10.2017 um 22.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36605

Die islamischen Feiertage richten sich nach dem reinen Mondkalender und verschieben sich daher durch unser ganzes Jahr.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2017 um 20.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36604

Die staatsrechtliche Literatur zur "hinkenden Trennung" von Staat und Kirche ist breit genug. Auch betonen ja die Mächtigen beider Seiten unentwegt, der "Laizismus" passe nicht für Deutschland. Die faktische Bedeutungsentleerung bestreite ich nicht; gleichwohl bleiben es christliche Feiertage.

Gibt es irgend jemanden, der behaupten würde, zwischen Staat und christlichen Religionsgesellschaften gebe es in Deutschland kein besonderes Verhältnis? (Staatsverträge, das inoffiziell so genannte Staatskirchenrecht – einfach verleugnen?) Ob man es "Privilegien" nennt oder wie auch immer, ist mir egal.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.10.2017 um 20.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36603

Wir reden von Privilegierung von Religionsgemeinschaften.
Was ist denn ein Privileg?

Wenn eine Partei bei einer Wahl die absolute Mehrheit erreicht und daraufhin den Kanzler stellt, ist das nicht Ausdruck eines Privilegs dieser Partei oder ihrer Wähler, sondern ergibt sich aus der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz.
Privilegiert wäre eine Gemeinschaft, wenn sie mehr bekommt, als ihr nach dem Gleichheitsgrundsatz zusteht.

Die deutsche Bevölkerung ist zu ca. 1/3 konfessionslos, zu 2/3 religiös. Von den 2/3 Religiösen sind etwa 90% Christen und 10% Muslime, die anderen Religionen kann man in diesem Zusammenhang vernachlässigen.

Bundesweit haben wir 9 Feiertage, davon 3 weltliche (den Neujahrstag muß man wohl auch dazu zählen) und 6 kirchliche (ohne die Feiertage, die ständig auf Sonntage fallen).

Meiner Meinung nach spiegelt sich hierin immer noch ziemlich genau das Größenverhältnis der Religionen zueinander und zu Atheisten wider. Darum meine ich, das Christentum ist bei uns nicht besonders privilegiert, was die religiösen Feiertage betrifft.

Die historische Entwicklung der Feiertage und den Fakt, daß sich um sie ein großes nichtreligiöses Brauchtum entwickelt hat, das sie mehr und mehr zu Feiertagen (nicht zu bloßen Freitagen) der gesamten Bevölkerung und zu Eckpfeilern der ganzen westlichen Kultur macht, muß man dabei natürlich berücksichtigen. Unsere ursprünglich kirchlichen Feiertage gehören nicht den Kirchen allein, genau wie alte, berühmte Kirchengebäude Denkmäler unseres ganzen Kulturkreises und nicht nur der Christen sind.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 15.10.2017 um 18.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36602

Muß man Feiertage überhaupt begründen? Wie wird eigentlich der Sonntag begründet? Da dürfte doch der biblische Hintergrund den meisten nicht mehr bewußt sein. Trotzdem wird er niemals abgeschafft werden. So auch mit den christlichen Festen. Auch wenn es eines Tages gar keine Christen mehr geben sollte, werden die Feiertage erhalten bleiben. Wir sehen es ja schon am "Vatertag". Das "Volk" schafft sich seine eigenen (Be-)Deutungen. Das ist eben doch ein bißchen mehr als "Gerede".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2017 um 17.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36601

Die gesetzlich festgelegten kirchlichen (!) Feiertage sind selbstverständlich rein religiös begründet, ebenso wie die anderswo diskutierten Tanzverbote usw. Das volkstümliche Gerede von Osterhasen und Vatertag ist irrelevant. Der Staat schützt keinen Vatertag, und die Unternehmer bezahlen keinen. Der Glaubensschwund ist eine Sache, die Privilegierung eine andere - wie kann man darüber überhaupt streiten?
Das unbestimmte Reden vom christlichen "Ursprung" reicht nicht aus. Ohne Himmelfahrt kein "Christi Himmelfahrt". Ich muß anscheinend wieder mal ernsthafter über solche Dinge reden als manche Christen selbst.
Von "Auffrischung" durch islamische Feiertage hat niemand gesprochen, oder?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.10.2017 um 14.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36600

Es gibt überhaupt keinen Anspruch auf einen gesetzlichen Feiertag! Für niemanden!
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 15.10.2017 um 13.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36599

Nicht jede Minderheit kann einen gesetzlichen Feiertag beanspruchen. Ich vermisse Zahlenangaben über orthodoxe Christen, Juden, Muslime, Sinti und Roma usw. in Deutschland.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.10.2017 um 11.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36598

Der Staat will nicht die Privilegierung des Christentums zur Diskussion stellen?
Das tut er doch schon, und dagegen ist auch gar nichts zu sagen. Gerade hinsichtlich der Feiertage kann man aber nicht von einem Privileg des Christentums sprechen. Wenn unsere Feiertage bis auf 1. Mai und 3. Okt. alle christlichen Ursprungs sind, dann entspricht das dem Lauf der Geschichte und dem traditionellen christlichen Bevölkerungsanteil. Inzwischen haben sich die rein kirchlichen Hintergründe längst mit ganz profanen Bräuchen vermischt, Weihnachtsmann, Osterhase, Vatertag, Pfingsten als Frühlingsfest, es stimmt, daß der religiöse Sinn immer mehr in Vergessenheit gerät. Längst sind die großen Feste keine rein christlichen mehr, sondern allgemeine Feste, die ihren Platz in unserem Brauchtum gefunden haben. Deshalb ist es nicht zulässig, darin eine Privilegierung des Christentums zu sehen oder historisch gewachsene Bräuche gegen christliche, jüdische, buddhistische, islamische oder hinduistische Feiertage aufzurechnen. Unsere Kultur ist heute zuallererst säkular, sie braucht keinerlei "Auffrischung" durch irgendeine Religion.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 15.10.2017 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36596

Während des Jugoslawien-Krieges sind sehr viele bosnische Muslime nach Deutschland gekommen. Sie sind überhaupt nicht aufgefallen, denn sie sind ja Europäer. Entscheidend ist folglich nicht die Religion, sondern die Kultur.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2017 um 04.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36588

Es gibt kirchliche Feiertage, über deren religiösen Sinn auch Kirchenmitglieder so gut wie nichts wissen und den sie auch nicht verstehen würden, weil er in eine lange vergangene Ideologie ("Erzählung") eingebettet ist. "Feiern" heißt heute einfach "bezahlte Freizeit", man braucht nicht mehr "etwas" zu feiern. Darum wacht die Gewerkschaft strenger als die Kirchen über die Beibehaltung gesetzlicher Feiertage. Vielleicht kommt von dieser Seite die mächtigste Fürsprache für islamische Feiertage. Der theoretisch weltanschaulich neutrale Staat kann sich dem kaum verschließen, wenn er nicht die Privilegierung des Christentums zur Diskussion und Disposition stellen will.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 14.10.2017 um 21.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36587

Verlässt Frankreich die Organisation (= die Unesco) als Nächstes? FAZ v. 14.10.

Von der unsinnigen Großschreibung abgesehen: Richtig müßte es heißen "als nächster" oder "als nächstes Land" (nach den USA nämlich).

"als nächstes" bedeutet: nachdem es etwas anderes getan hat
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 14.10.2017 um 19.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36586

Nach Sieferle wird der Sozialstaat, wie wir ihn kennen, unter dem Ansturm der Migranten zusammenbrechen. Mit ihm dann auch der Rechtsstaat, denn seine Legitimation und Akzeptanz empfängt der moderne Nationalstaat aus der im Laufe der Zeit immer weiter ausgedehnten Sozialfürsorge. Als Herr über das Staatsgebiet und seine Grenzen hat er ja bereits versagt. Sieferle sieht eine "Tribalisierung" auf Deutschland zukommen. D.h. es wird sich eine Stammesgesellschaft herausbilden, wie wir sie z.B. in vielen Regionen Afrikas sehen. Konflikte werden dann nicht mehr vor allein zuständigen Gerichten, sondern innerhalb des Stammes ausgetragen. Die Bio-Deutschen werden dann nur noch ein Stamm unter anderen sein. Ein Blick auf die Geburtenraten macht dieses Szenario mehr als wahrscheinlich.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.10.2017 um 18.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36585

Vor vielen Jahren wurde ganz ernsthaft über die Abschaffung des Pfingstmontags als gesetzlicher Feiertag diskutiert. Der Buß- und Bettag wurde der Evangelischen Kirche abgehandelt. Nichtchristliche Feiertage sind der 1. Mai und der 3. Oktober, früher war es der 17. Juni. Rein katholische gesetzliche Feiertage sind Allerheiligen und Mariä Himmelfahrt. In Augsurg-Stadt gibt es das evangelische Friedensfest als gesetzlichen Feiertag.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 14.10.2017 um 17.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36583

Die gesellschaftlichen (Schande, uneheliches Kind...) und rechtlichen (Konkubinatsverbot)Schranken für Paare in "wilder" Ehe (so wild war und ist daran nichts...) sind fast völlig verschwunden. Aber mit dem Verschwinden fehlt auch sozusagen der Zündfunke für die große leidenschaftliche Liebe. So beobachten wir heute, daß viele junge Paare sich die Leidenschaft mit ihren Höhenflügen, Abstürzen, Ängsten und Rauschzuständen ersparen, es sich lieber gemütlich machen und jahrelang – kinderlos – unverheiratet ganz zufrieden zusammenleben. Warum auch nicht? Was man nie gekannt hat und nicht einmal erahnen kann, das vermißt man auch nicht. Und warum noch heiraten? Vielleicht geht es den Partnern aber auch so: Das altgewordene Paar vor dem Kamin. Sie: "Schatz, sollten wir nicht endlich heiraten?" – "Ja, aber wer will uns jetzt noch haben?"
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 14.10.2017 um 15.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36582

"Verändert hat sich seit der vorherigen Erhebung 2011 aber auch die Zusammensetzung der Schülerschaft. Der Anteil der Viertklässler mit Migrationshintergrund erhöhte sich um mehr als ein Drittel auf 34 Prozent.“
(http://www.zeit.de/news/2017-10/13/bildung-bildungsstudie-zeigt-niveau-bei-deutschlands-grundschuelern-13050603)
Die 34% werden von vielen Medien gemeldet, aber meist nur zur Rechtfertigung der verschlechterten Leistungen in den Grundschulen. Wenn es um Integration geht, greift man zu kommoderen Zahlen.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 14.10.2017 um 15.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36581

Es ist noch nicht allzu lange her, da stellten die Eltern das größte Hindernis für junge Liebende dar. Eine Liebesbeziehung sollte üblicherweise in die Ehe münden. Und wenn die Eltern verfeindet waren oder sonst nicht wollten, dann sah das unglücklich-glückliche Paar nur den Ausweg des gemeinsamen Suizids (wie so wunderbar, wunderbar zu Herzen gehend, in Kellers "Romeo und Julia auf dem Dorfe" erzählt) oder der gemeinsamen Flucht. – Das ist heute ganz anders: viele Eltern bieten dem jungen Paar sozusagen das eigene Bett zur Gestaltung seines Geschlechtslebens an. So ist beiden gedient: die Jungen müssen sich nicht mühsam ein Refugium suchen, die Alten behalten die Aufsicht und können nebenbei ihre inzestuösen Phantasien ausleben. – Aber es gibt natürlich noch eine ganz andere Art von Liebe, man nennt es auch Leidenschaft..., den anarchistischen, konspirativen amor furtivus. Davon erfährt man nur meistens nichts, weil die Paare klug genug sind, Verschwiegenheit als oberste Bedingung ihres Glücks zu bewahren.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 14.10.2017 um 14.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36580

Lieber Professor Ickler,
ich staune manchmal über Ihren Optimismus. Ist es etwa kein Anhaltspunkt, daß jetzt schon, wo ein islamischer Feiertag noch ganz unrealistisch ist, ständig darüber geredet wird? Kann man eine jetzt schon absehbare Entwicklung einfach ignorieren, die eines nicht mehr allzu fernen Tages zur Mehrheit der Muslime bei uns führen wird? Gegenwärtig wird seitens der Politik nichts dagegen getan. Es heißt immer sinngemäß, wieso auch, ist doch alles gut. Aber wenn es mal nicht mehr gut ist, dann wird es auch zu spät sein. Glauben Sie wirklich, daß sich eine muslimische Mehrheit mit der Auswechslung nur eines religiösen Feiertages zufriedengeben wird? Woher nehmen Sie die Gewißheit, daß es dann überhaupt so weitergeht wie bisher, mit Toleranz, Religionsfreiheit, Demokratie? Ich weiß schon, Sie sagen einfach, eine muslimische Mehrheit wird es nie geben, und wenn, dann haben sich die Zugewanderten zumindest so weit assimiliert, daß sie die Scharia und den politischen Anspruch des Islam ablehnen.
Aber wir sehen doch, wie diese Assimilation in den Parallelgesellschaften unserer größeren Städte bis heute funktioniert. Gar nicht. Warten wir mal noch ein paar Jahre und lassen die Dinge so weiterlaufen, dann gnade uns Allah.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 14.10.2017 um 14.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36579

Und das Bemerkenswerteste ist: Die Muslime schaffen das ganz ohne Krieg und Umsturz, allein durch ihre Geburtenzahl. Die reduziert sich auch nach mehreren Generationen nicht auf das Maß derjenigen, "die schon länger hier leben". Bei denen ist jeweils die Enkelgeneration nur halb so groß wie die der Großväter. Und es ist nicht wahrscheinlich, daß ein seit 40 Jahren bestehender Trend sich schnell ändern könnte. Wenn es etwas gibt, was sich sehr exakt und auf lange Sicht voraussagen läßt, dann ist es die demographische Entwicklung – die durch die Zuwanderung noch einmal ein ganz neues Gesicht bekommen hat. Den zugewanderten jungen Männern fehlen zur Fortpflanzung nur noch die Frauen. Aber die werden ja nun bald nachgezogen werden. Das dient bekanntlich der Integration.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.10.2017 um 13.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36577

Dafür gibt es keine Anhaltspunkte, außer daß es einen islamischen Feiertag geben könnte.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 14.10.2017 um 12.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36576

Niemand wird die CDU/CSU noch nach ihrer Meinung fragen, wenn sie in 30 Jahren bei 10% angekommen ist. Es wird dann eine islamische Volkspartei geben, islamische Feiertage sowie nach und nach die Abschaffung der christlichen werden eine Selbstverständlichkeit sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.10.2017 um 09.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36572

"Unser christliches Erbe ist nicht verhandelbar", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der "Bild"-Zeitung. "Islam-Feiertage in Deutschland einzuführen, kommt für uns nicht in Frage."

Das wäre halbwegs logisch, wenn dafür christliche Feiertage gestrichen werden sollten, aber sonst?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.10.2017 um 06.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36570

In wirklichen Demokratien wie der VR China hat die Revolution ein für allemal den Volkswillen zur Herrschaft gebracht, die volonté générale, verkörpert in der Kommunistischen Partei. (Gestern übrigens im Wirtschaftsteil der FAZ ein schöner Bericht aus China: "Geliebte Partei".) Darum wäre es buchstäblich ein Widersinn, eine Opposition aufzubauen, denn nur ein Verrückter könnte gegen sein eigenes Interesse arbeiten wollen. Die Regierung eliminiert daher mit Recht alle Dissidenten. Dazu bieten sich die modernen elektronischen Hilfsmittel an, zumal die Menschen nicht mehr so gewissenhaft wie früher ihre irregeleiteten Genossen dem Parteisekretariat zu melden scheinen.

Es gibt kein Problem. ("Geliebte Partei" ist übrigens die Briefanrede für Mitgliedsanträge.) Die Chinesen waren schon immer auf Harmonie bedacht. (Vgl. Wolfgang Bauer: China und die Hoffnung auf Glück.)
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 13.10.2017 um 21.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36564

Ich vertraue keineswegs darauf, daß die technischen Möglichkeiten „auch in Zukunft immer streng nach den Vorschriften genutzt werden“. Gelegentliche Verstöße wird es immer mal geben. Ich sehe nur keinen Anlaß zu glauben, daß es im großen Maßstab zu systematischen Rechtsbrüchen kommen könnte.

Es gibt nichts im Leben, was nicht mißbraucht werden könnte. Sonst wird aber nicht gleich alles verboten, was mißbraucht werden könnte, z.B. LKWs, die sich ausgezeichnet als Terrorwaffen mißbrauchen lassen.

Mir ist nicht recht klar, was das Problem ist, das ich angeblich „gar nicht sehen“ will.

Meine Reaktion kam mir auch nicht besonders heftig vor, jedenfalls war sie nicht so beabsichtigt.

Nach wie vor ist mir aber nicht klar, was mit Ihren Äußerungen zu den Videoaufnahmen der Polizei sagen wollten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.10.2017 um 13.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36549

Zur Abwehr des Terrorismus sind Burkaverbot, Minarettverbot usw. nicht sonderlich geeignet, wohl aber zur Abwehr muslimischer Touristen. Das entdecken gerade die Österreicher, die mächtig von ausgabefreudigen Arabern profitieren. Das könnte zu einer Lockerung des Burkaverbots führen, oder man führt eine Klausel ein, wonach nur sehr teure Burkas getragen werden dürfen (Kassenzettel aufbewahren!). Auch den Österreichern dürfte das Hemd näher sein als die Burka.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.10.2017 um 07.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36542

„Nach einem rechtmäßigen Aufenthalt von acht Jahren hat jedermann einen Anspruch auf Einbürgerung. Ja, auf Einbürgerung. So wird auf kaltem Wege die Zusammensetzung des Staatsvolks verändert.“ (Reinhard Müller in FAZ 12.10.17)

Interessant ist das eingeschobene „Ja, auf Einbürgerung.“ Es klingt herausfordernd, etwa wie „Gell, das hast du nicht gewußt?“ Man soll sich empören. Daher auch der „kalte Weg“, ohne Beteiligung des Bundestags, wie Müller anschließend erläutert. Aber der hat doch den Anspruch auf Einbürgerung ausdrücklich geschaffen? Darüber geht Müller einfach hinweg. Außerdem besteht die Änderung in der „Zusammensetzung des Staatsvolks“ in der Abstammung der Neubürger, der guten alten Blutsverwandtschaft.

(Übrigens ist ein rechtmäßiger Aufenthalt von acht Jahren keine Kleinigkeit, das hat der Bundestag sich wohl auch gedacht. Und selbst dann wird die Staatsangehörigkeit nicht automatisch verliehen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.10.2017 um 16.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36534

"Alle Schwarzen" usw. - das sind die Grenzfälle, die jetzt schon diskutiert werden. Wir hatten ja aus grammatischen Gründen auch schon die Männer, die allesamt "gespeichelt" werden. Der eingepflanzte Chip kommt vielleicht auf dem Weg über alte Menschen, die leicht verloren gehen. Wir treffen hier öfter solche, die aus Altersheimen oder einem psychosozialen Wohnheim in der Nähe kommen und sich nicht erinnern können, wo es lang geht, und manchmal werden sie auch im Wald gefunden, gerade noch rechtzeitig (Wärmebildkamera) oder auch zu spät. Dann die Bergwanderer.

Orwell ist insofern einschlägig, als die Fernsehgeräte zugleich die Zimmerinsassen beobachten können, was ja inzwischen praktisch verwirklicht ist.

So richtig kitschig möchte ich den alten Spruch wiederholen: Wenn es technisch möglich ist, wird es eines Tages auch gemacht.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.10.2017 um 15.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36533

Um belästigende Personenkontrollen zu vermeiden, hilft es wohl nur, einen Chip zu implantieren, der von der Polizei im Vorbeigehen ausgelesen und automatisch mit dem Gesuchten verglichen werden kann. Solche mit der empfangenen Energie zurückfunkenden Chips gibt es schon. Dann wäre auch kein Verhüllungsverbot nötig.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 11.10.2017 um 14.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36532

Was heißt selber schuld, diese Ironie ist hier fehl am Platz. Orwell hat damit auch nichts zu tun. Es ist doch selbstverständlich, daß jemand, der einem Gesuchten sehr ähnlich sieht, zunächst in die engere Auswahl der Verdächtigen gerät und genauer geprüft wird. Pech gehabt, könnte man da vielleicht eher sagen.

Genauso selbstverständlich ist auch, daß in Afrika zwei Menschen nicht schon deshalb ähnlich sind, weil sie beide schwarz sind, daß aber am Nürnberger Hauptbahnhof bei einem Schwarzen schon eine vielhundert- oder -tausendfach höhere Chance besteht, den Gesuchten gefunden zu haben. Da müssen sich die wenigen Schwarzen eben wohl oder übel einer genaueren Prüfung stellen. In anderen Fällen träfe es Menschen mit anderen hervorstechenden Eigenschaften genauso.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.10.2017 um 12.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36531

Natürlich ist es streng nach Vorschrift, daß jemand, der einem Gesuchten zufällig ähnlich sieht, an jeder Straßenecke festgehalten und überprüft wird. Schließlich ist er selber schuld, wenn er jemandem ähnlich sieht. Orwell läßt grüßen. Vor einigen Jahren traf es am Nürnberger Hauptbahnhof alle Dunkelhäutigen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.10.2017 um 04.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36528

Kate hüllte die zarte Kugel in ein geschmackvolles blaues Spitzenkleid. (t-online 11.10.17 über den noch sehr kleinen Bauch der schwangeren Herzogin)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.10.2017 um 03.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36526

Im Grunde liegen wir nicht weit auseinander, denn auch Sie erkennen ja die technischen Möglichkeiten an, vertrauen nur stärker als ich darauf, daß sie auch in Zukunft immer streng nach den Vorschriften genutzt werden. Außerdem beharren Sie auf der Bezeichnung "Kitsch" für meine Befürchtungen, was ich nicht ganz verstehe, weil "Kitsch" für mich anders definiert ist. Aber Wortklauberei ist nicht meine Sache, außer für die Synonymik.

Meine Betrachtung war nicht besonders originell, denn das Problem (das Sie gar nicht sehen wollen) wird seit Jahren ständig erörtert. Darum hat mich die Heftigkeit Ihrer Reaktion überrascht. (Komme mir vor wie der Bote, der beschimpft wird, weil er die schlechte Nachricht überbringt.)

Bei dieser Gelegenheit mal eine Frage: Früher konnte die Polizei Spuren nur dann einem Täter zuordnen, wenn sie von diesem schon etwas in der Hand hatte: Bilder, Fingerabdrücke, DNS. Wie ist das eigentlich mit den neuen "biometrischen" Paßfotos? Reichen sie nicht aus, um jede automatische Aufnahme "von der Straßenecke" zu identifizieren?
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 10.10.2017 um 22.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36525

„Schließlich werden die Bürger bald an jeder Ecke einer automatischen Gesichtserkennung unterzogen, darum müssen sie jederzeit ihr ganzes Gesicht zeigen. Früher wurden nur Tatverdächtige ‚erkennungsdienstlich behandelt‘, heute ist grundsätzlich jeder verdächtig.“

Wenn das nicht Kitsch ist, dann ist es reine Polemik. Ob eine Gesichtserkennung eingeführt wird oder nicht, ist noch völlig offen. Selbst wenn sie allgemein eingeführt würde, würde sie nur der Fahndung nach „Tatverdächtigen“ dienen. Mir sind jedenfalls keine gegenteilige Forderungen bekannt. Die Aussage, wonach „die Bürger bald an jeder Ecke einer automatischen Gesichtserkennung unterzogen“ würden, ist somit zumindest mißverständlich.

„Ich habe den Eindruck, daß keine Straftat geschieht, ohne daß die Polizei wenig später über Aufnahmen verschiedener Videokameras verfügt, die sie aber nur selten zu Fahndungszwecken herausgibt.“

Was soll denn damit ausgesagt werden?

Im übrigen waren wir schon immer alle verdächtig. Denn die Telefongesellschaften haben ja seit langem freiwillig die Verbindungsdaten nicht nur ihrer "tatverdächtigen" Kunden zu Abrechnungszwecken aufbewahrt. Daraus hat sich die Polizei bei ihren Ermittlungen gerne bedient.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.10.2017 um 04.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36490

Den "Kitsch" übergehe ich mal, das ist emotional. Ich weiß nicht, warum Sie mich dauernd mißverstehen. Aus der Überwachung "folgt" natürlich nicht, daß jemand verdächtig ist, sondern die grundlose Sammlung von Daten ("Vorrat") behandelt auch den Unverdächtigen schon so, als könne er einmal wegen etwas gesucht werden.
Und Sie scheinen mir die technischen Möglichkeiten zu unterschätzen, die Kosten und den Aufwand daher zu überschätzen. Speicherung ist billig geworden, und seit die Auswertung automatisiert ist, braucht auch kein Mensch mehr die Videos durchzusehen, was in der Tat eine natürliche Bremse war.

Aus allem, was ich bisher geäußert habe, dürfte hervorgehen, daß ich weder links bin noch zu Verschwörungstheorien neige, aber das lasse ich ebenfalls auf sich beruhen.

Ich habe keinen Einblick in die Einzelheiten, aber es ist schon seltsam: Vorige Woche habe ich bei Amazon mal nachgesehen, was E-Pianos einer bestimmten Marke kosten, und drei Tage spät lag ein Prospekt ebendieser Marke in meinem Briefkasten. Das ist nicht der erste Fall dieser Art. Wahrscheinlich werden aus der Produktsuche, auch ohne Kauf, Millionen "Profile" abgeleitet und an Vertragsfirmen verkauft. (In diesem Fall war es mir sogar recht.)

Ich habe den Eindruck, daß keine Straftat geschieht, ohne daß die Polizei wenig später über Aufnahmen verschiedener Videokameras verfügt, die sie aber nur selten zu Fahndungszwecken herausgibt.

Die Politiker und die Behörden verlangen selbst, daß die Daten zusammengeführt werden, und das ist technisch ohne weiteres möglich. Wie wir wissen, können auch Unternehmen (z.B. Handy-Hersteller) zur Zusammenarbeit verpflichtet werden, soweit sie nicht schon von sich aus dazu bereit sind.

Man kann das ärgerlich finden oder mit jenem "Na und?" erledigen.
 
 

Kommentar von Kaus Achenbach, verfaßt am 07.10.2017 um 22.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36489

Vollkommen richtig. Niemand braucht zu fürchten, daß jemand hierzulande alle Informationen über uns alle sammeln will, wann wir wo gewesen sind. Dafür kenne ich nicht den geringsten Anhaltspunkt. Außerdem wäre der Aufwand an Ressourcen und Finanzen einfach zu groß.

Und selbst wenn es irgendwo einen „Big Brother“ gäbe, der das täte, so folgte daraus noch lange nicht, daß plötzlich „jeder verdächtig“ wäre. Nach welcher Logik sollte sich das denn ergeben?

Aussagen wie „heute ist grundsätzlich jeder verdächtig“ und Begriffe wie „Totalüberwachung“ wenden sich an Gefühle und tragen wenig zur sachlichen Aufklärung bei. Zusammen mit einem Schuß Verschwörungstheorie („wird überhaupt gelöscht?“) ergibt sich politischer Kitsch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.10.2017 um 16.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36472

Vielleicht hat jeder von uns schon mal überlegt, ob überhaupt jemals etwas gelöscht worden ist (außer versehentlich). Wer zum Löschen verpflichtet ist, wird doch eine Sicherheitskopie anfertigen – oder? Alles andere wäre ja Leichtsinn.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 05.10.2017 um 12.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36471

Solange Unschuldige nicht automatisch aus den Karteien der "üblichen Verdächtigen" gelöscht werden, ist die automatische Gesichtskontrolle gefährlich. Der Spruch aus dem "Casablanca"-Film ("Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen!") betrifft dann auch Unbeteiligte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.10.2017 um 11.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36470

Das stimmt, und die Ergreifung des Täters ist auch wichtig. In China behaupten sie, die Kriminalität sei durch die Überwachung stark zurückgegangen, was ich gern glauben will. Das ist es ja gerade, was den Widerstand zwecklos macht. Die Frage ist nur, ob "Sicherheit" jeden Preis wert ist – und wer sich noch alles an den Daten bedienen kann. In China ist klar und wird offen gesagt, daß jegliche Form von Widerstand gegen die Parteiherrschaft im Keim erstickt werden muß.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 05.10.2017 um 10.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36469

Die Befürworter der Überwachung können sich wohl nicht recht vorstellen, daß die Ansichten darüber, wer oder was böse ist, veränderlich sind. Leider tragen viele Gegner der Überwachung das seltsame Argument vor, sie habe noch nie ein Verbrechen verhindert. Es hat aber auch noch noch nie ein Notarzt einen Unfall verhindert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.10.2017 um 03.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36462

Petra Kolonko beschreibt in dem genannten Artikel, wie weit die Überwachung in China fortgeschritten ist. Die automatische Gesichtserkennung wird immer mehr mit den Mobilfunkdaten verbunden usw. Kürzlich habe man eine Menschenmenge von 2,3 Millionen gescannt und dabei 15 polizeilich gesuchte Personen entdeckt und festgenommen.
Die Begründung: Das alles diene der Harmonie der Gesellschaft usw.
Das alles wird auch bei uns kommen, denn gegen die Standardbegründung läßt sich kaum etwas sagen: Der gesetzestreue Bürger hat nichts zu befürchten, und das Bestehen auf Privatsphäre ist, wie von Orwell vorhergesehen, der erste Schritt in die Kriminalität.

Fotografiert und gefilmt wurden wir bisher schon, jedenfalls in den großen Städten, aber jetzt kommt die fabelhafte Technik der Personenerkennung hinzu, und wir stehen erst am Anfang der Entwicklung.

Jeder Anschlag liefert neuen Anlaß, die Rechtslage in die immergleiche Richtung anzupassen. Und es finden sich immer viele Menschen, die sagen: "Na und?" Starker Staat, bewache mich, damit mir nichts passiert und die Bösen gefaßt werden!
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 04.10.2017 um 15.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36455

„Die Trompete gehört nicht zum Streichquartett“ umschreibt mehr als nur Verzichtbarkeit, nicht wahr? Und wo allen Religionen Religionsfreiheit garantiert ist, kann keine mit der Formulierung ausgeschlossen werden, sie gehöre nicht dazu.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.10.2017 um 13.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36454

"Die wunderbare Welt der Totalüberwachung" heißt heute ein Artikel über die Gesichtserkennung in China. Übrigens in der FAZ – linker Kitsch eben.

(Bisher hielt ich Kritik der Totalüberwachung für eine liberale Idee.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.10.2017 um 12.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36453

Lieber Herr Virch, Sie schreiben:

"Das Wort „gehört dazu“ bedeutet jedoch mehr. Es drückt Unverzichtbarkeit aus. Räder gehören zum Auto, Klappern gehört zum Handwerk, die Pointe gehört zum Witz, das Jackett zum Anzug, Musik zur Disco – und der Koran gehört zum Islam. Eines geht nicht ohne das andere.

Deutschland indessen ist in seiner Geschichte lange ohne den Islam ausgekommen und bedarf seiner auch heute nicht."

Dann ist aber der Satz "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" richtig, denn er umschreibt nur, was ich gerade zitiert habe: Deutschland bedarf des Islams nicht.

"Deutschland"? Wer ist das? Ich bin einverstanden, daß Religion Privatsache sein sollte. Aber zum Tag der deutschen Einheit gab es gerade wieder einen Staatsgottesdienst. Die ungläubige Mehrheit ließ es über sich ergehen, immer noch bemerkenswert duldsam.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 04.10.2017 um 10.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36446

Ich bin nicht sicher, ob ich dies schon einmal hier verlinkt habe:

https://virchblog.wordpress.com/2015/10/01/gehoert-dazu/

Falls ja – einfach ignorieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.10.2017 um 05.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36438

Immer noch ein Renner:

Das beste Symbol für die Wirkmächtigkeit Martin Luthers ist für Heinrich Bedford-Strohm 7,5 Zentimeter groß und aus Plastik: ein Playmobil-Luther. Das kleine Spielzeug wurde – 500 Jahre nach Beginn der Reformation – über eine Million Mal verkauft und ist die erfolgreichste Playmobil-Figur aller Zeiten. „Es gibt Eltern, die schenken ihren Kindern bewusst Martin Luther und nicht Darth Vader oder Spiderman“, sagte Bedford-Strohm, evangelischer Landesbischof und Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), am Montagabend in seiner Rede zur Einheit Deutschlands im Ingolstädter Lechner Museum. Für viele sei Luther noch heute ein Vorbild. (Augsburger Allgemeine 4.10.17)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.10.2017 um 03.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36434

"Kein Mensch ist verdächtig, nur weil er von einer Überwachungskamera erfaßt wurde."

Wer würde solch eine Logik ernst nehmen?

Unter "Vorratsdatenspeicherung" bringt Wikipedia einen sehr ausführlichen Bericht und anschließend auch die Kritik, also den typischen linken Kitsch.

In der linksextremen Postille FAZ zeigt Constanze Kurz vom CCC jede Woche, wie weit die Überwachung schon gediehen ist und was noch bevorsteht, alles natürlich zu unserer eigenen Sicherheit und daher völlig in Ordnung, wie das Einwohnermeldeamt und die Kfz-Kennzeichen.

Wer garantiert, daß der Mann an der Bahnsteigkante nicht im nächsten Augenblick jemanden auf die Gleise stößt? Man kann es zwar nicht verhindern, aber wenigstens den Täter identifizieren. Das hat sich bewährt. Es ist gut für uns, wenn irgendwo alle Informationen zusammenlaufen: wann wir wo gewesen sind und was wir dort getan haben. Das braucht niemand zu fürchten, der keinen Dreck am Stecken hat, nicht wahr?

Auf lange Sicht haben die ewigen Bedenkenträger sowieso keine Chance, darum ist diese Diskussion von gestern.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 03.10.2017 um 22.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36433

"... heute ist grundsätzlich jeder verdächtig ..."

Das ist typischer linker Kitsch, wie er heute weit verbreitet ist, ähnlich dem allüberall gewitterten "Generalverdacht".

Kein Mensch ist verdächtig, nur weil er von einer Überwachungskamera erfaßt wurde. Auch nicht, weil er beim Einwohnermeldeamt registriert ist oder die Daten seines Autos irgendwo erfaßt sind.

Übrigens ist es auch verboten, seine Autoschilder unleserlich zu machen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.10.2017 um 04.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36426

Das sind viele große Themen auf einmal.

Fremdfinanzierte Kirchenbauten gibt es auch in aller Welt, christliche "Einmischung" sowieso, z. B. Missionsschulen und Heime, für die bei uns Spenden gesammelt werden. Das ist also auch nicht so einfach.

Einwanderer muß man sich natürlich aussuchen dürfen, das bestreitet ja auch niemand. Soll die Religion ein Ausschließungsgrund sein (wie Trump will)? Deutschland scheint mehr zur Einzelfallprüfung zu neigen, wobei ja auch zu bedenken ist, daß gerade religiöse Verfolgung immer eine Fluchtursache war.

Aber wie gesagt, es ist auch viel unerwünschtes Volk ins Land gekommen, das wir loswerden und in Zukunft fernhalten müssen.

Mal sehen, ob Sozis und Grüne ihre Politik der sicheren Herkunftsländer überdenken werden. Vielleicht kann "Einwanderungsgesetz" ein gemeinsamer Nenner werden.

Bei uns werden die großen und komplizierten Themen gemieden, dafür stürzt man sich auf Frauenkleidung (und Sport ist sowieso wichtiger). Verkehrte Welt.


 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.10.2017 um 23.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36425

Ist die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, verfassungsändernd, was nur mit Zweidrittelmehrheit oder gar nicht beschlossen werden kann? Was ist eigentlich der gegenwärtige Stand? Kann nur mit Zweidrittelmehrheit oder gar nicht beschlossen bzw. geändert werden, daß der Islam zu Deutschland gehört oder daß er nicht zu Deutschland gehört?

Das Problem ist also gar nicht rechtlich relevant. Die Frage ist, egal wie man sie beantwortet, rein populistisch. Maßgeblich ist allein Religionsfreiheit. Das heißt, jeder darf glauben, was er will, darf im Rahmen der staatlichen Gesetze tun was er will und darf deswegen nirgends benachteiligt werden. So soll es sein!

Das heißt aber noch lange nicht, daß jeder Mensch der Welt, auch der ärmste nicht, ein Einwanderungsrecht nach Deutschland hat. Das wäre nur eine andere Art des Größenwahns, von dem Deutschland nach zwei Weltkriegen geheilt sein sollte. Insbesondere heißt es nicht, daß man potentielle Einwanderer (ich rede jetzt nicht von Asylsuchenden) unabhängig von ihrer Religion gleich behandeln muß. Wenn mit einer bestimmten Religion ein Risiko verbunden ist, z. B. wegen radikaler Gesinnung eines Teils ihrer Angehörigen, oder weil sie sich erwiesenermaßen abschotten und zur Bildung von Parallelgesellschaften neigen, dann hat der Staat das Recht zu sagen, daran haben wir kein Interesse, wir wollen erstmal die, die schon eine Aufenthaltsberechtigung haben, richtig integrieren. Wer einwandern will, sollte nicht nur die Bereitschaft, sondern den Willen mitbringen, sich anzupassen. Bei wem die Religion absolut im Vordergrund steht, der sollte in seinem angestammten Kulturkreis bleiben.

Religionsfreiheit heißt auch nicht, daß arabische Ölmilliardäre in Deutschland nach Lust und Laune für die hiesigen Muslime Moscheen und Minarette finanzieren und bauen dürfen. Religionsfreiheit heißt auch nicht, daß in Deutschland ausländische Religionslehrer Religionsunterricht auf arabisch oder türkisch halten müssen. Und da gibt es noch vieles, was derzeit bei uns im argen liegt und mit Religionsfreiheit verwechselt wird.

Ja, ich glaube, ich kenne "den" Islam. Zumindest kenne ich ihn gut genug um zu wissen, daß er zur Zeit ein großes Risiko ist. Eins, das schon oft genug wahr geworden ist. Eins, das wir nicht unbedingt nötig haben.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 02.10.2017 um 18.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36424

Der Islam war in unserem ("finsteren") Frühmittelalter Europa wissenschaftlich überlegen und bis ins 19. Jahrhundert freiheitlicher und toleranter als heute. Er hat sich seitdem zurückentwickelt. Bei manchen christlichen Sekten kann man Ähnliches beobachten. Auch in der Kath. Kirche möchten manche die Modernisierung zurückdrehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2017 um 16.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36423

Mein letzter Eintrag bezog sich auf Ihren vorletzten, inzwischen haben Sie nochmals geschrieben, aber dazu will ich nichts sagen, obwohl es mich reizt. (Kennen Sie "den" Islam wirklich? Und die Kirche? Ist Kirchengeschichte ganz und gar vergangen und gehört nicht zu den Früchten, von denen Jesus sagt, man solle sie daran erkennen?)

Ich lebe ja in Äquidistanz zu allen Religionen, daher mein Streben nach gerechter Beurteilung. Dazu kommt persönliche Bekanntschaft mit vielen Muslimen und Anhängern aller möglichen Religionen sowie Atheisten. Zwar stehe ich zu "Religion poisons everything", aber ich weiß auch, daß alle entgiftet werden können. Im Islam preschen zur Zeit einige Radikale vor, aber der generelle Vorwurf der Rückständigkeit ist unrichtig. Der 9. oder 10. Papst Pius hat die allgemeinen Menschenrechte für Wahnsinn erklärt, gewissermaßen mit Recht aus seiner Sicht (s. o. oder vielmehr u.).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2017 um 15.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36422

Darum geht es nicht. Ethnische, religiöse, sexuelle und andere Mehrheiten neigen dazu, Minderheiten überhaupt nicht zu dulden, zu entrechten und zu vertreiben. Der extreme Mehrheitsgedanke (was immer eine Mehrheit beschließt, ist rechtens) muß schon den Begriff "Minderheitsrecht" als hölzernes Eisen ansehen.
Was die Religion betrifft, so hatten wir das ja schon. Man folgt dem Bekenntnis des Landesherrn oder muß auswandern. Der Protestantismus gehörte nicht nach Frankreich, diesem Grundsatz verdanke ich meine Existenz...
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.10.2017 um 15.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36421

Die Kirche ist in Europa bzw. im Westen zwei Jahrtausende lang mit der gesellschaftlichen Entwicklung gewachsen, sie mußte sich wohl oder übel an eine immer aufgeklärtere Bevölkerung und die Trennung von Kirche und Staat (die sicher noch nicht komplett ist) anpassen. Deshalb gibt es keine existentiellen Probleme zwischen Christentum und Rechtsstaat.

Der Islam ist dagegen auf einer archaischen Stufe stehengeblieben und kollidiert frontal mit unserem Recht. Das kann man nicht einfach alles unter den Teppich einer sogenannten Religionsfreiheit kehren.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.10.2017 um 15.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36420

Religionsfreiheit steht in der Verfassung, aber was man darunter genau versteht, muß dann doch wieder per Mehrheitsbeschluß in Gesetze gefaßt werden.

Art. 136
(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.

Das heißt laut Verfassung, daß eben ggf. die Religionsfreiheit beschränkt werden muß. Anders geht es ja nicht, wenn Widersprüche auftreten: Vermummung von Frauen, Scharia, Kinderheirat, Religionsaustritt ...
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 02.10.2017 um 14.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36419

Schon die FLN hat verschleierte Frauen für Terroranschläge eingesetzt. Rien de nouveau sous le soleil.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2017 um 14.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36418

Damit das nicht geschieht, sind in allen Rechtsstaaten Bremsen eingebaut, die allerdings im Zweifelsfall versagen können. Die Verfassungen versuchen immerhin, gewisse durchaus mehrheitsfähige Schritte auszuschließen, z. B. die Einführung der Todesstrafe, und dann natürlich viele Varianten des Minderheitenschutzes, insbesondere die Religionsfreiheit.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.10.2017 um 13.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36417

Der Bundespräsident bestimmt es sicher genausowenig wie der CSU-Generalsekretär, sie sagen höchstens, was sie aufgrund ihrer demokratischen Legitimation sagen dürfen. Letztlich ist es Sache der Mehrheit des Volkes, die immer auf demokratische Weise gebildet und akzeptiert werden sollte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2017 um 13.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36416

Ersteres. Vorhin habe ich einen Radfahrer mit jener Atemschutzmaske gesehen, die auch in Ostasien zum Alltag gehört. Bei uns geht die Grippe um, vielleicht wird bald geraten, daß man nicht ohne Mundschutz unter Leute gehen soll.

Früher schon mal gefragt: Wieviel Unheil haben verschleierte Frauen bisher über die Welt gebracht? Gibt es da Handlungsbedarf? Oder doch nur wegen: "Die Burka gehört nicht zu Deutschland" (Scheuer)?

Wer bestimmt eigentlich, welche vorderorientalischen Religionen zu Deutschland gehören und welche nicht?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.10.2017 um 13.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36415

Meinen Sie die offizielle Begründung für das allgemeine Verbot der Gesichtsverhüllung oder die offizielle Begründung dafür, daß darunter auch Atemschutzmasken fallen?

Über ersteres kann man durchaus geteilter Meinung sein. Das haben wir in Deutschland derzeit auch nicht. Was ich aber sagen wollte, ist vor allem, daß man nicht das allgemeine Verbot akzeptieren und gleichzeitig diese Gesichtsmasken zulassen kann. Damit wäre das ganze Gesetz nichts wert.
In #36407 und #36410 nehmen Sie aber gerade diesen zweiten Punkt auf die Schippe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2017 um 11.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36414

Die offizielle Begründung ist mir durchaus bekannt. Auch was der CSU-Generalsekretär gerade beigesteuert hat.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.10.2017 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36412

Würde der Staat nur allgemein die Vermummung einschließlich islamischer Gesichtsverschleierung verbieten, nicht jedoch das unbegründete Aufsetzen von Gesichtsmasken aller Art, dann machte er sich lächerlich. Das Verbot könnte beliebig umgangen werden.

Das Verbot wurde nicht speziell wegen der automatischen Gesichtserkennung erlassen. Deren Mißbrauch muß anders verhindert werden, als mit Atemschutz- oder Clownsmasken. Das Verbot soll neben der besseren Gewährleistung von Sicherheit auch ganz allgemein die westlichen Traditionen, Freiheit und Bürgerrechte schützen und die Integration anerkannter Asylanten mit Bleiberecht fördern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2017 um 11.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36410

Auch Make-up stört die Gesichtserkennung. Ein starker Staat verbietet so etwas.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.10.2017 um 09.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36407

Österreich verbietet mit Recht auch das Tragen von Atemschutzmasken. Schließlich werden die Bürger bald an jeder Ecke einer automatischen Gesichtserkennung unterzogen, darum müssen sie jederzeit ihr ganzes Gesicht zeigen. Früher wurden nur Tatverdächtige "erkennungsdienstlich behandelt", heute ist grundsätzlich jeder verdächtig. Es soll ja auch schon Fernsehapparate geben, die ihren Benutzer erkennungsdienstlich behandeln.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.09.2017 um 04.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36353

Hübsche Fundsache. Die Grünen hatten es auch immer schwer, um ihre Grundidee herum ein volles Programm zu bauen.

Wie so etwas geht, habe ich vor längerer Zeit erfahren, als ich mich eingehend mit der heutigen Version der Lehren Silvio Gesells beschäftigte, zu Tagungen der Sozialwissenschaftlichen Gesellschaft (http://www.sozialwissenschaftliche-gesellschaft.de/index.php/de/) fuhr usw., zugleich in der Deutschen Liga für das Kind war. Daraus kann man ein ziemlich konsistentes Programm machen, obwohl die Grundidee (Freigeldlehre, Bodenreform) es zunächst nicht vermuten läßt.

Bei der AfD sehe ich dergleichen noch nicht.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 27.09.2017 um 21.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36351

"DEN KANZLER JAGEN"

Für Kohl wird es nun eine Zitterpartie. Er muß mit seinem geschwächten Koalitionspartner gegen eine Opposition regieren, die frecher ist denn je [...]
"Das wird ein fröhliches Regieren", spottet Fischer. Und Grünen-Sprecher Ludger Volmer tönte am Wahlabend: "Wir werden den Kanzler jagen."

(DER SPIEGEL, Nr. 42/17.10.94, Seiten 6 und 7, Titelgeschichte)

Frech sind sie, die Grünen. - Nazis sind sie, die AfD.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.09.2017 um 05.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36340

Papier ist geduldig, Parteiprogramme braucht man nicht zu lesen, das ist Gremienprosa der niederen Art.
"Merkel jagen" und "Land und Volk zurückholen" – da weiß man doch, was man hat. Das braucht man auch nicht in Leichte Sprache zu übersetzen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.09.2017 um 05.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36339

Man liest oft, jemand sei wegen seines Ehepartners zu einer anderen Religion konvertiert (nicht so ratsam bei Muslimen, wenn sie nicht des Todes würdig werden wollen).
Für einen Außenstehenden einerseits schwer zu begreifen: Wie kann man den "Glauben" wechseln? Andererseits auch wieder sehr einfach. Das sehe ich auch an "glaubensverschiedenen" Ehen in meiner Umgebung.
Martin Schulz ist katholisch und glaubt nicht an Gott. (Eigene Auskunft in "chrismon"; der Interviewer fragt nicht weiter.) Auch schwer zu verstehen – oder sehr einfach.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.09.2017 um 11.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36331

Was die Evidenz von Hautfarbe und Herkunft angeht, habe ich ja schon oft dasselbe gesagt wie Sie.
Zu übrigen brauche ich mich glücklicherweise nicht zu äußern. Sonst würde ich sagen: Wir wollen doch nicht so tun, als wüßten wir nicht, was die AfD will. Aber geschenkt! Wir werden ja sehen.
Wichtig scheint mir die Feststellung, daß viele AfD-Wähler bloß Denkzettel-Wähler sind (wie Trump-Wähler). Ich habe zwar Verständnis für Denkzettel, aber es ist auch eine große Gefahr dabei (Geist aus der Flasche), es kann ein Merkmal politischer Unreife sein.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.09.2017 um 11.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36330

Nun wollen wir doch nicht so tun, als seien wir farbenblind und könnten verschiedene Hautfarben und Gesichtsformen nicht mehr voneinander unterscheiden, nur um nicht als Rassisten zu gelten. Tun wir doch nicht so, als könnten wir unterschiedliche Kleidung und deren teilweise religiöse Bedeutung nicht erkennen, nur um nicht als Rassisten zu gelten.

Ich möchte noch einmal sagen, was ich unter Rassismus verstehe. Rassismus ist nicht, festzustellen, daß Menschen verschiedener Kulturen unterschiedlich aussehen. Rassismus ist, wenn man aufgrund unterschiedlichem Äußeren zu einer wie auch immer gearteten unterschiedlichen Bewertung (und zwar im wörtlichen Sinne des Wertes) der Menschen bzw. dieser Kulturen kommt.

Meuthens Satz, klar als rhetorisch übertrieben erkennbar, daß man in deutschen Städten nur noch Ausländer sehe, hat also mit Rassismus rein gar nichts zu tun. Sein einziges "Vergehen" ist, daß er nicht ausdrücklich zwischen Ausländern und Staatsbürgern mit ausländischer Herkunft unterschieden hat. Und diese sprachliche Ungenauigkeit, die im gegebenen Kontext keine Mißverständnisse erzeugt, hat Merkel sofort sehr spitzfindig für sich ausgenutzt.

Noch ein Wort zur ständig wiederholten Ausländerfeindlichkeit und zum angeblichen Haß auf den Islam. Ich will nicht bestreiten, daß einfach gestrickte Leute ihrem Ärger manchmal auf eine Weise Luft machen, die einen grausen läßt. Das Schicksal der konservativsten Partei, da kann sie ihre demokratische Haltung noch so oft und fest beteuern, ist es aber, daß ungehobelte sowie einige tatsächlich radikale Leute zu ihr den kürzesten Weg haben. Sie muß sich dagegen wehren, wird sie aber nie ganz los.

Also jetzt zur sogenannten Ausländerfeindlichkeit und Haß (ehrlich gesagt, ich kann das Wort schon nicht mehr hören, weil es ständig mißbraucht wird).
Ich dulde keine Haustiere in meiner Wohnung, weder einen Hund noch Katze noch sonstige. Hasse ich also deswegen Tiere? Ich bin nur mit einer einzigen Frau verheiratet und sehr zufrieden dabei. Hasse ich also Frauen im allgemeinen? Ich bin nicht schwul, also hasse ich Männer?

Wenn eine Partei die traditionelle deutsche Kultur schützen und bewahren möchte, dann haßt sie deswegen andere Kulturen, etwa den Islam? Wenn sie gegen eine unkontrollierte Massenzuwanderung nach Deutschland ist, dann muß sie also Ausländer hassen? Solche ständig wiederholten falschen Vorwürfe nenne ich auch Demagogie.

Man kann natürlich auch für Buntheit sein, alles in einen Topf, Deutschland als Sozialversicherung von ganz Europa, Nahost und Afrika, warum nicht, darüber muß man sich halt demokratisch auseinandersetzen, das tun wir gerade. Aber man kann nicht einer ganzen Partei, die in dieser Frage einen wohlbedachten konservativen Standpunkt einnimmt, dem ein großer Teil der Bevölkerung zustimmt, pauschal undemokratisches Verhalten vorwerfen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.09.2017 um 04.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36324

Als Meuthen beklagte, in manchen Innenstädten sehe man nur noch Ausländer, fragte Merkel ihn, woran er denn Nichtdeutsche erkenne (oder so ähnlich).

Der Rassist hält sich an das Äußere.

Fremdenfeindlichkeit ist ein allgegenwärtiger Bodensatz, der nicht beseitigt, sondern nur durch andere Themen neutralisiert werden kann. Er verrät sich in unbedachten (?) Ausdrucksweisen, die immer einen Tick über das sachlich Gebotene hinausgehen ("Kopftuchmädchen" usw.).
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 20.09.2017 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36244

Es gibt auch noch die Rückkehrer, die hier mal ausgerottet waren: Wölfe, Bären, Biber, Luxe, Wildkatzen u.a.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 20.09.2017 um 16.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36243

Schon seltsam, manche Fachausdrücke, siehe www.spektrum.de:
(Hervorhebung in Fettdruck von mir)

Lexikon der Biologie
Faunenverfälschung

Faunenverfälschung, Faunenfälschung, Veränderung des Artenbestands in einem bestimmten Gebiet durch Einführung oder Einbürgerung einer oder mehrerer fremder Arten.

Einbürgerung

Einbürgerung, dauerhafte Ansiedlung einer Art in einem von ihr bislang nicht bewohnten Areal. Als eingebürgert können bewußt (ursprüngliche Definition nach Schwerdtfeger) und unbewußt vom Menschen eingeführte (Einführung, Einschleppung) sowie sich ohne Zutun des Menschen neu ansiedelnde Arten (Einwanderung) bezeichnet werden.

Muß man hier unbedingt Einbürgerung, eingebürgert sagen? Es gibt doch andere, besser passende Ausdrücke.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.09.2017 um 15.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36241

Manche sprechen von Florenfälschung, Faunenfälschung (auch -verfälschung), wenn Arten eingeführt werden. Das ist ziemlich seltsam, denn sehr viele Arten, die hierzulande leben, sind vor mehr oder weniger langer Zeit mal eingeführt worden oder zugewandert. Reichholf weist auch darauf hin.

Bei einer Bahnfahrt vor ein paar Tagen habe ich gesehen, daß das Indische oder Drüsige Springkraut sich dieses Jahr wieder ein ganzes Stück ausgebreitet hat. So auch Schwarzafrikaner und weniger auffällige Faunenfälscher.

Eigentlich wollte ich nur noch mal wissen, warum der Schlammpeitzker diese sonderbare Schreibweise hat (vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1588). Man will ihn also schützen, obwohl er ein Faunenfälscher ist... Woran man sieht, daß man Zuwanderer so oder so behandeln kann.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 15.09.2017 um 10.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36220

Aussagen über die Araber sind ähnlich sinnvoll wie Aussagen über die Belgier.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.09.2017 um 04.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36217

„Wenn die Araber zwischen einem religiösen und einem säkularen Staat wählen könnten, so würden sie den religiösen wählen und in den säkularen fliehen.“ (Ali Al-Wardi)

Hübsch gesagt, gilt auch für andere Bereiche.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.09.2017 um 07.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36213

Wie man mit dem Schmähwort Islamismus den guten Islam vom schlechten Ultra-Islam abhebt und damit verteidigt (weil Religion an sich gut sein muß), so mit ultraorthodox das Judentum. Begrifflich eigentlich unmöglich.

Islamistizistisch, christianistizistisch... – vieles ist denkbar.

(Anläßlich eines Berichts über Israel, wo die Ultraorthodoxie zur Landplage wird.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.09.2017 um 14.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36156

Verplanck berichtet, daß Jacob Robert Kantor auch wegen seines jüdischen Namens nicht an eine Ostküsten-Universität berufen wurde: „Kantor was not alone, of course. As late as the mid-1930s, Isidore Krechevsky had to change his name to David Krech; and the gentile, Harry Israel, had his surname legally changed to Harlow.“
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.09.2017 um 07.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36150

Ulrich Greiner ist auf seine alten Tage wieder katholisch geworden und schreibt nun: "Es ist kein geringer Unterschied, dass die eine Religion von einem gekreuzigten Wanderprediger gegründet wurde und die andere von einem kriegführenden Kaufmann."

Wirklich? Die friedvolle Geschichte des Christentums ist allgemein bekannt. Gerade lese ich, daß in Burma Buddhisten mit Messern auf ihre Nachbarn losgehen. Das ist in meinen vielen Büchern über Buddha auch nicht vorgesehen. Im AT geht es auch nicht immer friedlich zu; aus ihm stammen die beiden morgenländischen Religionen, deren eine das "christliche Abendland" begründet. Große Verwirrung. Soll man sie "an ihren Früchten erkennen", wie der Wanderprediger sagte? Aber das wäre auch wieder nicht gerecht.

Greiners Buch heißt "Bekenntnisse", nicht "Erkenntnisse".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.08.2017 um 08.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36105

Gegen die Trockenheit in Italien sollen die Römer Messen "ad petendam pluviam" feiern. Allerdings ist experimentell nachgewiesen, daß Beten nicht hilft. In Italien sind andere Maßnahmen zweckmäßiger, zum Beispiel die Sanierung der Wasserleitungen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.08.2017 um 07.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36010

Unter welchen stillschweigenden Voraussetzungen ist eine solche Bewirtschaftung der "Moral" möglich? Und welche Einschränkungen sind wir bereit hinzunehmen? "Haßbotschaft" ist in meinen Augen der Einstieg.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 15.08.2017 um 21.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36009

Wozu die Aufregung? Die ganze Sache ist doch ohnehin erfunden.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.08.2017 um 21.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36008

Ja, ich unterscheide natürlich auch reine Dummheiten von Straftaten. Hier geht es um ersteres.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.08.2017 um 20.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36007

Wenn es so widersinnig wäre, daß der Gast so geschlossen hat, was meinen Sie, lieber Herr Bluhme dann, wie er geschlossen hat?

Auch der Schluß an sich ist nicht widersinnig. Schlechtes Tattoo = Das Symbol der Homosexualität steht für etwas Schlechtes -> Jesus ist gut und liebt nur das Gute, nicht die Homosexualität -> Wer etwas gut heißt, das Jesus nicht liebt, der kann Jesus nicht lieben -> Wer Jesus nicht liebt, dem gebe ich kein Trinkgeld.

"kurzsichtig und dumm", ja, genau das sage ich ja auch. Ein sogenannter Haßkommentar sähe anders aus.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 15.08.2017 um 20.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36006

Lieber Herr Riemer, Dummheit ist natürlich nicht strafbar. Sie ist aber kein Persilschein für diskriminierende Dummheiten.
 
 

Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 15.08.2017 um 19.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36005

Lieber Herr Riemer,

ich kann an keiner Stelle des Berichts erkennen, Homosexualität sei für etwas Schlechtes gehalten worden.

Die Aussage lautete: „Kann niemandem Trinkgeld geben, der Jesus nicht liebt! Schlechtes Tattoo“

Also wird aus einem Regenbogen-Tattoo (um das es offenbar ging) geschlossen, die Trägerin liebe Jesus nicht.

Diese Kausalität anzunehmen ist geradezu widersinnig. Schließlich steht auch der Regenbogen für Liebe (in vielerlei Variation). Daraus abzuleiten, man würde Jesus nicht lieben, der seinerseits für Liebe in allen ihren Facetten eintrat und in ihr ein so hohes Gut sah, daß auf dieser Botschaft sogar eine Religion gegründet wurde - ist unglaublich kurzsichtig und dumm.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.08.2017 um 17.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36004

Wieso ist das unfaßbar und absurd? Es gibt viele Menschen, die Homosexualität für etwas Schlechtes halten. Bei manchen verbindet sich das noch mit einer naiven Religiosität.

Dieser Mann hat sich nichts zuschulden kommen lassen, hat nur seine Meinung geäußert. Dummheit ist nicht strafbar. Niederträchtig ist im Gegenteil, wenn andere ihm dafür unterstellen, er hasse Homosexuelle. Er hat die Kellnerin nicht beleidigt, sondern ihr nur die zwar übliche, aber dennoch freiwillige Belohnung demonstrativ verweigert, gerade so wie sie ihm ihre Meinung zur sexuellen Orientierung aufgedrängt hat.
 
 

Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 15.08.2017 um 15.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36003

Das tatsächlich Unfaßbare ist die absurde Verknüpfung, die zwischen "liebt Jesus nicht" und "verwendet ein Symbol, das Homosexuelle und deren Freunde verwenden" hergestellt wird.

Auch die Behauptung, das Tattoo sei "schlecht", ist absurd. Entweder ist es schlecht gemacht oder es gefällt einem nicht; in beiden Fällen kann man das entsprechend ausdrücken.

Solche Fälle verstärken bei mir den Eindruck, das Konzept von e-prime wäre auch in der deutschen Sprache verfolgenswert.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.08.2017 um 14.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36002

Lieber Herr Virch,
wenn Sie Dunkelhäutigkeit, Behinderung usw. so in einer Reihe schreiben, ist klar, daß Sie das ironisch meinen.

Andererseits verstehe ich es trotzdem nicht, denn daß es am Ende noch so weit kommt, daß man ablehnende Meinungen dazu nicht mehr äußern darf, ist zur ernsten Gefahr geworden, das ist keine Ironie. Vor allem sehe ich eine große Gefahr darin, daß einem jede Ablehnung, jede Geschmacksäußerung und jede Dummheit heutzutage gleich als Haß ausgelegt wird. (Bei einzelnen mag das zutreffen.)

Es gibt bestimmte gesetzliche Verbote, aber im allgemeinen sollte man schon noch alles sagen dürfen. Ob man sich damit immer Freunde macht, ist wieder eine andere Frage.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 15.08.2017 um 09.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#36001

Am Ende kommt es noch so weit, daß niemand seine Ablehnung von Dunkelhäutigkeit, Behinderung oder Kleinwuchs mit Sanktionen zum Ausdruck bringen darf.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.08.2017 um 18.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35997

„Kann niemandem Trinkgeld geben, der Jesus nicht liebt! Schlechtes Tattoo“, stand über der Rechnung geschrieben.
Der Familie war offenbar das Regenbogen-Tattoo auf ihrem Arm aufgefallen – Samantha liebt Frauen und möchte das der ganzen Welt mit ihrem Tattoo zeigen.

(http://www.berliner-kurier.de/28157880)

Von einer „unfassbaren Begründung“ oder „Hassbotschaft“ an die Kellnerin kann da wohl keine Rede sein. Und wer „der ganzen Welt“ seine privaten Vorlieben so demonstrativ aufdrängt, kann nicht erwarten, daß die ganze Welt begeistert ist. Auch die Frommen haben ein Recht, bei freiwilligen Leistungen wählerisch zu sein.

Wir haben aber nun einen Vorgeschmack davon, wie der außerrechtliche Begriff der "Haßbotschaft" sich auswirken könnte. Offenbar wird als selbstverständlich vorausgesetzt, daß niemand seine Ablehnung von Homosexualität aussprechen darf.
 
 

Kommentar von Andreas Blombach, verfaßt am 12.08.2017 um 03.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35964

Niemand weiß, was passiert, wenn wir sterben
Drei Menschen, die schon einmal tot waren, schildern hier ihre Erlebnisse
Oben im Video seht ihr, was sie gesehen haben, während sie tot waren

(Huffington Post)

Da kann man ja nur hoffen, nach dem Tod nicht endlos schlechte Webvideos der Huffington Post zu sehen.

(Im Video gibt es übrigens nur zwei Berichte, von denen einer sogar nur vom Neffen des Doch-nicht-Toten stammt. Und natürlich war niemand tot, sonst hätte er ja nichts mehr "gesehen" (geschweige denn davon berichten können) – gemeint ist der Kreislaufstillstand, der "klinische Tod".)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.08.2017 um 18.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35963

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33582

Zu der Wendung lebendiger Gott vgl. auch:
https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/gottesbezeichnungen-gottesnamen-nt/ch/c8fcb27a7bfb32fac3a5f6b7856887c3/#h22

So genau wollen es die Kirchenbesucher wohl gar nicht wissen, sondern nehmen das Halbverständliche und Geheimnisvolle einfach hin.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.08.2017 um 14.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35959

Niemand weiß, was passiert, wenn wir sterben
Drei Menschen, die schon einmal tot waren, schildern hier ihre Erlebnisse
Oben im Video seht ihr, was sie gesehen haben, während sie tot waren

(Huffington Post)

Wieso weiß das niemand? Es steht doch in den medizinischen Lehrbüchern. Man könnte ebenso gut sagen: "Niemand weiß, was passiert, wenn die Sonne aufgeht." Auch dazu gibt es verschiedene Meinungen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.08.2017 um 15.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35950

Fälle wie Burpo stoßen natürlich durch ihre Naivität ab, und Theologen sind verständlicherweise nicht begeistert. Andererseits sind "Nahtoderfahrungen" nicht nur ein Renner beim allgemeinen Publikum mit seiner Rest-"Spiritualität", sondern beschäftigen auch viele intelligente Menschen. Es gibt richtige Experten dafür.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.08.2017 um 04.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35943

Der Burpo-Hoax hat natürlich Nachahmer gefunden. Ein Junge, der ebenfalls vom Himmel berichtete, hat inzwischen zugegeben, daß er gar nicht im Himmel war. Die Medien schreiben, es habe sich um ein "fake" gehandelt – als ob es daneben auch wahre Berichte geben könne. Burpo bleibt übrigens bei seinem, es war ja auch ein wunderbares Geschäft.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.08.2017 um 17.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35926

Die „Kirche des fliegenden Spaghettimonsters“ darf in Brandenburg keine Schilder mit Hinweisen auf ihre „Nudelmessen“ – analog den Gottesdienst-Tafeln der beiden Großkirchen – aufstellen.
Am Mittwoch urteilten die Richter, dass es den „Pastafaris“ an einer gemeinsamen Weltanschauung fehle. Wesentliches Merkmal einer Weltanschauung sei ein konsistentes Gedankensystem, das sich umfassend mit Fragen nach dem Wesen und Sinn der Welt und der Existenz des Menschen in der Welt befasse und zu daraus abgeleiteten Werturteilen gelange. (FAZ 2.8.17)
Bemerkenswert ist die gerichtliche Definition von „Weltanschauung“.
Die Nudelanbeter legen allerdings Wert darauf, daß sie unter ihrer humoristischen Einkleidung die Weltansicht des evolutionären Humanismus vertreten, die durchaus die vermißten Züge habe.
Ich bekomme regelmäßig Einladungen des Bundes für Geistesfreiheit zu Weihnachtsfeiern. Daß eine Religionsgesellschaft sich als Distanzierung von einer anderen definiert, ist nicht ungewöhnlich, die "Protestanten" tragen es schon im Namen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.08.2017 um 07.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35916

Zur Eier-Theologie der Evangelischen Kirche, eigentlich nur eines Herrn Clemens Dirscherl:

https://www.swr.de/swraktuell/bw/heilbronn/ingelfingen-hohenlohekreis-ev/-/id=1562/did=20041766/nid=1562/nq290v/

Hintergrund:

https://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Evangelisches-Bauernwerk-entlaesst-ueberraschend-Clemens-Dirscherl-8136221.html

https://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Evangelische-Kirche-kritisiert-fast-schon-schwaermerische-Verklaerung-der-Natur-4348742.html

https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2016/32554/clemens-dirscherl-und-jan-grossarth-ueber-das-agrarbusiness
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.08.2017 um 17.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35910

Dass im Zuge des Fipronil-Skandals Millionen Eier in Deutschland vernichtet werden, hält die Evangelische Kirche für ethisch nicht vertretbar. (swr.de 5.8.17)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.08.2017 um 21.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35868

Zum Burkaverbot in Bayern (vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34782):

„Ein kommunikativer Austausch findet nicht nur durch Sprache, sondern auch durch Blicke, Mimik und Gestik statt. Er bildet die Grundlage unseres zwischenmenschlichen Miteinanders und ist Basis unserer Gesellschaft und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, heißt es in der Gesetzesbegründung.
Eine Verhüllung des Gesichts widerspreche dieser Kommunikationskultur. Deshalb lege man nun bestimmte Bereiche fest, in denen das offene Zeigen des Gesichts "für das Funktionieren unserer staatlichen Ordnung, zur Wahrung der Sicherheit und zur ordnungsgemäßen Durchführung von Wahlen unabdingbar ist und deshalb eingefordert werden muss".


Wie gesagt, das sind doch seltsam rechtsfremde Thesen, und wo die Verfassung bemüht wird, scheint es recht hoch gegriffen. Es erinnert an die weit hergeholte Begründung der Zwangsbeiträge fürs Fernsehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.07.2017 um 05.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35756

Ich nehme an, daß man von Muselmanen sprechen darf, aber nicht von Muselmännern. Es wäre einen Versuch wert. Dazu eine Magisterarbeit: "Die Strafbarkeit der deutschen Morphologie".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.07.2017 um 05.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35708

Noch vor einigen Jahren sangen die Kinder in den Schulzimmern voller Inbrunst den Kanon «C-A-F-F-E-E». Damals waren solche Lieder lustig. Heute sind sie wegen der negativen Anspielung auf Türken und Muslime kaum mehr möglich.
Dabei war der aus Sachsen stammende Komponist Carl Gottlieb Hering (1766–1853) wohl kaum fremdenfeindlich eingestellt. Pirmin Lang, Fach­didaktiker für Schulmusik an der Musik-Hochschule Luzern, erklärt: «Der musikalische Reiz lag in der musikalischen Umsetzung der Töne C, A, F und E, die einen Tonika-Dreiklang mit nachfolgendem Leitton ergeben und somit die harmonische Grundstruktur des Kanons legen.» Lang bestätigt aber: Der Text müsse heute als ­«problematisch» betrachtet werden.

Von Hering stammen weitere bekannte, unverfänglicher Kinderlieder wie «Hopp, hopp, hopp, Pferdchen lauf Galopp» und «Morgen, Kinder, wirds was geben». Pirmin Lang beschäftigt sich mit dem Liedgut, das sich für die Schule eignet. «Der Missbrauch von Liedern für politische Zwecke ist uns allen bewusst. Die Schule hat in der Vergangenheit oftmals Hand geboten zur Ausbreitung von Ideologien.»

Der bewusste Umgang bei der Wahl des Liedguts sei ­daher unumgänglich und gehöre zur Professionalität von Lehrpersonen. «Rassistische, ­sexistische oder drogen- und ­gewaltverherrlichende Texte ­haben im schulischen Umfeld nichts verloren, auch wenn solche Songs sehr populär sein mögen», sagt Lang. Unter anderem verweist er auf Songs von Rapper Bushido und von Amy Winehouse.

(Blick 15.10.16)

Wir haben schon gesehen, daß die bloße Erwähnung von "Türken", "Juden", "Chinesen" usw. anstößig ist und z. B. aus Kinderbüchern entfernt wird (während die Türken selbst natürlich nicht daran denken, sich anders zu nennen - das bekannte Problem mit den diskriminierenden Eigenbezeichnungen). Diese extreme Botmäßigkeit dürfte kontraproduktiv sein und den Haß auf Ausländer verstärken, ohne daß diese selbst schuld daran wären.

Im Internet findet man etliche Foren, die nach dem Grundsatz vorgehen: Je harmloser ein Text scheint, desto teuflischer ist er.

Dass noch vor wenigen Jahrzehnten, also zu meiner Schulzeit, ein solcher Kanon im Musikunterricht gelehrt (und damit als Ohrwurm-Ei gelegt) wurde, ohne dass auch nur am Rande darauf hingewiesen worden wäre, unter welchen historischen Bedingungen er entstanden ist, und dass er womöglich auf Mitschüler muslimischen Glaubens beleidigend wirken könnte, erscheint mir heute unfassbar. (http://www.zeit.de/freitext/2014/12/23/werners-ohrwuermer-pegida/)

Der Kanon hat uns nicht vom Kaffeetrinken abgehalten, warum sollte er uns zu Türkenfeinden gemacht haben?

Das Schlüsselwort ist natürlich "könnte möglicherweise ... wirken". Weiter dann unter "Die Tyrannei des Vermeintlichen". Diese Figur macht jede vernünftige Argumentation vergeblich. Und sie dehnt sich unaufhaltsam aus, ob es nun um Rassismus oder Feminismus geht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.07.2017 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35707

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#22426

Für die unendliche Auslegbarkeit der Texte gibt auch Garry Wills erstaunliche Beispiele. In seinem Buch "Why Priests?" zitiert er Jesu bekannte Lehre, daß man überhaupt keine Respektsperson "Vater" nennen soll, weil es nur den Vater im Himmel gebe. Der Papst lasse sich als "Heiliger Vater" anreden.

(Wills wollte selbst Priester werden und hat 5 Jahre an einem Jesuiten-Seminar verbracht. Er ist auch kein Abtrünniger, sondern weiterhin frommer Katholik. Sein Buch ist glasklar geschrieben, eines der besten zum Thema. Dazu auch sein "Papal Sin".)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.07.2017 um 06.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35682

Ich mußte beim Lesen von Urbans Buch öfter an eine religionsphilosophische Vorlesung des Marburger Kantianers Julius Ebbinghaus denken. Er wies nach, daß eine "protestantische Kirche" eigentlich ein Widerspruch ist. Er selbst hatte sich einen kantischen Religionsbegriff zurechtgelegt und blieb Protestant, hörte auch Predigten seines ebenfalls schon betagten Freundes Bultmann, die er anschließend bespöttelte.
Das habe ich als lustige Zeiten in Erinnerung, es war noch vor jener Wende, die, wie ich schon berichtet habe, Marx-, Lenin- und Maoposter in die Fachschaftsräume der Theologiestudenten brachte, und vor meiner eigenen Tätigkeit als Griechischlektor dortselbst.

Die unendliche Auslegbarkeit der biblischen Texte ermöglicht so viele Meinungen, wie es Ausleger gibt. Manche berufen sich auf Erweckungserlebnisse, zum Beispiel Nahtoderfahrungen; andere erklären das für Unsinn. Gemeinsam ist ihnen das Bekenntnis, gute Menschen sein zu wollen, wie Jesus einer war.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.07.2017 um 05.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35680

Urban spricht gelegentlich von "Oberhirten" der EKD wie Bedford-Strohm. Aber es gibt bei den Protestanten doch gar kein Lehramt und folglich keine Hirten und Oberhirten. Das ist nichts Beiläufiges, sondern kennzeichnet das Dilemma des Verfassers und aller, die es ihm gleichtun: Wo jeder Getaufte sein eigener Priester ist, da kann auch jeder sich einen Glauben nach seinem Geschmack zurechtbasteln. Das tut Urban denn auch und kritisiert alle anderen, wie seit je üblich. Wo aber rundum nur Irrtum herrscht, da ist auch der Faden, der den Verfasser an "seine" Kirche bindet, sehr dünn, und man fragt sich, warum er überhaupt noch daran hängt. Das ist doch der Kinderglaube, den er nicht lassen will, aber bei allen anderen tadelt, und das autobiographische Nachwort klärt darüber auf.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.07.2017 um 14.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35673

Ich hatte schon aus Gerhard Roths Vorwort zu Martin Urbans kirchenkritischem Buch zitiert: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1553#35635

Roth schreibt an derselben Stelle, auch im Christentum gebe es Fundamentalismus, der „über zwei Jahrtausende“ zu „furchtbaren Glaubenskriegen, Unterdrückung und missionarischem Kolonialismus“ geführt habe. Vor über 2000 Jahren war Jesus ein Teenager; die Rechnung kann also nicht stimmen.

Urban selbst quält sich mit seiner Kirche herum, kommt dabei vom Hölzchen aufs Stöckchen, erwähnt auch die neckische Geschichte mit dem Playmobil-Luther (Bedford-Strohm, Käßmann, die immer einige Luthers zum Verschenken bei sich hat usw.)
Für Urban ist Luther ein Aufklärer, die evangelische Kirche die Kirche der Aufklärung usw.

Urban spottet aber auch ein bißchen über den Papst, und zwar buchstäblich unter der Gürtellinie, beinahe wie Luther selbst: seine roten Schühchen, die effeminierten Kleider usw. Mitte März 2012 wurde bekannt, dass die Herstellerin Silvana Casoli dem Papst ein eigenes, nicht verkäufliches Parfüm entwickelt habe, mit den Zutaten Linde, Gras und dem giftigen Eisenkraut. Der Berliner Parfümeur Lutz Lehmann kommentierte gegenüber sueddeutsche.de, dass Eisenhut in Deutschland nicht in Parfums enthalten sein dürfe sowie dass „Linde ein sehr süßer Duft ist. Den würde ich eigentlich eher einer Dame empfehlen und nicht einem Herrn.“ Soviel zum Pfauenrad des ehemaligen „Stellvertreters“. (30)
Dazu http://www.sueddeutsche.de/panorama/parfumeur-ueber-den-neuen-papst-duft-ein-holzduft-waere-passender-1.1310291

Nun, Urban ist Physiker, nicht Botaniker, aber Eisenkraut hat wirklich nichts mit Eisenhut zu tun.
Und ich bin kein Theologe, aber soviel ich weiß, wäre es ziemlich unpassend, den betont unmännlich auftretenden Papst wie einen Mann riechen zu lassen. Und vielleicht riecht er ja gar nicht selbst danach, sondern schnuppert nur daran, wenn ihm der Weihrauch zuviel wird (wie meiner Frau, die als kleines Mädchen jeden Morgen vor dem Frühstück in die Kapelle der Konventsschule geführt wurde, wo es zu manchen Ohnmachtsanfällen kam).

Übrigens: Alfred Rosenberg (Der Mythus (sic!) des 20. Jahrhunderts) - Das "sic!" ist unberechtigt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.07.2017 um 08.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35643

Die FAS stellt fest, daß das Luther-Jahr eine Pleite ist. Das entsprach von Anfang an meiner Intuition, die ganze "Luther-Dekade" betreffend, wie ich seinerzeit ja auch geäußert hatte. Die Manager von Publikumslieblingen wissen längst, daß man "Overexposure" vermeiden muß. Wenn dann die Substanz noch ziemlich gering ist (wie Friedrich Wlhelm Graf und andere Theologen meinen), ist der Frust groß. Auch mehrere hundert Millionen aus Steuermitteln können die Menschen nicht dazu bringen (wie die Zeitung meint), nach Wittenberg zu reisen, um dort auf der grünen Wiese den Worten eines unbekannten Predigers aus der dritten Welt zu lauschen. Auf der Wartburg will jeder mal gewesen sein, da kann man ebenso gut dieses Jahr mal hinfahren, aber sonst? Die Playmobil-Figur (Großporträt in der FAS) bleibt als größter Erfolg in Erinnerung.
Alle Aktualisierungsversuche können nicht vergessen machen, daß Luthers Probleme nicht unsere sind (Erbsünde, "Rechtfertigung", Kampf gegen den Teufel ...). Nicht einmal seine Fehler regen heute noch jemanden auf. Und für seine sprachlichen Leistungen interessieren sich halt die wenigen, die sich überhaupt für Sprache interessieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.07.2017 um 05.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35626

Das Evangelium dreht sich um Phänomene, in denen das narzisstische Kalkül der Goldenen Regeln nach dem Motto „Wie du mir so ich dir“ an seine Grenzen kommt. (FAZ 29.6.17)
Die "Goldene Regel" (im Singular) formuliert das Prinzip der Gegenseitigkeit:
„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“
Oder volkstümlich:
„Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“
Was ist daran "narzisstisch"?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.07.2017 um 06.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35614

Von Heiligenbildern erwartet niemand, daß sie nach der Natur gemalt sind. Früher war fast die ganze bildende Kunst sinnbildlich. Wir sind überrascht, hellenistische Porträts zu finden, die den Abgebildeten ungeschönt (warts and all) zeigen.

Zur Zeit kehren wir zum Sinnbild zurück. Fotoreporter sind teuer, daher die vielen "Symbolfotos", die zwar die Schaulust befriedigen, aber keinen Nachrichtenwert haben.

In England landete eine Frau im Rollstuhl, nachdem sie einen Orgasmus hatte. Schuld ist die Krankheit HSA, bei der es zu schlagartigen Kopfschmerzen nach sexueller Aktivität kommt. – Quelle: http://www.express.de/27923744 ©2017
Dazu ein „Symbolfoto“: eine Frau im Rollstuhl.
Es muß sich für Agenturen lohnen, Fotos für alle möglichen Gelegenheiten herzustellen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.06.2017 um 04.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35496

Zur "Glaubwürdigkeit" auch: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35112
(Gänswein)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.06.2017 um 04.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35485

Übrigens zu Thomas: Wikipedia findet es "heute schwer nachvollziehbar", daß der heilige Mann die Hinrichtung von Ketzern rechtfertigt (Grundlage der Inquisition). Aber warum soll das schwerer nachvollziehbar sein als das übrige Werk? Was lesen die Nachgeborenen da eigentlich?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.06.2017 um 18.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35480

Wir könnten zum Beispiel auch die bekannteste Abbildung des heiligen Thomas von Aquin nehmen. Den Katholiken war es damals wie heute egal, ob sie lebensecht ist (das ist sie natürlich nicht). Sie ist ein Produkt der Ikonologie, ein Andachts- oder Sinn-Bild; wichtig ist das Drum und Dran. In diesem Sinn nicht glaubwürdig, sondern gelungen.
 
 

Kommentar von SP, verfaßt am 25.06.2017 um 18.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35478

In Galiläa lebten keineswegs nur Juden, siehe Joh. 1,46.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2017 um 17.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35474

Warum ich nachgefragt hatte: Ich halte "Glaubwürdigkeit" in dem Sinne, wie man bei Abbildungen danach fragt, nicht für einen angemessenen Maßstab für Ikonen. Schließlich sind das Andachtsbilder mit einem bestimmten Zweck und eben gerade keine Abbildungen von etwas. Insofern ist es gleichgültig, ob eine Madonna schwarz oder blond ist. Das Bild eines "typischen Juden" ist als Ikone nicht glaubwürdiger als irgendein anderes. Farben, Gesten, Hintergrund, Accessoires einer Jesus- oder Mariendarstellung entsprechen bestimmten theologischen Traditionen – was soll da "glaubwürdig" heißen?

Ein lieber griechischer Doktorand hat mir zum Abschied die sehr gute Nachbildung einer Ikone geschenkt, die einen Ehrenplatz in meinem unfrommen Haushalt einnimmt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, sie nach ihrer Glaubwürdigkeit zu untersuchen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2017 um 17.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35473

Das habe ich mir gedacht. Ein sehr bescheidener Maßstab, sozusagen das absolute Minimum (weder blond noch schlitzäugig noch schwarz). Das Typische gerät schnell zur Karikatur.

Das Bilderverbot hat seine Vorzüge.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 24.06.2017 um 17.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35472

Ich halte die Christusikone Sinai deshalb für sehr glaubwürdig, weil ich glaube, daß jüdische Männer in Judäa so ausgesehen haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2017 um 16.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35469

Lieber Germanist, was verstehen Sie denn unter "glaubwürdig"? Einen bestimmten Orientalen wie einen typischen Orientalen darzustellen? Oder meinen Sie "des Glaubens würdig"?
In Indien hängen auch in Professorenhaushalten dieselben Kitschbilder (unser Urteil) von Göttern an den Wänden wie beim Lastwagenfahrer im Führerhaus.
Ganesha mit Stoßzahn und Ratte, der leuchtendblaue Krshna – "glaubwürdig"?

Meiner Ansicht nach hat Nancy Ekholm-Burkert Schneewittchen sehr glaubwürdig dargestellt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.06.2017 um 18.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35458

Als der Bericht über den fingierten Vergewaltigungsversuch in Pforzheim durch die Medien ging, habe ich mir gleich einiges gespeichert, in Erwartung des Dementis. Von BILD bis FOCUS herrschte reiner Fakten-Stil, obwohl auch ein Blinder das Fiktionale erkennen konnte. Dutzende von gehässigen Leserbriefen über "Merkels Gäste" und ihre Untaten.

Die guten Leutchen werden wieder sagen: Auch wenn es diesmal nicht stimmte – meine Empörung beweist ja gerade, daß es hätte stimmen können.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 23.06.2017 um 16.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35455

Für eine sehr glaubwürdige Darstellung Jesu halte ich die Christusikone Sinai, Katharinenkloster, sechstes Jahrhundert (zu finden bei Wikipedia). Dort sieht Jesus überhaupt nicht so aus, wie er im "Christlichen Abendland" dargestellt wird, sondern wie ein jüdischer Mann mit schwarzen Haaren und Bart. Bei "uns" werden er und seine Familie meist als Europäer abgebildet. Es scheint demnach ein ideologisches und kein theologisches Problem zu sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.06.2017 um 05.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35441

Beim Kommentar des niedlichen Bedford-Strohm fiel mir gleich die Frage ein, ob nicht Frau Käßmann ebenfalls etwas dazu gesagt hat. Tatsächlich:

Es gibt mittlerweile eine Playmobil-Figur von Luther. Finden Sie das okay?

Da darf die Evangelische Kirche ruhig ein bisschen Humor zeigen. Soziologen erklären: Wenn eine Figur zur Playmobil-Figur wird, dann ist sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Luther in der Mitte der Gesellschaft finde ich ganz gut.

Und Jesus als Playmobil-Figur?

Von Luther haben wir Bilder, durch Lucas Cranach. Wir wissen also ungefähr, wie er ausgesehen hat. Von Jesus wissen wir es nicht. Ich wüsste schlicht nicht, wie er dargestellt werden könnte.

(Tagesspiegel 24.5.17)

Die unsägliche Phrase Mitte der Gesellschaft (dort ist ja auch der Antisemitismus angekommen und auch sonst noch allerlei) paßt zum übrigen Geplapper. Die Religionssoziologen liegen meiner Ansicht nach falsch.
Was die Abbildung Jesu betrifft, so könnte jedes Kind Frau Käßmann belehren. Jesus ist millionenmal öfter dargestellt worden als Luther und läßt sich ganz leicht unverkennbar abbilden. Oder hält Käßmann den Playmobil-Luther für eine lebensechte Plastik? Vielleicht hat die Spielzeugfirma bei Jesus mehr Skrupel als die Kitschtheologen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.06.2017 um 17.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35439

Martin Luther ist die erfolgreichste Playmobil-Figur. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, freut sich über den Erfolg der kleinen Spielfigur. Inzwischen seien eine Million Figuren produziert worden. Der Playmobil-Luther sei »innerhalb kürzester Zeit zum absoluten Kassenschlager avanciert«, sagte Bedford-Strohm am Dienstag in Hannover.
»Wo immer ich in der Welt unterwegs bin – sei es in Südafrika oder Ruanda oder den USA – überall begegnet mir die Playmobil-Figur. Die Figur ist kein Klimbim oder lediglich ein Fan-Artikel, wie manche Kritiker behaupten. Eltern kaufen ihren Kindern diese Figur, weil sie spüren, dass sie mehr zu bieten hat als Darth Vader oder Spiderman«, sagte der Theologe.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.06.2017 um 08.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35387

Wohlgesinnte hatten sich wohl eingeredet, Muslime würden in Köln massenhaft gegen den Islamismus auf die Straße gehen. Es kam aber fast keiner.
Erdogans Ditib argumentiert ungefähr so: Wenn wir uns von den Islamisten distanzieren, stigmatisieren wir alle Muslime als potentielle Terroristen.

Warum überhaupt sollten Muslime gegen den Islamismus demonstrieren? Wie viele Christen haben gegen den Christianismus protestiert? (Las Casas, Spee...)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.06.2017 um 14.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35381

Eine Frau, die als kleines Mädchen eine irische Konventsschule besuchte, erinnert sich daran, daß die Nonnen immer wieder als das Allergräßlichste den Tod eines ungetauften Kindes darstellten. Sie vergoß damals selbst Tränen beim Gedanken daran. Solche Kinder kommen in den Limbus oder gleich in die Hölle, und zwar für immer.

Mit solchen Dingen beschäftigten sich Lehrerinnen und Schülerinnen sehr eingehend und ausgedehnt. Fiel mir bei der Lektüre von Flaschs Buch über den Teufel ein.
Flasch bemüht sich um Gerechtigkeit im Urteil über unsere Vorfahren: "Denn der Eifer, in der Vergangenheit auf der Seite der Gerechten gewesen sein zu wollen, ergibt nur einen Show-Effekt."
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.06.2017 um 05.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35361

Heute feiern die Katholiken Fronleichnam. Die Versuche, etwa bei Wikipedia, die Bedeutung dieses Festes zu erklären, müßten eigentlich die Semiotik interessieren, arbeiten aber mit Begriffen wie "Realpräsenz, Idealpräsenz, Akzidenz" (bezeichnenderweise Fremdwörtern), die quer zu allen zeichentheoretischen Ansätzen stehen. Realpräsenz bedeutet, dass in der Substanz von Brot und Wein Jesus Christus mit seinem Leib und seinem Blut real gegenwärtig ist. Die sinnlich erfassbaren Bestandteile (Akzidenz) von Brot und Wein bleiben unverändert. Mit der rituellen Einverleibung wird die Vorstellung der Kirche als Leib Christi zum Ausdruck gebracht. Mit Leib ist die ganze Person, Leib und Geist gemeint. Sie bedeutet keine Abgrenzung von einem Verzehrten (wie es der mit einem Festmahl gefeierte Sieg über eine Jagdbeute wäre), sondern eine Verbindung mit ihm. So kann man offenbar sprechen, aber kann man es auch denken? Bestreiter der Realpräsenz lehren, dass die Elemente von Brot und Wein nur Zeichen sind (Idealpräsenz), die Christi Leib und Blut bedeuten, aber nicht sind, u.a. basierend auf (1 Kor 11,23–26 NGÜ).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.06.2017 um 15.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35335

Wenn Verbrechen, die im Namen einer Religion (oder sonstigen Ideologie) begangen werden, nichts mit ihr zu tun haben, dann haben auch Wohltaten (z. B. karitative Leistungen) nichts mit ihr zu tun. Gegen das unlogische Gewäsch von heute steht die unsterbliche Einsicht des scharfsinnigen Jesus, für das ungeschulte Volk gleich noch in ein Gleichnis gekleidet:

An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Liest man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen? So bringt jeder gute Baum gute Früchte, aber der faule Baum bringt schlechte Früchte. Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, noch kann ein fauler Baum gute Früchte bringen. Jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Deshalb, an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. (Mt 7:16-20).

Das war immer eines meiner Lieblingszitate.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2017 um 15.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35298

„Ich wollte, dass die deutsche Bevölkerung über die Despotie des Schahs im Iran informiert wird. Die deutsche Studentenbewegung war die beste Gelegenheit dazu. Studenten wollten, dass die Deutschen sich für Verbrechen der Nazis verantwortlich fühlen und sich lossagen von der gewalttätigen Tradition der Arier, und wir Iraner haben auch diese arische Tradition der Gewalt.“ (Djafar Sadigh in der ZEIT, 7.6.17)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.05.2017 um 18.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35232

Die Evangelische Kirche kritisiert die Rolle der Elbphilharmonie beim G-20-Gipfel in Hamburg.

In Wirklichkeit nur Pfarrer Claussen. Bericht hier:
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article165116496/Elbphilharmonie-nicht-umstandslos-zur-Buehne-fuer-Maechtige-machen.html

Bemerkenswert der Hinweis, die Elbphilharmonie dürfe nicht für ein "profanes diplomatisches Arbeitstreffen" mißbraucht werden; sie sei "ein wirkliches Wahrzeichen mit einem Verhältnis zur Wahrheit".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.05.2017 um 04.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35206

Trifft es eigentlich zu, daß das bayerische Kultusministerium immer in den Händen eines Katholiken liegt? Damit hängt ja zusammen, daß die Rechtschreibreform um ein Jahr verschoben wurde (Zehetmair wg. heiliger Vater).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.05.2017 um 05.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35182

„Den Deutschen Evangelischen Kirchentag gibt es in der Regel alle zwei Jahre in einer anderen Stadt mit 100.000 oder mehr protestantischen Christen. Bei dem Treffen versichern sie sich bei Gottesdiensten oder Bibelarbeiten ihres Glaubens, diskutieren über kirchliche, soziale und politische Fragen und – nicht zuletzt – feiern gemeinsam. Die Großveranstaltung dient vor allem als Forum für kirchliche Laien.“ (ZEIT 25.5.17)

„In den Kirchen der protestantischen Reformation findet eine Differenzierung zwischen Klerikern und Laien in der Regel nicht mehr statt, da gemäß Luthers Wort vom allgemeinen Priestertum aller Getauften jeder Gläubige zur Verkündigung berufen und der Glaube nicht auf priesterliche Vermittlung angewiesen ist. Nur umgangssprachlich werden alle Christen ohne geistliches Amt als Laien bezeichnet.“ (Wikipedia)

Keine Kirche ohne Hierarchie, ob mit Weihe oder ohne. Das protestantische Volk weiß das und fühlt sich geehrt, wenn der Herr Pfarrer irgendwo mitmacht. Wenn er sich leutselig oder kumpelhaft verhält, wird das als Besonderheit vermerkt und gefeiert. Das „allgemeine Priestertum aller Getauften“ würde die Kirche aufheben, aber die Praxis ist ihren eigenen Weg gegangen, selbstverständlich auch mit neuer Orthodoxie, Häresie usw. Höchstens in einigen ekstatischen evangelikalen Gemeinden (Pfingstler) gibt es etwas anderes.

Das Staatskirchenrecht trägt ebenfalls zur Stabilisierung von Kirchen bei, drängt sogar die weniger organisierten Religionen, doch bitte „Ansprechpartner“ zu nennen; zur Zeit geht es vor allem um den Islam und seine Vereinsbildungen, denen allerdings die Priesterweihe fremd ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.05.2017 um 18.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35113

Die Ostjuden sträubten sich gegen das Messen der Kinder, weil es an das Ausmessen des Sarges erinnerte.

Das Brauchtum um Tod und Bestattung dreht sich aber hauptsächlich darum, daß der Tote nicht zurückkommt (spukt oder Rache nimmt), in zweiter Linie auch darum, daß es ihm im Jenseits gut gehen möge (Zehrpfennig, Fährlohn usw.).

In den alten amerikanischen Stummfilmen kommen Neger in der stereotypen Rolle ziemlich dummer und furchtbar abergläubischer Menschen vor. Diese Unbefangenheit der weißen Filmemacher ist schon wieder lustig.
 
 

Kommentar von , verfaßt am 15.05.2017 um 17.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35112


 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.05.2017 um 17.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35111

Meine Tante hätte Stein und Bein geschworen, daß sie nicht abergläubisch sei.

Natürlich klopfte sie nicht auf Holz, sagte niemals "toi toi toi", Scherben brachten ihr kein Glück, ein zerbrochener Spiegel keine 7 Jahre Pech, und wenn ein Messer runterfiel, bedeutete das für sie keinesfalls, daß noch unerwarteter Besuch kommen würde. Das war ihr alles Unsinn.

Und trotzdem warnte sie uns Kinder, man DÜRFE NICHT dreimal auf Holz klopfen, wer das tue, auch nur zum Spaß, der verkaufe sich dem Teufel. Aber selbstverständlich war sie nicht abergläubisch. Das habe ich nie verstanden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.05.2017 um 06.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35107

Der Aberglaube hat mich schon als Schüler interessiert.
Als wir vor 43 Jahren unser erstes Kind erwarteten, schlugen einige wohlmeinende Dorfbewohner die Hände über dem Kopf zusammen, weil wir schon vor der Geburt einen Kinderwagen gekauft hatten. Diese Frage wird, wie ich sehe, immer noch diskutiert. Niemand wird je beweisen, daß es kein Unglück bringt.
Meine Eltern, in einem Dorf zugezogen, wurden davor gewarnt, sich von einer alten Frau Salat aus deren Garten schenken zu lassen; das sei eine Hexe. Sie haben es sich trotzdem schmecken lassen, aber das brauchte niemand zu wissen.
Bevor man sich darüber lustig macht, sollte man seine eigenen Ansichten durchforsten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.05.2017 um 05.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35025

Die Präambel des Bayerischen Integrationsgesetzes setzt die Geschichtsphilosophie und -theologie der Bayerischen Verfassung fort:

"Aufgebaut auf dem Trümmerfeld, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des Zweiten Weltkriegs geführt hatte, entstand - eingebettet in die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bayerischen Verfassung und des Grundgesetzes - das moderne Bayern in der Überzeugung, dass allein die Wahrung der unveräußerlichen Grund- und Freiheitsrechte jedes Menschen vor Terror, Diktatur und Spaltung bewahrt und Voraussetzung für Frieden und Freiheit ist."

Verfassung:

"Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des zweiten Weltkrieges geführt hat, in dem festen Entschlusse, den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes dauernd zu sichern, gibt sich das Bayerische Volk, eingedenk seiner mehr als tausendjährigen Geschichte, nachstehende demokratische Verfassung."

Dazu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1231#21351 (Die fehlerhafte Wiedergabe des ISB steht immer noch da.)

Die Verfechter des "Gottesbezugs" wollen einen ähnlichen Passus in der europäischen Verfassung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.05.2017 um 09.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#35013

Rundmail der Universität:

Unser Hochschulpfarramt lädt zu „Pilgerspaziergängen“ ein:

„Verlieren Sie vor allem nicht die Lust dazu, zu gehen:
ich laufe mir jeden Tag das tägliche Wohlbefinden an
und entlaufe so jeder Krankheit;
ich habe mir meine besten Gedanken angelaufen,
und ich kenne keinen, der so schwer wäre,
dass man ihn nicht beim Gehen loswürde…
beim Stillsitzen aber und je mehr man stillsitzt,
kommt einem das Übelbefinden nur um so näher….
bleibt man so am gehen, so geht es schon.“  
Sören Kierkegaard, Brief an Jette 1847


Na ja, Kierkegaard wurde 42 Jahre alt und quälte sich zeitlebens mit seinen Neurosen. Ein Muster an Lebenskunst war er wohl nicht gerade. Übrigens ist das Zitat Gemeingut der Sportvereine und Touristikunternehmen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.05.2017 um 10.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34995

Wie die FAZ vorgestern online berichtete, hat der Papst bekräftigt, sein Vergleich der griechischen Flüchtlingslager mit KZs sei kein "lapsus linguae" (so mehrmals) gewesen. In der heutigen Druckfassung steht aber "Lapsus Linguae".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.05.2017 um 07.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34980

Google doodelt eine "frohen 1. Mai", und diese Verbindung ist reichlich belegt, was mich etwas überraschte. Ich habe noch niemandem einen frohen 1. Mai gewünscht, wie ich es der Konvention folgend bei Weihnachten und Ostern tue, auch wenn ich nicht weiß, ob die Angesprochenen überhaupt etwas mit kirchlichen Feiertagen verbinden.
froh ist im heutigen Deutschen meist auf die Verbindung froh sein im Sinne von "sich freuen, etwas gut finden" eingeschränkt. Synonymisch ist aber zu unterscheiden:

Ich freue mich, daß Sie so zahlreich gekommen sind

Ich bin froh, daß Sie so zahlreich gekommen sind.


Beim zweiten Satz wird mitverstanden "erleichtert" (es hätte auch anders kommen können).
 
 

Kommentar von SP, verfaßt am 22.04.2017 um 19.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34944

Die Amtskirchen? Das einzige Kreuz, das diese Jünger des Diabolos auf sich nehmen, ist das Pluszeichen auf ihrem Kontoauszug (Matthäus 10,38).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.04.2017 um 04.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34940

Gedanken eines AfD-Gegners:

Die Kirchenaktion ist allzu billig und außerdem unklug. Ich kenne kirchlich aktive Christenmenschen, die aus verschiedenen Gründen diesmal wahrscheinlich die AfD wählen. Sie werden nun vor den Kopf gestoßen, und mancher wird (wie die Leserbriefe zeigen) eher aus der Kirche austreten, als sich in seinem politischen Urteil irremachen lassen.
Als wirklich eine Partei unter dem Hakenkreuz auftrat und es Mut forderte, gegen sie zu kämpfen, war von den Kirchen wenig zu vernehmen. Heute wollen viele tausend Demonstranten die AfD an der rechtmäßigen Abhaltung ihres Parteitags hindern; da wollen die Kirchen auch dabeisein, natürlich „friedlich“, mit 60 anderen Organisationen. Mit ihrem moralisierenden Schwarz-Weiß geben sie ungewollt dem gewaltbereiten Mob das gute Gewissen. Im Kampf gegen das Böse sind alle Mittel recht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2017 um 17.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34924

Unter dem Motto "Unser Kreuz hat keine Haken" rufen die christlichen Kirchen zur Beteiligung an friedlichen Protesten gegen den AfD-Parteitag in Köln am kommenden Wochenende auf.

Damit wollen die Kirchen "gegen Polarisierung und gegenseitige Abwertung" kämpfen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2017 um 07.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34914

Wenn größere Teile der Welt dem "Islamismus" verfallen, könnte die Presse die Gelegenheit nutzen und sich ehrlich machen, also den ismus streichen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.04.2017 um 06.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34855

In einem Gottesdienst vor jungen Leuten nimmt Papst Franziskus innerhalb von wenigen Minuten zwei Mal Bezug auf seine eigene Sterblichkeit.
Damit hat er die Gläubigen hörbar nach Luft schnappen lassen: In dem Gottesdienst am Samstag ermunterte der 80-Jährige die Jugendlichen, 2019 am Weltjugendtag in Panama teilzunehmen. "Ich weiß nicht, ob ich es sein werde, aber der Papst wird in Panama sein!", rief er seinem Publikum zu.
Kurz zuvor hatte er die jungen Leute aufgefordert, die Zukunft der Kirche in die Hand zu nehmen. "In meinem Alter stehen wir kurz vor dem Sterben", sagte er. Als er die verschreckte Reaktion der Gläubigen bemerkte, fügte Franziskus hinzu: "Wer garantiert das Leben? Niemand. In eurem Alter liegt die Zukunft vor euch."
(t-online 9.4.17)

Nach diesem Schocker noch eine beruhigende Frontmeldung:

De Maizière hält nichts von Ziel der Gleichheit aller Religionen. "In meinem Dienstzimmer hängt ein Kreuz."

(domradio 8.4.17, ähnlich FAZ)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.04.2017 um 08.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34822

Mancher kommt sich liberal vor, wenn er statt Religion "Weltanschauung" sagt. Aber auch das stammt aus der überholten Zeit, als die Menschen lückenlos nach Konfessionen eingeteilt werden konnten. Überhaupt keine Konfession zu haben galt als undenkbar, und so kam es, daß auch dem Ungläubigen bis heute eine atheistische Weltanschauung unterstellt wird. Der Eintrag "Ohne Bekenntnis" wird nicht ernst genommen.
Aber warum sollte man eine Weltanschauung haben? Das ist so unwissenschaftlich wie nur möglich. Die ganze Welt anschauen! Das kann doch niemand.
(Anmerkung zum "Islamgesetz")
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.04.2017 um 09.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34805

Unionspolitiker wollen ein Islamgesetz.

Wer die Privilegien anderer Religionsgesellschaften billigt, kann nichts dagegen haben, sie auf den Islam zu übertragen (Theologenausbildung, Religionsunterricht, Militärseelsorge...).

Eine "Kirchensteuer" für Muslime geht freilich über das hinaus, was der Politik zusteht. Auch sprachenpolitische Regeln für den Kultus sind nicht möglich. Beck hat recht:

Der Grünen-Politiker Volker Beck wies die Forderungen zurück. "Wir brauchen kein Islam-, Christentums- oder Buddhismusgesetz. Die Religionsgemeinschaften ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig", sagte der religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion.

Predigten auf Deutsch und die Ausbildung von Imamen an deutschen Hochschulen seien zwar wünschenswert. Erzwingen lasse sich das jedoch nicht. Auch in deutschen Auslandsgemeinden werde selbstverständlich Deutsch gesprochen, in Synagogen die Tora meist auf Hebräisch gelesen.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2017 um 16.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34782

Österreich will die Verteilung von "Koranen" (so steht es auch im Duden) verbieten. Dabei wird es nicht bleiben können. Auch der Verkauf und Besitz muß verboten werden, ebenso der Islam. Oder? (Und das Alte Testament?)
Ich warte noch auf die offizielle Begründung.

"Die Gesichtsverhüllung widerspricht unserer Kommunikationskultur", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Das stimmt, aber ist Kommunikationskultur ein Rechtsgut, das der Staat mit Hilfe des Strafrechts schützen muß?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.03.2017 um 07.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34618

FOCUS titelt:
Eklat in Wuppertal – Anweisung sorgt für Empörung: Gymnasium verbietet "provozierendes Beten"

Der Text sagt aber gar nichts über eine solche „Empörung“, sondern berichtet nur, daß eine Schulleitung das Beten auf dem Schulgelände untersagt habe, weil es den Schulfrieden störe (und zweifellos auch stören soll, denn bisher ging es anders; man testet eben aus, wie weit man es treiben kann).
Ich würde einen Gast, der in meinem Wohnzimmer seinen Gebetsteppich ausrollt, zwar beten lassen, aber nicht wieder einladen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.02.2017 um 04.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34432

Zu meinen Lieblingsautoren gehören Gary Wills und Susan Jacoby. Wills ist katholischer Kirchenkritiker, Jacoby Religionskritikerin. Beide sind auch Historiker und Journalisten, und beide schreiben sehr gut, aber natürlich können sie einander nicht grün werden. Der Religionskritiker (Prototyp Dawkins) wird oft etwas säuerlich gelobt, aber letzten Endes doch belächelt wegen seines Mangels an Spiritualität und Tiefe.

Wenn man aus einer gewissen Distanz zusieht, wie die Frommen und die Unfrommen einander beharken, kann man von beiden viel lernen.

Ich schließe dies an meine Beobachtung an, daß z. B. die FAZ zwar Kirchenkritik, aber nie und nimmer Religionskritik zuläßt. Überhaupt haben wir hierzulande keine Autoren wie die genannten, oder sie werden nicht bekannt, weil das Publikum fehlt oder lieber weghört.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.01.2017 um 08.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34410

Das Nachtgebet mit Weihbischof Ansgar

Komplet

Seit der Adventszeit 2015 betet Weihbischof Ansgar Puff jeden Tag unter der Woche die domradio-Komplet. Tägliche Impulse in Form einer Videobotschaft veröffentlicht er montags bis freitags auf seiner Facebook-Seite.

Hier können Sie Ihr Gebetsanliegen oder Ihre Fürbitte an Weihbischof Ansgar Puff schicken.

Betreff: ...


(Es fehlt eine Sicherung gegen Fake-Gebetsanliegen, prayer bots...)

s. auch https://www.youtube.com/watch?v=t4_9YFJhL3o und viele ähnliche.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.01.2017 um 17.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34357

„Um Fanatismus zu bekämpfen, müssten sich Muslime mit ihrer Religion auseinandersetzen, sagt der Bundestagspräsident. Terror sei nie religiös, sondern immer politisch.“ (ZEIT online 19.1.17)

Das ist Kants listige Methode der Textkritik: Wenn in der Bibel etwas moralisch Verwerfliches steht, kann es nicht echt sein. Religion ist per def. gut.

„Die IS-Terrormiliz hat in Syriens Oasenstadt Palmyra erneut einzigartige archäologische Bauten in Schutt und Asche gelegt. (...) Für die militanten Islamisten der IS-Terrormiliz sind die historischen Bauten Überreste aus der «Zeit des Unglaubens», die aus ihrer Sicht vernichtet werden müssen.“ (20.1.17)

(Übrigens hatten die römischen Theaterbauten längst nichts mehr mit Religion zu tun; allerdings waren es Orte des Vergnügens, das ist im Namen der Religion heute verpönt – oder im Namen der Politik? Welcher denn?)

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.01.2017 um 18.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34278

"Keine Religion hat Vorrang vor der Bildung." (ZEIT zum Schwimmurteil des EuGH)

Das wird schwierig. Steht die Religionsfreiheit dem Recht auf Bildung oder der Pflicht zur Bildung nach? Für den wirklich Frommen ist göttliches Gebot wichtiger als alles Irdische. Es gab auch christliche Richtungen, die angesichts des bevorstehenden Gottesreiches alles andere belanglos fanden. Und welche Bildung ist gemeint? Muß man schwimmen können? Lohnt es sich, dafür in die Hölle zu kommen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.12.2016 um 19.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34193

Laut Pressemeldungen wollen deutsche Behörden 22.000 beschlagnahmte Koranübersetzungen in der Wüste vergraben. Die Übersetzung soll "salafistisch" getönt sein.

Als wir vor einiger Zeit über die Koranverteiler sprachen, hieß es in einem verlinkten FAZ-Beitrag, der Übersetzer versuche stellenweise, den Koran zu "entschärfen" und dadurch anziehender zu machen. Wäre das so schlimm? Tun solches nicht auch die Bibelübersetzer? Die Bibel wird auch durch Weglassen weichgespült und ist den meisten Christen nur in dieser Form bekannt. Das kann man nur gutheißen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.12.2016 um 20.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34088

Die Lutherbibel ist zum Jubiläum der Reformation in zeitgemäßen Editionen verfügbar: Edition Uschi Glas, Edition Klaus Meine, Edition Jürgen Klopp, Edition Harald Glööckler und weitere. Ob das der evangelischen Kirche wieder mehr Zulauf verschaffen wird?

www.die-bibel.de/ueber-uns/unsere-uebersetzungen/lutherbibel-2017/prominente-und-die-lutherbibel
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.12.2016 um 07.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34061

Interessante Frage. Jedenfalls zeigt sich heute, daß das vielgerühmte "kooperative" Verhältnis von Staat und Kirchen (von Juristen als "hinkende Trennung" bezeichnet) seinen Befürwortern auf die Füße fällt.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 08.12.2016 um 19.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34060

Bereits Katholizismus könnte man als Kampfbegriff ansehen. Die römisch-katholische Kirche sieht sich sicherlich nicht als ein Ismus unter vielen. Man hat auch schon festgestellt, daß politischer Protestantismus »eigentümlich ungebräuchlich« sei (Michael Klein, 2005).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.12.2016 um 19.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34059

Das war doch nicht der Kampfbegriff seiner Gegner, oder?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 08.12.2016 um 18.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34058

Wen oder was hat denn die jahrzehntelange Verwendung des Begriffs politischer Katholizismus vergiftet?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.12.2016 um 06.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34051

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33921

In diesem Sinn auch ein ausgezeichneter Beitrag des Juristen Rudolf Steinberg über die "Keule des 'politischen Islams'", auch gegen Einlassungen des bayerischen Justizministers Bausback an gleicher Stelle. Man müsse bedenken, daß ein umfassendes Ausschließen des Islams aus dem öffentlichen Leben zugleich das Christentum, Judentum usw. treffe.

Aber das Schlagwort ist in der Welt und entwickelt seine giftige Wirkung, wie "Leitkultur".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.12.2016 um 05.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#34016

Rainer Hank vom Wirtschaftsressort der FAS, der auch katholische Theologie studiert hat, begründet die Sonntagsruhe mit einem "Menschenrecht auf Rhythmus", preist auch die Einführung des Schabbat als "eine der größten Kulturleistungen der Menschheit". (Andere Völker haben auch ihre Festkalender usw.)
Im Zeitalter des Internet braucht man die Zeitungen nicht selbst zu archivieren, um festzustellen, daß Hank ungefähr dasselbe vor zwei Jahren, ebenfalls zum zweiten Advent, schon einmal geschrieben hat: "Die Weltgeschichte schreitet quasi im Siebenachteltakt voran. Das macht die Zeit allererst als Zeit erfahrbar, andernfalls wäre sie nur ein breiter amorpher Strom, der am Ende alle krank, gar verrückt werden ließe. Einatmen und Ausatmen, Sympathikus und Parasympathikus beschreiben ein Grundmuster der Humanbiologie."
Damals mahnte er auch die Kirchen, ihren Sonntagsgottesdiensten (dem offiziellen Zweck der Sonntagsruhe) wieder mehr Gehalt zu geben.

Wenn man solches Recycling einer Handvoll Gedanken beobachtet, geniert man sich ein wenig, weil man ahnt, daß man selbst auch nicht anders tickt. Bei anderen fällt es eher auf, weil sie falsch liegen, während man selbst natürlich recht hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.12.2016 um 06.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33980

Das Urteil zur Karfreitagsruhe wird naturgemäß unterschiedlich kommentiert. Matthias Drobinski in der SZ vom 30.11.16:

Kollektive Ruhelosigkeit

Warum der Karlsruher Spruch zum Karfreitag befremdlich ist.

In Deutschland gibt es, ausgerechnet in einer Zeit der vielfältig bedrohten Freiheit, eine merkwürdige Banalisierung des Freiheitsbegriffs: Freiheit ist, an 365 Tagen im Jahr Party machen zu können. Freiheit ist, jederzeit in einem Geschäft einkaufen gehen zu können, gerne noch am Karfreitag, wenn man nicht gerade zum Tanz beim Bund für Geistesfreiheit muss. Für diese Freiheit also wird gekämpft, bis hin zum Bundesverfassungsgericht.
Was die tapferen Kämpfer übersehen: Es geht schon lange nicht mehr um den Anspruch der Kirchen, den Leuten vorzuschreiben, wann sie stille sein sollen; das funktioniert, zum Glück, nicht mehr. Es geht um das Pausenlose des öffentlich sichtbaren Konsums und ums Verschwinden der kollektiven freien Zeit. Es sind Schutzbereiche des Gemeinsamen, welche die Feiertage bieten, Auszeitangebote gegen die totale Vertaktung des Lebens. Sie sind bedroht, diese Auszeiten, nicht durch höllenpredigende Pfarrer, sondern durch die kollektive Ruhelosigkeit.
Zu Recht betonen nun die Verfassungsrichter den Wert dieser kollektiven freien Zeit; es erstaunt eher, dass sie diesen Wert einschränken, wenn die Party am Karfreitag gewissermaßen ein Gegenbekenntnis zu den betenden Christen ist. Nein, die Freiheit leidet nicht, wenn das Geschäft und das öffentliche Vergnügen mal Pause machen. Und wer will, kann privat tanzen, bis die Sohle qualmt.


Befremdlich ist eigentlich nur die nichtreligiöse Begründung. Banalisiert wird von Drobinski das ernste Jahrtausendthema der Trennung von Kirche und Staat, indem er den Kritikern unterstellt, sie wollten doch nur rund um die Uhr shoppen und tanzen.

Auch die Gewerkschaften halten verständlicherweise an den arbeitsfreien Tagen fest und hätten bestimmt nichts gegen eine Umbenennung wie in Bloomington ("Spring holiday"). Aber die Kirchen können mit "Auszeitangeboten gegen die totale Vertaktung des Lebens" keinen Staat machen, das ist eher etwas für Käßmann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.11.2016 um 07.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33921

Man sollte den neuen Kampfbegriff politischer Islam beobachten, er könnte Karriere machen. (Der Ausdruck selbst ist natürlich nicht neu.)

Der Islam genießt Religionsfreiheit. Um ihn trotzdem bekämpfen zu können, hat man den "Islamismus" erfunden, neuerdings auch den "politischen Islam". Allerdings war und ist auch das Christentum politisch, das braucht man nicht zu beweisen. Die katholische Kirche verlangt von katholischen Politikern, daß sie nicht nur privat den Grundsätzen der Kirche gehorchen. "Katholische Abgeordnete haben ohnehin die Pflicht, sich entsprechend der katholischen Glaubens- und Sittenlehre zu verhalten." (Norbert Geis) Entsprechende Instruktionen des Vatikans kann man nachlesen.
Wie denn auch nicht? Wenn es Götter gibt, stehen sie himmelhoch über allem Irdischen, und Religionen ohne Absolutheitsanspruch sind keine. Demokratie und Rechtsstaat sind ja schön und gut, aber nur für begrenzte irdische Verhältnisse. Jener Papst, der vor hundert Jahren die allgemeinen Menschenrechte für Wahnsinn erklärte, hatte sub specie aeternitatis vollkommen recht.
Das alles ist zu bedenken und wird hochkommen, wenn der "politische Islam" vor den Verfassungsgerichten landet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.11.2016 um 10.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33858

Die Zeitung beschäftigt sich mit der „schwierigen Entsorgung des Korans“ und zeigt ein Foto mit beschlagnahmten Koran-Exemplaren. (FAZ 16.11.16)

Zum Aberglauben gehört die ehrfürchtige Behandlung der heiligen Texte in ihrer Stofflichkeit. Die FAZ erwähnt den Brauch frommer Katholiken, Bibeln in geweihter Erde zu bestatten. Näher liegt der Umgang der Juden mit der Thora. Wir verdanken ihm die Erhaltung alter Exemplare trotz jahrhundertelanger christlicher Judenverfolgung.

Die Verteilung des Korans kann nicht verboten werden, auch wenn manche "Leitkultur"-Verfechter das gern möchten. Der Koran ist keine verbotene Schrift. Er schreibt die Bibel fort, am deutlichsten das AT. Man müßte die Bibel gleich mitverbieten.

Wie wäre es mit den bewährten Tricks?

Die Behörden erwägen ein Verfahren gegen die „Wahre Religion“ wegen Steuerhinterziehung: Der Koran wird teilweise für einen geringen Preis verkauft, der aber höher liegt als die Beschaffungskosten von „ein bis zwei Euro“. Also ist der Handel ein nichtgemeldetes Gewerbe usw. Aber mit solchen Bagatellbeträgen können Fiskus und Strafgerichte keine großen Sprünge machen

Das Urheberrecht (wie bei Hitler) kann nicht herangezogen werden, weil Text und Übersetzung gemeinfrei sind.

Nachdem die „Wahre Religion“ verboten worden ist, könnte das eingedruckte „DWR“ als Verwendung des Emblems einer verfassungswidrigen Organisation strafrechtlich verfolgt werden. Dann werden Ausgaben ohne das Logo gedruckt.

Auch unabhängig davon ist die „Entsorgung“ der Bücher nicht zu empfehlen, man weiß ja, was das bei den Muslimen in fernen Ländern auslösen kann. Man sollte nicht für nichts und wieder nichts einen großen Teil der Menschheit gegen sich aufbringen. Die festgenommenen Salafisten werden ohnehin wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen.

(In der Zeitung wird wieder einmal von „selbsternannten“ Predigern gesprochen. Das ist sehr aus der Sicht von Amtskirchen gesprochen und eigentlich sinnlos. Übrigens wimmelt es auch in den USA unter Protestanten von selbsternannten Predigern; sie predigen eben einfach, eine Ernennung ist nicht erforderlich.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.11.2016 um 05.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33804

Zum Streit um die Gipfelkreuze: Pfarrer Kraller aus Lenggries meint, das "Gipfelkreuz sei ein unerlässliches Bekenntnis des Glaubens, ein Zeichen, das zum Gebet und Dank aufgestellt worden sei, um Gott näher zu sein." (FAZ 9.11.16)

Was sagt eigentlich die Theologie dazu? Ist der Mensch auf dem Schafreiter 2000 m näher zu Gott als in Ostfriesland?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.10.2016 um 05.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33720

Der Reformationstag sollte nach dem Luther-Jahr für immer ein gesetzlicher Feiertag werden. Das fordert Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche (EKD). Auch der Buß- und Bettag sollte wieder gesetzlich geschützt werden. (...)
Feiertage seien enorm wichtig für die „moralische und soziale Infrastruktur Deutschlands“, sagte Bedford-Strohm dem „Hamburger Abendblatt“.


Interessante Begründung, könnte von Käßmann sein. Die beiden haben ja auch gerade zusammen ein Buch herausgebracht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2016 um 06.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33695

F. C. Delius weist schwungvoll nach, daß Luther die Reformation "vergeigt" habe, und zwar durch sein Festhalten an der Erbsündenlehre des Augustinus (FAZ 29.10.16). Das ist nicht neu (Nietzsche usw.), aber es ist auch nicht verkehrt, ab und zu an diesen Kern der Christenlehre zu erinnern, gerade im Gesäusel zum Reformationsjahr. Wenn Delius allerdings meint, Augustinus hätte Paulus ohne weiteres griechisch statt lateinisch zitieren können, so steht dem die ziemlich einhellige Meinung der Philologen entgegen, daß es mit Augustins Griechischkenntnissen nicht weit her war.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.10.2016 um 06.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33686

Ich war überrascht, in der ZEIT vom „Oberhaupt der Evangelischen Kirche, Heinrich Bedford-Strohm“ zu lesen (26.10.16), aber dann sah ich, daß diese Redeweise sehr verbreitet ist. In meiner theologischen Grundausbildung (1000 Stunden Religionsunterricht, mehr als Physik) habe ich gelernt, daß die Protestanten kein Oberhaupt haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.10.2016 um 05.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33616

"Planen Sie Ihren Reformationssommer! Lassen Sie sich durch dieses Magazin dazu einladen, aus der Vielfalt der Angebote auszuwählen. Ihre Margot Käßmann"
(chrismon 22.10.16)

Im selben Heft werden Prominente gefragt, was ihnen die Reformation bedeutet. Der Produzent Nico Hofmann: „Luther hat die fundamentalistische Auslegung von Religion infrage gestellt.“ Dann wäre also die Kirche mit ihrem Ablaßhandel usw. fundamentalistisch gewesen, und Luther hätte dagegen eine liberalere Bibelauslegung gestellt oder wie?

Abgesehen vom sonderbaren Geschichtsbild: infrage stellen ist zwar nur fakultativ, wird aber, wie man ohne Nachschlagen voraussagen kann, vom Duden empfohlen. Konsequent wäre infragestellen.

Planen wir unseren Reformwinter!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.10.2016 um 16.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33582

Im römisch-katholischen Gottesdienst beschließt der Pfarrer die Lesung mit der Formel Wort des lebendigen Gottes, worauf die Gemeinde mit Gott, dem Herrn, sei Dank! antwortet.

Wie eine kurze Umschau zeigt, haben auch die Pfarrer selbst manchmal Bedenken, zeitbedingte Texte als Wort Gottes zu bezeichnen, und die Gläubigen wissen im Grunde nicht, was sie unter einem "lebendigen Gott" (nach griechischem Vorbild) verstehen sollen (kuriose Antwort: http://www.nordelbische.de/beitraege/?p=487).

Kein Kommentar scheint dagegen nötig, um die artikellose Wendung Wort... zu erklären. Mir als Fremdling war sie gleich beim erstenmal aufgefallen.

Übrigens ist die Langform Gottes ungleich häufiger als die synkopierte Gotts, nicht nur als Quasi-Eigenname.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.10.2016 um 12.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33543

Der interkonfessionelle Andachtsraum im Reichstag ist ja sehr "stimmungsvoll", wie man so sagt, und zur Kunst am Bau gehört mehr denn je das Gerede darüber:
http://www.bildimpuls.de/Uecker-Reichstag-KuK2010.pdf

Das Wichtigste steht anderswo: Der Raum wird nur noch von 10 bis 15 Menschen genutzt; vor 30 Jahren (in Bonn) waren es zehnmal so viele. Es ist absehbar, wann nur noch Besucher hindurchgeführt werden.

(Uecker hat sein Leben lang genagelt, warum sollen die Nägel hier plötzlich eine Anspielung auf die Kreuzigung sein?)

Man ist heute nicht mehr fromm, sondern "spirituell", aber die totale Ästhetisierung hat für einen Erzprotestanten wie mich etwas Unzulässiges.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.10.2016 um 07.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33476

„Muslim wird man nach muslimischem Glauben durch Geburt. Ein Bekenntnisakt wie die Taufe ist nicht nötig.“ (FAZ 7.10.16)

Tagesprämie an Patrick Bahners!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.10.2016 um 06.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33418

Die politische Redaktion der FAZ begrüßt selbstverständlich die neue "Leitkultur"-Debatte, die dadurch besonders pikant wird, daß man sich zugleich von der AfD abgrenzen muß. Wir sind gespannt auf die Formulierungskünste der Unionspolitiker, nachdem die AfD ja alles schon mustergültig gesagt hat.

Reinhard Müller bemüht das Grundgesetz, an das sich auch "jeder Tourist halten" müsse. (FAZ 1.10.16)
Aber im GG steht wenig für Touristen; da müßte der Jurist Müller schon etwas deutlicher werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.09.2016 um 05.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33414

Die katholische Kirche äußerte sich wiederholt zur Evolutionstheorie, so Papst Pius XII. in seiner Enzyklika Humani generis, Papst Johannes Paul II. auf der Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und Papst Benedikt XVI. in seiner Predigt zur Amtseinführung. Dort heißt es „Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist Frucht eines Gedankens Gottes.“ Die Evolutionstheorie wird vom Vatikan als „vereinbar mit dem christlichen Glauben“ bezeichnet. (Wikipedia Evolution)

Man lebt in so verschiedenen Sprachwelten, daß ein Widerspruch schwer zu formulieren sein dürfte. Insofern sind die beiden „Magisteria“ (Stephen Jay Gould) in der Tat miteinander vereinbar. Stabhochsprung und Geigenspiel „widersprechen“ einander auch nicht. Diese „Vereinbarkeit“ ist allerdings nicht ganz das, was die Philosophen sich darunter vorstellen.

„Monsignor Ravasi said Darwin's theories had never been formally condemned by the Roman Catholic Church.“

Wer zur Rechtgläubigkeit erzogen ist, kommt nicht auf den Gedanken, daß schon die ganze Konstruktion des „Verurteilens“ von Theorien anstößig ist. Aufgeklärte Menschen sehen nicht nach, ob eine Theorie irgendwann einmal verurteilt worden ist oder das „Imprimatur“ eines Vormunds erhalten hat.
Wie aus dem Wikipedia-Eintrag hervorgeht, scheint sich der Islam noch gar nicht gründlich mit der Frage beschäftigt zu haben, jedenfalls nicht in der Breite wie das Christentum. Er ist noch zu sehr mit der Bekämpfung der Ungläubigen beschäftigt.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 23.09.2016 um 16.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33365

"Amore, amore e tutto che non so dire mai!" (Gianna Nanini)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.09.2016 um 06.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33353

Christian Geyer, dem ja der Papst nicht päpstlich genug ist, titelt heute

Amore romana

(wieder einmal über "Amoris laetitia")
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.09.2016 um 04.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33352

„Es gibt keinen Gott des Krieges“, sagt der Papst. (Reinhard Müller in FAZ 21.9.16)

„Israel“ heißt nach geläufiger Auffassung „Gott führt Krieg“, so auch bei Thomas Mann („Das Gesetz“). Es gibt mildere Übersetzungen, aber ohne Kampf geht es nicht, wie ja auch das AT zeigt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.09.2016 um 04.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33332

Der Wirtschaftsteil (!) der FAS vom 18.9.16 gönnt eine ganze Seite einem Eskimo-Schamanen, der seine Plattheiten (gegen materialistische Orientierung, für "Spiritualität", gegen die Gier, für Einklang mit der Natur usw.) auf Vortragsreisen über die ganze Welt verstreut. Mit dem Dalai Lama hat er sich natürlich auch gut verstanden. Einschlägige Bestseller gab es ja in den sechziger und siebziger Jahren. Erstaunlich viele Menschen fahren aber immer noch auf so etwas ab. Neu ist, daß die Ideologie nicht auf Müsli-Kreise beschränkt bleibt, sondern in Entspannungsübungen für Manager eingebaut wird.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 18.09.2016 um 13.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33329

Voraussichtlich in einem Jahr wird die nächste Bundestagswahl abgehalten. Der Kurswechsel der F.A.Z. ist daher jetzt fällig; er stand schon seit 2013 im Kalender vorgemerkt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.09.2016 um 06.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33327

Die Burkaträgerin entscheidet sich in den meisten Fällen bewusst dafür, ihre Einzigartigkeit als Individuum zu vernichten und ihre eigene Identität durch die der Gruppe zu ersetzen. (Juraprofessor Rudolf Steinberg FAS 18.9.16)

Mag sein, aber woher weiß er das? Ist eine Muslimin gefragt worden: „Wollen Sie Ihre Eigenart als Individuum vernichten?“ Würde sie eine solche Frage verstehen? Sie würde vielleicht etwas ganz anderes antworten, aber der deutsche Professor würde es unbeirrt so deuten, wie er es für richtig hält. Er weiß eben einfach Bescheid ("in den meisten Fällen"!), war ja auch, wie mitgeteilt wird, Präsident der Goethe-Universität.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.09.2016 um 04.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33324

Für eine Beilage hat die FAZ Allensbach beauftragt, das Volk zu befragen, ob die Bundesregierung die Flüchtlingskrise bewältigt. Mit den Ergebnissen („Vertrauensverlust“) stützt Renate Köcher dann ihre bekannte politische Meinung.
Das ist offenbar vor dem Kurswechsel der FAZ in Auftrag gegeben. Gerade die FAS, der die Broschüre beiliegt, eröffnet gleich mit einem fast hymnischen Artikel über das Abflauen der Krise usw. Auch die FAZ ist vor etwa einer Woche auf diesen positiven Ton umgeschwenkt, nicht zuletzt durch die Leserbriefpolitik, aber auch einen Beitrag von Patrick Bahners (16.9), der offensichtlich gegen die Dauerpolemik von Berthold Kohler, Jasper von Altenbockum, Reinhard Müller und Christian Geyer gerichtet war. Am 13.9. hatte Geyer verlangt, Merkel solle endlich zugeben, einen Kurswechsel vollzogen zu haben. Das war ein letztes Aufbäumen, wie denn die Kritik zuletzt nur kleinkarierte Wortklauberei gewesen war. – Vielleicht ist die Zeitung aus Wirtschaftskreisen gerüffelt worden, oder die Nähe zur AfD wurde ihr unangenehm.

Durch Meinungsumfragen zu einem Problem erzeugt man in einem Abwasch das Problem und die Meinung dazu.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.09.2016 um 17.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33315

Wie kann es sein, dass wir die Beschneidung [von Mädchen] verbieten, die Vollverschleierung aber nicht? (Brief einer Leserin an die FAZ 13.9.16)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.09.2016 um 06.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33288

Der Christstollen ist ja auch schon profaniert und rund ums Jahr zu finden, auch als Osterstollen, Herbststollen, Marzipanstollen usw. (Mein Vater stellte die Stollen nach einem handschriftlichen Rezept aus Sachsen her, das war immer eine große Sache.)

"Allgemein wird der Stollen als Gebildbrot bezeichnet, da er per Hand geformt wird. Er versinnbildlicht den in weiße Windeln gewickelten neugeborenen Jesus Christus." https://de.wikipedia.org/wiki/Stollen_(Geb%C3%A4ck) - dort auch zum Markennamenrecht.

Da wir gerade über religiöse Symbole reden: Irgendein Unhold hackt zur Zeit Gipfelkreuze um; Reinhold Messner ist es nicht, aber der findet religiöse Symbole auf Bergen auch nicht gut. Dazu gibt es eine Perle aus der klassischen Literatur, die verständlicherweise nicht in den Lesebüchern steht: Theodor Storms "Crucifixus", mit einem ziemlich kühnen Reimwort am Schluß. Mir fallen die Verse geradezu zwanghaft unweigerlich ein, wenn ich sonntags über die Grenze zu Oberfranken radle und an etwa zehn Kruzifixen vorbeikomme, bevor ich wieder auf mittelfränkisches Territorium gelange.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 07.09.2016 um 10.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33261

Dresden ist nur der größere und bekanntere Marktplatz für die eigentliche Pfefferkuchenstadt Pulsnitz mit jahrhundertelanger Tradition. Dort gibt es fast in jeder Straße eine meist noch als kleiner Familienbetrieb ganzjährig arbeitende Pfefferkuchenküchlerei. Hauptsaison ist natürlich um Weihnachten. Wer nicht selbst hinfährt, muß(!) sich die Pfefferkuchen per Internet schicken lassen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.09.2016 um 09.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33260

Um von der ewigen Burka mal auf etwas Erfreulicheres zu kommen: Ende August, spätestens Anfang September tauchen die ersten Lebkuchen, Printen, Dominosteine und Zimtsterne in den Geschäften auf, teils jetzt als "Herbstgebäck".

„Die durchgängige Kommerzialisierung der christlichen Feste ist uns nicht recht“, meint aber der Vizepräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Thies Gundlach. Sowohl der Zeitpunkt des Verkaufs als auch die Bezeichnung „Herbstgebäck“ sind ihm ein Dorn im Auge. Die Herkunft werde damit bewusst unsichtbar gemacht. Der Advent, für den das Gebäck wie Spekulatius eigentlich gebacken wurde, sei eine Bußzeit – eine Zeit der Bescheidenheit. Früher hätten die Menschen sogar gefastet und sich daher mit dem etwas trockeneren Gebäck begnügt. All das, um sich auf Weihnachten vorzubereiten. Ohne dieses Bewusstsein gehe der Sinn der Leckereien verloren. „Dann können Sie auch ganz normalen Kuchen essen“, sagt Gundlach.

Eine schwierige theologische Frage. Bei katholisch.de liest man: „Ohnehin ist die enge Verbindung von Lebkuchen mit Weihnachten eine neuere Entwicklung; in Lebkuchen-Metropolen wie Dresden, Nürnberg und Aachen (mit den Printen) läuft das Geschäft durchgehend. Und die Benediktinerinnen von Frauenwörth im Chiemsee backen in ihrer berühmten Lebzelterei auch das ganze Jahr über, ganz ohne adventliche Skrupel.“ Weiteres zum Brauchtum hier: (https://www.ekd.de/advent_dezember/brauchbar/advent/lebkuchen.html)

Brisanter ist die Überlegung, daß Lebkuchen kein „normaler Kuchen“, sondern offenbar theologisch aufgeladen ist, ähnlich der Hostie, zwar ungeweiht, dafür schmackhafter. Das Neue Testament erwähnt ihn nicht (nur Korinther, wobei ich als Kind immer an Weihnachtsgebäck denken mußte), der Koran fordert aber auch keine Burka. – Die Debatte ist eröffnet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.09.2016 um 05.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33228

„Schließlich heißt es auch immer wieder: Viele Frauen tragen den Gesichtsschleier freiwillig. Weil aber kaum jemand Zweifel daran hat, dass die meisten Frauen Burka oder Nikab eben nicht aus eigener Entscheidung tragen, und der Gegenbeweis nicht verlässlich angetreten werden kann, könnte man mit einem Verbot eben jenen Frauen, die die Vollverschleierung als Ausdruck der Selbstbestimmung postulieren, signalisieren: Deutschland ist dann vielleicht nicht das Land, in dem ihr leben solltet. Auch dann nicht, wenn ihr Deutsche seid.“ (Anna Reimann, Spiegel 2.9.16)

(„weil“? Merkwürdige Begründung. Dabei geht es doch nur um „Raus, raus, raus!“ Diesmal von einer erklärten Feministin.)
 
 

Kommentar von B, verfaßt am 01.09.2016 um 12.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33225

Es gibt ja die in Fachkreisen sehr renommierte Vatikanische Sternwarte (wenn auch nicht mehr in Rom, die Städte sind heute einfach zu hell). Ich hätte natürlich nichts dagegen, wenn es dereinst auch eine Boko-Haram-Sternwarte geben sollte. (In Nigeria ist es ja wohl auch nachts noch richtig dunkel, also nicht im übertragenen Sinne.) Schauen wir in dreihundert Jahren noch einmal.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.09.2016 um 05.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33222

Es gehört thematisch nicht hierher, aber weil ich Reichholfs Buch erwähnt habe, will ich es hier einschalten: Der Verfasser bringt Hexe mit Hekate zusammen und leitet Wacholder von einem Wach-Halter ab. Beides ist natürlich indiskutabel und wäre nicht erwähnenswert. Aber wie kommt es bloß, daß so viele Menschen auf die albernsten Volksetymologien abfahren? Was hat die Schule versäumt? Wir haben bei der Rechtschreibreform immer wieder erleben müssen, daß die Mehrheit nicht die geringste Ahnung von sprachgeschichtlichem Elementarwissen hat und daß selbst viele Mitstreiter uns eher peinlich waren.

Übrigens schreibt auch Dawkins über viele Gebiete, auf denen er kein Fachmann ist, und vermerkt dies auch jedesmal; aber solche Schnitzer würden ihm nie passieren. In sprachlichen Dingen verläßt er sich stellenweise immerhin auf Pinker.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.09.2016 um 05.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33221

Lieber Herr Strowitzki, sind Sie da sicher? Die Religionen sind doch unendlich wandelbar, und Boko Haram könnte in dreihundert Jahren zu der Ansicht kommen, es sei am besten, die heidnische (unsere) Wissenschaft zu überholen.
Die auffällige Uberlegenheit (Überrepräsentation) der Juden in Wissenschaft und Kunst scheint mit ihrer Schriftbesessenheit zusammenzuhängen, die aber zusammen mit einer bestimmten Familien- und Gesellschaftsstruktur zu ganz anderen Folgen geführt hat als bei den verbiesterten Boko-Haram-Leuten. Daher meine Skepsis bezüglich der "Sternwarten". Die Diskussionskultur macht's.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.09.2016 um 04.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33220

Hier auf meiner Insel möchte ich manche Leute bitten, die Sonnenbrille abzunehmen, wenn sie mit mir sprechen; aber das wäre wohl so unhöflich wie deren Verhalten. Stört ungemein. Dann lieber Augenschlitze, aber die gibt es hier nicht, Juist ist deutsch-polnisch.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 31.08.2016 um 21.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33219

Gleiches Vermummungsrecht für Männer! Wenn Frauen vermummt herumlaufen können, dürfen Männer mit einem Cowboyhut auf dem Kopf und einem Halstuch vorm Gesicht, das nur die Augen freiläßt, öffentlich auftreten. (Ich habe noch viele Wildwestfilme gesehen.)
 
 

Kommentar von SP, verfaßt am 31.08.2016 um 19.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33218

Zur Frage von Manfred Riemer: "Wie verträgt sich das Prinzip der eisenharten Auslese mit Ihrem Gottesverständnis?"

Ich bin der festen Überzeugung, daß dem Antichrist – Sie wissen schon, der mit den Hörnern und dem sanften Griff an den Kragen, den das Völkchen nicht spürt – diesem Teufel ist mit der tausendfach wiederholten Behauptung, die naturwissenschaftliche Sicht auf das sich in Entwicklung befindliche Geschehen um uns herum und der Gottglaube schlössen einander aus, ein Meisterstück gelungen. Allzu viele Wohlmeinende schlucken diesen Unfug.

Wieviele, die Gott suchen, hat er mit dieser dreisten Behauptung abwimmeln können? (Wer kann schon den kreationistischen Quatsch ernstnehmen?) Und wieviele Brüder im Glauben hat er auf Irrwege geführt, die ihnen den Zugang zu ihren naturwissenschaftlich denkenden Zeitgenossen versperren?

Einen Einstieg in des Thema bietet der phoenix-Beitrag:

youtube.com/watch?v=qAUqIvHuH38

Wer sich näher mit der Thematik beschäftigen will, sei auf Hoimar von Ditfurths Hauptwerk "Wir sind nicht nur von dieser Welt" verwiesen.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 31.08.2016 um 17.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33217

Sternwarten frommer Herrscher haben nichts mit deren Glauben zu tun.
In gewissen Grenzen schon. Der Daesch oder Boko Haram werden wohl kaum Sternwarten errichten. Man kann Naturforschung auch als überflüssig oder gar gotteslästerlich ansehen, weil alles Wesentliche ja schon in den Heiligen Schriften steht.
"Wahrlich, es brechen die Gläubigen ihre Eier am geeigneten Ende."
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 31.08.2016 um 08.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33216

Eine Vermutung, was den Mangel an Anerkennung für Atheisten betrifft: https://perkingthepansies.files.wordpress.com/2015/08/atheists.jpg.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.08.2016 um 05.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33215

Sternwarten frommer Herrscher haben nichts mit deren Glauben zu tun. Wenn man schon so global denkt wie der zitierte Mini-Spengler, könnte man etwa folgendes unterscheiden:

Wiedergeburt/Seelenwanderung und Karma, Alleinheit und die Vielfalt als Täuschung (Indien)

Strenger Vatergott, der absolute Unterwerfung verlangt (Judentum und Ableger, die sich nicht mehr auf ein auserwähltes Volk beschränken, sondern missionieren).

Kosmische Ordnung, in die auch Staat und Familie (mit Ahnenverehrung) sich einfügen (China).

Das ist natürlich unglaublich vereinfacht, aber wenn man an Dogma und Kult dieser Großräume denkt, wird man es ungefähr so ständig wiederfinden, daneben natürlich die Abweichler, Mystiker (Daoisten usw.), Propheten und Reformatoren, die "zurück zu den Wurzeln" wollen.

Der Buddhismus war für Indien so revolutionär, daß er auswandern mußte, aber im Kern ist er doch erstaunlich hinduistisch und ganz und gar unjüdisch, nicht wahr?

Versteht sich, daß man sich aus dieser Vogel- oder Satellitenperspektive nicht auf theologische Feinheiten wie Trinität oder Mariendogmatik einlassen kann. Volksfrömmigkeit und lokale Heiligenverehrung (mit Pilgerstätten) gibt es auch überall, das ist nichts Unterscheidendes.

Sogar Atheismus hat es ja immer gegeben, aber als anerkannte Massenerscheinung ist er ziemlich neu.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 31.08.2016 um 01.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33214

Was bitte ist an »Gottes menschlicher Sohn, der zugleich Gott ist« klar? Was ist klar an einem »Heiligen Geist, der nicht männlich und nicht weiblich ist«? Ich kann mir nichts Unklareres vorstellen. Und die Erfahrung lehrt, daß die Erklärungen mit jeder weiteren Nachfrage immer unklarer werden. Nichts gegen Bilder, aber wenn sie so diffus sind, stellt sich mir unwillkürlich die Frage, wer hier eigentlich vernebelt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.08.2016 um 23.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33213

zu SP, #31201 und #31211:

Ein einfaches und klares Bild, nur nicht rational.

Sie scheinen ein großer Anhänger der Evolutionstheorie zu sein. Aber wie verträgt sich das Prinzip der eisenharten Auslese mit Ihrem Gottesverständnis?
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 30.08.2016 um 20.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33212

Nicht zu vergessen die große Sternwarte in Samarkand und die ganzen Leistungen in der Astronomie.
 
 

Kommentar von SP, verfaßt am 30.08.2016 um 19.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33211

Verehrter Theodor Ickler,

im Falle der Jungfrauengeburt kann ich Auskunft geben. Gottes menschlicher Sohn, der zugleich Gott ist, ist nicht das Produkt männlicher Potenz, sondern aus dem Heiligen Geist, der nicht männlich und nicht weiblich ist. Ein einfaches und klares Bild.

Man muß bedenken, daß es vor unserem hoch technisierten Informationszeitalter ganz normal war, sich in Bildern auszudrücken. Und sich die Frage stellen, ob das heute so viel anders ist. Handwerklich äußerst geschickt umfunktionierte Duschköpfe vernebeln so manches atheistische Gehirn.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.08.2016 um 18.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33210

In der wissenschaftlichen Blütezeit des Islam um 900 n.Chr. wurden die griechischen Wissenschaften ins Latein übersetzt (Toledo) und neue Entdeckungen in Medizin und Mathematik gemacht (Bagdad). Die Katholischen Könige von Spanien beendeten diese Übersetzungstätigkeiten mit Hilfe der Inquisition.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.08.2016 um 15.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33209

Und allen Ereignissen der Zeiten zum Trotz hat dieses asiatische Dreieck seine zentrale Bedeutung beibehalten, auch wenn sich die Gewichte in den verschiedenen Zeiten immer wieder verlagerten. Entlang seiner Grundlinie konzentriert sich der weitaus größte Teil der Menschheit: Europa, Vorderasien, Indien, China mit zusammen rund drei Milliarden Menschen. In seinem Spitzenbereich und an der westlichen Grundlinie befinden sich die mit weitem Abstand bedeutendsten Energiereserven. Aus diesem Dreieck gingen auch die drei einflussreichsten Denkweisen und Weltbilder hervor, das sino-japanisch östliche Denken, das islamisch südwestliche und das christlich-rationale des Westens. (Josef H. Reichholf: Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends. Frankfurt 2015:23)

Dem naiven westlichen Betrachter legen die gemeinsamen Schlitzaugen nahe, daß die Ostasiaten auch ähnliche Weltansichten haben. Selber kommt's ihnen nicht so vor. (Am meisten Einfluß hatte Indien mit seinem Buddhismus und auch sonst.) Christentum und Islam sind jüdische Sekten; mit der westlichen Rationalität, soweit vorhanden, haben sie nichts zu tun, die kommt von den Griechen. An Aristoteles und Euklid schließen sich die heutigen Wissenschaften nahtlos an, nicht an die Bibel und die Kirchenväter. (Was ist rational an Erbsünde und Erlösung, Himmel und Hölle, Jungfrauengeburt, Heiligenverehrung und Wunderglaube?)
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 30.08.2016 um 14.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33208

Käßmann meint: Die tut mir leid! (1512#33199)
Wenigstens in guter Rechtschreibung! Der Bürgermeister von Nizza dagegen meint wohl, Burkiniträger täten irgendjemandem Leid.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.08.2016 um 12.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33207

Es geht nicht um die "richtige" Religion, sondern um Menschenrechte und Demokratie. Die wurden auch von der katholischen Kirche bis vor hundert Jahren strikt abgelehnt. Deswegen ist der Begriff "Christliches Abendland" unzutreffend. "Abendland" trifft es genauer. Außerdem sollen die "Christlichen Werte" jetzt Obergrenzen bekommen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.08.2016 um 10.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33206

In einem Punkt hatte Marx ja recht, Religion ist Opium für das Volk.

Wieso sollte Atheismus in der Auseinandersetzung mit Religionen benachteiligt sein? Genau das Gegenteil ist schon heute deutlich sichtbar. Die Länder, die Staat und Religion trennen, wo Wirtschaft, Wissenschaft, Technik nicht durch eine religiöse Droge vernebelt und behindert werden, geben in der Welt klar den Ton an.

Das heißt aber nicht, daß es zwischendurch nicht zu teilweiser Rückentwicklung kommen kann. Deshalb müssen wir unsere im atheistischen und laizistischen Sinne fortschrittliche Kultur und unsere demokratischen Errungenschaften gegen drohende Vereinnahmung schon verteidigen.
 
 

Kommentar von SP, verfaßt am 29.08.2016 um 21.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33201

Sehr geehrter Manfred Riemer,

Sie schreiben am 26.8.16 "...ich möchte unsere Kultur, die ich mag, in der ich mich zu Hause fühle, nicht verdrängt wissen, sondern erhalten und im positiven Sinne weiterentwickeln."

Bitte bedenken Sie, daß auch Kulturen nicht um die eisenharte Auslese, um die Selektion herumkommen. Seit einiger Zeit dominiert in der westlichen Welt eine Mutation, die Gott beiseite geschoben und den Mensch in den Mittelpunkt gestellt hat. Evolutionstechnisch gesehen steht es um diese Mutation nicht gut.

Oder wollen wir uns anmaßen, daß wir immer die Richtung angeben, während uns die Muslime gut integrierbare Arbeitskräfte liefern?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.08.2016 um 07.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33199

Sie selbst lehne die Vollverschleierung allerdings kategorisch ab, schreibt Käßmann. "Ich finde Niqab und Burka schrecklich. Wenn ich eine Frau so verhüllt sehe, denke ich: Die tut mir leid! Und wenn sie sagt, sie macht es freiwillig, heißt das für mich: Sie hat echt ein Problem." (SPON 28.8.16)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.08.2016 um 04.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33194

"Nur die ethischen Werte des Koran, die man ähnlich auch im Alten und Neuen Testament findet, sind mit den westlichen Werten vereinbar." (Abdel-Hakim Ourghi, Religionspädagoge in Freiburg)

Es dürfte schwer sein, "die" Werte des AT und NT herauszufinden, da es sich um Sammlungen sehr verschiedenartiger Texte handelt. Aber vor allem: Wo steht etwas vom Wert der Religionsfreiheit, besonders der Freiheit, keiner Religion anzuhängen oder sich aus einer Glaubensgemeinschaft zu verabschieden?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.08.2016 um 04.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33193

"Kleidung, die nicht mit den Grundsätzen des Laizismus vereinbar ist" – das ist wunderbar! Man denkt an Priester- oder Nonnentracht in staatlichen Schulen. Wie kann Kleidung im privaten Bereich mit der Trennung von Religion und Staat kollidieren?

Und was sollte irreführend daran sein, auch die police municipale für Polizei zu halten? Wir haben städtische und Bezirks-Gymnasien, und der ausländische Besucher darf sie ohne weiteres für staatliche halten, auch wenn er diese Gliederung nicht kennt.

Wie dem auch sei, wir haben das Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts und können uns Haarspaltereien ersparen.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 27.08.2016 um 23.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33192

So kann man selbst in einer Falschmeldung noch etwas Gutes erkennen. Ein schönes Beispiel für „positive thinking“.

Ob die mutmaßliche Moslemin einen Burkini getragen hat oder nicht, weiß ich nicht. Wie ist denn „Burkini“ amtlich definiert? Die französischen Bürgermeister waren klug genug, sich nicht auf solche Wortspielchen einzulassen. Ihre Dekrete sind allgemeiner gehalten und sprechen sinngemäß von „Kleidung, die nicht mit den Grundsätzen des Laizismus vereinbar ist“.

Es ist übrigens schon etwas irreführend für deutsche Leser und unnötig dramatisierend, in diesem Zusammenhang von „Polizei“ zu sprechen. Es handelte sich offenbar um die „police municipale“, eine kommunale „Polizei“, die dem Bürgermeister unterstellt ist und viele Aufgaben wahrnimmt, für die bei uns der Ordnungsdienst zuständig ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.08.2016 um 07.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33191

Wie ich gerade sehe, hat Kerstin Holm ihre krassen Ansichten im Dezember 2014 schon einmal vorgetragen, fast wörtlich gleich. Ich zitiere nur einen Absatz:

"Wer mit einer Burka bekleidet durch eine Gemäldegalerie promeniert, erniedrigt die Kunst, unseren größten Schatz. Die Malerei erforscht den Sinn unserer physischen, sterblichen, fragwürdigen Existenz, sie tut es ungeschützt, und das gebietet als Minimum der Respekterweisung, dass der Betrachter sich und seine mögliche Erschütterung nicht versteckt. Die Burkaträgerin macht aus dem Museumsbesuch eine Peepshow, aus einer Begegnung mit Kunst wird feiger Voyeurismus."

Museumsbesuch als Mutprobe – darauf muß man erst einmal kommen. Konsequent wäre es, splitternackt vor ein Aktgemälde zu treten. – Das muß ich überlesen haben, sonst hätte ich mich schon damals gewundert, welchen Stuß die FAZ abdruckt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.08.2016 um 06.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33190

Ich bin auch immer sehr skeptisch, was solche Fotos betrifft. Tatsache ist, daß es dieses Verbot gibt und daß es jetzt gerichtlich suspendiert worden ist. Die Polizei war also tatsächlich gehalten, sich um die Kleidung von Frauen am Strand zu kümmern. So wurde es verstanden und vielfach auch gebilligt. Daß die betreffende "Dame" gar keinen Burkini trug und weitere Korrekturen machen die Sache nicht besser. Das "ikonische" Foto, was immer es zeigt, hat jedenfalls dazu beigetragen, die praktische Bedeutung einer sozusagen umgepolten Kleiderordnung theokratisch-muslimischen Zuschnitts vor Augen zu führen.

(Lese gerade, daß sechs vermeintliche Muslime, die an eine Kirchenwand pißten, in Wirklichkeit eritreische Christen waren, die dort beteten...)

In einigen Ländern regiert die extreme Rechte schon mit, bevor sie an die Macht gelangt ist.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 26.08.2016 um 23.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33189

Aus den gleichen Gründen halte ich den Hinweis, daß es sich um vier Polizisten gehandelt haben soll, für verfehlt. Jetzt im Sommer ist die Polizeipräsenz in Frankreich vor allem in den Haupturlaubsgebieten massiv verstärkt worden. Auch Soldaten sind eingesetzt. Trotzdem sind zahlreiche Großveranstaltungen abgesagt worden.

Daß gerade in Nizza diese verstärkten Sicherheitsmaßnahmen auch die sichtbare Verstärkung der Polizeistreifen umfaßt, dürfte jedermann einleuchten.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 26.08.2016 um 23.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33188

Nach der Darstellung des Bürgermeisters von Nizza hat sich die besagte Dame überhaupt nicht ausgezogen – weder freiwillig noch gezwungen. Sie hat nur ihr Hemd etwas hochgezogen, um zu zeigen, daß sich darunter ein Badeanzug befand.

Geradezu albern ist die ständige Betonung, daß die Polizisten bewaffnet waren. Bei uns ist jeder Polizist bewaffnet. Niemand regt sich darüber auf, daß er von einem bewaffneten Polizisten wegen Falschparkens einen Strafzettel erhält.

Erst recht nach den Anschlägen in Frankreich disqualifiziert sich jeder, der auf der Bewaffnung herumreitet.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 26.08.2016 um 13.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33185

Über den Burkini-„Zwischenfall“ in Nizza wird vielfach unter der Überschrift „Machen Sie sich frei“ berichtet, als habe die Muslimin sich entblößen sollen wie beim Arzt, und es wird (namentlich in Kreisen, welche die Unsichtbarkeit der Frau in der Sprache geißeln) dagegen protestiert, daß vermummte Frauen dazu aufgefordert würden, sich auszuziehen. „Brigitte“ schreibt: „Stell dir vor, du liegst am Strand, willst die Sonne genießen – und plötzlich stehen bewaffnete Polizisten vor dir, die verlangen, dass du dich ausziehst!“ Kann man sich anders als nackt ausziehen?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.08.2016 um 11.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33184

erscheint eine muslimische Mehrheit nicht gar so schrecklich

Wer sagt denn, daß sie schrecklich wäre. Trotzdem könnte es ja sein, daß uns unsere heutige Lebensweise (christlich geprägt, laizistisch, aufgeklärt, demokratisch) doch besser gefällt. Sie haben so eine Haltung, lieber Herr Strowitzki, wie 'geht die eine Kultur unter, macht nichts, kommt eben eine andere'. Ob diese dann fortschrittlich ist oder zurück führt, ist Ihnen egal. Nach mir die Sintflut. Na ja, gut, wenn das Ihre Meinung ist, aber ich habe halt eine andere, ich möchte unsere Kultur, die ich mag, in der ich mich zu Hause fühle, nicht verdrängt wissen, sondern erhalten und im positiven Sinne weiterentwickeln. Die Vermummung, auch Teilverschleierung von Frauen, und einige andere Spezialitäten des Islam, sind für mich einfach ein Unding. Letztlich soll die Mehrheit der Deutschen und Europäer entscheiden, wohin die Reise gehen soll.

Vermummungs-, Kopftuch- und Burkiniverbote sind im Grunde nur ein Herumdoktern am eigentlichen Problem. Es spaltet die Bevölkerung. Die Regierung schürt mit ihrer ganzen Einwanderungspolitik den Rechts- und Linksradikalismus. Meiner Meinung nach sollten wir zu der bis zur Jahrtausendwende gültigen Maxime zurückkehren, daß Deutschland kein Einwanderungsland ist. Unsere Geburtenprobleme müssen wir anders lösen. Das hat nichts mit Abschottung zu tun. Wenn die EU noch eine Zukunft haben will, muß sie ihre Außengrenzen unter Kontrolle haben.
 
 

Kommentar von Vollgasfahrer, verfaßt am 25.08.2016 um 22.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33183

Ich erwäge den Hamster-Kauf eines Zehnerpacks Einweg-Burkas zum kostenlosen Verteilen an Europäerinnen, von denen ich bei diesen Temperaturen nicht nur am Baggersee viel mehr sehen muß als mir lieb ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.08.2016 um 20.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33182

"Gesetz ist Gesetz", kommentieren auch bei uns viele die Aktion von vier(!) französischen Polizisten gegen eine muslimische Frau am Strand von Nizza. Weiter geht es hier: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1524#21148
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 25.08.2016 um 19.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33181

Sie halten es sicher für unmöglich, daß Muslime bei uns einmal in der Mehrheit sein könnten. Was macht Sie angesichts der aktuellen Geschehnisse und Entwicklung der Migrantenquote so sicher?
Prognosen sind bekanntlich immer dann besonders schwierig, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Wer hätte sich einstmals träumen lassen, daß die alten Sachsen ein christliches Volk werden könnten, oder die Litauer? Daß auf Rügen kein Svantevit-Tempel mehr steht? Oder daß Städte wie Thessaloniki mal keine jüdische Mehrheit mehr haben? Im Gegensatz zu solchen Menschheitskatastrophen hat sich der Islam bisher stets (Ausnahmen bestätigen die Regel) durch friedliche Mission ausgebreitet, durch das gute Vorbild der Gläubigen. Im Vergleich zu den Verbrechen, die die christliche Mehrheit jahrhundertelang begangen hat, erscheint eine muslimische Mehrheit nicht gar so schrecklich. Das Osmanische Reich war jahrhundertelang Zufluchtsort für Glaubensverfolgte aller Konfessionen und Denominationen aus ganz Europa.
Nackt auf der Straße herumzulaufen ist zunächst weder verboten noch gar strafbar. Siehe dazu die zahlreichen Presseberichte über Leute, die so etwas tun, jüngst z.B. https://mopo24.de/nachrichten/nackte-prager-strasse-dresden-innenstadt-67832
Nur wenn öffentliches Ärgernis erregt wird, kann so etwas als Ordnungswidrigkeit behandelt werden. Ähnlich skandalös also wie wenn Frauen Hosen tragen. Da schritt die Polizei auch mit einiger Regelmäßigkeit ein, um Ordnung und Sittlichkeit wiederherzustellen.
Es mag allerdings eine Asymmetrie geben dazwischen, ob jemand intime Körperteile zur Schau stellt oder eben nicht. Was zum Intimbereich gehört, dazu kann man natürlich unterschiedlicher Ansicht sein. (Wenn ich nur daran denke, wie offensiv heutzutage der BH zur Schau getragen wird; in meiner Jugend hätte man dafür noch die Ohren langgezogen bekommen.) Unsere Großeltern, oder je nach Jahrgang Urgroßeltern gingen auch noch anders an den Badestrand, man stelle sich zu Kaisers Zeiten jemanden im Bikini vor! Und was für ein Skandalfoto war es noch in den 1920er Jahren, als eine Illustrierte (früher: Illustrirte) Ebert und Noske beim Badeurlaub zeigte.
Bei aller berechtigten Skepsis gegenüber bloßen Fotos: Die Tatsache ist doch wohl, daß eine eher schmächtige Frau ganz friedlich am Strand (Naja, Kiesstrand) saß, auch von Vollverschleierung kann offenbar keine Rede sein. Sie tut keiner Fliege was zuleide, und dann kommt ein ganzer Trupp martialisch ausgestatteter Polizisten und "veranlaßt" sie in der Art, wie diese Zeitgenossen es eben zu tun pflegen, sich auszuziehen. Natürlich haben sie sie gezwungen, bei Alternative, nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen zu dürfen. (Wie kommen Sie darauf, daß ich sie zwingen will, mir Ihr ganzes Geld zu geben? Nein, Sie müssen nicht, ich kann Ihnen auch alternativ eine Kugel in die Brust jagen. Seien Sie doch froh, wenn Sie sich keine Sorgen mehr um ihr Geld machen müssen.) Siehe dazu auch den Kommentar von Claudia Wangerin (clw) in der jungen Welt von heute ("Pseudofeministen des Tages"). Kurzfassung: Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass es Befürwortern eines Burkini-Verbots um alles Mögliche geht, nur nicht um das Wohl der Frauen, dann haben französische Polizisten ihn erbracht. (...) Hier wollen männliche Verteidiger des christlichen Abendlandes bestimmen, wieviel Haut eine Frau am Strand gefälligst zu zeigen hat.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 25.08.2016 um 18.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33180

In der aufgeheizten Burkadebatte ein Vorschlag zu Güte: völlige Freistellung weiblicher Verhüllung, wenn alle männlichen Familienmitglieder dasselbe tragen.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 25.08.2016 um 10.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33179

>Am Strand von Nizza greift die Polizei Burkini-Trägerinnen auf und zwingt sie, sich teilweise zu entkleiden.

Die Steigerung wäre dann wohl: Hinterherrennen, einkreisen, zu Fall bringen und die Kleider vom Leib[e] reißen?

Das entspricht aber zumindest nicht den Quellen. Zitat aus zeit.de: "... veranlassen sie offenbar ...".

Daraus kann ich nur mit bösem Willen einen Zwang ableiten. Ich schätze unsere europäischen Nachbarn sehr, und ich nehme an, daß die Person sehr höflich auf das Verbot aufmerksam gemacht wurde und es ihr freigestellt wurde, sich entweder umzuziehen oder den Strand zu verlassen. Wenn ihr die Körperbedeckung also lebenswichtig gewesen wäre, hätte sie wahrscheinlich letzteres gewählt. Vielleicht war sie sogar froh, daß sie das häßliche Ding los war, aber ohne eine vulkanische Gedankenverschmelzung ist das nicht zu klären, und ich hüte mich, aus Bildern ohne Worte irgend welche unbewiesenen Schlußfolgerungen zu ziehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.08.2016 um 06.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33178

Anläßlich einer kleinen Kopftuchaffäre: Ich sehe einen Unterschied zwischen dem Kruzifix an der Wand und dem Tuch auf dem Kopf. Letzteres würde eher dem Kreuzchen am Hals entsprechen. In Bayern bekennen sich Gerichtsbarkeit und staatliche Schule als Institution zum Christentum, während Tracht und Halskettchen höchstens ein Bekenntnis der Person ausdrücken, das die neutrale Ausübung des Amtes nicht beeinträchtigt. So sehen es wohl die meisten Menschen, und es wäre ein Modus vivendi, auch wenn man von Religionen allgemein nichts hält.

Meine Kinder haben Schulen besucht, in denen sie eigentlich zur "Ehrfurcht vor Gott" usw. hätten erzogen werden müssen. Pragmatisch ist das so geregelt, daß man letzteren einen guten Mann sein läßt, aber das sind natürlich unbefriedigende und unsaubere Verhältnisse. Man rührt nicht dran, um keine schlafenden Hunde zu wecken. Erst das Auftreten einer weiteren vorderorientalischen Religion hat den lieben Frieden gestört.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.08.2016 um 06.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33177

Nicht "Mittelalter". Amtliche Kleiderordnungen gab es bis ins 18. Jahrhundert, dann wurden sie durch Mode und Konvention abgelöst – wie die Ständegesellschaft, zu der sie gehören. Zuletzt galten die Einschränkungen nur noch der Wahl der Stoffe.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.08.2016 um 23.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33176

Lieber Herr Strowitzki,
wir haben ja längst eine Kleiderordnung, lesen Sie mal, was Herr Schaefer geschrieben hat, Adamskostüm wird überall außer an Nacktbadestränden bestraft.

Es geht bei dem in Rede stehenden Verbot gar nicht um Kleidung, sondern um Totalvermummung.

Da Sie mich zitieren, ist Ihnen hoffentlich auch aufgefallen, daß ich ebenfalls ein Burka- und Niqabverbot skeptisch sehe. Es ändert sehr wenig, und wenn Muslime erst in der Mehrheit sind, ist ein solches Verbot ganz schnell wieder gestrichen.

Sie halten es sicher für unmöglich, daß Muslime bei uns einmal in der Mehrheit sein könnten. Was macht Sie angesichts der aktuellen Geschehnisse und Entwicklung der Migrantenquote so sicher? Oder wenn Sie es sogar akzeptieren, was glauben Sie, wie dann unsere, heute noch im wesentlichen laizistische Gesellschaft aussehen wird?
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 24.08.2016 um 19.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33175

Mit einem Burka- und Niqabverbot ist es in der Tat nicht getan. Beim Baden muß Bikinipflicht gelten! Und ansonsten gilt Minirockzwang. Wehe der Frau – insbesondere der muslimischen natürlich –, die es wagt, ihre Beine weiter als bis zum Knie zu verdecken! Solch unsittliches Verhalten darf in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft nicht geduldet werden!

Schmerz beiseite: Sonst besteht die große Gefahr, daß unsere Enkel sich einmal im Mittelalter wiederfinden. Ja, einige betreiben das recht eifrig. Es wird tatsächlich darüber diskutiert, wieder staatliche Kleiderordnungen zu erlassen. Der Staat soll den Frauen – und bald auch den Männern? Wann wird der Vollbart verboten? – vorschreiben, wie sie sich zu kleiden haben. Mittelalter, wir kommen!
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 24.08.2016 um 18.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33174

Zu'n journalistischen "Äußerungen zu diesem Scheinproblem" in der Sauregurkenzeit: Ohne Trump und Kopf- und etwas mehr Tuch bei dieser Hitze wär's nicht leicht für so manchen Journalisten. Wenn hinten, weit, in der Türkei, Die Völker aufeinander schlagen, liegt man doch am Strand, baut eigene Burgen, nuckelt an seinem Plastikfläschchen Wasser und hat doch eigentlich nichts mit Zeitung im Sinn. Aber die will auch dieser Tage gegen Entgelt los- und aufgeschlagen werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.08.2016 um 16.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33173

Viele Äußerungen zu diesem Scheinproblem machen es sich sehr leicht. Ein tieferes Eingehen auf die Anschauungen und auch Zwänge einer sehr fremden Kultur wäre wünschenswert – oder einfach mal Zurückhaltung. Heute philosophiert die Rußlandkorrespondetin der FAZ Kerstin Holm vor sich hin, kommt zum gewünschten Ergebnis (Burkaverbot) und läßt zwischendurch Ausdrücke wie "Voyeurstracht", "Peepshow-Verhältnis zur Außenwelt" und ähnliches Stammtischvokabular heraus. Da fragt man sich doch, was solche Leute bei jahrelangen Auslandsaufenthalten eigentlich gelernt haben.
Am Strand von Nizza greift die Polizei Burkini-Trägerinnen auf und zwingt sie, sich teilweise zu entkleiden. Ein solches Schauspel möchte ich mir nicht zumuten.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 24.08.2016 um 15.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33172

Wenn Vermummung in der Öffentlichkeit verboten würde, müßten alle Männer, die ihre Frau dann nicht mehr auf die Straße lassen, alle "Außenarbeiten" wie Einkaufen usw. selbst übernehmen. Das wäre eine gerechte Strafe.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.08.2016 um 14.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33171

Den Schutz Benachteiligter möchte ich auch bejahen, aber was heißt Mehrheitsgeschmack, das hat einen negativen Beiklang. Natürlich geht es nicht einfach um Geschmacksfragen. Wenn man es anders ausdrückt, dann geht es sehr wohl um Mehrheiten, um Demokratie, um den Schutz unserer Kultur und Traditionen.

Nehmen wir an, egal ob aufgrund von Verboten oder aus Einsicht der Betroffenen, alle Frauen in Europa, die bisher Niqab oder Burka trugen, würden ab sofort immer ihr Gesicht freilassen. Sie trügen also statt dessen Hidschab oder Tschador wie die anderen, die es bisher schon so taten. Und weiterhin kämen jedes Jahr hunderttausende dazu. Was wäre damit gewonnen? Irgendwann könnten wir unsere schöne freie Diskussion hier einfach vergessen.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 24.08.2016 um 12.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33170

Wem der Anblick schadet, ist nicht die Frage. Die Verschleierung (nicht nur die Vollverschleierung) schadet mindestens der verschleierten Frau. In Familien (auch deutsche) wird im übrigen längst eingegriffen, und gelegentlich werden sogar Kinder weggenommen. Dafür sind die Jugendämter zuständig, die zu recht gescholten werden, wenn sie zu spät tätig geworden und Kinder zu Schaden oder gar zu Tode gekommen sind. Es geht nicht um die Durchsetzung des Mehrheitsgeschmacks, sondern um den Schutz Benachteiligter.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 24.08.2016 um 10.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33169

Vielleicht hilft es, die Verschleierung einmal von ihrem Gegenteil her zu betrachten. Die Deutschen sind ja berühmt (bzw. in den USA und Großbritannien berüchtigt) für ihre Toleranz der Nacktheit v.a. in Parks, aber auch an Stränden.

Die Toleranz hat aber auch ihre Grenzen, denn außerhalb von FKK-Läden und ausgewählten Orten würde niemand die komplette Nacktheit von Menschen tolerieren, und sie wäre sogar als Exhibitionismus strafbar.

M.E. wäre es am besten, dieselben Anforderungen, die man an die öffentliche Nacktheit stellt, auch auf die Vollverschleierung anzuwenden. Dann träfe man sich in der Mitte und könnte eine vernünftige sowie gemeinverträgliche Lösung finden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.08.2016 um 05.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33166

Soviel ich weiß, ist Vollverschleierung in Unterricht und Prüfungen nicht zulässig. Ich hatte mich auf burkatragende Frauen in der Öffentlichkeit bezogen. Von dem, was die Gesellschaft mißbilligt, zum gesetzlich Verbotenen ist es ein ziemlich großer Schritt. Es müßte doch mindestens ein definiertes Rechtsgut verletzt werden. Eine vollverschleierte Frau finde ich kurios, aber wem schadet ihr Anblick? Und wo soll das enden, wenn die Mehrheitsgesellschaft in die wirkliche oder vermeintliche Benachteiligung der Frau in fremden Familien eingreift? (Und warum nur in fremden? Möchte man nicht auch der deutschen Familie ein paar Häuser weiter am liebsten die Kinder wegnehmen?)

Mich wundert es auch immer wieder, wie gut manche Menschen über den Islam und über orientalische Familienstrukturen Bescheid wissen. Und darüber, was zu tun ist, um sie zu ändern.

Auch die Forderung nach Vergeltung mit Gleichem (Kleiderordnung, Baugenehmigung für Kultstätten) wird ja erstaunlich oft erhoben, also Angleichung an die illiberalen Ordnungen muslimischer Staaten.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 24.08.2016 um 00.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33165

Wie soll man mit vollverschleierten Kandidaten Prüfungen durchführen, wenn man nicht kontrollieren darf, wer darunter steckt?
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 23.08.2016 um 13.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33164

Ein Randphänomen? Für wen ist die Verschleierung ein Randphänomen? Sicher nicht für den Lehrer, dessen Siebtkläßnerinnen plötzlich "traditionelle islamische Kleidung" tragen, nicht mehr am Sportunterricht teilnehmen (wollen), nicht auf Klassenfahrt fahren und nicht mehr zu Klassenkameradinnen in's Haus kommen, weil sie dort zufällig mit dem Bruder allein im Raum sein könnten.
Familien verlangen von den Mädchen unbedingten Gehorsam; Väter schreiben vor, welchen Beruf die Kinder ergreifen – und für Mädchen gibt es nur den Beruf Hausfrau. 14-, 15jährige Schüler verlangen von ihren Freundinnen Gehorsam. Nach dem Schulabschluß, erst recht nach der – von den Familien arrangierten – Hochzeit muß ausschließlich Burka getragen werden.

Ein Mädchen, das in Deutschland aufgewachsen ist, soll keine Freude an Mode, Sport und Musik haben? Es soll sich nicht abgrenzen von anderen und eine eigenständige Identität entwickeln?
Und die Schule soll einerseits die Individualität der Schülerinnen stärken und sie ermuntern, ihren eigenen Weg zu gehen, sie zu selbständigen und selbstbestimmten jungen Frauen erziehen und andererseits hinnehmen, daß sie in einem Korsett kollektivistischer Herrschaftsstrukturen und fremdbestimmter Lebensführung gefangen sind? Und die Lehrer sollen das Kopftuch für "ein Stück Stoff" halten, obwohl sie jeden Tag sehen, daß es ein mehrlagiger Trumm festen Gewebes ist, dessen schiere Masse schon Unterdrückung verkörpert?

Natürlich ist keiner Frau damit wirklich geholfen, daß das Symbol ihrer Bevormundung verboten wird; die Sache selbst muß sich verändern. Aber ein Verbot wäre ein Zeichen, daß die deutsche Gesellschaft das Symbolisierte mißbilligt und bekämpft.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 22.08.2016 um 09.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33160

Es geht eigentlich nicht nur um die Burka, sondern um sämtliche Varianten der Verschleierung. Sie drängen sich ja immer stärker ins Bild. Deshalb ist das Thema nicht damit abzutun, es gebe kaum Burkas in Deutschland, und jeder habe das Recht, sich nach Lust und Laune zu kleiden. Vielmehr stellt sich die Frage, wie freiwillig sich Frauen wirklich verhüllen (und etwa im Sommer unter einem Kopftuch schwitzen). Laut „taz“ geben viele an, "sich mit einem Gesichtsschleier reiner, heiliger, Gott näher zu fühlen“. Das klingt nach einer euphemistischen Umschreibung des Gefühls, das vielen Mädchen von klein auf ins Hirn gepflanzt wird: unverhüllt bist du als Frau unrein, unanständig, eine Schlampe, eine Nutte. Da fällt die freiwillige Entscheidung leicht, sich lieber nicht von Eltern, Brüdern, Tanten, Vettern etc. zur Schnecke machen zu lassen, und man genießt umso unbeschwerter die Freiheit, nach jedem Bad ein klatschnasses Zelt am Körper kleben zu haben. Zu diskutieren wäre eigentlich, wieviel Kindesindoktrination die Religionsfreiheit zulassen darf.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.08.2016 um 00.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33159

Genau diesem Silbertablett bin ich ausgewichen, indem ich auf die Einseitigkeit der Diskussion und nicht bestehende Notwendigkeit von Verboten hinwies, und komme dennoch zum gleichen Schluß.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 21.08.2016 um 23.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33157

Zu sagen, die Burka sei nur ein Randphänomen, ein Verbot der Vollverschleierung sei unsinnig und gehe gar nicht, verstoße gegen die Religionsfreiheit und das Grundgesetz – genau das liefert denen die Argumente auf einem Silbertablett, die sagen, daß wir solche Leute gar nicht erst ins Land lassen dürfen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.08.2016 um 21.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33156

Ich fand den FAZ-Artikel http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/jens-spahn-burka-gehoert-nicht-zu-deutschland-14392779.html "Warum Burka und Niqab nicht zu Deutschland gehören" vom 18.8.16 gut.

Aber in letzter Zeit wird zu einseitig nur über Vollvermummung diskutiert. Vielleicht ist das auch ein Mittel zur Beschwichtigung und Ablenkung. Burka und Niqab sind zwar die extremsten und abstoßendsten Kennzeichen eines fundamentalistischen Islams, eines rückständigen, bei uns überholten Frauenbildes, sie sind eine trotzige Zurschaustellung einer fremden Kultur und des Willens zur Nichtintegration, aber eigentlich beginnt alles schon beim schulterbedeckenden Kopftuch, das nicht nur als Wetter- oder Arbeitsschutz getragen wird, sondern auch an warmen Sommertagen und in beheizten öffentlichen Räumen nicht abgelegt wird. Ein solches Verhalten gehört nicht unbedingt allgemein verboten, aber es gehört zu einer fremden, rückständigen Kultur, deren weitere Ausbreitung in Deutschland und Europa ganz strikt verhindert werden muß. Sonst besteht die große Gefahr, daß unsere Enkel sich einmal im Mittelalter wiederfinden.

Mein jüngster Sohn fragte mich gerade, woher ich das denn so genau wissen wolle. Ich weiß es natürlich nicht so genau, aber allein daß diese Gefahr besteht, sollte Grund genug sein, alle Experimente mit ungewissem Ausgang sofort zu beenden.

Wir wollen sehr wohl eine moderne, weltoffene und tolerante Gesellschaft sein, aber wir wollen es auch bleiben, und wir wollen unsere eigene Kultur und Traditionen, den Fortschritt, nicht den Rückschritt an unsere Enkel weitergeben.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 21.08.2016 um 11.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33155

Wenn man denn wüßte, daß unter der Burka eine Frau ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.08.2016 um 05.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33153

Eine einzige Frage klärt den Streit um das Burkaverbot: Warum trägt in den meisten islamischen Staaten nur eine kleine Minderheit der Frauen den Vollschleier? Sind all die anderen keine guten Muslimas? Wäre dem so, hätte der "Islamische Staat" recht. Dann wäre Kalif Ibrahim wirklich der Führer der Gläubigen. (SZ 12.8.16)

Das ist nicht logisch. Es gibt auch in anderen Religionen kleine Gruppen, die etwas anderes vertreten, z. B. Christen, die die Kindertaufe ablehnen. Die Größe einer Minderheit spielt keine Rolle für die Religionsfreiheit. Aber zum Teufel mit der Logik; wo eine Abneigung ist, ist auch ein Weg.

Wenn arabische Ölscheiche samt Harem in deutschen Städten einfielen, trafen sie alle erdenklichen Anstalten, um die Frauen den Blicken der Öffentlichkeit zu entziehen. Kurios, aber nicht anstoßerregend. „So groß ist die Macht des Geldes.“ (Pancatantra)

Zur Zeit erregt das Randphänomen burkatragender Frauen manche Zeitungsredakteure zu außerordentlichen exegetischen Anstrengungen. Sie wissen genau, was der Islam verlangt, und durchschauen auch vollkommen die Motive der Frauen, Burka zu tragen. Frauen „einen Sack über den Kopf werfen“ (FAZ), das ist natürlich mit der Menschenwürde nicht zu vereinbaren. Die haßerfüllte Rede überrascht den vielgeprüften Leser.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.08.2016 um 13.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33139

Die Ablehnung der Burka habe nichts mit Sicherheit zu tun, sondern mit gesellschaftlichem Zusammenhalt, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. "Gesichtzeigen ist für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft konstitutiv", sagte der Minister. Überall dort, wo Gesichtzeigen eine Funktion habe, solle ein entsprechendes Gebot gelten. Dazu gehöre der gesamte öffentliche Dienst, Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Gerichtssäle und alle Situationen, in denen Menschen identifizierbar sein müssten.
"Wie keine andere Partei stehen wir dafür, dass Freiheit mit Sicherheit gewährleistet sein muss", sagte de Maizière. Deutschland sei eines der sichersten Länder der Welt, so solle es auch bleiben, sagte der Minister.
"Wir lehnen einhellig die Burka ab, sie passt nicht zu unserem weltoffenen Land", hatte de Maizière auch schon vor dem zweitägigen Treffen der Innenminister in Berlin gesagt.
(zeit.de 19.8.16)

Aber die Weltoffenheit Deutschlands, der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Funktion des Gesichtzeigens vor Gericht usw. sind drei ganz verschiedene Dinge. Gemeinsam ist nur: "paßt uns nicht" - aber ob das Bestand haben wird? (Eine weltoffene Gesellschaft duldet keine fremden Kleidersitten. Allerdings könnte das "Gebot, Gesicht zu zeigen" – außerhalb polizeilicher Aufgaben –, einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Die volkspädagogische Absicht, den Frauen zu ihrem eigenen Besten den Schleier zu verbieten, dürfte kaum genügen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.08.2016 um 12.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33137

Bei einem Burka-Verbot muß sichergestellt werden, daß die Frauen sich nicht nur in den eigenen vier Wänden aufhalten. Mindestens drei Stunden Ausgang täglich sind angemessen. Die Polizei, die ohnehin verstärkt werden muß, könnte zu einer festgesetzten Stunde die Frauen aus ihren Wohnungen abholen und unverschleiert durch die Straßen zum Einkaufen geleiten, anschließend vielleicht noch ein halbe Stunde in Parks und auf Kinderspielplätze. Nachdem sie der deutschen Bevölkerung ihr Gesicht gezeigt haben, geht es wieder nach Hause. So klappt es mit der Integration.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.08.2016 um 16.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33072

Wer ist schon vollintegriert bzw. voll integriert? Ich bestimmt nicht. Muß ja auch nicht sein. Solange ich nicht bei Rot über die Straße gehe...
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 11.08.2016 um 14.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33071

Ich versuche gerade, mir eine vollverschleierte Frau voll integriert vorzustellen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.08.2016 um 16.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#33062

„Burka-Verbot ist sehr sinnvoll, schließlich waren die Attentäter von Paris, Nizza, München und Ansbach alle Burka-Träger.“ (Leserbrief zur Forderung der CDU nach Burkaverbot)

Andere weisen darauf hin, daß Frauen in bestimmten Familien dann eben zu Hause bleiben werden. Auch eine „Integration“. Sehr phantasievoll.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.06.2016 um 12.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32732

In der Schweiz gab es Streit, wer an der Segnungszeremonie zur Eröffnung des Gotthard-Tunnels mitwirken dürfe. Am Ende zeichnet sich eine ökumenische Gesamtreligion ab, in die auch Konfessionslose einbezogen sind:

domradio.de: Wie lief dann die Segnung ab?

Baumberger: Alle Beteiligten haben etwas gesagt. Der Religionslose – ein Mann vom Bundesamt für Verkehr – hat den Schwerpunkt auf das Vertrauen in die Macht des Guten im Menschen gelegt. Der Tunnel solle verschiedene Kulturen und Sprachen vereinigen. Der Rabbiner hat eine Stelle aus dem Alten Testament zitiert. Der Imam hat für Sicherheit und Brüderlichkeit in der Schweiz gebetet und dass die Leute, die sich auf die Reise durch den Tunnel begeben, Frömmigkeit und Respekt vor Gott erhalten. Die evangelische Pastorin hat besonders auch an die Arbeiter gedacht, die beim Bau des Tunnels gestorben sind. Am Schluss hat sie gesagt, dass jetzt Wasser versprengt wird – als Zeichen des Lebens, des Vertrauens und der Freude. Der ehemalige Abt Martin Werlen hat dann nur noch dieses Wasser versprengt. Er hat gar nichts mehr gesagt. Und ich werte das als Zeichen der Einheit der beiden christlichen Konfessionen.

(https://www.domradio.de/themen/kirche-und-politik/2016-06-01/schweizer-gotthard-tunnel-vor-der-eroeffnung-gesegnet)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.06.2016 um 13.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32728

Das Interview beginnt so: Eure Heiligkeit, Sie reisen sehr viel durch die Welt.

Zur Anrede:

"Seine Heiligkeit ist ein Ehrentitel, Eure Heiligkeit die dazugehörige persönliche Anrede für den höchsten religiösen Würdenträger verschiedener Glaubensrichtungen: den Papst, den Dalai Lama sowie Patriarchen der orthodoxen Kirchen." (Wikipedia)

Das ist eigentlich seltsam, denn die Grammatik würde etwas anderes verlangen. Weder passen Singular und Plural im Titel zusammen noch beides mit dem Sie.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.06.2016 um 12.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32727

Der 14. Dalai Lama findet zur Flüchtlingskrise unerwartete Worte: Es seien so viele Menschen geflohen, dass es in der Praxis schwierig werde. Deutschland könne kein arabisches Land werden. (FAZ 1.6.16)

Andererseits vermerkt die FAZ, daß der Dalai Lama gern lacht, und tatsächlich lacht er fünfmal während des Interviews.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.05.2016 um 13.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32526

Eben! Man kann es so verstehen wie der Alte Fritz mit seinem bekannten Spruch oder mehr auf den Unterschied zwischen Individuum und Organisation achten, man muß nur jeweils sagen, was man meint.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 07.05.2016 um 12.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32525

Wenn sich Menschen mehr oder minder öffentlich und regelmäßig versammeln, ist das keine private Angelegenheit. Eine banale Feststellung? Man könnte sie genausogut fundamental nennen. Auch eine noch so penible Trennung von Staat und Kirchen macht aus der Religion noch längst keine »Privatsache«.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 07.05.2016 um 12.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32524

Es gab in Europa schon mal eine christliche Religion ohne Amtskirche: Die iroschottischen Missionare haben Europa christianisiert bis nach Süddeutschland und in die heutige Slowakei; überall findet man sogenannte "Schottenkirchen". Die angeblichen katholischen Missinare haben später diese Gebiete nur noch der Papstkirche unterstellt, denn es ging um die Herrschaft über das Denken der Menschen und um Einnahmen für die Priesterkaste.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.05.2016 um 05.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32519

Privatsache schillert wie gehören zu... Das führt nicht weiter. Man muß schon sagen, was man meint.

Ich möchte darunter die vollständige Trennung von Staat und Religion verstehen. Dagegen wehren sich viele:

„Religionsausübung ist keine Privatsache“. Das hat der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, bei einem Vortrag im Bayerischen Landtag betont. Dort sprach Marx am Dienstagabend zum Thema „Staat und Kirche im säkularen und multireligiösen Spannungsfeld“. Dabei unterstrich der Erzbischof, Religion sei eine öffentliche Angelegenheit. Denn sie trage zu den Grundlagen von Staat und Gesellschaft bei. „Die Idee einer positiven Neutralität des Staates gegenüber der Religion geht davon aus, dass der säkulare Rechtsstaat sich nicht aus sich selbst begründen kann, sondern auf andere Sinnstifter angewiesen ist.“

Der freiheitliche Verfassungsstaat sei auf Religion angewiesen, denn sie schaffe seine Wertebasis, so Marx: „Denn die weltanschauliche Neutralität des Staates meint keineswegs eine Wertneutralität des Staates.“

Kirche und Staat seien aufeinander bezogen zu betrachten. Das stelle ihre Trennung jedoch nicht in Frage, stellte Marx klar. „Die weltanschauliche Neutralität des Staates ist vielmehr auch im Interesse der Kirche und der Religion. Auch die Kirche tritt für die Religionsfreiheit anderer Religionen ein“, sagte der Erzbischof. Nicht zuletzt habe die Deutsche Bischofskonferenz im September 2008 hervorgehoben, dass den Muslimen in Deutschland der Bau von würdigen Moscheen ermöglicht werden müsse.

Der Staat ist nach Meinung von Marx dennoch nicht verpflichtet, alle Religionen völlig identisch zu behandeln. „Bei der Ausgestaltung des staatlichen Verhältnisses zu den verschiedenen Religionsgemeinschaften sind die verschiedenen Religionen an ihrem konstruktiven Beitrag zu Staat und Gesellschaft zu messen, wenn der Staat seine Grundlagen und seine Freiheitsfähigkeit langfristig sichern will“, betonte Marx.

Der Erzbischof zeigte sich besorgt über das intellektuelle Niveau der zunehmenden Kritik am Staatskirchenrecht. „Eine kämpferische Gegnerschaft zur Kooperation von Staat und Kirche gibt es seit jeher; verheerend ist jedoch die zunehmende Unkenntnis über die Funktion von Religion im freiheitlichen Rechtsstaat und über das Verhältnis von Staat und Kirche, die eine angemessene Einordnung solcher Kritik am Staatskirchenrecht verhindert“ erklärte Marx.

Vor diesem Hintergrund solle in Deutschland die im Grundsatz positive Ausgestaltung des Kooperationsverhältnisses von Staat und Kirche verdeutlicht werden, forderte Marx: „Das entpflichtet den Staat und die Religionen nicht, sich auch im Staatskirchenrecht den Herausforderungen zu stellen, die sich durch Säkularisierung und religiöse Pluralisierung ergeben.“ Die Kirche scheue eine solche Diskussion nicht; sie sei vielmehr auch aus kirchlicher Sicht durchaus wünschenswert, um einerseits das Verhältnis des Staates gegenüber den verschiedenen Religionen deutlich zu machen sowie um andererseits das Verständnis für das bestehende Verhältnis von Staat und Kirche zu schärfen.

(pm/rv 14.10.2009 ad)

Oft hört man auch, der Laizismus sei für Deutschland nicht geeignet (oder umgekehrt).

In diesen konkreten Fällen ist einigermaßen klar, welche Absichten verfolgt werden. Danach sollte man auch bei jenem gehören zu... jeweils fragen.

In einem banalen Sinn ist Religion nicht privat, weil sie an eine Gemeinschaft gebunden ist.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 06.05.2016 um 18.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32517

Religion ist noch nie Privatsache gewesen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 06.05.2016 um 16.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32514

Religion ist Privatsache; è basta! (Nur die Israelis nehmen das Alte Testament noch ganz wörtlich als Handlungsanweisung.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 06.05.2016 um 16.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32511

Ich bin Herrn Virch für diesen Satz (#32504) sehr dankbar. Der Bindestrich bezeichnet natürlich eine Gegenüberstellung, und der gewollte krasse Gegensatz zu den Beispielen davor und danach wirft ein bezeichnendes Licht auf die Formel vom Islam, der angeblich zu Deutschland gehöre.

Einen Handwerker, der nicht seine Arbeit preist, eine Wiesn ohne Maß, Karneval ohne Rosenmontag, Islam ohne Koran, meinetwegen auch Deutschland ohne Schwarzwald und Schwarzwälder Kirsch kann man sich nicht vorstellen, das gibt es einfach nicht.
In dieser Weise gehört der Islam natürlich nicht zu Deutschland, denn Deutschland ohne den Islam - was würde da fehlen? Bis auf die letzten zwei, drei Jahrzehnte gab es das in Deutschland so gut wie gar nicht.

Nun kann man natürlich auch sagen, mittlerweile haben wir Muslime sich millionenfach bei uns niederlassen lassen. Der Islam ist zwar kein essentieller, definierender, ursprünglicher Bestandteil Deutschlands, aber es gibt ihn halt jetzt hier auch.

So werden die beiden Bedeutungen von Zugehörigkeit von den zwei politischen Lagern benutzt. Jede Seite beruft sich jeweils auf die eine Bedeutung und verschweigt die andere.

Anstatt uns also darüber zu streiten, welche der beiden Bedeutungen die richtige ist, jede ist halt auf ihre Art richtig, sollten wir lieber über die Frage diskutieren, ob wir wollen, daß Deutschland ein muslimisches Land wird oder nicht. Denn allzuviel Zeit ist dafür nicht mehr, dann erübrigt sich diese Diskussion genauso
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 06.05.2016 um 14.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32510

Wieso? Man kann doch auch sagen, daß die Schwarzwälder Kirschtorte zu Deutschland gehöre.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 06.05.2016 um 13.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32509

Ich wollte eigentlich andeuten, daß man es so genau gar nicht sagen kann. Für mein Empfinden ist beides falsch: daß der Islam zu Deutschland gehöre oder eben nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.05.2016 um 12.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32507

Für Krimininelle sind Polizei und Gerichte zuständig, die sich aber nicht lange mit semantischen Betrachtungen über "gehören zu..." aufhalten werden.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 06.05.2016 um 11.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32506

Genauer gesagt: Die türkischen Islam-Prediger gehören nicht zu Deutschland, die hier die Moslems gegen den Staat aufhetzen.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 05.05.2016 um 23.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32504

Klappern gehört zum Handwerk, die Maß gehört zur Wiesn, der Rosenmontag zum Karneval, der Koran zum Islam – und der Islam gehört natürlich zu Deutschland.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.05.2016 um 19.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32503

Nach Volker Kauder gehören also die Muslime zu Deutschland, der Islam nicht. Die Moscheen und Minarette, der Islamunterricht an staatlichen Schulen, die ebenso staatlich finanzierten Lehrstühle an den Universitäten, die religiösen Vereine auch als Körperschaften des öffentlichen Rechts gehören zu Deutschland, nur eben der Islam nicht. Ich denke, damit kann jeder leben, auch der frömmste Muslim, weil es eben nur noch eine Formel zur Beruhigung der Gemüter ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.05.2016 um 06.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32469

Das schlichte Wandkreuz im Gerichtssaal: Wen stört es eigentlich? Es ermahnt doch vor allem zur Menschlichkeit (...)
Das Kreuz verbindet oben und unten, rechts und links. Es erinnert daran, dass manches quer kommt; es zeigt, dass es nie nur nach oben und nie nur nach unten geht.
(Annette Kurschus in chrismon 1.5.16)

Man lernt nie aus.

(Der besinnliche Text erinnert mich an Bachs "Erbauliche Gedanken eines Tobackrauchers".)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.04.2016 um 08.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32394

Das Leben ist kompliziert.

"Die Zuständigkeit bei Lärmbelästigung wegen sakralen Glockengeläuts liegt bei den Verwaltungsgerichten.
Lärmbelästigungen, welche durch weltliches Glockengeläut entstehen, werden hingegen vor Zivilgerichten behandelt." Usw.

Aber auch die Technik hat mitzureden:

"Als Lärmrichtwerte werden folgende Werte angesehen:
Allgemeine Wohngebiete nachts: 40 dB(A) 60 dB(A), tags: 55 dB(A) 85 dB(A)
Kern-, Dorf- und Mischgebiete nachts: 45 dB(A) 65 dB(A), tags: 60 dB(A) 90 dB(A)
Kurgebiete, Krankenhäuser nachts: 35 dB(A) 55 dB(A), tags: 45 dB(A) 75 dB(A)
Reine Wohngebiete nachts: 35 dB(A) 55 dB(A), tags: 50 dB(A) 80 dB(A)"

(http://www.juraforum.de/lexikon/glockengelaeute)

Dazu die vielen Ausnahmen, und neuerdings noch der multikulturelle Aspekt: Minarette und Muezzine!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2016 um 07.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32069

Das haben Sie erfunden, oder? Als Meldung wäre es interessant.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 28.03.2016 um 00.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32067

Unverschämt! An Karfreitag ist doch wahrhaftig die Over-Seventy-Dance-Party abgesagt worden!

Diesmal habe ich es ja noch ohne psychoanalytische Traumabehandlung verarbeiten können. Aber nächstes Jahr? Ob dann mein Immunsystem noch mitmacht?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2016 um 12.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32056

Wieder Tanzverbot in Bayern: Verboten sind am heutigen Karsamstag seit Mitternacht öffentliche Veranstaltungen, "die nicht dem ernsten Charakter dieser Tage entsprechen", so das Bayerische Innenministerium. Konkret geht es also vor allem um Partys, Konzerte und andere Feste, bei denen getanzt wird. Sie sind ganz offiziell untersagt.
(http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Auch-am-Karsamstag-gilt-das-Tanzverbot-in-Bayern-id37328867.html)

Heute kaufen die Leute ein wie verrückt, damit sie an den nächsten beiden Tagen nicht verhungern. Auf dem Schloßplatz ist ein "Frühlingsfest", mit Karussells usw., alles in Betrieb und auch sonst alles wie immer, "ernster Charakter" hin oder her. Nur eben tanzen darf man nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.03.2016 um 08.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32044

Die Sache mit der Treibjagd erkläre ich mir so, daß früher die Jagd tatsächlich manchmal bis an die Dorfkirche herankam, so daß man vor Hundegebell und "Hussa!" nicht verstehen konnte, was der Pfarrer gerade sagte. Als Stadtmensch kommt man nicht mehr so leicht darauf, an irgendwelchen ländlichen Vergnügungen Anstoß zu nehmen.

Das Feiertagsgesetz legt also im großen und ganzen fest, daß an Feiertagen nicht gefeiert werden darf; darum heißt es so. Es gibt aber weitere Auslegungsschwierigkeiten:

Noch strenger gehen die Bayern mit dem Tanzverbot um. Hier gilt an Karfreitag: Jede Art von „Musikdarbietung in Räumen mit Schankbetrieb” ist ausnahmslos verboten. Also auch Hintergrundmusik. Uneinsichtigen Veranstaltern droht eine saftige Strafe: Bis zu 10.000 Euro Bußgeld können die Folge bei einem Verstoß sein. (anwaltsauskunft.de 2016)

Es ist zweifellos angenehm, in einem Restaurant ohne Hintergrundmusik zu speisen. Aber kann man sich vorstellen, daß die Polizei am Karfreitag die Runde macht, um das zu überprüfen und Anzeige zu erstatten? (In Erlangen werden fast alle Restaurants von Indern, Chinesen usw. betrieben.) Die religiöse Bedeutung von Hintergrundmusik ist wahrscheinlich noch nicht wissenschaftlich untersucht worden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2016 um 19.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32035

Die Kasuistik des Verbotenen und Erlaubten ist zum Fremdschämen, vor allem wenn man an Jesu eigenen souveränen Umgang mit der Sabbatruhe denkt.
Die Landesgesetze zur Feiertagsruhe sind zwar umfangreich, aber nicht sehr detailfreudig. Um so mehr fällt auf, daß Treibjagden "zur Zeit der Hauptgottesdienste" ausdrücklich verboten sind, andere Formen der Jagd aber nicht. Unterhaltung ist verboten, Erholung nicht. Einige Millionen Menschen "müssen" ohnehin arbeiten, das wird sehr großzügig ausgelegt, eine allgemeine Lähmung der Gesellschaft wie unter orthodoxen Juden ist nicht vorgesehen.
Vor einiger Zeit wurde auf Betreiben der Kirchen ein Schachturnier vorzeitig am Gründonnerstag abgebrochen. Schachturniere sind nicht gerade für lärmende Ausgelassenheit bekannt.
Das Ganze ist so inkonsistent und weltfremd, daß es wohl nicht mehr lange Bestand haben wird. Die Handhabung ist jetzt schon ähnlich lax wie bei der Beschimpfung von Religionsgesellschaften. Nur die Androhung polizeilicher Kontrollen wiederholt sich jährlich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2016 um 17.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32034

Die evangelischen Kirchen in Bremen und Niedersachsen werben für einen bleibenden Schutz des Karfreitags. Dieser sei eine verlässliche Pause und öffentliche Unterbrechung des Alltags. Das sagten Theologen beider Landeskirchen. Der leitende Bremer Theologe Renke Brahms betonte: "An einem Feiertag macht unsere Gesellschaft gemeinsam Pause." Ausgenommen seien diejenigen, die unverzichtbare Aufgaben im öffentlichen Bereich wahrnähmen. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister rief dazu auf, den Tag als Stillen Feiertag zu bewahren. "Unsere Gesellschaft lebt von öffentlichen Unterbrechungen, die Alltägliches und Selbstverständlichkeiten infrage stellen". (Radio Bremen)

Jedes Jahr dasselbe: Theologen, die man zur Ordnung rufen möchte, weil sie sich nicht trauen, ihre religiösen Grundlagen auch nur anzudeuten. Neu ist allenfalls, daß unsere Gesellschaft von solchen Pausen "lebt". Aber selbst diese Überhöhung geht in die falsche Richtung.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 20.03.2016 um 20.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32010

Sie muß in keine Moschee gehen, weil sie ja gefühlt jeden Freitag einen neuen Kniefall vor Erdogan macht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.03.2016 um 18.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#32008

Was man sich alles ausdenken kann! In einem selbst für den "Tagesspiegel" ungewöhnlich blöden Kommentar fragt sich Malte Lehming, wann Merkel endlich eine Moschee besucht. Zuerst beweist er, daß Merkel sowohl Prinzipien als auch keine Prinzipien hat. Diese doppelte Merkel treibt ihn schon lange um, ohne daß er sich fragte, ob das alles vielleicht nur seine eigene Erfindung ist.

Schluß:

Wann wird Merkel einmal eine Moschee in ihrem Heimatland besuchen? Ob sie eine Wende- oder Werte-Kanzlerin ist, hängt auch von der Antwort auf diese Frage ab.

Einen besonderen Anlaß hat er nicht, denn Merkels Verhältnis zum Islam ist nicht gerade gespannt. Deshalb kommt die seltsame Forderung ja auch nicht von einem Muslim.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 18.02.2016 um 01.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31695

Je arbeitsteiliger die Gesellschaft, desto mehr wird auch die Religion an professionelle Handwerker delegiert. In England weiß so gut wie niemand, wofür der Anglikanismus steht, die Ethnologen müssen also nicht weit reisen. Stirbt eine Religion mit dem letzten Gläubigen oder mit dem letzten Priester?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.02.2016 um 19.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31694

Mein Punkt war gerade, das nicht mitzumachen. Ich bin doch kein Luther, der den Glauben anderswo sucht als in den Gläubigen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 17.02.2016 um 18.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31693

Im Islam wird doch nicht ohne Grund zwischen Islam und Umma unterschieden, vgl. Christenheit und Christentum.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.02.2016 um 16.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31690

Dann wäre zu fragen: Was wissen die einen Muslime von den anderen?

Was wissen die katholischen Laien von den katholischen Theologen? (Einige von einigen natürlich, wie überall.)

Sonst wäre es denkbar, daß Ethnologen ein exotisches Volk finden, das gar nichts von seiner Religion weiß.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 17.02.2016 um 16.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31689

Der Islam führt eine Existenz unabhängig von den ihm in Deutschland Unterworfenen. Was weiß der Papst vom Katholizismus? Wahrscheinlich ziemlich viel, aber möglicherweise nicht so viel wie sein Vorgänger.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.02.2016 um 14.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31687

Ein Vortrag will die Frage beantworten: Was wissen die in Deutschland lebenden Muslime über den Islam?
Sinnlose Frage. Die Muslime SIND der Islam, ganz gleich, was sie „darüber“ wissen.

Dazu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20471
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 19.01.2016 um 18.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31385

Wie würde "Europa" reagieren, wenn die Türkei beschließen würde, alle Kurden nach dem Beispiel der Armenier aus dem Land zu treiben? Ich halte das durchaus für möglich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.01.2016 um 13.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31380

Inhaltlich sickert bisher wenig zur Leitkultur der CSU durch. "Schwimmunterricht für Mädchen", das ist bestimmt gesund, aber gehört es ins Grundgesetz? Es ist doch schon in Schulgesetzen und -ordnungen geregelt. Allerdings steht der Religionsunterricht auch im GG, wo er aus systematischen Gründen nicht hingehört. Die "demokratische Grundordnung" steht auch schon drin, das ganze GG ist ja nichts anderes. Die "deutsche Sprache im öffentlichen Leben" haben wir schon besprochen. Nun, wir warten noch ein bißchen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.01.2016 um 05.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31365

Die Hindunationalisten haben einen beschämenden Erfolg errungen: Penguin hat das hervorragende Buch von Wendy Doniger (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1542#26772 und
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1194#27459 vom indischen Markt genommen. Die Polemik dieser Leute ist so dumm wie unnachgiebig, durchaus mit Boko Haram vergleichbar, nur leider auch von Intellektuellen betrieben. Auch deutsche Indologen leiden darunter. Vgl. auch http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/wendy-doniger-the-hindus-lebendig-sind-die-goetter-und-sehr-wandelbar-1985374.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

Der Hinduismus ist eigentlich friedfertig, schon wegen der habituellen Gleichgültigkeit gegen Mitmenschen (mit allen Vor- und Nachteilen), aber er kann wie jede Ideologie radikalisiert werden. Auch eine missionierende Religion wie der Islam kann zivilisiert werden, was man in Geschichte und Gegenwart gesehen hat. Zur Zeit scheint er den verwaisten Titel "höchste Stufe der Unterentwicklung" anzustreben, den Enzensberger einst dem Sozialismus verliehen hat.

Andere Meinungen bekämpft man am besten, indem man ihren Vertretern den Kopf abhaut, dann braucht man den eigenen nicht so entsetzlich anzustrengen.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 31.12.2015 um 18.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31098

Zu "Herrn Ludwigs neue Heimat" (#31053): Man mache aus meinem Fall nicht zuviel. Immerhin hatte ich auch Amerikanistik studiert und lehrte hier schon lange, und meine Annahme der amerikanischen Staatsangehörigkeit hatte sehr praktische Ursachen. Hier in den USA stehen sich "Nation" und "Staat" als verfassungsmäßig definierte Verwaltungseinheiten gegenüber (wobei man für die "Aufnahmeprüfung" wissen sollte, daß die USA eine "sovereign union of sovereign states" sind und man damit weiter keine Schwierigkeiten haben sollte). Ich selbst verstehe "Nation" als etwas, in das man hineingeboren ist - was für mich viel mit Muttersprache zu tun hat -, und "Heimat" ist für mich nach wie vor Schlesien, und zwar das, von dem ein alte Schlesierin ihrem Arzt auf dessen Frage, wie sie München finde, antwortete: "München ist sehr schön. - Aber Schlesien war noch schöner." Schon Braunschweig, wo ich in jungen Jahren über ein Jahrzehnt lebte und wo mich das Gymnasium, das übrigens auch Hoffmann von Fallersleben besuchte, ins deutsche Kulturleben einführte, war für mich schon mehr ein intellektuelles Erlebnis und nie wirklich ein unreflektiertes Ganzheitserlebnis wie die Ritterswälder Madonna oder Weihnachten "noch zu Hause". Hoffmann von Fallersleben fügte als Professor in Breslau in seine Volksliedersammlung "Schönster Herr Jesus" ein, das für mich hier in den USA - wo dieses Lied mit der "Silesian melody" besonders beliebt ist - *das* schlesische Heimatlied ist. - Aber dann auch wieder: "Wir hatten gerade den Jahrestag von Wounded Knee" (#3108), und ich plane für die kommende schneefreie Zeit eine wohl letzte große Autofahrt westwärts, um Wounded Knee und Little Bighorn zu besuchen, die etwas von der großen Interstate-Autobahn ab liegen und wo ich deshalb noch nie war auf meinen Fahrten zur Westküste. Die ersten Bücher, die ich mir gleich nach der Währungsreform von eigenem Geld (fürs Heilpflanzensammeln) kaufen konnte, waren eine dreibändige romanhafte Schilderung des Kampfes der Sioux gegen die USA (*Dakota*, *Der Kampf der Dakota*, *Der Untergang der Dakota*). Das bewegt mich also auch.
Übrigens: Kennt jemand dieses dreibändige Werk, das es gleich nach der Währungsreform offenbar noch aus alten Beständen kurz zu kaufen gab, aber mit überklebten Zeilen und zwei herausgeschnittenen Seiten, die antiamerikanisch formuliert waren? Ich rieb damals die Überklebungen mit nassem Zeigefinger ab und sah dann, was ich unter den gegebenen Besatzungsgesetzen nicht hätte lesen dürfen. Auch das Vorwort war, wie ich mich erinnere, "im Kriegshornung 1941" (oder war's 1942) geschrieben. Leider ist meine Ausgabe verloren gegangen.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 31.12.2015 um 14.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31096

Den Genuß von Bier und Bratwurst haben seit jeher auch viele unserer moslemischen Gäste den Eingeborenen abgeschaut.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.12.2015 um 04.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31091

Wandern ist der deutscheste aller eingeborenen Triebe. (Hans Breuer: Zupfgeigenhansel. Vorwort zur Kriegsausgabe 1915)

Das Wandern ist nicht der tiefste Kern unseres Wesens, sondern nur der allerdings notwendige Ausdruck dieses Tieferen. (Wandervogel Martin Deckart)

Unsere Spardorfer Flüchtlinge trifft man manchmal beim Wandern mit einem hiesigen Betreuer, ihre Integration kommt also gut voran. Wanderlieder sind nicht zu hören, aber das gilt ja inzwischen auch für deutsche Wanderer.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.12.2015 um 04.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31088

Zum Kaugummi noch eine philosophische Betrachtung: Als meine Frau ein kleines Mädchen war, wünschte sie sich einen eigenen Kaugummiautomaten in ihrem Zimmer. Nicht etwa jede Menge Kaugummi, sondern den Automaten. Verständlich genug, denn das wäre die Wundermaschine selbst, wie im Märchen. Aus demselben Geist richten sich Männer eine eigene Bar im Keller ein oder einen eigenen kleinen Nürburgring. Es ist so schön, mit Kumpels an der Theke zu hocken – wie schön müßte es erst sein, dies jeden Tag zu tun, ohne aus dem Haus zu müssen... Ob der tatsächliche Nutzungsgrad untersucht worden ist?
Der Mensch braucht eine Weile, um sich selbst zu erkennen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.12.2015 um 03.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31087

Es geht mir unter anderem um den Unterschied zwischen definierten Begriffen und so unbestimmten, daß man jedem einen Strick daraus drehen könnte. Was ist zum Beispiel "unser Wertebild" (viele Belege!)? Was sind die "Regeln des Zusammenlebens", das "gedeihliche Zusammenleben"?

Um dies noch zu sagen: Ich bin natürlich auch nicht glücklich über die vielen Zuwanderer, eine Krise ist es zweifellos. Auch habe ich es auf diesen Seiten nicht an kritischen Bemerkungen zu "Refugee camps" und pc Beschönigungen fehlen lassen. Aber der feindselige, auf nichts als Abwehr und Abwertung zielende Ton, der sich jetzt ausbreitet, geht mir auch gegen den Strich, und ich mache ihn an Ausdrucksweisen fest wie ein kleiner Karl Kraus.

Den Gastbeitrag von Scholz habe ich jetzt wieder vor mir, will aber auf dessen Auslegung keine weiteren Worte verschwenden. Mir scheint die Tendenz sonnenklar, anderen nicht, das ist nicht zu ändern.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 30.12.2015 um 21.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31086

Den Genuß von Tabak und Kakao, den Verzehr von Mais und Tomaten hat man den Einheimischen immerhin abgeschaut. Und natürlich die üble Angewohnheit, Gummi zu kauen.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 30.12.2015 um 20.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31084

In der Schweiz haben sich Sprache und Religion durchaus nicht angeglichen, eher im Gegenteil. Der Separatismus, der sich überall in Europa regt, zeigt auch, daß selbst jahrhundertelanges Zusammenleben in einem Staatsgebilde nicht unbedingt zu Homogenität führt. In Amerika, um das noch zu vermerken, kann keine Rede davon sein, daß sich die Einwanderer den Sitten und Gebräuchen der Einheimischen angepaßt hätten, von Integration keine Spur (Wir hatten gerade den Jahrestag von Wounded Knee). Lediglich bestimmte Einwanderergruppen haben sich anderen, dominanten Einwanderergruppen angeglichen.
Schalom alejchem und gut Rosch ha-schana!
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.12.2015 um 22.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31054

"Nationen" unterdrücken sehr oft die Tatsache, daß sie aus mehreren Völkern bestehen können. Deshalb wird meist nur eine Amtssprache geduldet. In Frankreich waren lange Zeit die bretonische und die okzitanische Sprache verboten, in der Zwischenkriegs-Tschechoslowakei wurde die deutsche Sprache unterdrückt, bis vor kurzem in Italien die deutsche Sprache (Südtirol), nach dem Zweiten Weltkrieg war in Polen die deutsche Sprache in der Öffentlichkeit verboten, in Österreich wurde bis vor kurzem in Kärnten die slowenische Sprache benachteiligt. Der Polnische Staat wollte lange Zeit nicht wahrhaben, daß er deutsche und ukrainische Volksgruppen enthält. Jede "Nation" muß daran gemessen werden, wie sie ihre Minderheiten behandelt.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 28.12.2015 um 19.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31053

Rupert Scholz sagt doch:

Als Nation in diesem Sinne versteht man heute die Summe aller derjenigen Staatsangehörigen, die kraft gemeinsamer Kultur, Geschichte und kraft gemeinsamen geschichtlichen Erlebens zusammengehören.

Also ist für ihn Nation und Bevölkerung nicht identisch und die „Aufnahme in den Staat“ nicht identisch mit einem späteren Hineinwachsen in die Nation, das er jedenfalls nicht ausdrücklich ausschließt.

Prof. Ickler sagt:

Meiner Ansicht nach geht es um Aufnahme in die Rechtsgemeinschaft "Staat", nicht um die Aufnahme in eine wie immer definierte "Nation" (oder sollten wir bei "Volk" bleiben?). Letzteres folgt irgendwann von selbst, wie gerade Herrn Ludwigs neue Heimat zeigt.

Wo ist da der Unterschied?

Der Unterschied besteht wohl darin, daß Rupert Scholz vermutlich meint, daß dieses Hineinwachsen in die Nation nicht unter allen Umständen ganz von selbst erfolgt, z. B. bei einer völlig ungeordneten Einwanderung in einem für unser Land noch nie dagewesenen Umfang.

Ein solches Experiment wagt nicht einmal Herrn Ludwigs neue Heimat, die sich als erfahrenes „klassisches Einwanderungsland“ durch den Bau eines Grenzzauns und durch die Festlegung von Quoten, z. T. auch geographischen also klammheimlich ethnischen, schützt.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 28.12.2015 um 18.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31052

Die Angleichung ist dann erwiesene Voraussetzung für gedeihliches Zusammenleben, wenn ihr Ausbleiben letzteres verhindert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.12.2015 um 16.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31051

Im ersten Teil stimme ich Ihnen vollkommen zu: Zusammenlebende Menschen gleichen sich an, jedenfalls bis zu einem gewissen Grade. Das kann aber nicht die Voraussetzung sein, sondern stellt sich eben als Ergebnis ein.

Heute lese ich:

Deshalb soll sich jeder Flüchtling künftig nach dem Willen der CSU "individuell im Rahmen einer Integrationsvereinbarung zu unseren Werten, unserer Rechtsordnung und den Regeln eines friedlichen Zusammenlebens bekennen". (SZ und andere Medien 28.12.15)

Die Rechtsordnung ist mir bekannt, aber wo findet man "unsere Werte", und was sind die Regeln des Zusammenlebens? Das öffnet in seiner Unbestimmtheit der Willkür Tür und Tor.

Der katholische Philosoph Eckhard Nordhofen, den ich bereits einmal mit seinen erstaunlichen Auslegungskünsten zitiert hatte (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1544#29008), schreibt heute in einem Leserbrief an die FAZ:

„Wenn die Trennung von Staat und Kirche sich, bei Licht besehen, als biblisches Erbe erweist, muss ein Staat wie der unsere, dessen Verfassungskern diesen Gedanken enthält, sich zu den biblischen Religionen Judentum und Christentum anders verhalten als zu Religionen, die nur ein Amalgam von Religion, Gesellschaft und Staat kennen.“

Selbst wenn die Exegese und geschichtliche Konstruktion zutreffen sollte, beruht die Argumentation auf dem naturalistischen Trugschluß vom Sein auf ein Sollen.

Wie steht es mit dem Verfassungsgebot der Religionsfreiheit? Sind Juden und Christen von vornherein bessere Staatsbürger, während Muslime sich eigens rechtfertigen müssen, wie es der Leserbrief im weiteren Verlauf fordert? Aus einer historischen Theorie heraus die „Äquidistanz zu allen Religionen“ abzulehnen ist ein folgenreicher Schritt.

Andere sagen es kürzer: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland."
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.12.2015 um 11.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31050

zu "(oder etwa nicht?)", #31041:

Ja, genau, ich finde das nicht.
Der Mensch lebt gern in Gesellschaft, größere Menschengruppen gleichen sich dabei in ihren Gewohnheiten an, nehmen eine gemeinsame Sprache, Sitten, Gebräuche, Traditionen, Glauben, Kultur an. Eine gewisse Homogenität entsteht also immer ganz von selbst und kann nichts Schlechtes sein. Sie hebt weder die Individualität der Einzelnen auf noch bedeutet sie absolute Abgrenzung gegenüber "Fremden". Sie erzeugt ein Zusammengehörigkeitsgefühl. In seiner gewohnten Umgebung mit Gleichgesinnten fühlt der Mensch sich im allgemeinen wohl und geschützt.

Gastlichkeit, Toleranz, Hilfsbereitschaft gegenüber Fremden waren schon immer hochstehende Tugenden, ich glaube, in fast allen "homogenen" Völkern. Einzelne Zuwanderer, auch viele, stören diese Homogenität gar nicht, sie passen sich irgendwann an, oder die Gesellschaften verändern sich langsam. Konflikte beginnen aber da, wo Massen von Zuwanderern den Rahmen der normalen Gastlichkeit und Aufnahmefähigkeit sprengen, wo sich die ursprüngliche Homogenität eines Volkes in relativ kurzer Zeit aufzulösen droht.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 27.12.2015 um 20.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31045

Den Nationalsozialismus kann man insofern als Bruch mit dem nationalstaatlichen Denken ansehen, als die Zielvorstellung eines Großgermanischen Reichs mit der Wiedererrichtung eines Vielvölkerstaats einhergegangen wäre. In dieser Hinsicht war Hitler ganz Österreicher.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 27.12.2015 um 18.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31043

Die "Christlich Abendländische Leitkultur" scheint mir im Bereich der früheren DDR außerhalb kirchlicher Kreise völlig zu fehlen. Sie gilt anscheinend nicht für ganz Deutschland.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.12.2015 um 17.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31041

Lieber Herr Achenbach, mir ist die Person Scholz nicht näher bekannt und im Grunde gleichgültig. Wer immer einen solchen Text verfaßt (ich habe ihn leider nicht mehr zur Hand), ist selbst schuld, wenn er so verstanden wird, wie ich ihn verstanden habe und wie er ja auch klar genug formuliert. Das Programm eines homogenen Staatsvolkes mit gemeinsam erlebter Geschichte usw., d. h. (oder etwa nicht?) ohne "Fremde", die eine solche gemeinsam erlebte Geschichte nicht nachweisen können, ist eben auf jenem Holze gewachsen, das Sie richtig identifiziert haben, und das wollte ich auch sagen. Die von ihm selbst genannte nationalsozialistische Diktatur (die Scholz in nicht ganz klarer Weise, aber überraschend als Bruch mit jener Idee einschätzt) hat auch kein Monopol auf dieses Programm. Ich habe die modernisierte Ausdrucksweise (die ich auch anderswo in Menge antreffe) ein wenig zurückübersetzt, um ihr den Schafspelz abzustreifen. Im übrigen geht es nicht darum, wer in die Nähe von jemandem gerückt wird, sondern um die Sache: besagtes homogene fremdenfreie Volk, meinetwegen auch schon wieder um die christlich-abendländische Leitkultur. Mit beidem habe ich nichts am Hut.

Scholz war uns ja lieb und teuer, weil er das goldene Wort vom "rechtlichen Nullum KMK" geprägt hat.

Woher kommt diese Idee bloß? Warum genügt es nicht, daß Menschen in einem Staat unabhängig von ihrer Herkunft friedlich und die Gesetze achtend zusammenleben und -arbeiten, vielfältige persönliche und wirtschaftliche Verbindungen untereinander haben usw. Woher diese ideologische Überhöhung (oder Vertiefung)? Aber es ging ja schon los mit der unendlich vagen Rede von dem, was "zu Deutschland gehört" und was nicht. Scholz hat noch ein weiteres Schibboleth ins Spiel gebracht, ein ziemlich giftiges, weil niemand darüber hinwegkommt, der von vornherein als unerwünscht und nicht zu Deutschland gehörig ausgesondert ist.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 27.12.2015 um 17.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31040

Lieber Prof. Ickler,

ich komme zurück auf Ihren Beitrag #30994, in dem Sie mich ja persönlich ansprechen.

Sie hatten die Äußerungen von Rupert Scholz mit dem Wort „Volksgemeinschaft“ – wie Sie sagen – „paraphrasiert“. Nun ist dieses Wort historisch so belastet, daß eine solche „Paraphrasierung“ einen eindeutig polemischen, wenn nicht gar diffamatorischen Charakter hat.

In Ihrem genannten Beitrag legen Sie noch drauf, indem Sie sagen: „Schließlich haben die Nazis auch nicht von ´Homogenität´ gesprochen.“ Dann werfen Sie noch Begriffe wie „Blut“ und „Gene“ in die Arena.

Wollen Sie Rupert Scholz ernsthaft in die Nähe von rassistischem, ja nationalsozialistischem Gedankengut rücken? Ich möchte es nicht glauben.

Man kann natürlich die Meinung von Scholz für gänzlich verfehlt halten. Auch über seine einzelnen Formulierungen kann man trefflich diskutieren. So finde ich etwa seine Äußerungen zum Islam zu weitgehend.

Übrigens hat schon Böckenförde im Zusammenhang mit seiner berühmten Äußerung von „Homogenität der Gesellschaft“ gesprochen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 27.12.2015 um 14.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31039

Das sind drei Wörter.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 27.12.2015 um 12.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31038

Noch ein Unwort des Jahres: "Falsch verstandene Humanität".
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 26.12.2015 um 19.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31031

Nun enthält der US-Fragenkatalog nicht nur Fragen zu Recht und Verfassung. Von den 100 Fragen befassen sich 30 mit amerikanischer Geschichte - von den ersten Kolonisten bis zum 11. September 2001. Das ist das kurzgefaßte amerikanische Geschichtsbild, wie es Amerikaner mit der Muttermilch einsaugen oder spätestens in der Schule lernen. Das ist Teil der amerikanischen Leitkultur. Für die bloße „Aufnahme in die Rechtsgemeinschaft“ bräuchte man so etwas nicht zu wissen. Ebensowenig bräuchte man die Antwort auf folgende Frage des kanadischen Einbürgerungstests zu wissen: „What is the significance of the discovery of insulin by Sir Frederick Banting and Charles Best?“ Das ist eben Teil der kanadischen Leitkultur.

Übrigens beginnt die deutsche Geschichte für den amtlichen deutschen Einbürgerungstest erst mit der Machtergreifung Hitlers.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 26.12.2015 um 18.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31029

Vielleicht interessiert auch der Einbürgerungseid in Kanada:

"I swear (or affirm)
That I will be faithful
And bear true allegiance
To Her Majesty Queen Elizabeth the Second
Queen of Canada
Her Heirs and Successors
And that I will faithfully observe
The laws of Canada
And fulfil my duties as a Canadian citizen."
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.12.2015 um 07.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31026

Interreligiöser Raum

Söder eröffnet "Tresor des Lichts" in Nürnberg

Im bayerischen Heimatministerium in Nürnberg gibt es nun einen interreligiösen Raum zum Innehalten. Er heißt "Tresor des Lichts" und soll als offener Rückzugsort dienen.
Hausherr und Heimatminister Markus Söder (CSU) hat am Mittwoch (23.12.15) den "Tresor des Lichts" gemeinsam mit Regionalbischof Ark Nitsche und dem stellvertretenden Stadtdekan Reinhold Seidl eröffnet. Der Raum soll Mitarbeitern und Gästen eine Möglichkeit zum "Atemholen" und "Innehalten" bieten, sagte Söder.

Frieden im Tresorraum

Der Name kommt nicht von ungefähr: Im Gebäude des Heimatministeriums in Nürnberg war früher die Bayerische Staatsbank. Für den "Tresor des Lichts" wurde der ehemalige Tresorraum umgebaut. "Das denkmalgeschützte historische Ambiente des Tresorraums bietet eine ideale Rückzugsmöglichkeit", sagte Söder weiter. "Ein Raum der Stille ist zudem ein Aufruf zu Geschwisterlichkeit und Toleranz unter den Menschen, zwischen den Nationalitäten und Weltanschauungen. Er ist eine ständige Mahnung gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit - ein kleiner Schritt hin zum Frieden“, so Söder weiter.


(http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/inhalt/tresor-licht-nuernberg-100.html)

Das Ganze ist zwar, wie auch die Abbildungen zeigen, eine christliche Einrichtung, aber man könnte sich vorstellen, daß die Sprache allmählich durch das Vokabular einer Interreligion angereichert wird. Wie die meisten Menschen ehemals religiöse Feste heute ohne religiösen Bezug feiern, könnten sie allgemeine Menschenliebe usw. ohne Bezug auf eine bestimmte Religion verkünden, sich dabei vielleicht noch wie einst im revolutionären 18. Jahrhundert auf ein höheres Wesen berufen. Erste Schritte sind längst gemacht, etwa mit der "Entmythologisierung" des Christentums, also wörtlich der Tilgung der biblischen Erzählungen zugunsten einer als Existential ausgegebenen schlechthinnigen Gläubigkeit, vielmehr "Spiritualität", wie man in einem weiteren Schritt sagt. Es gibt dann, so ist wohl der Gedanke, eigentlich keine "andere" Religion mehr, und der Muslim vergibt sich nichts, wenn er zwar nicht in der Kirche, wohl aber im Tresor des Lichts seine Andacht verrichtet. Sogar die Atheisten ("Humanisten") im Bund für Geistesfreiheit feiern ja Weihnachten. Vielleicht dürfen sie aus den Hinterzimmern heraus und den Tresor mitbenutzen.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 25.12.2015 um 16.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31023

Zu "Ich meine, sie haben überhaupt nichts in solchen Fragebögen zu suchen" (#31019): Schon richtig. Mir liegt quer, daß es überhaupt so einen papiernen Fragebogen gibt und daß jemand, der von Steuergeldern bezahlt wird, seine von den Steuerzahlern bezahlte Zeit hinter einem Schreibtisch damit verbracht hat, so einen zusammenzustellen. Herr Ickler formuliert es völlig richtig: Herrgott, "*wie* der Begriff der "Leitkultur" in den Köpfen spukt"! Ähnliches haben wir aber auch bei unserm Begriff Bildung. Ja, und so sind wir in der Bildungsindustrie eben andauernd besonders gefordert, nicht wahr, und wir können uns nicht die Hände in den Schoß legen und uns nie im Stuhl hinterm Schreibtisch zurücklehnen und sagen, es ist geschafft. Eher schon: Wir schaffen das. Auch wenn wir wissen, daß das ja irgendwie fast unglaublich ist.
Zu #31020 ("Wieviel Prozent der US-Bürger würden einen Einbürgerungstest bestehen?"): Wenn mit "Test" so ein Fragenkatalog gemeint ist und wer hier dann diese Frage stellte, wäre die Antwort: "Nicht mal die, die diesen Test zusammengestellt haben." Und sie wäre zwar nicht wörtlich gemeint, brächte aber alle zum Lachen. - Aber um das Problem etwas besser zu verstehen: Hier haben wir so etwas, was wir auch von den Hauptsektionen des abendländischen Christentums her gewohnt sind: Einmal als Kind getauft, o.k., (fast ausschließlich) für immer getauft. Als Erwachsener da aufgenommen zu werden, ist schon mit einigen ganz interessanten Formalitäten dazu verhakt.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 25.12.2015 um 16.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31022

Lieber Herr Ludwig,

Zu a: die Fragenliste „heißt“ natürlich nicht „official“ und auch nicht „current“, sondern ich habe sie als „offiziell“ und „aktuell“ gekennzeichnet, was sie ja zweifellos ist. Schließlich ist sie auf der Internetpräsenz der zuständigen Bundesbehörde veröffentlicht.

Zu b: In der Tat werden nicht alle Fragen der Liste im mündlichen „civics test“ gestellt. Die amerikanische Liste besteht aus 100 Fragen; davon können bis zu 10 Fragen im Test gestellt werden. Um zu bestehen, muß man sechs Fragen richtig beantworten.

Im Vergleich dazu hat die deutsche Liste 300 Fragen sowie noch 10 Fragen des jeweiligen Bundeslandes. Bei der schriftlichen Prüfung werden 33 Fragen gestellt, davon 30 aus der bundeseinheitlichen Liste und drei Fragen des zuständigen Bundeslands. Um zu bestehen, muß man 17 Fragen richtig beantworten.

Von der Zahl her scheint der deutsche Test schwieriger zu sein, andererseits ist er „multiple choice“, während beim amerikanischen Test die Prüflinge die richtigen Antworten selbst formulieren müssen. Dafür wird die US-Liste gleich mit richtigen Antworten, die deutsche Liste nur mit den zur Auswahl stehenden vier Antworten veröffentlicht. Über die richtigen Antworten muß man sich also anderweitig informieren, etwa durch Teilnahme an einem Integrationskurs oder bei deutschen Freunden.

In beiden Ländern dürfte es angesichts der geringen Zahl der erforderlichen richtigen Antworten kein Problem sein, den Test zu bestehen, wenn man sich einigermaßen vorbereitet. Der Sinn der Tests besteht daher wohl nur darin, die Einbürgerungsbewerber zu veranlassen, sich etwas mit den Verhältnissen im Gastland zu beschäftigen.

Zur Frage der „Treue“ weise ich auf folgende Frage mit richtigen Antworten hin:

53. What is one promise you make when you become a United States citizen?
- give up loyalty to other countries
- defend the Constitution and laws of the United States
- obey the laws of the United States
- serve in the U.S. military (if needed)
- serve (do important work for) the nation (if needed)
- be loyal to the United States
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 25.12.2015 um 10.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31020

Wieviel Prozent der US-Bürger würden einen Einbürgerungstest bestehen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.12.2015 um 07.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31019

Sehr interessanter Bericht!

Ich möchte mein Problem noch einmal anders formulieren. Meiner Ansicht nach geht es um Aufnahme in die Rechtsgemeinschaft "Staat", nicht um die Aufnahme in eine wie immer definierte "Nation" (oder sollten wir bei "Volk" bleiben?). Letzteres folgt irgendwann von selbst, wie gerade Herrn Ludwigs neue Heimat zeigt. Das muß und sollte man nicht staatlich organisieren.

Aber an jenem Fragebogen (meinem, nicht dem von Herrn Achenbach) konnte man sehen, wie der Begriff der "Leitkultur" in den Köpfen spukt. Es muß doch auch ein bißchen Kultur dabei sein, haben sich die Beamten gedacht und versucht, sich an ihre Schulzeit zu erinnern, und zwar eben nicht nur an den Sozialkundeunterricht. Da fielen ihnen Goethe und Schiller und C. D. Friedrich ein und das Wunder von Bern. Für jeden etwas, aber der Eindruck einer Parallelgesellschaft läßt sich nicht ganz verwischen. In gewissen Kreisen kennt man Caspar David Friedrich, in anderen nicht. Viele meiner Bekannten haben die gegenwärtige Aufstellung des 1. FC Nürnberg im Kopf (die Glubberer eben), andere nicht.
Mildgestimmte könnten sagen: an diesen wenigen Fragen zur Kultur soll es nicht scheitern. Ich meine, sie haben überhaupt nichts in solchen Fragebögen zu suchen.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 24.12.2015 um 21.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31018

Herrn Achenbachs Fragen (#31002) zusammen mit Fragekatalogen jetzt machen meine Sache etwas differenzierter als sie mir in Erinnerung ist. Das ganze Interview zur Einbürgerung ging auf englisch vor, und ich konnte dabei etwas von der Gewaltenteilung erzählen, was ich ja in jungen Jahren auch schon am ältesten Gymnasium Norddeutschlands fürs Abitur gelernt und wohl auch durchaus verstanden hatte. Daß ich englisch auch richtig schreiben konnte, bewies ich übrigens mit dem richtig geschriebenen Satz: "The little girl is pretty", und ich sah da als Linguist und Verschriftungsforscher erstaunt, daß dieser Satz sehr gut bewies, daß ich auch englisch schreiben konnte und nicht nur was phonetisch zu Papier brachte; Südostasiaten und Leute mit hispanischem Hintergrund z. B. hätten mit diesem Satz ohne richtiges Schreibenlernen schon ihre Schwierigkeiten gehabt; aber auch jeder andere mußte hier vier kurze [i] schriftlich richtig ziemlich verschieden wiedergeben. Und schreiben können setzt schon voraus, daß man auch lesen kann. - Zum "aktuellen offiziellen Fragenkatalog der US-Einwanderungsbehörde" (s. jetzt auch #31014, #31015): a. Heißt das wirklich "official"? Und b bedeutet das Ganze garantiert nicht, daß davon in der "Prüfung" alle Fragen behandelt werden und man sie auch richtig beantworten können muß. Aber sich ernst damit beschäftigt haben sollte man wohl schon. Die Idee des Interviews ist doch, daß sich der Eindruck ergibt, daß der Bewerber fähig und willens ist, an diesem Staate als Bürger mitzuarbeiten. Und man kann z. B. auch hinreichend Kenntnis von der Geographie dieses Landes anzeigen und jede weitere Frage dazu gleich ausschließen, wenn man ansagt, daß im Osten der Atlantische Ozean ist, im Westen der Pazifische Ozean und fast jedes Frühjahr in der Mitte des Landes der Mississippi-Ozean. - Und daß ich "[d]em Gastland versprochen und geschworen [habe], die Gesetze zu achten, aber nicht mehr. Also eine Rechtsgemeinschaft, keine "Leitkultur", dazu: Das ist wohl doch etwas näher zu betrachten: Die USA sind nicht mein Vaterland, aber daß ich meins in die USA einbringe, das begrüßte der Richter sogar besonders (übrigens der Mann, der als "Prairie Judge" in die Geschichte hier einging; er war der wichtige Richter bei der Verurteilung der Verantwortlichen für die Asbest-Verseuchung des Oberen Sees); die USA sind das Land, dessen Bürger ich bin, und bei der Einbürgerung schwor ich "to any foreign prince or government" den Gehorsam ab (und als ich das "zu Hause" bei einem Klassentreffen meinen früheren Klassenkameraden erzählte, da sagten die mit Hinblick auf die Regierung in Bonn gleich: "Dann sind wir auch Amerikaner"). Da stand also gar nicht was von Treue zu meinem Vaterland zur Debatte, das war davon gar nicht betroffen. Aber auch hier gibt es so etwas wie eine "Leitkultur": Das Versprechen, "immer die Verfassung und die Gesetze der USA [zu] unterstützen" beinhaltet, sich aktiv für sie einzusetzen und nicht bloß deren Schutz zu genießen. Auch die USA leben aus Erfahrungen; und zu denen gehört eben auch die Erfahrung, daß Verfassung und Gesetze nur funktionieren, wenn sie lebendig gehalten werden. Dazu auch ein sehr lebendiges und interessantes Beispiel: Einem früheren Studenten aus Texas versuchte ich mal zu erklären, daß die Frage, ob die Staaten die Oberhoheit der Nation anerkennen, zwar nicht in der Verfassung geklärt sei, daß aber der Ausgang des Bürgerkrieges (von dem übrigens jedes amerikanische Schulkind weiß, daß bei dem bisher die meisten Amerikaner ihr Leben verloren) diese Frage geschichtlich entschieden habe. Und darauf dieser gerade mal 19jährige: "Yes, but the Civil War isn't over yet." Und ich bekam in alten Zeiten mal einen Brief von Straßenverkehrsamt des Staates Minnesota, weil ich dreimal anders gefahren war, als es die Straßenverkehrsordnung vorsah, des Inhalts, daß "wir uns unsere Gesetze selber geben. Also befolgen Sie sie." Es stellte sich dann in einem extra angesetzten Gespräch heraus, daß zwei der Verfehlungen wohl nicht zu meinen Lasten gingen und daß mein Gesprächspartner aus der Hauptstadt sich die Akten dazu noch mal besonders ansehen wollte - und er dann den Ton änderte: "Sie sind jeden Dienstag an der Universität? Wir haben in St. Paul unsern Schuhplattlerverein, und wir treffen uns immer zweimal im Monat, dienstags. Würden Sie da nicht mitmachen wollen?" - Auch das ist Leitkultur. Verfassung und Gesetze sind eben auch die Menschen, wie sie nun mal sind. Und die Aufklärung, deren Geisteshaltung die US-Verfassung nun mal entsprungen ist, glaubt ja irgendwie an das Gute in den Menschen, die Gott alle gleich geschaffen hat, auch wenn's so nicht wörtlich in der Verfassung steht, was fast keiner weiß, auch nicht in der Unabhängigkeitserklärung (für die, das das alles gleich immer etwas genauer wissen). Aber in dem Glauben schreitet es sich hier letztlich doch trotz allem optimistisch fort, - jedenfalls im aufgeklärten Minnesota, mit seiner Volkskultur, die von deutschen und skandinavischen Einwanderern stark beeinflußt ist, und das wir, wo ich bin, erstmal besonders im Blick haben, und darauf sind wir sogar etwas stolz. Aber einer meiner wichtigsten akademischen Lehrer in Englischer Literatur hier an der U of Minnesota war einer, der seiner Aussprache nach aus irgendeiner "thoyty-thoyd street in Nu Joysy" kam; der hätte damit sicher auch unseren Herrn Achenbach hier sehr erstaunt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.12.2015 um 16.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31017

Ich hatte mit "jenem" Test an unsere frühere Diskussion angeknüpft (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1027#18402), so daß wir zur Zeit von verschiedenen Gegenständen reden, das soll ja vorkommen. (Auch die von mir zitierten Fragen stehen ja noch im Netz.) Da es aber nur darum ging, was sich deutsche Beamte alles ausdenken, wenn es um Integration geht, ist die Differenz unerheblich.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.12.2015 um 16.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31016

zu R.M., #31014:

Muß man darauf wirklich erstmal kommen?
Goethe wird mit vollem Namen (Vor- und Zuname) fast immer Johann Wolfgang von Goethe genannt, während Schiller meist nur Friedrich Schiller genannt wird, eher selten [Johann Christoph] Friedrich von Schiller.

Könnte das immer noch daran liegen, daß Goethe schon 1782, 50 Jahre vor seinem Tod, geadelt wurde, Schiller aber nur 3 Jahre davor (gest. 1805)?
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 24.12.2015 um 14.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31015

Verordnung zu Einbürgerungstest und Einbürgerungskurs
(Einbürgerungstestverordnung - EinbTestV)

Ausfertigungsdatum: 05.08.2008
Stand: Geändert durch Art. 1 V v. 18.3.2013 I 585

......
80. Welches Gericht in Deutschland ist zuständig für die Auslegung des Grundgesetzes?
81. Wer wählt den Bundeskanzler / die Bundeskanzlerin in Deutschland?
82. Wer leitet das deutsche Bundeskabinett?
83. Wer wählt den deutschen Bundeskanzler / die deutsche Bundeskanzlerin?
84. Welche Hauptaufgabe hat der deutsche Bundespräsident / die deutsche Bundespräsidentin? Er / Sie …
85. Wer bildet den deutschen Bundesrat?
86. Wer wählt in Deutschland den Bundespräsidenten / die Bundespräsidentin?
87. Wer ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland?
88. Die parlamentarische Opposition im Deutschen Bundestag …
89. Wie nennt man in Deutschland die Vereinigung von Abgeordneten einer Partei im Parlament?
90. Die deutschen Bundesländer wirken an der Gesetzgebung des Bundes mit durch …
91. In Deutschland kann ein Regierungswechsel in einem Bundesland Auswirkungen auf die Bundespolitik haben. Das Regieren wird …
92. Was bedeutet die Abkürzung CSU in Deutschland?
93. Je mehr „Zweitstimmen“ eine Partei bei einer Bundestagswahl bekommt, desto …
94. Ab welchem Alter darf man in Deutschland an der Wahl zum Deutschen Bundestag teilnehmen?
95. Was gilt für die meisten Kinder in Deutschland?
96. Was muss jeder deutsche Staatsbürger / jede deutsche Staatsbürgerin ab dem 16. Lebensjahr besitzen?
97. Was bezahlt man in Deutschland automatisch, wenn man fest angestellt ist?
.......

(alle Fragen multiple choice mit vier Antwortmöglichkeiten)
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 24.12.2015 um 12.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31014

Johann Wolfgang von Goethe, aber Friedrich Schiller! Darauf muß man erst mal kommen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.12.2015 um 04.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31009

Zur Erinnerung (und zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31005:

80. Nennen Sie drei deutsche Philosophen!
81. Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller gelten als Deutschlands berühmteste Dichter. Nennen Sie jeweils ein Werk der beiden Dichter!
82. Nennen Sie einen deutschen Literatur-Nobelpreisträger!
83. Welcher Deutsche komponierte in seiner 9. Sinfonie am Schluss die berühmte "Ode an die Freude"? Nennen Sie zwei weitere deutsche Musiker bzw. Komponisten!
84. Der deutsche Maler Caspar David Friedrich malte auf einem seiner bekanntesten Bilder eine Landschaft auf der Ostseeinsel Rügen. Welches Motiv zeigt dieses Bild?
85. In Kassel findet alle fünf Jahre eine der bedeutendsten Ausstellungen moderner und zeitgenössischer Kunst statt. Welchen Namen trägt diese Ausstellung?
86. Die Bundesrepublik Deutschland hat bedeutende Universitäten. Nennen Sie drei Universitätsorte!
87. Nennen Sie drei überregionale deutsche Tageszeitungen und zwei öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten!
88. Erläutern Sie den Begriff "Meinungs- und Pressefreiheit"!
89. Wenn jemand sagt: "Freie Medien sind ein unverzichtbarer Teil einer demokratischen Gesellschaft". Stimmen Sie dem zu oder nicht?
90. In den deutschen Kinos startete 2004 der Film "Das Wunder von Bern". Auf welches sportliche Ereignis nimmt der Film Bezug?
91. In welcher deutschen Stadt fanden letztmals die "Olympischen Sommerspiele" statt und von welchem Ereignis wurden sie überschattet?
92. Zum gesellschaftlich-kulturellen Bild der Bundesrepublik Deutschland gehören Sportarten und Sportler. Nennen Sie drei bekannte deutsche Sportler!
93. Was hat Johannes Gutenberg erfunden?
94. Welche Personen gelten in Deutschland als Pioniere des Automobilbaus? Nennen Sie zwei Namen!
95. Welcher deutsche Physiker hat mit seiner Entdeckung im Jahre 1895 die medizinische Diagnose bis zum heutigen Tag revolutioniert?
96. Was gelang dem deutschen Wissenschaftler Otto Hahn erstmals 1938?
97. Welcher deutsche Arzt entdeckte die Erreger von Cholera und Tuberkulose?


Es sind zwei relevante Fragen untergemischt, aber 89 ist so formuliert, daß man praktisch nur mit "Ja" antworten kann. Ein Deutscher könnte sich mit diesem "Bürgerwissen" bei "Wer wird Millionär?" bewerben. Es sieht streckenweise so aus, als gehe es um den Stolz auf die Leistungen anderer Deutscher. Einen anderen Sinn kann ein solches Quiz kaum haben, Bildung wäre ja so ziemlich das Gegenteil. Wir haben das alles schon erörtert.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 23.12.2015 um 23.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31008

Und die entsprechende Frage zur Westküste.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 23.12.2015 um 23.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31007

Im aktuellen offiziellen Fragenkatalog der US-Einwanderungsbehörde wird nicht nach den Verbündeten, sondern nach den Gegnern im 2. Weltkrieg gefragt: Japan, Deutschland, Italien (in dieser Reihenfolge). Unter den wenigen geographischen Fragen wird in der Tat auch gefragt , welches Meer sich an der Ostküste befindet. Andere Fragen sind nicht gar so einfach, etwa nennen Sie einen Bundesstaat, der an Kanada grenzt, oder eines der US-Territorien.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 23.12.2015 um 20.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31006

In den USA wird auch danach gefragt, mit wem man im 2. Weltkrieg verbündet war (Uncle Joe und nicht Onkel Adolf), wo der Pazifik liegt und dergleichen banale Wissensfragen mehr.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 23.12.2015 um 18.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31005

Nein, in Deutschland auch nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.12.2015 um 18.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31003

Also lauter Fragen, die ungefähr dem Inhalt unseres GG entsprechen, aber nicht etwa: Wer hat das Bild "House by the Railroad" gemalt, oder?
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 23.12.2015 um 15.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31002

Lieber Herr Ludwig,

mußten Sie bei Ihrer Einbürgerung neben einem Sprachtest nicht auch einen „civics test“ ablegen, in dem Sie Kenntnisse über den Staatsaufbau und die Geschichte der USA nachweisen mußten? Etwa wieviel Richter den Supreme Court bilden, wer der vorsitzende Richter ist, wie der „Speaker of the House of Representatives“ heißt, wieviel „amendments“ die Verfassung hat und dgl.?

Mußten Sie nicht versprechen, den Vereinigten Staaten treu zu sein und die Treue gegenüber anderen Staaten aufzugeben, die Verfassung und die Gesetze der USA nicht nur einzuhalten, sondern auch zu verteidigen, notfalls Militärdienst zu leisten usw.?

Oder waren zu Ihrer Zeit die Bedingungen noch anders?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 23.12.2015 um 15.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#31001

In den vergangenen Jahren hat es einige archäologische Veröffentlichungen über die Bajuwaren gegeben: Sie sind nicht als fertiger Volksstamm aus Böhmen eingewandert, sondern eine Vermischung der ortsansässigen Kelten mit den von den Römern im Zuge der Ausdehnung des Römischen Reiches bis zur Donau als Verwaltungsfachleute angesiedelten Romanen, die nach dem Abzug der Römischen Legionen im Land blieben und zum Teil eigene Ortschaften gründeten. Seit das Christentum zur Staatsreligion erklärt worden war, waren alle Einwohner gesetzlich Christen. (Die sogenannten Missionare mußten die Bevölkerung dann nur auf die Papstkirche umpolen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.12.2015 um 07.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30995

Lieber Herr Ludwig, Sie bestätigen ja aufs schönste, daß Sie Ihrem Gastland versprochen und geschworen haben, die Gesetze zu achten, aber nicht mehr. Also eine Rechtsgemeinschaft, keine "Leitkultur".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.12.2015 um 07.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30994

Lieber Herr Achenbach, ich habe doch nicht gesagt, daß ein Jurist sich nicht auch zu anderen Gegenständen äußern dürfe, sondern nur auf eine Kuriosität hingewiesen, die mir halt aufgefallen ist. Immerhin sollte der Jurist Scholz sehen, wohin seine Forderungen führen, und er sieht es natürlich auch. Anderswo sagen Sie, daß er nicht von "Volksgemeinschaft" gesprochen habe, und so habe ich ihn auch nicht zitiert, sondern nur paraphrasiert, was der nur allzu klare Inhalt seines Beitrags war. Schließlich haben die Nazis auch nicht von "Homogenität" gesprochen. Wohlwollend könnte man Rechtsgemeinschaft und Schicksalsgemeinschaft einander gegenüberstellen; letztere verschließt sich gegen "Fremde". Die Nazis haben noch das "Blut" hinzugefügt, Neuere sprechen von "Genen"; das vermeidet Scholz natürlich, aber er konstruiert ein ähnlich exklusives Zugehörigkeitskriterium. Warum er die nationalsozialistische Diktatur beiläufig als Zäsur in der Verwirklichung seines Homogenitätsideals ansieht, verstehe ist nicht.
Trump will alle Muslime rausschmeißen und könnte mit dieser Einstellung Präsident werden. So abwegig ist das alles gar nicht. Scholz ist als besonders bekannter Jurist (GG-Kommentator) Vertreter einer vermutlich sehr weit verbreiteten Gesinnung. Ich bin geradezu froh darüber, daß es so klare Darstellungen gibt; da weiß man doch, was man hat.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 22.12.2015 um 19.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30991

"Warum kann man die rechtlichen Adiaphora nicht etwas großzügiger abstecken?" (#30984) - Völlig richtig. Aber "daß der Staat mehr sein müsse als eine Rechtsgemeinschaft", das sollten sie doch wenigstens empfinden, oder? - In den USA versprach ich mal, um eine vieles für mich vereinfachende Green Card zu bekommen, ich glaube, schriftlich, daß ich nichts gegen die Verfassung der USA und ihre Gesetze unternehmen würde. Als ich Bürger dieses Landes wurde, schwor ich erhobener rechter Hand, daß ich immer die Verfassung und die Gesetze der USA unterstützen würde, - wenigstens jedenfalls die Verfassung, glaube ich. Inzwischen habe ich herausgefunden, daß ich der einzige in diesem großen und großartigen Lande bin, der das wirklich einhält, Präsidenten eingeschlossen. Das habe ich sogar Amerikaner gelehrt, und ich erzähle es ihnen heute noch manchmal in der Bar; und dann lachen sie.
Zu #30989: "Kroatien war seit 1527 habsburgisch." Und ist überwiegend sogar *römisch*-katholisch. Das hat gar nichts mit irgendwelchen Glaubensbekenntnissen zu tun, sondern lädt bei mancher Feierei nach der den Lebensunterhalt verdienenden 5-Tage-zu-etwas-weniger-als-8-Stunden-Arbeitszeit zum ganz natürlichen Mitmachen ein.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.12.2015 um 19.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30990

Die Jugoslawen kamen auch aus Serbien und Bosnien. Deren Vorfahren hatten zum Habsburger Polizeistaat ein anderes Verhältnis als die Kroaten und Slowenen (ehemalige Südsteiermark).
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 22.12.2015 um 18.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30989

Wie bitte, die Jugoslawen hatten keine gemeinsame Geschichte mit Deutschland? Kroatien war seit 1527 habsburgisch.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 22.12.2015 um 18.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30988

Warum sollte ein Jurist nur juristisch argumentieren? Auch Germanisten dürfen sich zu anderem äußern als Germanistik.

Daß Feuilletonisten sich zu allem möglichen äußern, ohne etwas davon zu verstehen, ist doch kein Argument.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.12.2015 um 17.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30987

Als nach dem 2. Weltkrieg in Westdeutschland ein großer Arbeitskräftebedarf herrschte, haben sich nach meinem Eindruck die Jugoslawen am schnellsten integriert. Sie hatten eine ähnliche Kultur, aber absolut keine gemeinsame Geschichte mit den Deutschen. Bei früheren Einwanderungswellen wie den polnischen Bergarbeitern und den Hugenotten war es genauso.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.12.2015 um 17.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30984

Seltsamerweise verlangt der Jurist Scholz von Zuwanderern viel mehr als die Befolgung der Gesetze, während der Nichtjurist Claudius Seidl wenig später genau diese Forderung nach kultureller Anpassung und Homogenität (Tauber, Klöckner, er hätte auch Scholz nennen können) als übergriffig ablehnt und auf die vielen Unterschiede innerhalb Deutschlands, innerhalb Europas verweist. Die Forderung einer gemeinsam erlebten Geschichte (Scholz) ist von Ausländern per se nicht erfüllbar. Also gehören sie nicht zu uns.

Immer und immer wieder die These, daß der Staat mehr sein müsse als eine Rechtsgemeinschaft. Den meisten ist es inzwischen egal, ob der liebe Nachbar in die Kirche geht oder nicht, oft auch schon, ob er mit einem Mann oder einer Frau zusammenlebt. Warum kann man die rechtlichen Adiaphora nicht etwas großzügiger abstecken?

In jenem unseligen Einbürgerungstest wurde der Bewerber gefragt, wer den Kreidefelsen von Rügen gemalt habe (oder war's ein anderes Bild von C. D. F.?). Das war übergriffig. Aber welches Denken steht dahinter? Es ging und geht auch jetzt wieder um eine vage "Zugehörigkeit", und darin sehe ich eine große Gefahr.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.12.2015 um 16.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30983

Als ich Kind war, wurde der Gegensatz zwischen Protestanten und Katholiken noch ziemlich heftig ausgetragen. Sie sollten am besten in getrennten Gebieten wohnen und keinesfalls gegenseitig heiraten.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.12.2015 um 15.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30982

Warum denken wir immer gleich so in Extremen? Eine in sich homogene Gesellschaft bedeutet doch nur, daß die Gesellschaft im wesentlichen homogen ist, daß sie eine ganz bestimmte Kultur und Traditionen hat, zu denen sich die meisten Bürger bekennen.

Wieso soll das dann heißen, daß überhaupt keine Einwanderung möglich ist oder daß hier lebende Muslime vertrieben werden müssen? Ich finde, das ist genausowenig der Fall, wie wenn jemand behauptet, Deutschland oder andere europäische Staaten könnten oder dürften nichts dagegen tun, wenn ganze Völkerwanderungen hier einfallen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.12.2015 um 04.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30923

In einem Gastbeitrag für die FAZ (18.12.15) definiert Rupert Scholz Deutschland als Nationalstaat.
„Staatsvolk und Nation sind unauflösbar miteinander verbunden und konstituieren die Basis einer in sich geschlossenen, homogenen und identifikationsfähigen Gesellschaft. Als Nation in diesem Sinne versteht man heute die Summe aller derjenigen Staatsangehörigen, die kraft gemeinsamer Kultur, Geschichte und kraft gemeinsamen geschichtlichen Erlebens zusammengehören.“
Nach dieser Definition ist Einwanderung nicht möglich.
Der deutsche Nationalstaat sei „unter den Exzessen der nationalsozialistischen Diktatur“ zusammengebrochen (eine eigenwillige Interpretation!), aber später wiederauferstanden.
Der Islam paßt laut Scholz nicht zur westlichen Welt. Die Muslime gefährden „die auf die christlich-abendländische Leitkultur gegründete nationale Identität“. Müßten sie dann nicht aus den westlich geprägten Staaten vertrieben werden?
Die Abgabe nationaler Kompetenzen an die EU erwähnt er nicht, sondern behauptet einfach: „Alle moderne Staatlichkeit gründet sich unverändert auf das Grundkonzept überkommener Nationalstaatlichkeit.“
Es ist bemerkenswert, daß der Jurist Scholz an keiner Stelle juristisch argumentiert. Das Ideal einer „homogenen“ Gesellschaft läßt sich am Grundgesetz vorbei beliebig weit treiben. Welche Politik folgt aus solchen ideologischen Prämissen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.12.2015 um 11.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30770

Als die Spanier nach Mexiko kamen, trafen sie auf die Azteken, die eine Schreckensherrschaft ganz besonderer Art übten. Religiös beflügelt, holten sie sich jedes Jahr von den umwohnenden Völkern Tausende Schlachtopfer. Das war nicht etwa dem Geist einer früheren Zeit zu verdanken; die anderen Völker hatten denn auch dafür keinerlei Verständnis, sondern hegten einen enormen Haß auf ihre Unterdrücker und richteten nach dem Sieg der Spanier ein ungeheures Massaker unter den Bewohnern der Hauptstadt an.

Wäre dies nun ein Fall für psychiatrische Diagnosen gewesen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.11.2015 um 20.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30710

Ilse Aigner (CSU) verlangt im Namen ihrer Partei ein Gesetz, das muslimischen Frauen das Tragen eines Schleiers verbietet - nicht etwa weil sie Kalaschnikow darunter fürchtet, sondern wegen "unseres christlichen Menschenbildes". Das soll auch für Touristinnen gelten, und hier wird es heikel. Ein zugehöriges Foto in der "Welt" zeigt schwarz verhüllte arabische Damen beim Einkaufen in der Maximilianstraße, Münchens feinster Adresse also. Man könnte immerhin daran denken, nur armen Frauen den Schleier zu verbieten.
Frau Aigner erwähnt übrigens, sie selbst habe in Iran den Vorschriften gemäß ein Kopftuch getragen. Ein etwas überraschender Maßstab, außer wenn man in Kategorien religiöser Lager denkt. So überraschend wie ihre schwache Bibelkenntnis, denn ein allbekanntes Zitat aus den Gesetzen des AT würde sie spontan dem Koran zuordnen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.11.2015 um 06.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30562

„Über die Siebenzahl gingen die deutschen Galgen selten hinaus und der Luzerner Ratsherr Hans Schürpf machte große Augen, als er auf seiner Pilgerfahrt nach Jerusalem 1447 in Rhodos 63 Türken an einem Riesengalgen baumeln sah.“ (https://archive.org/stream/WoumlrterUndIhreSchicksale/Storfer_1935_Woerter_und_Ihre_Schicksale_djvu.txt)

Storfer bespricht auch die vielen Umschreibungen für „Galgen“ und zeigt, daß mancher „Gallus“ in Orts- und Straßennamen (auch in Frankfurt) eigentlich ein Galgen war.

(Wir empören uns über Hinrichtungsvideos, aber früher war die öffentliche Hinrichtung ein alltäglicher Vorgang, und kein Kind wuchs auf, ohne an den allgegenwärtigen Galgen den einen oder anderen Bekannten oder Verwandten "baumeln" zu sehen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.11.2015 um 17.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30536

Wie wir bei Käßmann und anderen gesehen haben, werden die kirchlichen Feiertage samt Tanzverbot usw. nicht mehr religiös begründet, sondern aus Gesundheitsgründen empfohlen. Kruzifixe sind Wandschmuck. Dafür gibt es ein Vorbild:

"In God we trust" as a national motto and on U.S. currency has been the subject of numerous unsuccessful lawsuits. The motto was first challenged in Aronow v. United States in 1970, but the United States Court of Appeals for the Ninth Circuit ruled: "It is quite obvious that the national motto and the slogan on coinage and currency 'In God We Trust' has nothing whatsoever to do with the establishment of religion. Its use is of patriotic or ceremonial character and bears no true resemblance to a governmental sponsorship of a religious exercise." (Wikipedia)

Ein ganz böser Leser hat vorgeschlagen, den Slogan, der auch auf Polizeifahrzeugen immer öfter zu sehen ist, doch probehalber einmal durch "Fuck god" zu ersetzen, dann werde man sehen, was wirklich los ist.

Aber ich erwähne das Ganze mehr aus linguistischem Interesse: Es gibt offenbar kein noch so eindeutiges Wort, das nicht bei Bedarf ins Gegenteil verkehrt werden könnte. Dann hat sogar die Anrufung Gottes nichts mit Religion zu tun.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2015 um 18.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30365

Weil ich das Thema Konkordatslehrstühle nun schon einmal angesprochen hatte, will ich es auch abschließen (zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20468).

Pressemeldung Konkordatslehrstuhlverfahren:
Das Bundesverfassungsgericht hat durch eine Kammer des ersten Senats, bestehend aus den Richtern Reinhard Gaier, Wilhelm Schluckebier und Andreas L. Paulus, durch einstimmigen Beschluss vom 06. Oktober 2015 entschieden, die von Frau Professor Ulla Wessels und Herrn Professor Oliver Hallich gegen die Verfassungsmäßigkeit der bayerischen Konkordatslehrstühle erhobenen Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung anzunehmen. Nach Auffassung der Kammer sind diese Beschwerden unzulässig  (Az.: 1 BvR 1903/12 [Wessels], 1 BvR 406/13 [Hallich]). Die Kammer hat nicht begründet, warum die Verfassungsbeschwerden unzulässig sein sollen. Die Entscheidung der Kammer ist unanfechtbar.
Mit dieser Form der Entscheidung hat das Gericht ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass es der Beschwerde eine „grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung“ (§ 93a BVerfGG) abspricht.
Die Beschwerdeführer wurden vertreten von Rechtsanwalt Rainer Roth, Nürnberg.
Die Beschwerde von Frau Professor Wessels datiert vom  23. März. 2012, die von Herrn Professor Hallich vom 11. Januar 2013. Die Kammer hat sich für ihren ablehnenden Beschluss also über zwei Jahre Zeit genommen. Zwischenzeitlich haben die bayerischen Bischöfe erklärt, dass sie in Zukunft auf die Ausübung ihres Vetorechtes bei der Besetzung dieser Lehrstühle verzichten werden.
Die Beschwerdeführer wie auch Rechtsanwalt Rainer Roth bedauern, dass das BVG damit einer Entscheidung in der Sache ausgewichen und seiner Rolle als Wächter der Verfassung ihres Erachtens nicht gerecht geworden ist. Das im bayerischen Konkordat festgelegte Vetorecht katholischer Bischöfe bei der Besetzung dieser allesamt nicht-theologischen Lehrstühle verstößt nach Ansicht der Beschwerdeführer gegen Artikel 33 (3) des Grundgesetzes, der die Zulassung zu öffentlichen Ämtern als von dem religiösen Bekenntnis unabhängig erklärt.


Mit dem Ersten Senat haben wir ja auch unserer Erfahrungen (Rechtschreiburteil). Aber natürlich kommt es mehr darauf an, daß die Kirche de facto auf ihr Vetorecht verzichtet, womit die Konkordatslehrstühle praktisch schon abgeschafft sind. Das war ein Gebot der Klugheit, weil das Beharren auf Privilegien, die wenig Gewinn bringen, nur den Unmut in der Bevölkerung verstärkt. Die Kommunikation zwischen der katholischen Kirche und den normalen Bürgern verschiebt sich unverkennbar, und das wird noch sehr viel weiter gehen; man denke an die gerade beendete Synode im Vatikan, die so vieles unerledigt gelassen hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.09.2015 um 05.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30060

Dem Papst "zujubeln" - ist das eigentlich ein Sprechakt, eine kommunikative Handlung? Oder: "symbolisch den Teufel steinigen" - was ist das eigentlich für ein Verhalten? "Symbolisch" deutet auf Zeichenhaftes hin.

Zujubeln könnte man von Begrüßungsritualen ableiten, aber dann fehlt noch das Gemeinschaftserlebnis. Teenies jubeln ihrem Popstar zu, die Gemeinschaft gehört unbedingt dazu. Marion Keisker, die damals nicht mehr ganz jung war, berichtet, daß sie mitten in der Mädchenmenge, die dem 18jährigen Elvis zujubelte, ganz nahe jemanden kreischen hörte und erst allmählich merkte, daß sie es selbst war. (Sie war die eigentliche Entdeckerin des talentierten Jungen gewesen.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.09.2015 um 04.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30025

Zur Umwandlung von Kirchen in Moscheen:

„Die Nordkirche betrachtet den Verkauf der Kirche als Sonderfall. Seit 2007 gibt es eine Rechtsverordnung, wonach Kirchengebäude nicht an nicht-christliche Religionsgemeinschaften – mit Ausnahme der jüdischen Gemeinden – verkauft werden dürfen. Als die Verordnung erlassen wurde, war die Kapernaumkirche aber bereits im Besitz eines Hamburger Kaufmanns, der das Gebäude im Internet anbot.“ (Zeitungen Sept. 15)

Das wird sich nicht durchhalten lassen. Wenn Kirchen offiziell "entweiht" sind, kann man sie nicht Juden anbieten und Muslimen vorenthalten (auch abgesehen vom Bedarf und den vorhandenen Finanzmitteln). Schließlich gehört der Islam zu Deutschland.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.09.2015 um 09.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#30004

Die USA haben einen schwarzen Präsidenten, hatten einen katholischen und würden auch einen schwulen hinnehmen, wie Umfragen zeigen, aber keinen atheistischen. Die amerikanischen Freidenker bemühen sich zur Zeit darum, den Atheistenbann von den Boy Scouts zu nehmen, nachdem diese in der Frage der Homosexualität nachgegeben haben. (Komisch bei einem Männerbund.)
Wohlmeinende Beobachter raten, doch lieber einen eigenen Verband zu gründen. Das ist aber nirgendwo in der Welt einfach, wenn bereits sehr mächtige Vereine existieren. Ich hatte schon berichtet, wie schwer es war, einen kommunalen Kindergarten zu gründen, wo bereits ein kirchlicher vorhanden ist.
Man kann das auch bei Parteigründungen beobachten. Das Ein- und Ausschließen ist schwierig, hinzu kommt das Nebeneinander von mehr oder weniger ähnlichen Parteien mit ihrer Sog- und Finanzkraft. In den USA geht es zuallererst um Sponsoren, die ihre Unterstützung zu entziehen drohen, wenn jemand die Satzung ändern will.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.09.2015 um 06.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#29931

Wie ich erst aus der FAS erfahre, ist eine Ehe nach katholischem Recht auch dann zu annullieren, wenn der eine Partner nicht so reich ist, wie er vor der Heirat zu sein behauptet hat, oder wenn er nicht von Adel, sondern nur ein Metzgerssohn ist usw.

Das überrascht mich aus verschiedenen Gründen. Zu den weniger offensichtlichen gehört die Überlegung, daß praktisch jeder Ehepartner im Laufe der Zeit unerwartete Merkmale aufweisen dürfte, besonders wenn man ihn so wenig kennt, wie es nach katholischer Morallehre zu sein hat.

Offensichtlicher ist die Begründung, daß ein Partner den anderen bewußt getäuscht hat. Aber erstens sollte doch etwas so Belangloses wie Geld oder ein Adelstitel beim Sakrament der Ehe keine Rolle spielen. Und zweitens: Wer täuscht denn nicht? Jeder arbeitet doch an seinem Image, will auf das Objekt seiner Begierde einen guten Eindruck machen usw. Wer hat sich denn nicht, in dieser oder jener Richtung, Illusionen gemacht? Bewährt sich die Ehe nicht gerade darin, daß man mit so etwas fertig wird? Aber vielleicht habe ich zu hohe Vorstellungen von der Ehe, daher meine Empfindlichkeit gegen das Annullierungsgerede.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.09.2015 um 05.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#29877

Noch einmal zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26937

Motu Proprio: Katholische Ehen können leichter für nichtig erklärt werden
(Focus 8.9.15)

Es geht um Annullierung von Ehen überhaupt, nicht nur um katholische; diese Einschränkung wird erst bei der neuen Ehe relevant.

Radio Vatikan:

Papst Franziskus betont ausdrücklich, dass es nicht darum gehe, die Unauflöslichkeit der Ehe in Frage zu stellen. Es handelt sich bei den Änderungen also nicht um eine „katholische Scheidung“. (...) Papst Franziskus möchte eine „gerechte Einfachheit“, wie er in dem Dokument mit dem Namen „Mitis Iudex Dominus Jesus“, also „Jesus der gütige Richter“, schreibt. Dazu wird es in Zukunft nur noch eine einzige statt bisher zwei Instanzen geben, die über die Gültigkeit einer Ehe entscheidet. Die Kirche kennt keine Scheidung, es geht in diesem Fall um die Frage, ob eine Ehe jemals gültig zu Stande gekommen ist. Der Prozess löst also keine Ehe auf, sondern findet heraus, ob die Ehe überhaupt gültig war. Darüber hat nun ein Richter in einer Instanz zu entscheiden, nicht mehr ein Ehegericht in vorgeschriebenen zwei Instanzen. Außerdem verfügt der Papst, dass der Ortsbischof selbst dieses Amt auszuüben hat, zumindest darf er es nicht vollständig delegieren. Papst Franziskus möchte damit eigenen Ausführungen zufolge sicherstellen, dass kein Laxismus in das Verfahren Einzug hält. Überhaupt gehe es nicht darum, die Ehenichtigkeit selbst zu fördern. Lediglich die Verfahren sollten klarer und einfacher gemacht werden.

Das Wort Laxismus war mir neu, es ist aber ein althergebrachter Begriff der katholischen Moraltheologie.

Übrigens wird es zu einer starken Zunahme der Nichtigkeitserklärungen kommen. Es genügt ja schon, daß einer der Partner in Wirklichkeit keine Kinder wollte...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.06.2015 um 11.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#29181

Navid Kermani bekommt den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Als Laudator böte sich Martin Mosebach an oder gleich der Bundespräsident. Irgendwer halt, der gegen den "Vulgärrationalismus" und Aufkläricht zu Felde zieht.
In einem Interview der FR hatte Kermani erklärt, was er unter "Vulgärrationalismus" versteht: "Fundamentalismus einer aufs „Diesseits“ fixierten Weltsicht, die nichts gelten lässt, was außerhalb ihres eigenen beschränkten Blickfelds liegt." Also ist es wieder mal der Atheismus. Das „Diesseits“ setzt begrifflich ein „Jenseits“ voraus, also ist jemand, der nicht an ein Jenseits glaubt, der Beschränkte. Der Atheist wütet mit "Schaum vor dem Mund" (ebd.) gegen die Religion usw. - Diese Rhetorik gefällt vielen, und darum ist Kermani ("Gott ist schön") jedermanns Liebling, wie der "religiös unmusikalische", aber frömmelnde Habermas. Darauf noch'n Preis!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.04.2015 um 07.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28633

Eine Steuer lässt manche vom Glauben abfallen (Augsburger Allgemeine 10.4.15)

Man wird solche Überschriften nicht allzu ernst nehmen, aber eigentlich ist das, wie so oft in diesem Zusammenhang, reiner Unsinn. Es mag vorkommen, daß jemand angesichts der Übel dieser Welt seinen Glauben an Götter verliert (Theodizee-Problem), aber ein Kirchsteuereinzugsverfahren dürfte kaum zu diesen Übeln gerechnet werden. Viele Leser bestehen denn auch darauf, keineswegs vom Glauben abgefallen zu sein, wenn sie aus der Kirche austreten. Es gibt allerdings auch naive Beiträge wie diesen aus der ZEIT: „Gott kann gut auf Leute verzichten, die nur des Geldes wegen sein Haus verlassen. Mögen sie in Frieden ziehen, viele werden zurückkehren, wenn sie merken, wie arm und leer das Leben ohne Gott ist.“
Kirchenleute wissen meist besser Bescheid und erlauben sich das gehässige "nur des Geldes wegen" nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.04.2015 um 08.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28520

Der Leitartikel der FAZ zum Gründonnerstag ist naturgemäß eine Karfreitagspredigt, diesmal von Reinhard Bingener:

„Nach christlichem Verständnis beweist Gott seine Souveränität gerade dadurch, dass er auch mit der Preisgabe von Macht zu Rande kommt.“

Auch mir sind die Gottesvorstellungen der Weltreligionen nicht unbekannt, und so wundere ich mich immer wieder, was manche Theologen alles zu wissen meinen – und wie sie es ausdrücken. Hat der Allmächtige wirklich ein Problem damit, wie er mit seiner eigenen Schöpfung zu Rande kommt?

Freilich sagt der Mystiker:
„Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben,
Werd ich zunicht, er muß von Not den Geist aufgeben.“

Bingener fragt sich, wie wir zu Rande kommen, wenn immer mehr Kruzifixe aus der Öffentlichkeit verschwinden. Übrigens hat Bergsteiger Reinhold Messner kürzlich – ausgerechnet in "Chrismon" – die Gipfelkreuze kritisiert.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.04.2015 um 15.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28509

Wer hat in dieser Diskussion jemals behauptet, Deutschsein sei eine genetische Frage? Das finden Sie auch bei Sarrazin nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.04.2015 um 12.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28506

Man könnte, wie gesagt, die Diskussion auch einfach beenden, die Einträge aber alle stehen lassen und anderswo mit anderen Themen weitermachen. Falls jemand einen eigenen Eintrag nicht mehr für erhaltenswert betrachtet, kann er auch per Mail an die Redaktion oder auch an mich (da es sich ja um mein Tagebuch handelt) um Löschung ersuchen, das ist keine große Sache. (Ich habe auch schon manchmal eigene Einträge gelöscht, weil ich nach Jahren den Eindruck hatte, ich hätte mich damals ein bißchen vergaloppiert, so was kann doch vorkommen.)

Ich finde, Diskussionen über Religion und Nation (um es mal so schlagworthaft zu sagen) sollte man nicht ohne eine gewisse Selbstironie führen, wie ernst man es auch immer persönlich damit halten mag. Das ist ja der Nutzen der Geschichte, daß man im Rückblick doch lernen kann, wohin es sonst führt. Aber ganz umgehen würde ich solche Themen auch nicht, weil sonst zu viel Stoff gerade auch für die sprachlich-rhetorisch interessierte Analyse verlorengeht. Es sind ja immerhin sehr ausgedehnte Bereiche der öffentlichen Kommunikation. Wie ich schon ein paarmal berichtet habe, sind auch Theologen an sprachlichen Fragen interessiert und unterhalten sich gern mit Linguisten darüber, und ich habe damit recht gute Erfahrungen gemacht.

Gestern habe ich wieder mal was von Herbert Schnädelbach gelesen bzw. wiedergelesen, u. a. seine Antrittsvorlesung über Hegel und seinen Wahrheitsbegriff. Das theologische Erbe bei Hegel und allen seinen Nachfolgern ist gut herausgearbeitet (was allerdings keine große Kunst erfordert), und ich lese S. überhaupt recht gern, aber die Sprache könnte noch einen Tick nüchterner sein, falls man das von einem Philosophen aus dieser Schule verlangen darf. Mir schwebt eine Redeweise vor, die das Schwärmerische gänzlich abgestreift hat.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 01.04.2015 um 11.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28505

Kann gelöscht werden, gerne löschen, keinesfalls löschen. Das mußte ja so kommen. Ich schlage als Alternative vor, alle Beiträge zum Thema Sarrazin inklusive der Meta-Kommentare (wie diesen hier) in das Forum auszulagern, unter einer eigenen Überschrift. Das hat sich zu einer selbständigen, sehr langen Diskussion entwickelt, die den Überblick über die anderen Kommentare erheblich stört.
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 01.04.2015 um 11.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28504

Deutsch sein ist eine Frage der Muttersprache und/oder des Passes, aber keine der Genetik! Wer das anders sieht, der tut mir leid, der lebt geistig im tiefsten Mittelalter!

Wir sollten bedenken, daß die Europäer, hauptsächlich Engländer, Spanier, Portugiesen und Franzosen, aber auch andere, vor hunderten von Jahren große Teile der Welt kolonialisert und dabei die Kultur der jeweiligen Einheimischen zerstört, die Menschen getötet ev. vorhandenen wertvollen Besitz (Gold, Kunstgegenstände, Rohstoffe) geraubt haben, von der Sklaverei ganz zu schweigen. Ist es da nicht nachvollziehbar, wenn es heute eine Gegenbewegung gibt, und Menschen aus diesen Gebieten nach Europa kommen, um in den Genuß ihres Anteils am Reichtum zu kommen? Außerdem sollten wir nicht von "der" deutschen oder "der" europäischen Kultur sprechen, es gibt in Europa viele Kulturen.

Was hat Deutschland zu verlieren, wenn mal durch Einwanderer bzw. Flüchtlinge der vermeintliche Grundkonsens der ''deutschen'' Kultur, die vorauseilende Obrigkeitshörigkeit, etwas zurückgedrängt wird? Wir können dadurch nur gewinnen!

Jedesmal, wenn in Zusammenhang mit Flüchtlingen, Einwanderern etc. von ''Integration'' gesprochen wird, läuft es mir kalt den Rücken runter. Warum soll es eine Pflicht zur Integration geben? Warum können diese Leute nicht einfach hier eine Weile leben, um der Belastung in ihren Herkunftsländern zu entkommen. Warum müssen wir sie gleich ''integrieren''? (Warum müssen die Leute (Soziologen?) immer so geschwollen daherreden?) Es ist sehr wahrscheinlich, daß viele derjenigen, die heute als Flüchtlinge, Einwanderer, Migranten etc. bezeichnet werden, irgendwann wieder in ihre Ursprungsländer zurückkehren wollen, wenn sich da die politischen bzw. wirtschaftlichen Verhältnisse zum Beßren gewendet haben.

Durch die genannten Personengruppen bekommt die deutsche Sprache eine letzte Chance, ihren durch den 2. Weltkrieg bedingten Bedeutungsverfall aufzuhalten und in die Herkunftsländer auszustrahlen. Durch die RSR ist diese Change zusätzlich weiter verringert worden, da das Reformdeutsch schwieriger zu lernen ist.

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 26.03.2015 um 08.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28410

"Was Sarazzin angeht, bitte ich Sie meinen Kommentar nochmals zu lesen. Ich halte den Titel für richtig, aber das ist auch schon alles. Das "Abschaffen" geschieht meines Erachtens durch eine verfehlte und korrumpierte Bildungspolitik (Stichworte: Rechtschreibreform, Bologna-Reform, Bertelsmann, Lesen durch schreiben u.v.m.)."

Zum Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 25.03.2015 um 09.29 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28398

"Und was Herrn Sarrazin angeht: Der Titel seines Buches ist durchaus zutreffend, aber die Schuldigen sind nicht die Zuwanderer, sondern die Kultus- und Wissenschaftsministerien samt Anhängseln mit ihren Entbildungs- und Verblödungsprogrammen."

So habe ich den Titel des Buches auch verstanden, als ich zum erstemal davon hörte. Daß es dann in eine ganz andere Richtung geht ist enttäuschend.

(Schon wegen dieser beiden Zitate sollte dieser Thread NICHT gelöscht werden!)

Weiterhin verstehe ich den ganzen Trara um das Kopftuch nicht. Wir leben angeblich in einem freien Land, und Kopftücher schaden nicht. Jede Person – männlich wie weiblich – sollte daher ein Kopftuch tragen dürfen, aus welchem Grund auch immer, ohne daß jemand darüber lästert. Ein Verbot von Kopftüchern in öffentlichen Einrichtungen ist verfehlt und zeigt, daß die Verantwortlichen aus unserer Geschichte nichts gelernt haben.

Es gibt Dinge, die sind schädlicher für einen selbst und für Unbeteiligte, und sind trotzdem erlaubt. Warum dann nicht auch ein Kopftuch?

"Sprachlich interessant ist folgendes:

Christus musste nicht wegen Gott sterben, sondern infolge der menschlichen Sünde als der lebensgefährdenden Beziehungsstörung gegenüber Gott und den Menschen.

Beziehungsstörungen behandelt man heute in der Psychiatrie, nicht durch Hinrichtungen. Das tun nur die Islamisten."

Sorry, wie kann es eine ''Beziehung'' zwischen Menschen und Gott geben bzw. wie kann eine derartige Beziehung nicht gestört sein? Im Buch Hiob zeigt sich Gott als Bully, der den armen Hiob mobbt, um Satan etwas zu beweisen, was Gott (angeblich allwissend) eh schon wissen sollte. Hat ein Gott sowas nötig? Wer an so einen Gott glaubt muß wirklich ziemlich gestört sein!

Nun ja, Psychiatrie ist letztlich eine Hinrichtung (Vergiftung) auf Raten, damit's nicht als Hinrichtung erkannt werden kann und die Psychiater ihren Nimbus als "Ärzte" behalten können, anderenfalls müßte man sie wegen Mordes verklagen. Mit Elektroschocks (massive Körperverletzung) gehts natürlich schneller.

Das Gegenteil von hoher Intelligenz ist niedrige Intelligenz, nicht Dummheit. Auch intelligente Menschen können sich ab und zu dumm verhalten. Manchmal sind auch Sachen ganz einfach nur dumm gelaufen, Sie verstehen, was ich meine?

Es gibt meines Wissens keine allgemein anerkannte Definition von Intelligenz.
Auch die höchste Intelligenz nutzt nichts, wenn man von lauter Idioten umgeben ist!

Herr Riemer, wie stellen Sie sich vor, daß Intelligenz (bzw. Dummheit) vererbt wird?

Darwin sprich vom ''survival of the fittest'', und das hat erstmal gar nichts mit Intelligenz zu tun, sondern nur damit, inwieweit ein Organismus biologisch an seine Umgebung angepaßt ist. Wenn eine Art also mit kaltem Klima (aufgrund körperlicher Eigenschaften wie z. B. von in dieser Art vorkommenden Enzymen) gut zurechtkommt, dann wird sie sich in kalten Klimaten besser vermehren als in warmen. Wenn das Klima insgesamt aber wärmer wird, dann wird sie Probleme bekommen. Wenn es in dieser Art ein paar Individuen gibt, die zusätzlich auch Wärme ertragen können, werden sie, wenn das Klima wärmer wird, eher die Chance haben, sich fortzupflanzen und zu vermehren als diejenigen Artgenossen, die durch die steigende Temperatur stärker beeinträchtigt sind.

Wenn Sie sich die Stammbäume von ''Genies'' ansehen (Biologiebuch), werden Sie sehen, daß solche Personen auch in ''normalen'' Familien geboren werden.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 31.03.2015 um 23.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28502

Zu #28493, zu den intelligenteren (= weniger dummen) und weniger intelligenten (= dümmeren) Menschen da: Sprechen wir, um jedes gutmenschliche Geschreie von vorherein zu vermeiden, gut deutsch von lernfähigen Menschen, und daß es einige es mehr, andere weniger sind. Interessant und vielleicht auch von Bedeutung in unserer Diskussion ist, daß engl. "dumb" zuerst die Bedeutung "stumm" hat, also anzeigt, daß wer sich nicht sprachlich mitteilen kann. Und wenn auch lt. unserer sprichwörtlichen Kultur Schweigen Gold ist, ist es allerdings im amerikanischen Englisch dann auch *a dumb mistake*, nicht für sich selbst zu sprechen, "for if you don't speak up for yourself, no one else will."
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 31.03.2015 um 18.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28500

Ich begrüße das Löschangebot. Schließlich lese ich diese Seiten deshalb gern, weil sie sich von unendlich vielen anderen durch so viele interessante Beiträge unterscheiden. Was mich gestört hat, habe ich ja deutlich gemacht – falls zu spitz, tuts mir leid.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 31.03.2015 um 16.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28499

Natürlich bin ich der Meinung, daß mein einziger Beitrag zu dieser Debatte eigentlich der Nachwelt erhalten bleiben sollte. Dennoch habe ich - um des lieben Friedens willen - auch nichts dagegen, die ganze Diskussion zu löschen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 31.03.2015 um 16.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28498

Das mit dem Tabu nehme ich zurück. Ich hätte auch Verständnis dafür, wenn jemand im nachhinein seine Argumente lieber anders formuliert hätte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.03.2015 um 16.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28494

Das war keine Drohung, sondern ein Angebot, weil man erfahrungsgemäß manchmal im Eifer oder Ärger etwas sagt, was man später lieber nicht gesagt hätte. Von Tabus kann hier keine Rede sein, das wissen Sie doch. Das schließt aber eine gewisse thematische Begrenzung nicht aus.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 31.03.2015 um 16.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28493

Da da Wort Dummheit hier offenbar zu Irritationen führt - ich habe es nicht wertend gebraucht bzw. gemeint, sondern ganz einfach als das sachliche Gegenteil von hoher Intelligenz. Es gibt intelligentere (= weniger dumme) und weniger intelligente (= dümmere) Menschen. Das war kein Sarrazin-Zitat, sondern mein sinngemäßer Kommentar.
Ich bestehe nicht auf dem Wort Dummheit, falls das jemandem nicht gefällt, es reicht ja, von unterschiedlicher Intelligenz zu sprechen.

Daß Intelligenz vererbbar ist, was m. E. das gleiche ist wie, etwas vornehmer ausgedrückt, daß bei geringer Intelligenz entsprechend wenig davon vererbt wird, ist meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit. Das geht schon aus Darwins Theorie hervor.

Was das Löschen betrifft, mir ist es gleich, ich finde nur schade, daß dann anscheinend auch hier bestimmte Themen tabu sind.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.03.2015 um 15.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28492

Es ist nicht ganz klar, ob das Löschen davon abhängen soll, ob die Teilnehmer sich das wünschen oder wer genau es sich wünschen soll.

Von mir aus kann man alle Beiträge zum Thema Sarrazin löschen, inklusive der jetzigen Besprechung zum Löschen-Vorschlag. Ich wollte ursprünglich nur ein Statement loswerden, weil ich fand, daß man Sarrazin nicht einfach als Rassisten abstempeln kann, der aus Frust lauter Müll geschrieben hat, um damit Ruhm einzuheimsen. Ich bin dann in eine belanglose Fortsetzung hineingezogen worden und habe damit selbst zu jener Verzettelung der Debatte beigetragen, die mich als zweites gestört hat. Sprich, ich lege auf meine Beiträge keinen Wert und auf die ganze Diskussion auch nicht, weil sie einige inhaltliche Ärgernisse und zu viel Polemik enthält.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.03.2015 um 14.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28491

Darf ich – selbst nicht ganz unschuldig – vorschlagen, daß wir jetzt einen Schlusssstrich ziehen und die scharfen Worte der letzten zwei oder drei Tage einfach vergessen? Wenn die Herren Diskutanten noch einmal drüber schlafen und vielleicht zu der Ansicht kommen sollten, sie hätten manches besser nicht schriftlich verewigt, kann ich einen großen Teil oder auch den ganzen Strang löschen...
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.03.2015 um 13.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28490

Was soll das? Ich habe es allgemein ausgedrückt, um die Nennung von Personennamen zu reduzieren, aber wir hatten hier genau einen solchen Fall, und auf diesen habe ich mich bezogen. Ansonsten halte ich es tatsächlich auch allgemein für eine gute Sache, den Wunsch eines Diskutanten, der sich zurückziehen will, zu respektieren.

Mit dem Werben für Sarrazins Buch bzw. seine Thesen habe ich mich in erster Linie auf Herrn Riemer bezogen, der geschrieben hatte, er halte es "für ein sehr wichtiges und gelungenes Buch". Anschließend haben Sie ihm argumentative Schützenhilfe geleistet. Es klang nicht danach, als ob Sie sich von Sarrazin und/oder Herrn Riemer distanzieren wollten.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 31.03.2015 um 13.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28489

Wo, bitte, hätte ich für Sarrazins Buch geworben? Ich habe lediglich darauf hingewiesen, daß mir Herrn Schaefers Unsachlichkeit mißfällt. Richtig ist allerdings: Seine Aufforderung, ich möge mich von der Berechtigung seiner Abschätzigkeiten irgendwo auf Youtube überzeugen, hätte auch unkommentiert stehenbleiben können.

Übrigens haben Sie durchaus nicht nur von einer Rückfrage gesprochen. Ihre Formulierung "In so einem Fall bleibt die Möglichkeit …“ verallgemeinert, nicht wahr?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.03.2015 um 12.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28488

Herr Virch, erstens habe ich von nur einer unerwünschten Rückfrage gesprochen, zweitens war der konkrete Bezug auf Chr. Schäfer klar, auch wenn ich im letzten Beitrag den Namen nicht hingeschrieben habe. Das hatte überhaupt keine ironische Qualität. Vielmehr hat Chr. Schäfer schon mehrfach gesagt, er wolle eigentlich nichts mehr bzw. endgültig nichts mehr zu dem Thema sagen. Sie sprechen ihn dennoch einfach weiter an und ignorieren damit seinen klar geäußerten Wunsch. Wenn Sie ein solches Gesprächsverhalten eine "ernsthafte Diskussion" nennen, ist das eine fast schon absurde Bezeichnung.

Anfangs gab es einen gewissen Austausch von Argumenten, aber mit solchen Nachschlägen machen Sie aus meiner Sicht Ihrerseits die inzwischen ausgefranste Diskussion rückwirkend lächerlich. Übrigens ist die genetische Vererbbarkeit von Dummheit, bezogen auf große Gruppen der Bevölkerung, wohl der schwächste Punkt in der Argumentation bei Sarrazin. Es ist nicht vorteilhaft, ausgerechnet dieses Argument herauszustellen, wenn man für Sarrazins Buch werben will. Damit handelt man sich berechtigten Protest ein.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 31.03.2015 um 11.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28487

Ich versuche mich in Herrn Schaefer hineinzuversetzen. Ich kann mir schon gut vorstellen, daß es unangenehm ist, mit Leuten zu diskutieren, von denen man glaubt, daß sie sich mit Rassisten gemein machen.

Nur kann so ein Vorurteil auch täuschen. Man sollte, wenn man jemanden als Rassist bezeichnet, schon bessere Argumente als nur vom Hörensagen haben. Daß Herr Schaefer Sarrazin für "einen verbitterten und humorlosen alten Mann, der nicht ertragen konnte, daß er bei einer wichtigen Ämtervergabe übersehen wurde" und "für einen frustrierten Miesepeter, der nach Aufmerksamkeit gelechzt hat", hält, ist ein ganz und gar unsachliches Argument, welches mir eher bestätigt, daß sich Herr Schaefer von seinem einmal gefaßten Vorurteil weder trennen kann noch will.

Was bleibt also? Herr Sarrazin ist Herrn Schaefer unsympathisch, und deshalb sind einige Passagen aus Sarrazins Buch rassistisch. Ach so.

Man sagt ja allgemein, wer kein Blut sehen kann, der sollte nicht auch noch Arzt werden. Ebenso sollte wohl jemand, dem schon allein das Wort Rassismus als Gegenstand einer Erörterung Unbehagen bereitet, sich davor hüten, andere dessen zu bezichtigen.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 31.03.2015 um 11.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28486

Der Ausdruck „unerwünschte Rückfragen“ hat im Zusammenhang ernsthafter Diskussionen ironische Qualität.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.03.2015 um 01.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28480

In so einem Fall bleibt die Möglichkeit, abschließend Mängel in der Argumentation auf der Gegenseite festzustellen, ohne eine unerwünschte weitere Rückfrage zu starten. Wenn jemand sagt, dies sei sein letztes Wort, überläßt er zugleich der anderen Seite das Schlußwort. Das ist doch besser als endloses Hin und Her. Die Debatte war ja ohnehin schon verzettelt und unfruchtbar.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 30.03.2015 um 23.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28478

Als unhöflich empfinde ich eher, ohne Begründung Behauptungen aufzustellen und, wenn um Begründung gebeten wird, zu sagen, man wolle sich nicht mehr zum Thema äußern.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 30.03.2015 um 16.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28474

Wenn man an mich eine Frage richtet, obwohl ich bereits erklärt habe, ich wolle nichts mehr zu dem Thema sagen, würde ich das als unhöflich empfinden, weil man mich offensichtlich nicht ernst nimmt. Auf dieser Grundlage kann man keine Diskussion führen. Außerdem ist es einigermaßen belanglos, in welchem Maß sich der Autor Sarrazin Aufmerksamkeit ersehnt hat, zumal man das nicht objektiv feststellen kann.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 30.03.2015 um 13.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28471

Lieber Herr Schäfer,

ich schätze das Wort Dummheit als ein je nach Kontext recht aussagekräftiges und bezweifle, daß es im vorliegenden an Eindeutigkeit zu wünschen übrig läßt. Sie weichen aus.

Was Ihre Kritik an Sarrazins Buch angeht, darf ich nicht auf Belege hoffen, na schön. Vielleicht können Sie immerhin begründen, weshalb Sie ihn einen aufmerksamkeitslechzenden Miesepeter nennen. Sein Auftreten mag miesepetrig gewesen sein, aber was sagt Ihnen, daß er frustriert war und nach Aufmerksamkeit lechzte?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 30.03.2015 um 09.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28467

Einige Beiträge zum Sarrazin-Buch, stets von denselben geschrieben, halte ich für Ausdruck von demonstrativer politischer Korrektheit. Bei Wikipedia kann man sich detailreich, sachlich und differenziert über das Buch informieren, viel besser als hier in der Diskussion. Unter den Kommentatoren, die Sarrazin zustimmen oder ihn vor seinen Kritikern in Schutz nehmen, werden dort unter anderem Ralph Giordano, Henryk M. Broder, Klaus von Dohnanyi und Joachim Gauck aufgeführt. Diese Herrschaften werden wohl kaum so naiv sein, auf eine bloße fremdenfeindliche Stimmungsmache "hereinzufallen", wie Chr. Schäfer es ihnen unterstellt.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 30.03.2015 um 08.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28465

Lieber Herr Riemer,

siehe meinen Hinweis auf die "Hundepfeifenpolitik". Sarazzin ist / war Politiker, und wie damals Manfred Koch in Hessen weiß er ganz genau, wie man Kontroversen auf Kosten von Einwanderern, Minderheiten oder anderweitig zu stigmatisierenden Gruppen erzeugen und daraus Honig saugen kann. Das ist eine beinahe zeitlose politische Strategie und seit der Antike bekannt. Mich erstaunt nur, daß sogar intelligente und gebildete Menschen immer wieder darauf hereinfallen.

Und das war nun wirklich das letzte Wort von mir.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 30.03.2015 um 07.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28464

Lieber Herr Virch,

ich halte Herrn Sarazzin in der Tat für einen frustrierten Miesepeter, der nach Aufmerksamkeit gelechzt hat (die Aufregung ist ja schon ein paar Jahre her). Ich komme zu dieser Bewertung angesichts seiner öffentlichen Auftritte. Einiges findet man sicherlich noch auf YouTube.

Wenn Sie eine "gründliche Beweisführung" anhand des Buches erwarten, muß ich Sie enttäuschen, denn es befindet sich nicht in meinem Besitz. Ich hatte es mir nach seinem Erscheinen nur ausgeliehen und mir Notizen gemacht.

Ausgerechnet mir "Gesinnungsgeschwafel" oder Unterstützung der "modernen" (in Wahrheit einfach nur grenzenlos naiven) Pädagogik vorzuhalten, halte ich für ein starkes Stück. Vielleicht sollten Sie einmal meine überall auf dieser Website verstreuten und extrem kritischen Kommentare zu diesem Thema lesen.

Vor allem aber bin ich für differnziertes Denken, weshalb ich beispielsweise mit dem Begriff "Dummheit" wenig anfangen kann, weil er viele Bedeutungen hat.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.03.2015 um 12.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28453

Lieber Herr Schaefer,

Sie haben sich nun aber sehr elegant um meine Frage herumgemogelt und sind auf diese überhaupt nicht eingegangen.

Wenn Intelligenz nicht vererbbar und auch keine Voraussetzung für hohe Bildung ist, wenn unsere Sozialgesetze sicherstellen, daß Einwanderer keine im Durchschnitt negative Auslese aus ihren Herkunftsländern darstellen, dann hat sich Sarrazin eben geirrt, dann verbreitet er nur, wie Sie sagen, attraktives Geschwafel.

Sie haben aber behauptet, sein Buch sei rassistisch, und genau darauf bezog sich meine Frage, dafür hätte ich gern wenigstens einen Beleg.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 29.03.2015 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28450

Lieber Herr Schäfer, Sie neigen dazu, ebenso aufgeregte wie unbelegte Behauptungen zu äußern. Angenehm zu lesen ist sowas nicht. Daß Sie Sarrazin für einen frustrierten Schwafler halten, wäre (vielleicht) interessant, wenn Sie sich der Mühe gründlicher Beweisführung unterzögen. Ansonsten ist es nichts als Gesinnungsgeschwafel. Auch ein wenig Logik würde nicht schaden. Selbstverständlich beeinflußt die Intelligenz eines Menschen sehr stark auch seinen Bildungsgrad. Daß nicht jeder Hochbegabte die Chance auf Bildung bekommt, ist zwar bedauerlich, ändert aber nichts daran, daß Dummheit ein unleugbares Bildungshindernis darstellt. Was moderne Pädagogen nicht daran hindert, jede Bildungslücke auf soziale Ungerechtigkeiten zurückzuführen. Mit einigen Verrenkungen kann man so der Existenz des elitären Gymnasiums sogar die Existenz der Mafia anlasten.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 29.03.2015 um 09.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28447

Lieber Herr Riemer,

ich wollte mich, wie gesagt, zu diesem Thema eigentlich nicht mehr äußern.

Hier dennoch ein paar (hoffentlich) letzte Kommentare:

Unstrittig und nicht rassistisch sind m. E. aber z. B. folgende Aussagen:

Die Aussagen sind keineswegs unstrittig. Ich habe Verständnis dafür, daß Sie als Mathematiker Eindeutigkeit und eindeutige Wahrheiten bevorzugen, aber die Wirklichkeit ist nunmal viel komplizierter.

Des weiteren sind die Aussagen, vielleicht mit Ausnahme der Begabung, falsch, zum Teil sogar grotesk falsch, wie etwa die Aussage "Die Intelligenz eines Menschen beeinflußt sehr stark auch seinen Bildungsgrad". Viele hochintelligente Menschen haben keine Chance, eine gute Bildung zu erwerben, weil das soziale Umfeld es nicht zuläßt, und sie setzen ihre Intelligenz eben anders ein. Davon profitiert u.a. die Mafia.

Ausgehend von diesen eigentlich trivialen Wahrheiten beschreibt Sarrazin (ähnlich wie Buschkowsky) vor allem, wie Deutschland u. a. aufgrund seiner Sozialgesetze (Kindergeld, Betreuungsgeld, Hartz IV, ...) und seiner Einwanderungsbestimmungen ein Umfeld schafft, welches aus anderen Ländern vor allem solche Menschen anlockt, die schon in ihren Herkunftsländern eher zum hemmenden Teil gehören ...

Haben Sie die Sozialgesetzbücher schon einmal gelesen? Die Attraktivität von Herrn Sarrazins Geschwafel besteht ja gerade darin, daß er auf die Unkenntnis seiner Leser mit der Gesetzeslage bauen kann. Meines Erachtens handelt es sich bei Sarrazin um einen verbitterten und humorlosen alten Mann, der nicht ertragen konnte, daß er bei einer wichtigen Ämtervergabe übersehen wurde.

Und was den "hemmenden" Teil angeht, so empfehle ich Ihnen, lieber Herr Riemer, sich mit den Klagen zentral-, ost-, süd- und südosteuropäischer Regierungen über die Auswanderung von dringend benötigten Akademikern in die wohlhabenden Staaten vertraut zu machen.

Nichts für ungut.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.03.2015 um 05.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28444

Ausdenken kann man sich vieles, und die überlieferten Texte sind unbeschränkt deutbar, waren es immer schon, das ist ja mein Thema. Die Verfasser dieses Textes, dessen vollständige Lektüre ich wirklich empfehle, finden einfach keine Sprache, die jeder versteht. Stattdessen erschlagen sie den Leser mit Hunderten von Stellenangaben, fast alle aus Paulusbriefen, die angeblich das belegen, was in den Sätzen steht. Die Verfasser loben die feministische Theologie, weil sie etwas Übersehenes in Erinnerung gebracht habe, und sie passen sich mit Begriffen wie "Beziehungsstörung" wieder einmal dem Zeitgeist an, so daß unterm Strich etwas herauskommt, was den Leuten gefallen könnte. (An einigen Stellen erwartet man die Frage: War Jesus Narzißt?) Besonders im Frage-Antwort-Spiel am Schluß ziehen sie sich dann aber doch wieder auf Gottes Geheimnis usw. zurück und nehmen das Theodizee-Problem schlauerweise gar nicht erst in Angriff. Diese schicke Theologie wird immer ihre Gegner im eigenen Lager finden (gleich heute in der FAS gegen das "weichgespülte" Christentum) und hat es verdient.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.03.2015 um 21.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28443

Lieber Herr Schaefer,

Sie sprechen von den "rassistischen Passagen in Sarazzins Buch". Da ich es für ein sehr wichtiges und gelungenes Buch halte, betrifft mich Ihr Vorwurf auch selbst, und ich möchte dazu ein paar Gedanken, auch zu meiner eigenen Rechtfertigung, beitragen. Es geht dabei ja durchaus auch um unser Thema Sprache.

Um mich bei der Definition von Rassismus kurz zu fassen, ich denke, das Wesentliche daran ist doch, daß anhand bestimmter körperlicher oder geistiger vererbbarer Merkmale der Menschen einer Gruppe eine Rangordnung dieser Gruppen im Sinne von Höher- bzw. Minderwertigkeit begründet wird.

Unstrittig und nicht rassistisch sind m. E. aber z. B. folgende Aussagen:

- Innerhalb jeder Gruppe von Menschen gibt es unterschiedlich begabte, d. h. intelligentere und weniger intelligente (= dümmere und weniger dumme) Menschen.

- Intelligenz (bzw. Dummheit) ist zu einem hohen Grad vererbbar.

- Die Intelligenz eines Menschen beeinflußt sehr stark auch seinen Bildungsgrad und seine Fähigkeiten, mithin seine Stellung in der Gruppe und den Beitrag, den er für die Gemeinschaft zu leisten in der Lage ist.

Ausgehend von diesen eigentlich trivialen Wahrheiten beschreibt Sarrazin (ähnlich wie Buschkowsky) vor allem, wie Deutschland u. a. aufgrund seiner Sozialgesetze (Kindergeld, Betreuungsgeld, Hartz IV, ...) und seiner Einwanderungsbestimmungen ein Umfeld schafft, welches aus anderen Ländern vor allem solche Menschen anlockt, die schon in ihren Herkunftsländern eher zum hemmenden Teil gehören, also die weniger leistungsfähigen. Deutschland betreibt z. Z. eine Art künstliche Auslese, es holt sich aus dieser Welt die im Durchschnitt Dümmeren und wird, da diese Eigenschaft zu einem wesentlichen Teil vererbbar ist, auf lange Sicht seine eigene mittlere Intelligenz senken.

Das ist in Kurzfassung der ganze Tenor des Buches, eine, wie ich finde, sehr logische und immer gut belegte Herleitung. Leider wahr, nur für manche nicht "politisch korrekt".

Wo sehen Sie rassistische Passagen?
Allein über Intelligenz und Vererbung als solche zu sprechen, ist nicht rassistisch, oder?
Wo führt Sarrazin irgendeine Wertung unterschiedlicher Völker im Sinne einer Höher- oder Minderwertigkeit bzw. einer moralischen Rangordnung ein?
Ist es vielleicht schon rassistisch, Sieger und Schlußlichter im PISA-Test zu benennen?
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 28.03.2015 um 20.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28442

Hier spielt der Ewigkeitsbegriff Gottes eine Rolle. Dabei wird die Zeit nicht linear verlaufend verstanden, so daß also auch Gott ein gestern, heute, morgen durchläuft, sondern Gottes Ewigkeit umfaßt die gesamte Zeit, er ist an jedem Punkt der Zeit gleichzeitig, er ist Anfang und Ende und alles dazwischen.

Jesu Tod erlöst nach klassischer, d. h. paulinischer Auffassung alle Menschen, die bis dahin gelebt haben, sofern sie an den einen Gott geglaubt haben, wie er in den alten Überlieferungen beschrieben steht. Das kann man mit dem Tanach gleichsetzen.
Somit war für Paulus die Schöpfungsgeschichte maßgeblich, und darin gibt es keine Neanderthaler.

Für Paulus war klar, daß Jesus zurückkehrt, bevor ein Christ gestorben sein würde. Es ist anders gekommen. Paulus brauchte also dafür eine theologische Begründung. Es werden nur Christen erlöst; Christ kann nur sein, wer die Frohe Botschaft Jesu kennt. Paulus und seine Nachfolger leiteten daraus ab, daß es Aufgabe der Kirche ist, jedem Menschen von Jesus zu erzählen und ihm damit Gelegenheit zu geben, Christ zu werden.
Wenn einstmals alle Menschen von Jesu wissen und entweder Christ geworden sind oder sich bewußt dagegen entschieden haben, kehrt Jesus zurück und holt die Christen in's Reich Gottes.
In der Zwischenzeit tritt jeder Christ in den Schutzraum Kirche ein, der ihm zwar nicht den Tod erspart, aber ihm das Ewige Leben (bzw. die Anwartschaft darauf) beschert.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 28.03.2015 um 12.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28441

Was aber ist mit den Neanderthalern?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2015 um 06.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28439

Das EKD-Papier holt zwar auch religionsgeschichtlich weit aus (und ist schön bebildert), aber im letzten Teil, Fragen und Antworten, sehe ich eine bedenkliche Verengung des Horizonts:

Was ist aber mit den Menschen, die vor Jesu Geburt gelebt haben?

Für ihr gelebtes Leben gilt: Sie haben ihr Leben im Bewusstsein mit Gott oder aber jenseits dieses Bewusstseins gelebt, mit all ihren Hoffnungen, Sorgen, Enttäuschungen, dem Elend und der Heiterkeit. Im Hinblick auf das ewige Leben kann gesagt werden: Sie haben an der mit dem Kreuz verknüpften Hoffnung auf Auferstehung teil. Sie gilt für sie nicht weniger als für die Menschen, die nach Jesu Geburt lebten, leben und leben werden.


Da wäre zunächst wieder die vage Ausdrucksweise: Was bedeutet es, daß Menschen, die seit Jahrtausenden tot sind, an einer Hoffnung "teilhaben", von der sie zu Lebzeiten nichts wußten? Hoffnungen könnten sie nur haben, wenn sie bereits wiederauferstanden wären, und die Hoffnung auf Wiederauferstehung käme dann zu spät. Aber das sei dahingestellt, es hat sich wohl keiner etwas dabei gedacht.

Aber ist das ewige Leben überhaupt jedermanns Wunsch? Die Buddhisten z. B. wünschen sich nichts sehnlicher als das endgültige Verlöschen (Nirvana). Es macht eben einen Unterschied, ob man sowieso mit der Annahme der ewigen Wiedergeburt aufwächst oder gerade umgekehrt mit der Selbstverständlichkeit des endgültigen Todes.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2015 um 06.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28438

Das EKD-Papier versucht auf fast 200 Seiten zu erklären, welche Bedeutung die Kreuzigung Jesu hat. Je mehr man liest, desto unklarer wird es. Dazu trägt das eigentümlich Ausweichende der Sprache bei. Man liest z. B.

Wenn die ersten Christen beim Abendmahl des »Leibes« und des »Blutes« Jesu gedachten und mit Brot und Wein seinen Leib und sein Blut, d.h. ihn selbst in ihr Leben aufnahmen...

Anderswo hatte ich schon darauf hingewiesen, daß Theologen gern vom "menschlichen Leben" sprechen, wenn sie den Menschen meinen. Sie haben das Fleisch und Blut in sich aufgenommen = sie haben es gegessen und getrunken, oder etwa nicht? Wo kommen wir denn hin, wenn alles und jedes in dieser vage symbolischen Art umschrieben und mit Anführungszeichen verfremdet wird? Auch sonst legt der Jargon des Grundlagentextes einen gewissen Unernst offen, mit dem der ebenfalls zitierte "protestantische Kirchenvater" Karl Barth gewiß nicht einverstanden gewesen wäre.
(Schon wieder muß ich als Nichtchrist die Theologen an den Ohren ziehen!)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2015 um 04.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28434

Der Name der Schwabach, die sozusagen vor meiner Haustür vorbeifließt, ist ungeklärt, was den ersten Teil betrifft. Schwaben haben hier nie gewohnt, die Onomastiker wären dann auch mit der Bildeweise nicht zufrieden.
Jedenfalls mäandert sie friedlich durch ihr Tal, und von den zwei Dutzend Mühlen, die sich am kurzen Lauf befanden, sind auch noch Reste erhalten. Ich hoffe immer, daß der Biber, der sich hier an unserem Bächlein niedergelassen hat, mit seiner Familie zur Schwabach übersiedelt und das ganze Tal in eine Touristenattraktion verwandelt...

Die Franzosenstadt Erlangen ist großenteils dem modernen Verkehr usw. geopfert worden, aber man sieht doch noch rund um den Schloßplatz die ursprüngliche Anlage, und bei einer historischen Führung entdeckt man immer mehr, Straßenführung, Quartiere der Strumpfwirker und Handschuhmacher usw. – eben das französische Manufakturwesen, das damals die Spitze der Wirtschaft war. Die ansehnliche Hugenottenkirche liegt direkt vor dem Bahnhof. Die französischen Familien- und Firmennamen werden teils deutsch ausgesprochen.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 27.03.2015 um 17.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28432

Ich bin's auch langsam leid, gegen Wände zu reden. (Hat Herr Schaefer nicht schon darauf hingewiesen, daß bei den gängigen Zählungen jeder, der einen türkischen Onkel hat, als Moslem verhaftet wird?) Lesen Sie weiter Ihren Sarrazin (unverkennbar ein südländischer Immigrant, noch dazu mit muslimischem Einschlag – Deutschland, deine Sarazenen)! Dem humorbegabteren Teil des Publikums empfehle ich, mal beim WDR reinzuhören, wenn etwa bei der "Zugabe" unsere Salafistenjungs für den "Islamischen Staat zwischen Köln, Aachen und Krefeld, also IS-KAK" kämpfen.
Nur noch einmal in einfacher Sprache, damit auch die Begriffsstutzigeren es verstehen können: Gerade in der Szene der harten (islamischen) Kopftuchträgerinnen mischen die Bio-Deutschen kräftig mit.
Und jetzt wieder zur Sprachforschung: Beim Nachschlagen zu Erlangen (die gesamte barocke Neustadt wurde für die Hugenotten erbaut!) stoße ich im Lexikon darauf, daß die Stadt "an den Mündungsterassen der Schwabach in die Regnitz" liegt (mit der Trennung Schwa- bach). Ob Regnitz und Pegnitz etwas mit der slawischen Siedlung im Obermaingebiet zu tun haben, ist wohl umstritten. Aber ich denke, es müßte Schwab- ach heißen, zumal bei einem Femininum. Hat das Vorderglied etwas mit den Schwaben zu tun? Geographisch eher unwahrscheinlich.
Jedenfalls können wir das nette Lied "Besuchen Sie unser schönes Erlangen" singen.
Ach ja: Salam aleikum und schönes Wochenende.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 27.03.2015 um 14.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28427

Ich verstehe den Spruch „Das Kreuz steht für das Christentum. Es ist Symbol für alles, was christlicher Glaube und christliche Kirche bedeuten.“ vorderhand so, daß das Kreuz das Erkennungszeichen für eben die christliche Religion ist oder der Pflock, an dem alle Fäden, die man in's Christentum hinein oder um es herum spinnen kann, zusammenlaufen. Damit ist, so scheint mir, noch nicht die besondere Bedeutung der Kreuzigung Jesu ausgedrückt.

Im engeren Sinne verweist das Kreuz gewiß auf Jesus Christus bzw. Jesu Hingabe. Für Paulus war genau das der zentrale Punkt des Glaubens, spätere Christen sind etwas davon abgewichen, Luther war wieder ganz bei Paulus, heute geht die Tendenz wieder fort davon.
Es scheint in der Geschichte der Christen Phasen zu geben, in denen jeweils die Kreuzigung Jesu als das zentrale Element gesehen wird oder die Predigten und Wundertaten Jesu in der Zeit davor. Ist Jesus also Erlöser oder Lehrer?
Das hat auch Rückwirkungen auf die Rolle der Kirche. Ist Jesus der Erlöser, ist die Kirche die Gemeinschaft der Gläubigen, die Jesus lobpreist und seine Rückkunft erwartet; ist Jesus Lehrer, trägt die Kirche Jesu Lehre weiter.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 27.03.2015 um 14.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28426

Das ist genau das Problem, Herr Schaefer: Sie interpretieren etwas in meine Worte hinein, was nicht drinsteckt (das ist durchaus ein sprachrelevantes Thema). Und deshalb meinen Sie meine versteckten Botschaften entschlüsseln zu müssen.
Es gibt aber keine verschlüsselten Botschaften in meinen Beiträgen. Was Sie zu finden meinen, ist eine Fehlinterpretation. Daraus leiten Sie einen ehrverletzenden Vorwurf ab, den ich nicht auf mir sitzen lasse.

Was Herrn Strowitzki angeht: Sie können nicht einfach diejenigen, die anderer Auffassung sind als sie (Buschkowsky, Kelek u. a.), Schwätzer und Krawallschachteln nennen und deshalb deren Meinung für Unsinn halten.
Leider ist das jedoch in der heutigen politischen Auseinandersetzung gang und gäbe; Sarrazin geht in seinem Tugendwächter-Buch umfänglich darauf ein. Auch das ist ein sprachrelevantes Thema.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.03.2015 um 09.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28424

Immerhin: Auch "Sprache und Religion bzw. Theologie" ist ein interessantes und legitimes Thema. Heute wird über einen "Grundlagentext" berichtet, den die EKD erarbeitet hat. Das Geleitwort von Landesbischof Bedford-Strohm beginnt so:

„Das Kreuz steht für das Christentum. Es ist Symbol für alles, was christlicher Glaube und christliche Kirche bedeuten.“ (EKD: Für uns gestorben.)

Vergleichbares wird man von Kopftuch und Islam nicht sagen können. Insofern kommt das Dokument gerade zum rechten Zeitpunkt.

Zu den theologischen Versuchen, die christliche Religion vom Opfergedanken mehr oder weniger zu befreien, kann ich nichts sagen, kenne allerdings mehrere Texte, in denen dies schon früher versucht worden ist, habe auch schon den Katholiken Garry Wills und meine protestantischen Freund Herbert Koch hier erwähnt. Ich nehme an, daß angesichts der Vieldeutigkeit des NT und der problematischen Beziehung zum AT noch viel diskutiert werden wird. Das Dokument kann heruntergeladen werden, und ich empfehle die Lektüre.

Sprachlich interessant ist folgendes:

Christus musste nicht wegen Gott sterben, sondern infolge der menschlichen Sünde als der lebensgefährdenden Beziehungsstörung gegenüber Gott und den Menschen.

Beziehungsstörungen behandelt man heute in der Psychiatrie, nicht durch Hinrichtungen. Das tun nur die Islamisten.

Der Text ist natürlich auch ordentlich gegendert, macht im übrigen viel Gebrauch von Ausrufezeichen.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 27.03.2015 um 08.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28423

Der Ermahnung der Redaktion stimme ich zu, nicht zuletzt, wenn man sich den Inhalt des Tagebucheintrags vor Augen führt.

Ich kann aber durchaus verstehen, wenn Herrn Strowitzki, dessen Nachname darauf hindeutet, daß seine Vorfahren vor langer Zeit aus dem slawischen Europa zugewandert sind, angesichts der Meinungsäußerungen besonders Herrn Mahlmanns der Kragen platzt. In diesem Forum geht es doch um Sprache, nicht um Glaubensbekenntnisse oder politische Überzeugungen!

Um dennoch zum vermutlich letzten Mal auf Herrn Mahlmanns Antwort auf meine Kritik einzugehen und gleichzeitig das Thema Sprache wieder zu ihrem Recht kommen zu lassen:

Herr Mahlmann, für das, was Sie hier praktizieren, haben die Australier das schöne Wort dogwhistle politics (http://rationalwiki.org/wiki/Dog_whistle_politics) erfunden. Man könnte auch Schopenhauers eristische Dialektik hinzuziehen, aber das würde nicht weiterführen. Ich frage mich nur, warum Sie das alles ausgerechnet hier versuchen, wo die meisten Leser es doch leicht durchschauen können.

Und das wird es von meiner Warte aus (hoffentlich) gewesen sein. Zurück zu den Themen Sprache und Bildungspolitik.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.03.2015 um 06.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28422

Die Bertelsmann-Stiftung fordert gerade für die nächsten Jahrzehnte eine Zuwanderung von 500.000 Menschen jährlich, um den Bevölkerungsschwund auszugleichen und die fehlenden Arbeitskräfte zu gewinnen.
Das bedeutet also auf längere Sicht einen Austausch der Bevölkerung. Was wäre dagegen einzuwenden? In vielen Regionen der Erde haben früher andere Menschen gewohnt. Uns könnte allenfalls die Frage interessieren, ob die neuen Deutschen Deutsch oder vielleicht Englisch sprechen werden. Andere Einwanderersprachen kommen wohl nicht in Betracht. Dabei ist zu bedenken, daß "deutsche Kultur" durch "deutsches Wirtschafts- und Sozialsystem" zu ersetzen ist; das wird die Sprachenwahl mitbestimmen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 27.03.2015 um 00.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28419

Ja, ich fände einen etwas sachlicheren Ton auch sinnvoller.

Wo ich mit einer Gleichung "Muslime = Einwanderer" gekommen sein soll, müßten Sie mir vielleicht einmal zeigen, lieber Herr Strowitzki. Ich weiß sehr wohl, daß Muslime nur etwa die Hälfte aller Migranten ausmachen.

Die Zahl von 50000 Hugenotten nach Deutschland habe ich von Wikipedia, etwa 200000 sollen danach insgesamt ins übrige Europa und nach Nordamerika ausgewandert sein. Und in meinem "dtv Lexikon" von 1992, das auch von Brockhaus ist, steht ebenfalls die Gesamtzahl von "über 200000". Also, die Zahl von 50000 nach Deutschland gekommenen Hugenotten wird wohl stimmen.

Wollen wir mal zusammen eine kleine Kopftuchumfrage in der Keupstraße machen, Herr Strowitzki? Ich zahle anschließend Essen und Getränke, wenn wir unter den Kopftuchträgerinnen (einschl. Djibab, Tschador, Burka, ...) weniger als 99,5% Musliminnen antreffen.

Die Zahl der Muslime im heutigen Deutschland beträgt zwei bis drei Prozent der Gesamtbevölkerung ...
Sie betrügen sich selbst, Herr Strowitzki. Seriöse Quellen gehen vom Doppelten aus. Die bpb schreibt z.B.:
Je nach Datengrundlage machen die Muslime zusammen zwischen 4,6 und 5,2 Prozent der Bevölkerung in Deutschland aus.

Sarrazin (D. schafft sich ab, Seite 365) berechnet auf der Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes den Migrantenanteil:
aus Nah- u. Mittelost, Afrika: heute 6,5%, nach 1 Generation 20,1%
übrige Bevölkerung: heute 93,5%, nach 1 Generation 79,9%
Nach 3 Generationen 55% aus Nah- u. Mittelost, Afrika, 45% übrige.
(Wobei mit "übrige" hier nicht nur die sog. Biodeutschen gemeint sind.)
 
 

Kommentar von Red., verfaßt am 26.03.2015 um 22.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28418

Es sei daran erinnert, daß der Titel dieses Stranges »Friede sei mit euch!« heißt.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 26.03.2015 um 20.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28417

Es ist schon schwierig, einen Pudding an die Wand zu nageln. Wenn einer immer das Gegenteil vom Gesagten gemeint haben will... Und wer sich auf Krawallschachteln wie Kelek oder Schwarzer beruft, zu dem fällt mir nicht mehr viel ein.
Immerhin gibt es Texte, bei denen in der Tat ein Satz reicht, zu beurteilen, ob der Rest Zeitverschwendung ist. Wenn jemand einen Gegensatz zwischen "Muslimen" und "Deutschen" bzw. "Einheimischen" konstruieren will, hat er sich aus einer ernsthaften Diskussion verabschiedet. Aber Herr Riemer kommt unverdrossen wieder mit der Gleichung "Muslime = Einwanderer".
"Sie wissen aber schon, daß man an den Kopftuchträgerinnen ganz genau und mit 100%iger Sicherheit erkennen kann, aus welchem Kulturkreis sie bzw. die ganze Familie kommen?" Ja, etliche kommen 100%ig aus dem deutschen Kulturkreis, wie auch ihre ganze Familie seit Jahrhunderten (mindestens seit der Hugenottenzeit...). Wenn Sie auch nur ein bißchen Ahnung vom Thema hätten, Herr Riemer, wüßten Sie das.
Unsinnige Zahlenspiele mit selbsterfundenen Sarazzinistischen Statistiken (M.M.: "Leute wie Buschkowsky sagen..." – ja, der redet viel, wenn der Tag lang ist!) machen die Sache nicht besser. Der Brockhaus gibt die Zahl der nach Deutschland gekommenen Hugenotten mit 200.000 an (von 500.000 Flüchtlingen insgesamt, ein fürchterlicher Aderlaß – warum eigentlich, wenn die Konfessionen doch nicht so verschieden sind. Im Islam immerhin gibt es nach der Schlacht von Kerbala praktisch nichts Vergleichbares.) Das mit der gesamten Einwohnerzahl von Deutschland (was immer man um 1700 darunter verstehen will) ins Verhältnis zu setzen, gibt wenig Sinn. In katholischen Ländern wurden natürlich keine Hugenotten aufgenommen. Die Zuwanderung konzentrierte sich hauptsächlich auf Hessen-Kassel und Brandenburg (einschl. Ansbach/Bayreuth), dazu die reformierten Gebiete entlang der Rheinschiene. Einwohnerzahl ein oder zwei Millionen, vielleicht drei. Aber egal. Die Zahl der Muslime im heutigen Deutschland beträgt zwei bis drei Prozent der Gesamtbevölkerung (dazu einige Kulturmuslime, zu denen Herr Schaefer schon das Nötige gesagt hat). Selbst wenn diese allesamt die Karnickelitis hätten, kämen sie "nach ca. 3 Generationen" wohl kaum über zehn Prozent hinaus. Das wäre immer noch eine kleine Minderheit! Befürchtungen, daß der Pöbel mit seiner hohen Geburtenrate die kulturtragenden Schichten erdrückt, kennen wir schon seit Viktorianischer Zeit. Eine typisch Malthusianische Vorstellung.
Haben Sie die Leute, die Sie treffen, einmal gefragt, ob sie sich auch als "Einheimische, teils mit, teils ohne Kopftuch" sehen? Ja, Herr Mahlmann, fragen Sie sie doch selbst, wo sie geboren und aufgewachsen sind und ob sie sich in ihrer Heimat zuhause fühlen! (Ob man sie zuhause sein läßt, ist noch eine andere Geschichte. Zu den Integrationsverweigerern hat Herr Schaefer auch schon was gesagt.)
Erstaunlich wenig wird gesagt über das wirklich problematische Strandgut der Gesellschaft. Das sind hauptsächlich arbeitslose junge Männer mit zuviel Testosteron und zuwenig Schulbildung. Das ganze Ressentiment ergießt sich stattdessen über hochgebildete Frauen, die qualifizierte Berufe ausüben und selbstbewußt durch alle Gerichtsinstanzen für ihre Rechte kämpfen. (Manche Nichtmuslimin könnte sich davon eine Scheibe abschneiden!) Musterbeispiele gelungener Integration also. Und eigentlich typische Immigrantenkarrieren. Typischerweise auch verbunden mit geringer Kinderzahl. Der ganze Vorwurf konzentriert sich auf eben jenen Stoffetzen, daß sie darauf bestehen, aus religiösen Gründen Miniröcke zu tragen (oder wie das heißt). Selbsternannte Islamexperten (die vom Islam genausowenig wissen wie die Salafisten, ihre Brüder im Geiste) und Frauenbeschützer wollen darum staatliche Kleidervorschriften erlassen, die – am besten speziell diesem Personenkreis – verbieten, mit nackten Beinen aufzutreten.
Ein – ich weiß, vergeblicher – Appell an die Vernunft: Herr Riemer, Herr Mahlmann, bitte verschonen Sie uns mit solchem Geplärre und konzentrieren sich auf die Sprachforschung, wo Sie ja durchaus wertvolle Beiträge liefern!
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 26.03.2015 um 18.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28416

Herr Schaefer, nicht zum ersten Mal geben Sie meine Beiträge verfälschend wieder, nicht zum ersten Mal unterstellen Sie mir eine schlechte Gesinnung. Ich akzeptiere Ihre Meinung, und ich lasse auch jeden gerechtfertigten Vorwurf gegen mich gelten.
Was ich jedoch nicht akzeptiere, ist Ihre Vorgehensweise. Sie entstellen und verändern meine Beiträge, Sie reißen Dinge heraus und stellen Sie anders zusammen und konstruieren damit eine falsche Aussage. Das mißbillige ich auf’s schärfste.
Es widerstrebt mir, den Unsinn, den Sie über mich schreiben, noch durch eine Erwiderung zu ehren. Aber Sie greifen hier meinen Leumund an, und dem trete ich entgegen.

Ich habe geschrieben: „Lieber Herr Strowitzki, haben Sie die Leute, die Sie treffen, einmal gefragt, ob sie sich auch als "Einheimische, teils mit, teils ohne Kopftuch" sehen?“
Sie haben das folgendermaßen aufgegriffen: „Ich weiß nicht, mit wem Herr Strowitzki sich trifft, aber es ist für mich ganz offensichtlich, daß es Einheimische, d.h. Frauen, die Nachkommen von türkischen Einwanderern sowie deutsche Staatsbürger und Steuerzahler sind, und deren Heimat von Geburt an Deutschland war, gibt, die ein Kopftuch tragen. Na und?“
Es ging mir bei meiner Frage darum, ob die Leute sich selbst als Einheimische sehen. Nicht Ihre Meinung dazu ist gefragt, nicht meine.
Aber um das einmal klarzustellen: Wer in Deutschland aufgewachsen ist, wer hier zur Schule gegangen ist und hier sozialisiert wurde, ist nach meiner Ansicht Deutscher, egal welche Staatsbürgerschaft er hat. Deshalb halte ich es auch für falsch, daß Fußballspieler, deren Großeltern als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind, heute für die türkische Nationalmannschaft auflaufen. Da frage ich mich, warum sie sich nicht als Einheimische fühlen (Sie mögen mir darauf die Antwort geben, daß Leute wie ich sie davon abhalten, ich weiß).

Ich habe weiter geschrieben: „Jedes gelungene Integrationsbeispiel zeigt im übrigen, daß sie prinzipiell funktioniert. Jedes gelungene Integrationsbeispiel in Deutschland zeigt, daß die Deutschen in der Lage und willens sind, Einwanderer zu integrieren.
Beispiele mißlungener Integration in Deutschland lassen somit nach dem Beitrag der Einwanderer fragen.“
Sie machen daraus: „Beispiele mißlungener Integration in Deutschland lassen somit nach dem Beitrag der Einwanderer fragen.
Das ist nur die halbe Wahrheit, denn mißlungene Integration kann auch an der Intoleranz der aufnehmenden Gesellschaft liegen, also Menschen wie Ihnen, Herr Mahlmann. Warum sollte man sich um Himmels Willen über Kopftücher aufregen, wenn sie freiwillig getragen werden?“
Das ist wahrlich böswillig. Sie lassen zwei Drittel eines Absatzes weg, Sie zitieren nur den letzten von drei Sätzen, der eindeutig mit den anderen beiden verbunden ist, der eindeutig mit den anderen beiden eine Gesamtaussage bildet, und nehmen ihn zum Anlaß, mich der Intoleranz zu tadeln.
Ich halte Sie für lesekompetent genug, daß Ihnen genau das klar ist, und deshalb nehme ich eine absichtliche Verfälschung an.
Noch einmal zur Klarstellung: Die deutsche Gesellschaft hat sich prinzipiell als fähig und bereit erwiesen, Einwanderer zu integrieren. Sie gelingt in etlichen Fällen. Wenn sie jedoch nicht gelingt, muß man fragen, woran das liegt. Dabei ist auch zu fragen, was die Einwanderer beigetragen haben.
Im Einzelfall mag es anders sein, aber im allgemeinen mißlingt nach meiner Auffassung die Integration nicht deswegen, weil sie nicht ermöglicht wird, sondern deshalb, weil sie nicht eingefordert wird. Es sind also Leute wie Sie, Herr Schaefer, die mit ihrer Larifari-Mentalität Grundrechtsverstöße als kulturelle Eigenarten abtun, Friedensrichter und Vielehe begünstigen und somit die Integration für fundamentale Muslime als unehrenhaftes, jedoch vermeidbares Übel erscheinen lassen.
Und es geht nicht um das Kopftuch. Wenn allerdings das Kopftuch ein Symbol für eine Kultur ist, die Frauen und Mädchen hier in Deutschland grundgesetzlich garantierte Rechte versagt, dann kritisiere ich das. Wenn Sie nicht einsehen, daß das muslimische Kopftuch nicht einfach eine Kopfbedeckung ist und daß es auch mit der Freiwilligkeit nicht so weit her ist, dann lesen Sie Necla Kelek und Alice Schwarzer.

Ich schrieb: „Beide sagen auch, daß sich die Einwanderer wirtschaftlich vernünftig verhalten, wenn sie die Absicherung durch das deutsche Sozialwesen anstreben.
Beide sagen, daß es für Hartz-IV-Empfänger wirtschaftlich vernünftig ist, viele Kinder zu bekommen. Der Zuwendungssatz (also der Lebensstandard) steigt ohne jede Opportunitätskosten. Wer allerdings arbeitet, sieht durch Kinder Einkommenseinbußen entgegen, so daß in solchen Haushalten allenfalls ein, zwei Kinder geboren werden.
Und deswegen weisen beide dem deutschen Staat den Schwarzen Peter zu, wenn sie Fehlentwicklungen ansprechen.“
Sie zitieren: „Beide sagen, daß es für Hartz-IV-Empfänger wirtschaftlich vernünftig ist, viele Kinder zu bekommen. Der Zuwendungssatz (also der Lebensstandard) steigt ohne jede Opportunitätskosten. Wer allerdings arbeitet, sieht durch Kinder Einkommenseinbußen entgegen, so daß in solchen Haushalten allenfalls ein, zwei Kinder geboren werden.
Das gilt aber nicht nur für Einwanderer, nicht wahr? Außerdem erhalten Einwanderer nicht ohne weiteres Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern, sondern müssen nachweisen, daß sie sich um Arbeit bemühen. Und was hat das alles mit dem Islam zu tun?“
Wenn ich einmal von „Einwanderern“ spreche und ein andermal von „Hartz-IV-Empfängern“, kann man das so interpretieren, daß ich damit zwei verschiedene Gruppen meine. Das tun Sie aber nicht. Statt dessen unterstellen Sie mir das Gegenteil und lehren mich Mores. Ich stehe wieder vor der Wahl, Ihre Lesekompetenz in Frage zu stellen oder Ihnen Böswilligkeit zu unterstellen.
Ja, was hat das mit dem Islam zu tun? Nichts. Wo habe ich behauptet, es sei so? Sie stellen die Verbindung her. Ich lehne diese Verbindung ab.

„[i]Und deswegen weisen beide dem deutschen Staat den Schwarzen Peter zu, wenn sie Fehlentwicklungen ansprechen.[/i|“ zitieren Sie weiter und fahren fort: „Die rassistischen Passagen in Sarrazins Buch übergehen Sie geflissentlich…“
Sie haben Sarrazins Buch nicht gelesen.

Ich habe mich stets mit meiner persönlichen Einschätzung zum Islam und zur Einwanderung zurückgehalten und niemanden expressis verbis mit meiner Meinung dazu behelligt. Nun scheint mir eine Klarstellung geboten, weil ich mir keine Fremdenfeindlichkeit, keine Intoleranz und wer weiß was noch unterstellen lasse, so sehr das auch an den Haaren herbeigezogen sein mag.
Ich befürworte die liberale Gesellschaft und den demokratischen Staat, die Freiheit der Meinung, der Religion, der Wissenschaft und der Lehre, um nur ein paar der wichtigsten Dinge zu nennen. Ich bin gegen jede Bestrebung, daran etwas zu ändern.
Wer die deutsche Werteordnung teilt, wer die deutsche Rechtsordnung und die gesellschaftlichen Gepflogenheiten akzeptiert und hier mit uns leben will, der soll das tun, wo immer er herkommt, woran auch immer er glaubt. Wer die deutsche Kultur und die deutsche Rechtsordnung ablehnt, soll sein Glück dort versuchen, wo die Verhältnisse seinen Vorstellungen entsprechen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.03.2015 um 12.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28415

Die Hugenotten wurden damals ausdrücklich eingeladen, und z. B. in Erlangen mußte die Handwerkerschaft sich ganz schön anstrengen, der neuen Konkurrenz standzuhalten. Da gab es durchaus Spannungen, zumal die Franzosen dreimal so zahlreich waren wie die Einheimischen in diesem mittelfränkischen Kaff. Aber dann war es doch ein Segen.

Schwerer hatten es die Juden in Mittelfranken, im Gegensatz zu den Nationalsozialisten, die allerdings mit Kriegsende spurlos verschwanden. Später haben sie dem zuerst berühmten, dann geschmähten Medizinprofessor Jakob Herz das eine oder andere Denkmal gesetzt und sich dabei grammatisch verirrt:

Wir denken an Jakob Herz
dem Bürger dieser Stadt
ein Denkmal setzten und zerstörten

(Stele Ecke Universitätstraße/Krankenhausstraße, 2007)

Wikipedia schreibt:

Seine Verdienste waren weniger im wissenschaftlichen als vielmehr im zwischenmenschlichen Bereich angesiedelt.

Das ist zwar grammatisch in Ordnung (bis auf das überzählige vielmehr, aber mich schaudert's immer wegen der vielen Ansiedelungen.

(Ob die Ablehnung meines Vorschlags, eine Straße nach Alfred Lichtenstein zu benennen, doch eine tiefere Bedeutung hat?)
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 26.03.2015 um 08.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28412

Lieber Herr Mahlmann,

ich greife mal wieder zum Mittel des Interlinearkommentars.

haben Sie die Leute, die Sie treffen, einmal gefragt, ob sie sich auch als "Einheimische, teils mit, teils ohne Kopftuch" sehen?

Ich weiß nicht, mit wem Herr Strowitzki sich trifft, aber es ist für mich ganz offensichtlich, daß es Einheimische, d.h. Frauen, die Nachkommen von türkischen Einwanderern sowie deutsche Staatsbürger und Steuerzahler sind, und deren Heimat von Geburt an Deutschland war, gibt, die ein Kopftuch tragen. Na und?

Sie werden nicht im Ernst die Kultur der Hugenotten für grundverschieden von der preußischen halten, schon gar nicht ähnlich verschieden wie die Kultur der muslimischen Einwanderer und die deutsche.

Was meinen Sie mit "preußisch"? Das Herrscherhaus war calvinistisch, die Bevölkerung überwiegend lutherisch, was ja eine der Grundlagen der vielgepriesenen preußischen Toleranz darstellte. Zu den Unterschieden zwischen dem Calvinismus und den übrigen Konfessionen siehe meine Antwort auf Herrn Riemer.

Beispiele mißlungener Integration in Deutschland lassen somit nach dem Beitrag der Einwanderer fragen.

Das ist nur die halbe Wahrheit, denn mißlungene Integration kann auch an der Intoleranz der aufnehmenden Gesellschaft liegen, also Menschen wie Ihnen, Herr Mahlmann. Warum sollte man sich um Himmels Willen über Kopftücher aufregen, wenn sie freiwillig getragen werden?

Zu Ihrem nachfolgenden Kommentar:

Beide sagen, daß es für Hartz-IV-Empfänger wirtschaftlich vernünftig ist, viele Kinder zu bekommen. Der Zuwendungssatz (also der Lebensstandard) steigt ohne jede Opportunitätskosten. Wer allerdings arbeitet, sieht durch Kinder Einkommenseinbußen entgegen, so daß in solchen Haushalten allenfalls ein, zwei Kinder geboren werden.

Das gilt aber nicht nur für Einwanderer, nicht wahr? Außerdem erhalten Einwanderer nicht ohne weiteres Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern, sondern müssen nachweisen, daß sie sich um Arbeit bemühen. Und was hat das alles mit dem Islam zu tun?

Und deswegen weisen beide dem deutschen Staat den Schwarzen Peter zu, wenn sie Fehlentwicklungen ansprechen.

Die rassistischen Passagen in Sarazzins Buch übergehen Sie geflissentlich...
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 26.03.2015 um 08.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28410

Lieber Herr Riemer,

Das zahlenmäßige Verhältnis von Christen/Juden/Atheisten zu Muslimen ist wenig aussagekräftig, denn man weiß nicht genau, wieviele sogenannte Muslime in Wirklichkeit auch solche sind. So werden beispielsweise meist auch Aleviten zu den Muslimen gerechnet, obwohl das theologisch kaum zu rechtfertigen ist. Darüber hinaus stammt die Mehrzahl der "muslimischen" Zuwanderer aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien, wo der Islam seit sehr langer Zeit wenig mit dem in unserem Kulturkreis zu Recht gefürchteten Fundamentalismus zu tun hat. (Wußten Sie, daß der Sultan des Osmanischen Reiches auch weltliches Oberhaupt der orthodoxen Kirche war?)

Außerdem sollte man bedenken, daß viele, die sich hierzulande als Christen bezeichnen, von "ihrer" Religion keine Ahnung haben und ihr Christentum darauf beschränken, zu Weihnachten und zu Ostern in die Kirche zu gehen. Bei angeblichen Muslimen sieht es ähnlich aus: Ramadan (wenn's nicht zu unbequem ist und damit man eine Rechtfertigung für die anschließende Völlerei hat, die die Hauptsache ist), formal strenge Sittenregeln, die aber, wie schon seit Jahrhunderten, clever unterwandert werden usw.

Die Hugenotten waren auch nicht einfach "protestantische Christen", sondern, wie wir heute sagen würden, radikale Fundamentalisten, deren theologische Auffassungen sich ganz erheblich vom Rest der Christenheit unterschieden. Man kann sogar sagen, daß der Calvinismus in mancherlei Hinsicht dem Islam nähersteht als den übrigen christlichen Konfessionen (vgl. die Prädestinationslehre oder den Gottesbegriff).

Meine Frage bezüglich der Moralvorstellungen der 50er Jahre war eher rhetorisch gemeint, und sie bezog sich auf Ihre Erwähnung der "bisherigen deutschen bzw. europäischen Kultur". Die Moralvorstellungen der 50er Jahre (oder eines beliebigen anderen Zeitabschnittes) waren eben zu diesem Zeitpunkt die "deutsche bzw. europäische Kultur". Ich wollte nur darauf hinweisen, daß sich die Vorstellungen darüber, was man jeweils darunter versteht, einem ständigen Wandel unterworfen ist. Für mich ist beispielsweise der türkische Beitrag (ebenso wie der italienische oder griechische) zur Kultur der Bundesrepublik unabweisbar und ganz offensichtlich im Kulinarischen greifbar.

Was Sarazzin angeht, bitte ich Sie meinen Kommentar nochmals zu lesen. Ich halte den Titel für richtig, aber das ist auch schon alles. Das "Abschaffen" geschieht meines Erachtens durch eine verfehlte und korrumpierte Bildungspolitik (Stichworte: Rechtschreibreform, Bologna-Reform, Bertelsmann, Lesen durch schreiben u.v.m.).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.03.2015 um 21.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28407

Ich habe in meinem letzten Beitrag manchmal vielleicht mißverständlich allgemein "Einwanderer" geschrieben, wo ich mich eigentlich nur auf die muslimischen Einwanderer bezog.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 25.03.2015 um 19.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28406

Die Lösungen, die sowohl Sarrazin als auch Buschkowsky vorschlagen, um Einwanderer zu integrieren, sind dieselben, die auch den Deutschen die Möglichkeit geboten haben, ihr Potential zu entfalten, das zuvor durch die Klassenschranken unterdrückt wurde. Insofern sind beide klassische Sozialdemokraten.

Beide sagen auch, daß sich die Einwanderer wirtschaftlich vernünftig verhalten, wenn sie die Absicherung durch das deutsche Sozialwesen anstreben.
Beide sagen, daß es für Hartz-IV-Empfänger wirtschaftlich vernünftig ist, viele Kinder zu bekommen. Der Zuwendungssatz (also der Lebensstandard) steigt ohne jede Opportunitätskosten. Wer allerdings arbeitet, sieht durch Kinder Einkommenseinbußen entgegen, so daß in solchen Haushalten allenfalls ein, zwei Kinder geboren werden.
Und deswegen weisen beide dem deutschen Staat den Schwarzen Peter zu, wenn sie Fehlentwicklungen ansprechen.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 25.03.2015 um 19.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28405

Lieber Herr Strowitzki, haben Sie die Leute, die Sie treffen, einmal gefragt, ob sie sich auch als "Einheimische, teils mit, teils ohne Kopftuch" sehen?

Sie werden nicht im Ernst die Kultur der Hugenotten für grundverschieden von der preußischen halten, schon gar nicht ähnlich verschieden wie die Kultur der muslimischen Einwanderer und die deutsche. Mithin ist Ihr Zitat meiner Worte nebst Beispiel unzutreffend.

Jedes gelungene Integrationsbeispiel zeigt im übrigen, daß sie prinzipiell funktioniert. Jedes gelungene Integrationsbeispiel in Deutschland zeigt, daß die Deutschen in der Lage und willens sind, Einwanderer zu integrieren.
Beispiele mißlungener Integration in Deutschland lassen somit nach dem Beitrag der Einwanderer fragen.

Wenn Sie des weiteren, Herr Strowitzki, einen Beitrag nicht zu Ende lesen (wollen), weil Sie ein Stichwort aufgeschnappt haben, das Ihnen die Schublade zeigt, in die der Beitrag gehört, spricht das nicht gegen eine Voreingenommenheit Ihrerseits, die Sie bei anderen geißeln.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.03.2015 um 18.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28404

Auch ich halte die Migration für ein großes Problem, das noch durch die Einwanderungspolitik bzw., gerade -nichtpolitik verschärft wurde und wird. Aber das kann ich hier nicht erörtern. (Heute morgen las ich von dem Vorschlag, eine halbe Million illegale Zuwanderer nachträglich zu legalisieren!)
Ich stamme auch von Hugenotten ab, was bei einem Nordhessen nichts Besonders ist; daß ich nun wieder in einer Hugenottengegend (Erlangen samt Uni) lebe, ist allerdings Zufall. Zwischenstation war Berlin.
Man kann auch nicht gut "deutsche Kultur" hochhalten und gleichzeitig zum absehbaren Aussterben der Biodeutschen beitragen oder ihm seelenruhig zusehen. Der mathematische Teil der Demographie ist ja nicht so schwer zu begreifen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.03.2015 um 17.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28403

Lieber Herr Schaefer,
um 1700 soll Deutschland um die 15 Mio. Einwohner gehabt haben, damals sind etwa 50000 Hugenotten, also protestantische Christen, nach Deutschland eingewandert. Heute leben unter 80 Mio. Einwohnern ungefähr 5 Mio. Muslime.
Damals kamen also 3 Einwanderer auf 1000 Einwohner, heute sind es schon jetzt 62 auf 1000. Dabei ist heute sowohl das Ende noch offen als auch das Verhältnis der Geburtenraten von Einwanderern und einheimischer Bevölkerung völlig anders. Wo die weitere Entwicklung hingeht, sagen die nüchternen Zahlen sehr deutlich.

Die kulturellen Differenzen der damals eingewanderten Christen(!) werden bei allem Ressentiment, das ihnen damals auch entgegengeschlagen sein mag, nicht annähernd so groß gewesen sein, wie die heutigen Differenzen zu Muslimen. Man darf die heutigen größeren Differenzen nicht mit dem relativ geringen Widerstand verwechseln, der ihnen entgegentritt.

Nun fragen Sie mich tatsächlich, ob ich die Moralvorstellungen der 50er Jahre zurückhaben möchte. Natürlich nicht! Haben Sie sich aber einmal überlegt, in welches Jahrhundert wir moralisch zurückversetzt sein könnten, wenn sich nach ca. 3 Generationen das Verhältnis von Deutschen zu Muslimen in etwa umgekehrt haben wird? Wohl weder ins 20. noch ins 19., das befürchte ich sehr. Wäre es Ihnen wirklich egal, welche Entwicklung unserer christlich geprägten, aber inzwischen aufgeklärten Kultur hier droht?

Sie sagen, Sarrazins Buchtitel sei sicher zutreffend. Ja und? Ist Ihnen das etwa ganz egal?
Übrigens hat weder Sarrazin noch Buschkowsky jemals behauptet, daß die Einwanderer an etwas schuld seien. Natürlich ist Deutschland selbst schuld, wenn es sich abschafft. Daß jemand lieber nach Deutschland kommt, wenn er hier nicht zu arbeiten braucht und dafür das Zehnfache an Geld bekommt, ist ja mehr als verständlich.

Zu Herrn Strowitzki:
Sie wissen aber schon, daß man an den Kopftuchträgerinnen ganz genau und mit 100%iger Sicherheit erkennen kann, aus welchem Kulturkreis sie bzw. die ganze Familie kommen? Tun Sie doch bitte nicht so, als verteile sich das ganz zufällig auf alle.
Etwa ein Drittel aller muslimischen Frauen soll Kopftuch tragen. Ungefähr so hoch schätze ich auch den Anteil der Muslime, mit dem es Integrationsprobleme gibt, wobei sich diese Anteile natürlich nicht genau decken.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 25.03.2015 um 17.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28402

Herr Ickler erwähnte die Sikhs. Deren Integration in London z.B. sieht so aus, daß im Bahnhof Southall die Bahnsteigbeschilderung ganz amtlich auch Gurmukhi-Schrift trägt. (Hübscher Nebeneffekt: Vielen Fahrgästen wird so vor Augen geführt, wie analphabetisch sie sind.)
In Köln konnte immerhin der Sproß einer kroatischen Familie fahrender Schauspieler zum (quasi) Nationalheiligen werden (neben dem aus fast der gleichen Gegend stammenden St. Martin – auch so ein perfekt integrierter Ausländer).
Herr Schäfer erwähnte die Hugenotten: Auch der brandenburgische Nationaldichter, der durch die Mark wanderte, war Hugenotte! Zu einer gewissen Zeit war ein Viertel oder sogar ein Drittel der Berliner Bevölkerung Franzosen. Diese hatten ganz selbstverständlich ihre eigenen Geschäfte, Handwerksbetriebe, Kirchen und Schulen, alles mit französischer Sprache – eine perfekte Parallelgesellschaft, die zudem mit dem lutherischen Glauben der "Einheimischen" nichts am Hut hatte.
Zwei derart grundverschiedene Kulturen in einem Staatsgebilde führten natürlich zu Spannungen und langfristig zu Rissen. Da wurden den Refugés dann auch schon mal die Scheiben eingeschmissen oder die Bude abgefackelt...
Nicht vergessen sollte man auch, daß diese "Einheimischen" ihrerseits zu einem Gutteil Nachkommen von Zuwanderern aus Flandern oder vom Niederrhein waren, die die Einheimischen zur Minderheit im eigenen Lande gemacht und ihnen eine fremde Sprache, Kultur und Religion aufgedrückt haben. Wobei diese einheimischen Heveller und Sprewanen wiederum letztlich Zuwanderer aus dem Osten in dieses urschwäbische(!) Gebiet ... usf.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 25.03.2015 um 14.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28399

Von mir aus auch Ehrenfeld oder Chorweiler, aber in solch fernwestliche Gegenden kommt unsereiner seltener.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 25.03.2015 um 09.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28398

Bei allem Respekt, lieber Herr Riemer, aber Ihre Aussage "Von unserer bisherigen deutschen bzw. europäischen Kultur wird in zwei, drei Generationen nur noch kleiner Rest übrig sein." kann ich nicht zustimmen.

Die "Kultur", deren potentiellen Verlust Sie beklagen, zeichnet sich doch gerade durch ihre Anpassungs- und Integrationsfähigkeit aus. Möchten Sie etwa die Moralvorstellungen der 50er Jahre zurückhaben?

Meine Vorfahren mütterlicherseits waren Hugenotten und als Calvinisten dermaßen fremdartig, daß sie ihre eigenen Dörfer gründen mußten. Dennoch haben sie ökonomisch wie kulturell ihren Beitrag zu dem geleistet, was man hierzulande als gemeinsames Erbe bezeichnet.

Deutsche bzw. europäische Kultur ist kein statisches Phänomen, sondern ein dynamisches.

Und was Herrn Sarrazin angeht: Der Titel seines Buches ist durchaus zutreffend, aber die Schuldigen sind nicht die Zuwanderer, sondern die Kultus- und Wissenschaftsministerien samt Anhängseln mit ihren Entbildungs- und Verblödungsprogrammen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 25.03.2015 um 00.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28396

Das ist auf der schäl Sick – man könnte es janz weltläufig eine No-go zone avant la lettre nennen.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 24.03.2015 um 20.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28395

Wenn ich so z.B. durch die Keupstraße oder entsprechende Viertel und Straßenzüge gehe, sehe ich dort jede Menge Einheimische, teils mit, teils ohne Kopftuch.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.03.2015 um 17.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28394

Ich bin immer für eine klare Ausdrucksweise, lieber Herr Strowitzki. Bei Ihnen aber weiß ich nicht, ob Sie meine Feststellung bestreiten oder ob sie Ihnen nur zu trivial ist.
Im ersteren Fall machen Sie mal einen Spaziergang durch den westlichen Teil der Mannheimer Quadrate oder durch Berlin-Neukölln oder entsprechende Viertel anderer großer Städte.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 24.03.2015 um 16.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28392

"...ein Symbol, mit dem sich die muslimische Bevölkerung gut sichtbar von der einheimischen abgrenzt." Das reicht schon, daß man den ganzen restlichen Beitrag nicht mehr lesen muß. In welchem Mittelalter leben Sie, Herr Riemer?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2015 um 19.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28383

Um nicht mißverstanden zu werden: Ich hatte nicht dem Kopftuch die integrationsfördernde Wirkung zugeschrieben, sondern der Möglichkeit, Lehrerinnen an deutschen Schulen zu werden – auch mit Kopftuch.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.03.2015 um 18.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28382

Von unserer bisherigen deutschen bzw. europäischen Kultur wird in zwei, drei Generationen nur noch kleiner Rest übrig sein. Ich habe in dieser Hinsicht fast schon resigniert. Man braucht sich ja nur die Geburtenzahlen der biologisch deutschen Bevölkerung und die Geburtenzahlen der hier lebenden Muslime anzusehen. Die Fakten sind hoffnungslos. Es gibt Leute, die davor schon lange warnen, z.B. auch Thilo Sarrazin, aber es gibt halt noch mehr, die ihn nicht ernst nehmen und den Kopf in den Sand stecken. Politiker rechnen nicht in Generationen, nicht mal in einer, sondern nur bis zur nächsten Wahl, und den großen Arbeitgebern sind billige Arbeitskräfte und Ingenieure aus dem Ausland auch lieber als Investitionen in den Nachwuchs und in die Ausbildung des eigenen Volkes. Angeblich würden sich Einwanderer und ihre Nachkommen allmählich anpassen. Aber nicht, wenn sie noch Geld dafür bekommen, daß sie ihre überdurchschnittlich vielen Kindern nicht in den Kindergarten schicken, und nicht, wenn Lehrerinnen im Unterricht Kopftücher tragen.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 23.03.2015 um 16.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28378

In bezug auf das Kopftuch gibt der Staat eine Regelungsgewalt ab, die er bezogen auf andere Religionen reklamiert, und unterwirft sich einer religiösen Kleidervorschrift, sei sie auch kultureller oder anderer Natur.
Ich habe bereits geschrieben, daß das muslimische Kopftuch nicht mit dem europäischen vergleichbar ist. Es ist somit nicht – zumindest nicht allein – als Kleidungsstück zu sehen, sondern als religiöses (oder kulturelles) Symbol. Ich kann nicht erkennen, daß das Tragen eines solchen Symbols der Integration voranhilft. Vielmehr befürchte ich, daß es als Zeichen der bewußten Verwahrung vor der deutschen oder westlichen Kultur verstanden wird.

Das Statistische Bundesamt, Integrationsforscher und andere stellen in ihren Publikationen heraus, daß sich die Verhaftung in der Herkunftskultur nicht über die Zeit oder die Generationen verliert. Im Gegenteil ist bei muslimischen Einwanderern und deren Nachkommen die Zahl derer steigend, die die Herkunftskultur eher stärker pflegen als die erste Einwanderergeneration. Kriminologen wie Pfeiffer in Hannover stellen gerade bei diesen Leuten eine eklatant hohe Gewaltbereitschaft und Kriminalität fest. Buschkowsky und andere reden davon, daß 35% der unter Fünfjährigen in Deutschland muslimischen Glaubens sind. Das ist die Zukunft unseres Landes; wenn wir diese Leute nicht integrieren, stehen alle Solidaritätszahlungen und -handlungen auf dem Spiel. Staatliche Gemeinschaften brauchen ein alle verbindendes Element. Das ist in aller Regel die Kultur. Zwei grundverschiedene Kulturen in einem Staatsgebilde führen zu Spannungen und langfristig zu Rissen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 23.03.2015 um 11.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28376

Auf dem Land sah man früher viel mehr Kopftücher, weil in der Landwirtschaft viel mehr Menschen beschäftigt waren als heute. Landwirtschaft ist auch sehr staubig.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 23.03.2015 um 09.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28375

Das mit dem Kopftuch ebenso wie anderer Kopfbedeckungen ist eine ziemlich verzwickte Angelegenheit und immer Gegenstand kultureller Praxis, ebenso wie die Mode. In bezug auf letztere würde ich sagen, daß die Mode der 80er Jahre (Tennissocken, Vokuhila, Golfhosen u.ä.) mein Auge weit mehr beleidigt als die, wie Herr Riemer auch festgestellt hat, sehr eleganten Kopfbedeckungen moderner Musliminen. Minirock, High-heels und Kopftuch scheinen dabei kein Widerspruch zu sein, und das begrüße ich sehr. Als weltoffenes und liberales Land sollten, nein: müssen wir einfach deren individuelle Entscheidungen akzeptieren.

In Deutschland und anderen Ländern des "christlichen" Europa hatte das Kopftuch lange eine rein praktische Funktion, nämlich zunächst die eines Stoffetzens, mit dessen Hilfe man eine große Erkältungsgefahr, nämlich durchnäßte Haare, zu reduzieren versuchte. Während des Sommers diente ein wie auch immer gefaltetes Tuch auch als eine Art Schweißband. Es erfüllte daher teilweise dieselbe Funktion wie eine Mütze oder ein Hut und wurde von Männern und Frauen gleichermaßen verwendet.

Im Zuge der Urbanisierung und Industrialisierung änderte sich die Kopfbedeckung für beide Geschlechter (Hut, Kappe usw), aber nicht die für Frauen auf dem Lande, d.h. die Mehrheit der Frauen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, auf Grund des "Wirtschaftswunders" und im Rahmen der europäischen Einigung, veränderte sich die sich die deutsche (und europäische) Gesellschaft derart, daß das Kopftuch vor allem dem Schutz der (teuren) Frisur diente.

In bezug auf heute in Deutschland lebende Musliminnen kann ich nur Anekdotisches berichten: Viele (v.a. Türkinnen oder Deutsche türkischer Herkunft) lehnen das Kopftuch generell ab. Andere tragen es nur bei Beerdigungen. Wieder andere tragen es, wenn sie es für angemessen halten oder sich davon einen Vorteil versprechen. Ein weiter Fall ist der einer Deutschen mit in Syrien geborenen Eltern, die das Kopftuch abnahm, nachdem sie sich in einen nichtreligiösen Deutschen türkischer Herkunft verliebt hatte. Man sieht also: Generalisierungen sind hier fehl am Platze.

Historisch betrachtet ist es kein Zufall, daß die islamische Welt lange Zeit als Hort der Sinnesfreuden galt, denn der Koran ist vielfältig interpretierbar. So wurde zum Beispiel die Vorschrift, Frauen müßten ihr Haar bedecken, im Osmanischen Reich zumindest von der privilegierten Schicht so interpretiert, daß es ausreichte, ein paar Goldfäden in das Haar einzuflechten.

Wie gesagt: alles kulturelle Praxis.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2015 um 06.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28374

Ob es Sikhs im deutschen Schuldienst gibt? Das wäre interessant, weil es die Frage des Anstoßnehmens um etwas mehr Anschauungsmaterial bereichern würde. Die fünf Attribute des Sikh-Mannes sind zwar nicht alle sichtbar, aber deutlich genug. Ein bekanntes Problem ist ja der Dolch, den die Sikhs auch mit ins Flugzeug nehmen möchten und in allen möglichen Dienstverhältnissen tragen. Allerdings kann man ihn, da er nur ein Symbol ist, bis zur Ungefährlichkeit reduzieren.
Ich nehme an, daß die Schulbehörde keine Bedenken hätte, einen solchen Turbanträger ins Klassenzimmer zu schicken. (Den Turban braucht er, weil er die Haare nicht schneiden darf.)

In der Zeitung lese ich die Leseransicht, das Kopftuch sei für den Muslim nicht "heilsnotwendig". Anscheinend ist die Versuchung groß, andere Religionen mit einer Interpretatio christiana zurechtzurücken. Man muß aber nicht auch noch deren Theologie zur eigenen Sache machen.

Ich habe schon erzählt, daß manchmal eine muslimische Studentin in Begleitung ihres Mannes in meine Sprechstunde kam, der dann, des Deutschen unkundig, stumm in der Ecke saß und darüber zu wachen hatte, daß seine Frau keine Dummheiten mit mir anstellte (oder ich mit ihr). Ich hätte sagen können, daß ich solchen Besuch nicht will, aber war es das wert? Der Mann war ein Gefangener seiner Tradition, und man merkte es ihm an. Sobald er länger hier lebt, gibt er den Brauch wohl auf, spätestens die Kinder werden das tun. Natürlich haben wir "Parallelgesellschaften", das ist auch nicht verboten, solange sie sich an die Gesetze halten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2015 um 05.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28373

Von religiöser Neutralität unseres Staates, gerade auch im Schulwesen, kann keine Rede sein. Alan Posener hat das vor einigen Tagen recht gut dargestellt.

Ich bleibe auch dabei, daß das Kopftuch nur auf dem Umweg über religiös begründete Moralvorstellungen einen Symbolwert hat. Das Gericht hat abgewogen, ob das "Störungspotential" so erheblich ist, daß man den Musliminnen allein deshalb den Lehrerberuf verschließen darf – übrigens einen Beruf, der ihnen eine besonders gute Integrationsmöglichkeit bietet. Glaubt wirklich jemand, daß die Schüler dadurch zu Dschihadisten werden? Eher im Gegenteil.
Die Aufforderung, das Kopftuch doch einfach zu Hause zu lassen, macht es sich zu leicht. (Es gibt Frauen, die sich lieber umbringen würden, als ungeschminkt aus dem Haus zu gehen.)
Es kommt mir ein bißchen komisch vor, daß ich als Ungläubiger mehr Respekt vor der Religion verlange als mancher Gläubige (für die Religion der anderen...).
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 22.03.2015 um 19.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28367

Die Kopftücher der Flüchtlingsfrauen usw. waren einfache Laken Stoff, die um den Kopf geschlungen und unter's Kinn gebunden wurden. Die Kopftücher der Muslima sind mehrlagig und werden sorgsam so gebunden, daß gewiß keine Haarsträhne mehr zu sehen ist. Schon deshalb ist das eine nicht mit dem anderen vergleichbar.
Die christlichen Frauen legen das Kopftuch ab, wann sie wollen. Das kann eine Muslima nicht. Und somit ist das muslimische Kopftuch nicht einfach ein Kleidungsstück.

In der Türkei war es über Jahrzehnte Vorschrift, in öffentlichen, d. h. staatlichen Gebäuden kein Kopftuch zu tragen. Das hat die Religion ohne weiteres ausgehalten, und muslimische Geistliche haben argumentiert, daß der Koran kein Kopftuch verlangt.

In unserer heutigen Gesellschaft ist das Kopftuch ein Symbol für eine restriktive Religionsausübung. Muslime sagen, der Islam erfordere das Kopftuch.
Wenn der Staat das in dem Bereich, in dem er Regelungshoheit hat, anerkennt, ist das ein Zeichen. Das Signal lautet, daß der Staat respektiert, daß eine Religion Kleidervorschriften erläßt, und daß der Staat sich dieser religiösen Vorgabe beugt.
Auch wenn es etwas schwammig formuliert ist, sagt das Dienstrecht, daß sich der Lehrer seinem Amte angemessen zu kleiden hat. Neben einem ordentlichen Aufzug gilt das auch für die Neutralität. Er darf also keine Hemden mit politischen, weltanschaulichen oder religiösen Losungen tragen; selbst wenn ein Pastor Religionsunterricht erteilt, hat er in Zivil zu erscheinen. Man kann schon fragen, warum das nicht auch für Muslime gilt.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.03.2015 um 14.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28365

Die Muslime haben den Christen das Kopftuch – außer als Arbeitsschutz – ausgetrieben. Es sind also "christliche Kopftücher" nötig.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.03.2015 um 12.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28363

Meine Mutter, Schwestern, Mitschülerinnen trugen auch Kopftücher, bis in die 60er Jahre hinein war das ganz normal. Jungen setzten Mützen auf, Mädchen trugen eben Kopftücher.

Ich habe schon auf der Straße junge Türkinnen mit bunten Kopftüchern gesehen, bei denen mir spontan einfiel, das sieht ja hübsch aus, sehr weiblich, ich hätte gar nichts dagegen, wenn das auch unter Deutschen wieder mal Mode würde.

Trotzdem gibt es einen entscheidenden Unterschied zum Brauch unter Muslimen. Bei uns wurde das Kopftuch draußen, als Schutz gegen Wind und Wetter, auch als Arbeitsschutz getragen. Sobald man sich in geschlossenen Raumen, zum Beispiel im Klassenzimmer, länger aufzuhalten gedachte, wurden mit Jacke, Mantel, Schal usw. selbstverständlich auch Mütze und Kopftuch abgelegt. Genau das ist aber bei Muslimen nicht der Fall, sie legen das Kopftuch in der Öffentlichkeit nie ab. Das ist es, was ich als unsinnig, zwanghaft und abstoßend empfinde.

Außerdem gibt es unter Muslimen leider einen fließenden Übergang vom bunten Kopftuch bis hin zum allesbedeckenden schwarzen Umhang. Hier muß man unbedingt irgendwo eine Grenze ziehen und sagen, Kopftuch draußen ist in Ordnung, aber Vermummung in der Öffentlichkeit ist verboten.

Deutsche Politiker und Medien sollten aufhören, hier lebende Muslime noch in der Annahme zu bestärken, das Kopftuch sei ein religiöses Symbol. Es ist auch kein Mittel zur Unterdrückung der Frauen. Das Kopftuch ist in erster Linie ein Symbol, mit dem sich die muslimische Bevölkerung gut sichtbar von der einheimischen abgrenzt. Es verhindert die Integration und unterstützt die Bildung von Parallelgesellschaften.

Deshalb finde ich es falsch, Lehrerinnen und Schülerinnen im Unterricht in beheizten, geschlossenen Räumen das Kopftuchtragen zu gestatten. Üblicherweise trägt man bei uns Kopfbedeckungen nur draußen oder als Arbeitsschutz.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.03.2015 um 05.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28362

In der FAZ zum Beispiel legen einige Redakteure unwiderleglich dar, daß das Kopftuchurteil falsch ist und uns dem Untergang des Abendlandes (der Ausdruck ist hier mal nicht übertrieben) wieder ein Stückchen näherbringt. Andere Redakteure derselbe Zeitung beweisen unwiderleglich das Gegenteil. Lange konnte man nicht so deutlich sehen, daß, wo eine feste Meinung ist, auch die Argumente gefunden werden, besonders wenn der Verfasser juristisch geschult ist.
Das Christentum verbreitete sich im Zeichen des Kreuzes, der Islam nicht im Zeichen des Kopftuchs. Das Kopftuch ist ein Kleidungsstück, das heute überwiegend, aber nicht nur unter Muslimen als sittsam gilt. Nach dem Krieg trugen viele deutschen Frauen Kopftücher, ich verbinde es vor allem mit Flüchtlingsfrauen. Aber meine Mutter trug auch eins.
Musliminnen tragen das Kopftuch, weil und solange die Muslime in Deutschland ihre Zusammengehörigkeit (Abgesondertheit, Besonderheit) empfinden und bejahen. Ob eine Frau es aus persönlicher Entscheidung oder aus Gruppenzwang trägt, ist nicht zu entscheiden, aber auch nicht relevant, denn „Dasein heißt eine Rolle spielen“. (Warum trage ich bei offiziellen Anlässen einen Schlips?)
Liest man Leserforen mit, z. B. hier: http://www.focus.de/politik/deutschland/kisslers-konter/kisslers-konter-das-kopftuchurteil-ist-falsch-und-wird-den-schulfrieden-brechen_id_4551004.html), dann könnte man sehr viele Beiträge auf die Formel bringen: „Das Kopftuchurteil stört den öffentlichen Frieden. Dafür werden wir schon sorgen.“ – Das ist eben das Problem, wenn man es den Betroffenen überläßt, ihre Betroffenheit selbst zu definieren und als Kriterium ins Spiel zu bringen.
Soweit ich übrigens die heutigen Jugendlichen einschätzen kann, glaube ich nicht, daß viele (ohne Beeinflussung durch die Eltern) sich über eine kopftuchtragende Lehrerin so sehr erregen würden wie manche Leserbriefschreiber. An einer großen Schule gab es z. B. einen Lehrer (muß es ja schon rein statistisch geben!), der bekanntermaßen homosexuell war. Na und? Die Schüler gaben gelegentlich ihrer allumfassenden Spottlust nach, aber er war trotzdem allgemein beliebt und anerkannt.

In Bayern gibt es sowieso keine Probleme. Hier bestimmt die Verfassung:

"Art. 135
1 Die öffentlichen Volksschulen sind gemeinsame Schulen für alle volksschulpflichtigen Kinder.
2 In ihnen werden die Schüler nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen.
3 Das Nähere bestimmt das Volksschulgesetz."

Auf Verfassungsgerichtsurteile antwortet die Staatsregierung üblicherweise mit der Feststellung, daß es in Bayern keinen Handlungsbedarf gebe, und dann ist wieder Ruhe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.03.2015 um 13.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#28271

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20471

"Eine Münchner Grundschule bietet islamischen Religionsunterricht auf Deutsch an. Die Kinder lernen ihren Glauben kennen – und dürfen kritische Fragen stellen." (Zeit 6.3.15)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.12.2014 um 15.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27652

zu #27651:
Ich denke, mehr als halbiert läßt sich zurückführen auf durch mehr als 2 geteilt, wobei 'mehr als 2' auch eine gebrochene Zahl sein könnte.

zu #27650:
Sind diese Ausdrücke
'mehr als' + Adj./Verb wirklich nur Steigerungen, Intensivierungen?

Jemand der größer, sehr groß ist, selbst der Allergrößte, er ist doch immer noch groß und nicht mehr als groß, oder? Mehr als groß verlangt meiner Ansicht nach eine neue Qualität, zum Beispiel das Wort riesig.

Jemand, der sich mehr als amüsiert hat, der hat sich nicht nur sehr amüsiert. Selbst der, der sich am meisten amüsiert hat, der hat sich immer noch amüsiert. Wer sich mehr als amüsiert hat, der muß sich meiner Meinung nach vor Lachen eingeschifft haben. Oder etwas ähnliches, jedenfalls etwas, das über das reine Amüsieren, mit welcher Intensität auch immer, hinausgeht.

Oder um auf das Ausgangsbeispiel zu kommen:
Etwas stärker ausgleichen als ausgeglichen, das geht eigentlich gar nicht. Ausgeglichen ist ausgeglichen ist fertig. Punkt. Mit mehr als ausgleichen ist keine neue Quantität, keine Steigerung, sondern eine neue Qualität gemeint, z. B. etwas übererfüllen, übertreffen.

Ebenso:
mehr als aufwiegen = überwiegen, übererfüllen, ...
mehr als überzeugen = süchtig machen (bildlich gemeint)
mehr als nerven = jmd. aus der Fassung bringen
sich mehr als zurückhalten = etwas ablehnen
mehr als verdoppeln = ver-n-fachen (n>2)

Usw., es geht nicht um einfache Steigerung und Intensivierung, sondern im Grunde um eine neue Bedeutung.
Auch beim letzten Beispiel handelt es sich nur scheinbar um eine Steigerung. Man kann nicht eine Menge stark oder schwach verdoppeln. Doppelt ist zweifach, "sehr" doppelt wäre auch zweifach. Mehr als verdoppeln ergibt eine neue Bedeutung (Faktor n>2, auch gebrochen).
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 30.12.2014 um 14.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27651

Daß mit »mehr als« auch bei scheinbar reinen Mengenangaben das Verb »gesteigert« wird und nicht eine konkrete Zahl, zeigen Sätze wie dieser: »Die Geburtenzahlen haben sich gegenüber 1964 von 1,35 Millionen auf 660 000 im letzten Jahr mehr als halbiert.« (sueddeutsche.de, 26.12.2014) Die Zahl der Geburten betrug im letzten Jahr nicht mehr, sondern weniger als die Hälfte von 1,35 Millionen. Ähnlich könnte man auch den Satz »Insgesamt hat sich die Zahl der Apotheken in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt« (#27633) interpretieren. Zwar ist hier tatsächlich die Zahl auf über 200 Prozent gestiegen (mehr als verdoppelt = mehr als das Doppelte), aber das ist gewissermaßen Zufall. Auch hier könnte man nämlich zunächst annehmen, daß »mehr als« eine Steigerung des Vorgangs »Sichverdoppeln« bezeichnet (mehr als verdoppelt = eine größere Vermehrung als eine Verdopplung), ebenso wie bei »mehr als halbiert« die Verringerung stärker ausgeprägt ist als bei einer Halbierung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.12.2014 um 11.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27650

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27641:

Oft geht es gar nicht um Mengenangaben, sondern um Intensitäten usw.

Wir sind mehr als zufrieden. Sie haben sich mehr als amüsiert.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 30.12.2014 um 10.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27648

Weil es im Deutschen die trennbaren Verben gibt, deren Bestandteile fast beliebig weit auseinander stehen können, kann die isolierte Betrachtung einzelner Satzteile natürlich Irritationen hervorrufen. So würde ich den konkreten Fall einordnen, weniger in den bewertenden Vergleich.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 29.12.2014 um 18.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27641

"mehr als" und "weniger als" entsprechen nur den mathematischen Ungleichungen "größer als" und "kleiner als", weil es hier nicht um Zahlenwerte, sondern um allgemeine Mengenangaben geht.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.12.2014 um 14.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27640

Ich hatte bei meinem letzten Beitrag Prof. Icklers letzte Antwort #27637 noch nicht gelesen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.12.2014 um 14.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27639

Lieber Herr Strasser,
ich finde diese Ausdrucksweise auch nicht falsch, sondern sehr klar, sogar in gewissem Sinne originell, ich würde sie selbst auch benutzen. Es käme darauf an, in welchem Zusammenhang. Dennoch glaube ich, daß das (zumindest noch) kein Standarddeutsch ist. Standard wäre meiner Meinung nach etwa:
daß dieses mehr tut als jenes nur auszugleichen anstatt zu sagen
daß dieses jenes mehr als nur ausgleicht
Aber das letztere ist kürzer, irgendwie witziger, prägnanter, eben origineller.

Wenn Kinder sagen "Wir treffen uns bei der abben Birke" oder "Ich konnte wegen der zuen Tür nicht rauskommen", dann ist das auch sehr klar verständlich, aber nicht allgemein üblich, man würde wohl sagen, ungrammatisch, da Partikeln nicht veränderlich und nicht attributiv verwendbar sind.
Daß jmdm. heute etwas weher tut als gestern, kann man vielleicht manchmal hören, aber daß jmdm. heute etwas noch leider tut als gestern, geht gar nicht, obwohl eigentlich auch sehr klar wäre, was es heißen soll. Es geht also hier nicht um fehlende Klarheit, sondern darum, ob man halt so spricht. Manches hat sich auch schon eher durchgesetzt als anderes.

"Mehr als ausgleicht", wie Sie es sagen, wäre mir vielleicht auch gar nicht so besonders aufgefallen wie "gleicht mehr als aus". Dagegen ist "Er macht es mehr als wett" fast schon wieder unauffällig, weil wett zwar auch nicht graduierbar, aber immerhin im Gegensatz zu aus ein Adjektiv ist. Sicher bezieht sich dieses "mehr als", wie Prof. Ickler sagt, auf das ganze Verb, aber ich finde, es kommt durch die Nach- und Separatstellung trotzdem ein leicht irritierendes Gefühl auf: Was ist "mehr als aus"?
Wie gesagt, ich würde es auch benutzen, vielleicht macht gerade diese leichte Irritation das Witzige, Originelle aus.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.12.2014 um 14.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27637

Ich glaube, das Unbehagen kommt daher, daß zwar in der Abfolge mehr als ausgleicht klar ist, was im Fokus von mehr als steht, nicht aber bei gleicht mehr als aus. Man könnte fragen: Wenn nicht aus, was denn dann noch?
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 29.12.2014 um 11.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27635

Mir ist der Einwand von Hrn. Riemer nicht ganz klar. Daß etwas etwas anderes „mehr als ausgleicht“, ist in meinem Verständnis klares Deutsch. Was daran soll es nicht geben, was daran muß gerechtfertigt werden?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.12.2014 um 08.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27633

Lieber Herr Riemer, eine solche Anmerkung hatte ich schon erwartet, und ich habe meinen Satz mit einem inneren Augenzwinkern hingeschrieben. Vielleicht hatte ich schon mal erwähnt, daß ich mich seit Jahren mit diesem Thema beschäftige und Sammlungen dazu angelegt habe.

Es geht um die "Steigerung" von Verben überhaupt und dann besonders von Verbzusatzkonstruktionen. Letztere eröffnen gegenüber einfachen Verben oft überhaupt erst die Möglichkeit einer Steigerung: Doch ausländische Investitoren hielten sich bisher äußerst zurück. (NN 7.2.2000)
Bei anderen ist die Steigerung stellungsabhängig: Er hat acht verschiedene Abfüllungen trockenen Weißburgunders erzeugt, die alle mehr als überzeugen (FAS 16.6.02)
Unmöglich wäre: Sie überzeugen mehr als.
Ähnlich: Insgesamt hat sich die Zahl der Apotheken in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. (SZ 18.9.86)

Allerdings haben wir schon gesehen, daß besonders jugendsprachlich belegt ist: Der nervt so was von.

Hier noch was Einschlägiges: Moderate Mieten gleichen diese Preissteigerungen mehr als aus. (SZ 10.5.08)
Aber achten Sie auf seine Begeisterung fürs Lernen – sie wiegt Ihre Müdigkeit mehr als auf. (Joan Freeman: Erziehung und Intelligenz. Düsseldorf 1985:179)

Natürlich bezieht sich die Steigerung auf das ganze "Partikelverb", auch wenn stellungsbedingt nur der Zusatz im Fokus steht. Das muß man wohl als normgerecht anerkennen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.12.2014 um 13.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27623

Lieber Prof. Ickler, tut mir leid, wenn ich jetzt nicht direkt auf Ihr Thema eingehe, aber mir fällt in dieser Anmerkung besonders der letzte Satz auf. In der Schule hätten die Lehrer mir so etwas wohl angestrichen. Aber es erinnert mich an Ihren schönen Tagebucheintrag "Unser Vorgarten". "Mehr als aus" gibt es eigentlich nicht, und doch versteht es jeder, und eine vielleicht korrektere Formulierung wäre recht umständlich. Ich frage mich, ob man solche Konstruktionen auch irgendwie grammatisch erklären, also sozusagen rechtfertigen kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.12.2014 um 10.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#27622

Bald soll es auch gesetzliche muslimische Feiertage geben. Das ist konsequent. Auch Religionslehrerausbildung wird bald in erster Linie Ausbildung muslimischer Lehrer sein.

„Während Katholiken wegen ihres Glaubens ermordet werden, dürfen in französischen Rathäusern und Schulen zu Weihnachten keine Krippen aufgestellt werden. Die laizistische Verfassung verbietet es. Diese Intoleranz im Umgang mit allen Religionen, die sich ihrerseits zumindest im Kampf gegen diese Intoleranz auch einig sind, wirkt anachronistisch.“ (Jörg Altwegg in FAZ 23.12.14)

Eine neue Definition von "Intoleranz", sie war allerdings auch schon beim deutschen Kruzifixstreit zu hören.

Die französische und die amerikanische Verfassung verbieten dem Staat eigene religiöse Veranstaltungen, verpflichten ihn aber gleichzeitig. religiöse Aktivitäten der Bürger in weitestem Umfang zu dulden. Intoleranz kann man das nicht nennen. In den USA ist die Trennung den Religionsgesellschaften gut bekommen.

Ob man schon mal untersucht hat, wie die Texte auf Weihnachtsgrußkarten sich im Laufe der letzten Jahrzehnte entwickelt haben? Als ich im Ausland lebte, fielen mir zuerst die vielen "Seasonal Greetings" auf, mit denen sich Leute aus der Affäre zogen. Sie hatten ihre Höflichkeitspflicht erfüllt und mich in der (wenn auch irrig) unterstellten Glaubenszugehörigkeit beglückt, ohne sich selbst zu kompromittieren.
Ich selbst verschicke keine Grüße, aber wenn ich jemanden treffe, wünsche ich "schöne Feiertage". Dann kann er sich aussuchen, was gemeint ist.
Wünscht jemand mir "gesegnete Weihnachten", darf ich ihn für einen Christen halten, auch wenn ich das ganze Jahr über keinen entsprechenden Hinweis erhalte. "Besinnliche Weihnachten" sind schon zweifelhafter und erregen bei mir eine kleines Unbehagen. Wahrscheinlich nehme ich die Zudringlichkeit wahr: als ob der Typ wüßte, daß ich es nötig hätte, einmal ein bißchen zur Besinnung zu kommen. Das geht ihn aber wirklich nichts an.
Am Postschalter stand vor Weihnachten ein Mann in der Schlange, der 200 Grußkarten frankieren ließ. Wohl ein Geschäftsmann.
Alle Hotels, in denen einer von uns jemals übernachtet hat, bringen sich durch einen Weihnachtsgruß in Erinnerung. Der Briefkasten ist durch die E-Mail leerer geworden, aber die Werbesendungen gleichen das mehr als aus.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 07.10.2014 um 16.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26975

Noch mal zu den genealogischen Zeichen in den Personenartikeln von Wikipedia. Mir war entgangen, daß es sich um eine seit Jahren geführte Auseinandersetzung handelt, die ungeheure Dimensionen angenommen hat und kaum mehr lösbar erscheint. Hierzu drei Adressen bei Wikipedia:

https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Meinungsbilder
https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Meinungsbilder/Genealogische_Zeichen
https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Meinungsbilder/Lebensdaten_in_biografischen_Artikeln

Auf der ersten Seite sieht man, daß derzeit allein vier verschiedene interne Umfragen ("Meinungsbilder") vorbereitet worden sind, um das Problem in den Griff zu bekommen. Zwei davon sieht man unter den beiden anderen Adressen. Die Lösungsvorschläge sind an Kompliziertheit kaum zu überbieten.

Es handelt sich um einen regelrechten Krieg gegen das genealogische Kreuz †. Die Kreuzgegner versuchen, bei einem Artikel nach dem anderen das Kreuz zu entfernen (und dann das Sternchen für "geboren" gleich mit). Auch wenn noch gar nicht klar ist, wie die Alternative aussehen soll: geboren am ... gestorben am oder geboren ... gestorben (ohne am), geb. ... gest. oder ein Strich für "bis" in der Mitte.

Mir scheint, sie fühlen sich als die Inbegriff des Fortschrittlichen: Befreit die Juden vom christlichen Kreuz! Befreit alle Menschen von religiösen Zwängen! Das Ansinnen, Wikipedia vom Kreuz zu befreien, kommt mir vor wie eine Mischung aus Gendern (politisch bzw. ideologisch korrekte Texte) und Bildersturm (Kampf wegen religiöser Bilder bzw. Symbole). Wobei die echten Bilderstürmer bessere Argumente auf ihrer Seite hatten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.10.2014 um 14.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26940

Einen krassen Umgang mit Texten (hier Gesetzen und Urteilen) zeigt auch, was die WamS heute bezüglich illegaler Parteienfinanzierung durch Parteistiftungen in Erinnerung ruft. Die nutznießenden Parteien beharren allesamt darauf, der Buchstabe des Gesetzes sei durch ihr Abschöpfen von einer halben Milliarde aus Steuermitteln erfüllt. Für das anstehende Verfahren ist Bundesverfassungsrichter Peter Müller federführend, selbst ein Zögling der Konrad-Adenauer-Stiftung, aber selbstverständlich nicht im mindesten befangen. Übrigens einer jener Jungen Wilden, die mal gegen die Rechtschreibreform waren, aber das war vor der Sintflut.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 05.10.2014 um 12.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26939

Martin Luther schon hat die Ehe zum "weltlich Ding" erklärt. Ein Sakrament geht auf Jesus Christus zurück, es wird ein Symbol verwandt, und es ist heilsbringend; so bleiben nur die Taufe und das Abendmahl über.
Die Winkelzüge der Katholischen Kirche, ihre Vorstellungen zu retten, dokumentieren ja geradezu, welche Bedeutung die Interpretation und die Tradition in der Römischen Kirche über die reine Schrift hinaus haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.10.2014 um 07.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26937

Fasten – aber gern! Essen wir also kein Fleisch, aber dafür leckeren Fisch und trinken gutes starkes Bier dazu! Am Sabbat rühren wir keinen Finger, bezahlen aber ein Christenmädchen dafür, daß es den Haushalt führt. Die Frommen haben schon immer Wege gefunden, ihre Gebote strikt einzuhalten und gleichzeitig aufs angenehmste zu umgehen. Jesus hat, wenn ich ihn recht verstehe, gegen diese Heuchelei gekämpft. Er wäre kaum einverstanden mit dem, was mich zu dieser Beobachtung veranlaßt. Der Vatikan will an der Unauflöslichkeit der Ehe festhalten, aber die Möglichkeit der Annullierung ausweiten. Mir ist folgender Fall bekannt: Eine katholische Frau wollte einen geschiedenen Mann heiraten (der übrigens nicht katholisch war und seine erste Frau nicht kirchlich geheiratet hatte). Ein Verwandter erbot sich, seine guten Beziehungen zum Vatikan spielen zu lassen, damit die erste Ehe, aus der auch Kinder hervorgegangen waren, annullieren zu lassen. Man hätte also einen der Gründe finden bzw. fingieren müssen, die beispielsweise hier aufgeführt sind:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ehenichtigkeit (Kirchenrecht)

Dieses unwürdige Verfahren lehnten die beiden ab, und seither sind sie, obzwar sündig und, was die Frau betrifft, von der Kommunion ausgeschlossen, anscheinend glücklich verheiratet.
(Es gibt übrigens genügend Pfarrer, die der Frau gleichwohl die Kommunion spenden.)
Wir können uns schon auf die Texte freuen, die das Aggiornamento kunstreich in Worte fassen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.09.2014 um 07.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26860

Papier ist geduldig. Zur sprachlichen Akrobatik, wenn auch nicht unmittelbar zur Religionsfreiheit:

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier sieht die amerikanischen Luftangriffe durch das Völkerrecht gedeckt. Er verwies darauf, dass die USA und der Irak die Bombardements mit Artikel 51 der Uno-Charta begründen, dem Recht eines angegriffenen Staates auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung. Der IS dürfe "keine Rückzugsräume" in Syrien bekommen. "Deshalb scheint mir die Berufung auf Artikel 51 geeignet." (HA 25.9.14)


Dieser Artikel lautet:

Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen
Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht, jederzeit die Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder
Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für erforderlich hält.


Wenn die Auslegung zutrifft, die man nicht nur von Obama und der Bundesregierung, sondern auch von der FAZ usw. hört, dann könnten alle Staaten militärisch in allen anderen Staaten tätig werden, von denen ihnen eine Bedrohung auszugehen scheint. Sollten die USA z. B. zu der Ansicht gelangen, in Deutschland würden Terroristen nicht genügend bekämpft, könnten sie Luftangriffe auch bei uns fliegen. Vororte von Erlangen bieten sich als erste Ziele an.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.09.2014 um 14.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26848

Der "Tagesspiegel" fordert einen "starken Islam" in Deutschland.

Es ist Zeit, das Staatskirchenrecht zu öffnen und Schritte zu unternehmen, um den Islam als gleichberechtigte Religion anzuerkennen – mit allen Rechten und auch Pflichten. Und auch mit finanzieller Unterstützung. In vielen Moscheegemeinden fehlen Strukturen, und es mangelt an Professionalität. Die meisten, die sich dort engagieren und sich um Jugendliche kümmern, tun das ehrenamtlich.
Das reicht nicht aus. Mehr Unterstützung würde auch mehr Kontrolle ermöglichen. Denn wer öffentlich gefördert wird, muss nachweisen, was er mit dem Geld tut.
(22.9.14)

Um Steuergelder für den Islam abzuzweigen, könnte man die Muslime mit dem Gedanken vertraut machen, ihnen stünden wegen der Kreuzzüge Staatsleistungen zu. Wenn es um Geld geht, kann es schließlich keinen Unterschied machen, ob das Unrecht 210 oder 800 Jahre zurückliegt. Der konfessionelle muslimische Religionsunterricht und die Ausbildung der zugehörigen Lehrer sind ja schon erste Schritte zu einem neuen "Staatskirchenrecht" (Unwort des Jahrtausends!).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.09.2014 um 09.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26827

Reuemonat - sonderbares Wort. Fiel mir gerade auf, weil viele Bundesländer ihn dieses Jahr abschaffen. Warum muß sich der Gesetzgeber überhaupt mit so etwas befassen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.09.2014 um 10.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26783

Nachtrag zur Wirkung dieser irregulären Pädagogik. Obwohl ich nicht Anglistik studiert habe, ist mir verständlicherweise das Sonett nebst etlichen Zeilen aus Eliot im Gedächtnis geblieben, ohne weiteres Zutun. Der Unterricht hat mich auch so begeistert, daß ich mir von meinem wenigen Geld englische Anthologien gekauft und mich unter Vernachlässigung meiner Hausaufgaben als Übersetzer betätigt habe. So habe ich z. B. Miltons "On his blindness" metrisch exakt nachgedichtet; leider weiß ich zwar noch das Original auswendig, aber nicht mein eigenes Erzeugnis, das mir längst abhanden gekommen ist, sonst würde ich euch damit quälen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.09.2014 um 10.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26782

Herr Ludwig hat Eliots "Prufrock" erwähnt. Mir fiel gerade ein, daß wir im Englischunterricht "Prufrock", The Waste Land" und, ich glaube, auch "Gerontion" gelesen haben, alles bestimmt nicht im Lehrplan vorgesehen, aber unser Englischlehrer nahm sich die Freiheit, seine Lieblingstexte mit uns durchzugehen. Im Rückblick fast unvorstellbar.
(Er hat mir auch im mündlichen Abitur ein Shakespeare-Sonett – gleich das dritte übrigens, nicht ganz unschlüpfrige für uns unschuldige Knaben – vorgelegt, das ich nicht kannte, und das war definitiv nicht zulässig. Aber da alles gut ging, habe ich ihn nicht verklagt ... Friede seiner Asche, ein toller Kerl!)
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 07.09.2014 um 13.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26679

War keine Absicht! Wobei aber tadelswert durchaus im DWb steht, unter Berufung auf Campe und Rückert.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 07.09.2014 um 13.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26678

[Da nun auch Herr Mahlmann (#26674) das Wort tadelswert verwendet hat, wie kürzlich Herr Markner im Diskussionsforum (http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=239#10795), frage ich am Rande: Handelt es sich um einen Tippfehler oder um eine Variante (tadelnswert = des Tadelns wert; tadelswert = des Tadels wert)? Mir ist nur tadelnswert geläufig.]
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.09.2014 um 05.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26676

Es geht ja auch nicht um Tadel, sondern um die (Selbst-)Zuordnung von Institutionen. Der Vergleich mit der Sozialversicherung trifft es ziemlich genau.

Wir leben in einer interessanten Zeit, was den Schwund einstiger Selbstverständlichkeiten betrifft. Diskussionen schlagen plötzlich um, sobald eine "kritische Masse" erreicht ist. Begründungspflichten werden neu verteilt.

Spendenbasierte Glaubensgemeinschaften haben nicht dieselben Sorgen wie staatsnahe steuerfinanzierte und sind zweifellos "lebendiger". Kirchenvertreter zeigen, wenn man die Zeitung liest, eine gewisse Ratlosigkeit, können gar nicht verstehen, warum auf einmal so viele Menschen sich abwenden. Ich versuche der Sache ein wenig nachzugehen, sozusagen kommunikationspsychologisch.

Was ich mir noch einmal genauer ansehen muß: Wie ist es überhaupt zu der keineswegs selbstverständlichen Konstruktion gekommen, daß die Mitgliedsbeiträge für Religionsgesellschaften (die WRV kennt ja keine "Kirchen") vom Staat einzuziehen sind? Davon müssen doch Abgeordnete mehrheitlich überzeugt worden sein. In welcher rhetorischen Ausgangslage?

Heute scheint ein Punkt erreicht, an dem die einst komfortable Konstruktion sich als problematisch erweist. Die Diskussionen in den Blogs sind oft interessanter als die journalistischen Texte, auf die sie sich beziehen. Da machen sich auch viele Luft, die keine politische Partei mehr finden, die den ungeteilten Liberalismus vertritt.
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 06.09.2014 um 12.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26675

Die gesetzlichen Sozialversicherungen funktionieren auch so; . . . , ansonsten zahlt jeder, was er kann, und kriegt, was er braucht.

In der Theorie mag das so sein, aber in der Praxis sicher nicht. Wenn man in der Krankenversicherung freiwillig versichert ist orientiert sich der niedrigste Beitragssatz an einem monatlichen Einkommen von etwas über 900 Euro, ob man dieses Einkommen dann auch tatsächlich hat, danach fragt niemand. Ich halte eine solche Regelung für extrem asozial.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 06.09.2014 um 11.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26674

Einkommensabhängige Mitgliedsbeiträge gibt's auch woanders, z. B. bei Gewerkschaften. Die gesetzlichen Sozialversicherungen funktionieren auch so; nur bei der Rentenversicherung orientiert sich das, was der Versicherte herausbekommt, an dem, was er eingezahlt hat, ansonsten zahlt jeder, was er kann, und kriegt, was er braucht.

Vorderhand kann ich nichts Tadelswertes daran entdecken, wenn die Solidargemeinschaft Kirche, als die sie sich nach wie vor sieht (auch wenn manche Diskutanten das ablehnen), sich um gerechte Mitgliedsbeiträge sorgt. Ob die Kirchensteuer, zumal die jetzt vorhandene, diesem Ziel besser oder schlechter gerecht wird als eine andere Lösung, mag fraglich sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.09.2014 um 09.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26673

Die unglückliche Argumentation um die Kirchensteuer wird durch eine Sprachregelung verdeutlicht, für die Kardinal Marx gestern im Gespräch mit der FAZ ein weiteres Beispiel gab:

Zur jüngsten Kirchensteuerdebatte: Es wird keine neue Steuer erhoben, sondern es ist allein eine Frage der Gerechtigkeit, nicht nur die Steuer auf Arbeitseinkünfte, sondern auch auf Kapitalerträge einzubehalten. Alles andere wäre unsozial.

Er bemerkt gar nicht, daß er die Diskussion auf ein falsches Gleis schiebt, auch wenn es das gute alte ist. Eigentlich geht es ja um Mitgliedsbeiträge, und die deutsche Besonderheit, sie als "Steuer" zu bezeichnen und dann auch noch durch den Staat eintreiben zu lassen, führt zwar zu sicheren hohen Einnahmen, aber auch zur Entfremdung der "Vereinsmitglieder". Es ist ja nicht eben üblich, Mitgliedsbeiträge nach den Einkommen zu staffeln, auch wenn manche Vereinigungen ihren vermögenden Mitgliedern nahelegen, mehr als das satzungsbedingte Minimum zu zahlen. Steuern können gerecht sein, bei Mitgliedsbeiträgen oder Spenden paßt das Attribut nicht. Die verkehrte Auffassung klingt irgendwie mittelalterlich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.09.2014 um 05.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26664

Es ist sehr reizvoll, den "Zeitgeist" in seinen kaum merklichen, am Ende aber durchschlagenden Veränderungen zu beobachten, vor allem als rhetorische Erscheinung. Die Kirchenaustritte anläßlich des geänderten Kirchensteuereinzugsverfahrens sind ein verhältnismäßig gut abgrenzbarer Gegenstand. Die Kirchen bemühen sich seit Wochen unermüdlich, die Bevölkerung darauf hinzuweisen, daß es gar nicht um eine neue Steuer geht, sondern daß Kapitalerträge doch schon immer kirchensteuerpflichtig gewesen seien. Gerade mit diesem Hinweis, den man nun jeden Tag in der Zeitung lesen und im Rundfunk hören und sehen kann, wird aber das Gegenteil erreicht. Schon die bloße Thematisierung, als Aufklärung gemeint, bringt die ohnehin lauen Mitglieder der Religionsgesellschaften dazu, über ihre Mitgliedschaft nachzudenken.
Ein Beispiel: Eine junge Frau (Steuerklasse I) betrachtet ihre Steuerbescheide genauer, stellt fest, daß sie in den ersten beiden Jahren ihrer Berufstätigkeit fast 2000 Euro Mitgliedsbeitrag an eine Kirche gezahlt hat, mit der sie eigentlich nichts verbindet, und tritt umgehend aus. Es ändern sich also die Gewohnheiten, die sogenannten Karteileichen (die als zahlende Mitglieder passiv-aktiv waren) werden allmählich ausgesondert, und damit sind zahlreiche Kirchenleute auch durchaus einverstanden; Papst Benedikt war es, und Papst Franziskus scheint es auch zu sein.
Man könnte auch sagen: Die nicht-intendierte Wirkung der Aufklärung verschiebt den sozialen Druck. Wie man nach und nach nichts mehr dabei fand, sich als homosexuell zu bekennen, so ist es auch nichts Anrüchiges mehr, keiner Religionsgemeinschaft anzugehören. Bis "Atheist" das Schicksal von "schwul" teilt, dürfte aber noch einige Zeit vergehen. Man denke an die Konnotationen von "gottlos".
 
 

Kommentar von www.kirchensteuer.de, verfaßt am 13.08.2014 um 20.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26533

Bischöfe werden i.d.R. vom Staat besoldet. In den westlichen Bundesländern beziehen sie ein Gehalt meist nach Besoldungsstufe B6 (7.778,83 EUR), Erzbischöfe gem. B10 (10.740,52 EUR), in München sogar nach B 11 (11.157,60 EUR). Ihr Monatseinkommen liegt incl. Zulagen, geldwerter Vorteile und dem umgelegten 13. Gehalt bei ca. 10.000 bzw. 13.000 bzw. 13.500 EUR. Ihre Pension macht 71,75 % dieses Gehalts aus.

http://www.kirchensteuer.de/node/77
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 13.08.2014 um 15.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26531

Kirchensteuer zahlen Mitglieder öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften. Das sind die römisch-katholische Kirche, die evangelischen Landeskirchen, verschiedene israelitische Kultusgemeinden und die altkatholische Kirche (habe ich was vergessen? Die Anerkennung ist Landessache). Diese Zahlungen bedürfen keiner weiteren Begründung; was die jeweiligen Vereinigungen mit ihren Mitgliedsbeiträgen machen, ist deren Sache. Zum allergrößten Teil dienen sie zur Finanzierung des Kirchenpersonals, also Pfarrer, Küster usw. (nicht aber Bischöfe, die werden aus Staatsleistungen bezahlt!). Ein kleiner Teil geht auch in karitative Zwecke. Instandsetzungen von Kirchen werden im Zweifel auch wieder von allgemeinen Steuergeldern bezahlt oder zumindest bezuschußt (falls man nicht Pensionsfonds dafür anzapft, wie in Limburg). Auch Kirchentage/Katholikentage werden zu einem Drittel bis zur Hälfte aus staatlichen Steuermitteln bezahlt; etwa ein Drittel tragen die Teilnehmer und maximal ein Drittel kommt aus Kirchensteuermitteln.
(Zum konfessionellen Religionsunterricht siehe Beitrag 20469.)
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 11.08.2014 um 10.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26523

Die Kirchensteuer wird damit begründet, daß die Bausubstanz der Gotteshäuser (Kirchen, Synagogen) erhalten werden muß etc. Deshalb müssen auch Mitglieder anderer Religionen eine entsprechende Steuer zahlen.

Und sie wird in der Volkszählung erfragt. Das ist einer der Hauptgründe, warum für mich Volkszählungen so problematisch sind. Man wird dazu gezwungen, Farbe zu bekennen, obwohl es eine Privatsache ist und demgemäß anderen – auch dem Staat – nichts angeht. Anderseits muß die Schule über die Religionszugehörigkeit der Schüler Bescheid wissen, um den für sie relevanten Religionsunterricht anbieten zu können. Und das sollte die Schule machen, um eine gewisse Kontrolle darüber zu haben, wer die Schüler in diesem Fach unterrichtet, um sie nicht Fanatikern auszusetzen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.08.2014 um 05.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26522

Zu Ihren letzten Ausführungen möchte ich nichts sagen, das ist Theologie. Aber wenn Sie schreiben: "Die Kirchensteuer ist eine Kompensation für die Enteignung der Kirche durch den Staat." - dann verwechseln Sie etwas. Anscheinend haben Sie die sogenannten Staatsleistungen im Sinn, über deren vom Grundgesetz (WRV) aufgetragene Ablösung gelegentlich gesprochen wird. Wie hoch die Ablösung unter Verrechnung der bereits geleisteten Zahlungen (z. Zt. knapp eine halbe Milliarde jährlich) ausfallen würde, müßte erst noch berechnet bzw. ausgehandelt werden, aber solche Verhandlungen werden nicht geführt.
Die Kirchensteuer ist keine Zahlung des Staates als Ausgleich für irgend etwas, sondern ein Mitgliedsbeitrag, dessen Inkasso der Staat gegen eine Gebühr übernommen hat. Die Religionszugehörigkeit, die keinen was angeht, steht seither auf der Lohnsteuerkarte. (Die Schule weiß genau über die Religionszugehörigkeit jedes Schülers Bescheid.)
Ich hatte gelegentlich aus meiner Position als Außenstehender auf die meiner Einschätzung nach psychologisch ungünstige Wirkung des staatsähnlichen Auftretens der Kirchen hingewiesen. Es war vielleicht doch kein so guter Einfall, die Mitgliedsbeiträge als "Steuern" zu bezeichnen, auf deren Erhebung die Kirchen ein Recht haben, und nun die Banken zum direkten Abzug der Steuern von den Kapitalerträgen zu verpflichten.
Noch geht es den Kirchen in Deutschland gut, aber der Religion geht es in den USA besser.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 10.08.2014 um 19.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26521

Um noch einmal auf das Grundthema des Strangs zu kommen, die Verteilung des Korans. Der Koran ist nicht das islamische Äquivalent zur Bibel, sondern zu Jesus Christus. Für den Muslim offenbart sich Gott im Koran, für den Christen offenbart sich Gott in Jesus Christus.
Wenn ein Muslim den Koran verteilt, ist das nicht das gleiche wie wenn ein Christ die Bibel herumreicht.
Die Bibel ist im christlichen Sinne ein menschgemachter Text, der natürlich fehlerhaft sein kann (wohl auch ist), der ein Kind seiner Zeit ist und der der Interpretation durch den Leser bedarf. Der Muslim muß den Koran als Offenbarung Gottes wortwörtlich nehmen. Wenn in der Bibel zu Gewalt aufgerufen wird, kann der Christ das historisch einordnen und für sich eigene Maximen ableiten; wenn im Koran dazu aufgerufen wird, die Ungläubigen zu töten, wo sie angetroffen werden, dann muß der Muslim das als unausweichliche Forderung Gottes auffassen.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 10.08.2014 um 19.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26520

Vorstöße, die Kirchensteuer abzuschaffen, gibt es seit ihrer Einführung, und sie gehen von den Kirchen aus. Besonders die katholische Kirche hat es mehrmals angeregt.
Die Kirchensteuer ist eine Kompensation für die Enteignung der Kirche durch den Staat. Wenn der Staat ein für alle Mal die Schulden ablösen wollte, wäre das viel teurer als eine auf unbestimmte Zeit gültige Kirchensteuer.
Es ist auch ein Trugschluß, daß die Steuerbelastung der Bürger ohne generelle Kirchensteuer niedriger ausfiele; dann würde der Staat das Geld eben für sich einziehen.
Unsinn ist es auch, daß derjenige, der aus der Kirche austritt, seinen Entschluß öffentlich machen muß. Er füllt vielmehr einen Standardbogen im Rathaus aus, und der Sachbearbeiter setzt in der Einwohnermeldeakte den Haken auf "konfessionslos"; mehr ist es nicht, keiner nimmt Notiz davon.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 10.08.2014 um 17.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26519

Normalerweise ist die seltsame deutsche Kirchensteuer in der Presse kein wichtiges Thema. Es sei denn, die Kirchen selbst klagen über die vielen Kirchenaustritte und geben gleich auch noch die Kirchensteuer als Grund für die Austritte an.

Dann findet man plötzlich Artikel wie diesen hier: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/glaube-und-geld-die-kirchensteuer-schadet-den-kirchen-13089553.html
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.08.2014 um 12.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26475

Hector Avalos: Violence in the Bible and the Bhagavad-Gita

Recht interessant, vor allem weil die Stellen vorgeführt werden, die den wohlwollenden Interpreten Kopfzerbrechen bereiten. Allerdings darf man nicht verkennen, daß es sich bei der Gita um eine Episode aus einem Kriegs- und Heldenepos handelt, das am ehesten mit der Ilias vergleichbar ist. Unter diesen Umständen ist es bemerkenswert, daß überhaupt eine solche theoretische Erörterung über die Zulässigkeit des Tötens eingeschaltet ist.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 25.06.2014 um 21.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26148

Aha, vielen Dank für den Hinweis. Das war ja im Jahr 2010 sogar schon die dritte Umfrage bei Wikipedia. Interessant ist der einleitende Hinweis, daß Wikipedia-Mitarbeiter in den Bereichen Judentum und Islam das Kreuzzeichen nach wie vor als ein Problem empfänden und auch regelmäßig kritische Fragen von Nutzern gestellt worden seien.

Insofern ist die Möglichkeit gar nicht so abwegig, daß auch außerhalb von Wikipedia aus dem Kreuz mal ein "Thema" wird (auf die allgemeine Öffentlichkeit hatte sich meine Neugier eigentlich bezogen).
 
 

Kommentar von P. Küsel, verfaßt am 25.06.2014 um 19.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26147

Die Sache mit dem Kreuzzeichen ist diskutiert worden, ja, und zwar zuletzt meines Wissens im Mai 2010. Das Ergebnis des sogenannten Meinungsbildes war: Das bisherige Format * und † soll beibehalten werden. (http://preview.tinyurl.com/mh92wvy)
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 25.06.2014 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#26146

Beim Stöbern in Wikipedia fiel mir auf, daß die genealogischen Zeichen anstandslos gebraucht werden, also zum Beispiel auch bei Mohammed († 8. Juni 632 in Medina). Das Zeichen † wird genauso universell verwendet wie das Wort "gestorben".

Hat eigentlich schon jemand dagegen Einspruch erhoben, daß der Tod auch bei Muslimen mit dem Kreuzeszeichen symbolisiert wird? Heutzutage könnte man darin eine Diskriminierung sehen, wenn ich es richtig mitbekommen habe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.04.2014 um 04.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#25727

Wieder einmal ist das Volk gefragt worden, ob es der Meinung sei, der Islam gehöre zu Deutschland oder sei ein Teil von Deutschland. Was ist bei einer mehrheitlich christlichen Bevölkerung schon zu erwarten? Zumal bei dieser sinnlosen Formulierung. Man hätte fragen sollen: Sind Sie der Meinung, daß es in Deutschland Muslime gibt?
Gehört der Atheismus eigentlich zu Deutschland?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.12.2013 um 06.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#24613

Könnte auch unter "Festung Europa" stehen, aber dort geht es um Sprachenpolitik:

Der Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Prof. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, thematisierte in seiner Begrüßungsrede das besondere Spannungsverhältnis von Werten und Europa und wies auf das Phänomen hin, wonach man gesellschaftlich zwar von Werten spricht, diese jedoch nicht klar benannt oder umfassend definiert werden können. Dabei fußen sie doch auf der europäischen, abendländisch-jüdisch-christlichen Tradition. Seinerzeit als Vorbild für die ganze Weltgemeinschaft definiert steht dieses europäische Gedankengut von ca. 0,5 Mrd. Europäern aktuell mit Wertvorstellungen von ca. 6,5 Mrd. Menschen aus anderen Kulturkreisen, Traditionen und Religionsgruppen im Wettstreit.
(www.hss.de)

Man sieht, was für eine segensreiche Erfindung der Bindestrich ist.
abendländisch-jüdisch-christlich umfaßt ja so ziemlich alles und auch das Gegenteil davon. Aber eigentlich meint Zehetmair natürlich stets Tuntenhausen. Das wird dann mit dem Rest der Welt konfrontiert, eine wirklich bedrohliche Perspektive.

Was ich nicht verstehe: Wann war "seinerzeit"?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.12.2013 um 13.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#24554

Nun, das ist uralte Tradition. Die theologischen Fakultäten sind immer die ersten gewesen, auch nach den Vorlesungsverzeichnissen, und auf unseren Schulzeugnissen steht immer Religion als erstes Fach. Wer stattdessen "Ethik" wählt, bekommt oft denselben Lehrer, ausgebildet an der theologischen Fakultät in Passau ...
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 05.12.2013 um 10.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#24552

Welchen Stellenwert Religion hat, erahnt man, wenn man z. B. in den LehrplanPLUS Bayern hineinschmökert.

Die Reihenfolge der Lehrgegenstände: Katholische Religionslehre, Evangelische Religionslehre, Ethik, Deutsch, Deutsch als Zweitsprache, Englisch, Mathematik, Heimat- und Sachunterricht, Sport, Musik, Kunst, Werken/Textiles Gestalten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.12.2013 um 06.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#24551

„Die Bundesregierung sieht ‚keinen Handlungsbedarf, mit den Kirchen in Verhandlungen über eine Ablösung der Staatsleistungen einzutreten‘.“ (FAZ 5.12.13)
Der Auftrag steht zwar im GG (= Art. 138 WRV), aber das begründet für die Bundesregierung natürlich keinen Handlungsbedarf. (Legt ihr's nicht aus, so legt was unter!)

Gestern kam ein Schreiben vom Kirchensteueramt des Bistums Bamberg, das mit 58 Cent frankiert war und meine Frau aufforderte, 48 Cent Kircheneinkommenssteuer zu überweisen. Wir haben nicht herausfinden können, wie diese Steuerschuld entstanden ist, der Text ist kryptisch formuliert. Immerhin wirkt er wie eine letzte Blüte des vollkommen durchbürokratisierten Religionswesens in Deutschland. Der überwiegend tabellenförmige Text und die umseitige Rechtsbehelfsbelehrung sind haargenau den Schreiben der Finanzämter nachempfunden. Als interessierter Beobachter frage ich mich, wie groß die Entfernung von der Sorge um das Seelenheil noch werden kann.

Die sprachliche Sonderwelt der Religionen wird von der Sprachwissenschaft viel zu wenig beachtet, angesichts ihrer Ausmaße und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2013 um 06.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#24295

Der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa ist 2013 an die Islamwissenschaftlerin Angelika Neuwirth verliehen worden. Als Laie in diesen Sachen fand ich den Streit der Islamwissenschaftler ganz lehrreich, wozu ich hier nur die Beiträge von Zainab Müller angeben möchte, weil sie allgemeinverständlich und materialreich genug sind, um auch andere Laien zu interessieren:

http://www.gkpn.de/Mueller_Islamwissenschaft.pdf
http://www.symbolforschung.de/media/Volltexte/Islamwissenschaft%20Teil%20II.pdf
http://www.cremisan.de/cms/upload/pdf/artikel-community/teil2/2.15._Zainab_A._Mller_Islamwissenschaft_Teil_III.pdf
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.03.2013 um 07.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#22810

Eben! Schon aus grammatischen Gründen nicht.

Zur Auslegbarkeit von Texten, wenn der Wille da ist, fällt mir gerade noch auf:

Das erste Angelus-Gebet des neuen Papstes auf dem Petersplatz wird in alle Welt übertragen. (Pressemeldung 17.3.13)

Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu. (J.)
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 05.03.2013 um 12.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#22753

Ist "ein Taliban" nicht so etwas wie "ein Schülerinnen und Schüler"?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.03.2013 um 18.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#22749

Kann ein Taliban im kommenden Jahr zum Präsidenten Afghanistans gewählt werden? (Welt online 4.3.13)

Natürlich nicht!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.01.2013 um 08.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#22426

Obama hat sich wiederum mit der Hand auf der Bibel vereidigen lassen, sogar auf zwei Bibeln: Lincolns Bibel, die schon beim erstenmal dabei war, lag nun auf der von Martin Luther King. Ich bin kein Amerikakenner und weiß nicht, wie sich manche derartigen Züge mit dem sonst so stark betonten Säkularismus vertragen. Andererseits verstehe ich einigermaßen, daß ein Land mit strikter staatlicher Zurückhaltung in religiösen Angelegenheiten gerade besonders religiös sein kann oder muß.
Aber etwas anderes veranlaßt mich zu diesen Bemerkungen: In der Bibel, auf die mancher schwört, steht ja an zentraler Stelle; "Ihr sollt überhaupt nicht schwören." Darüber ist nun in der Kirchengeschichte viel gestritten worden, aber am Ende haben die größten Kirchen das Schwören und das Verbot des Schwörens für vereinbar erklärt. Das ist nun sehr interessant, zeigt es doch an einem krassen Beispiel die unendliche Auslegbarkeit von Texten – wenn nur der Wille stark genug ist.
Sokrates wollte nichts schreiben, weil er voraussah, daß Texte durch die Welt wandern wie herrenlose Hunde und jeder mit ihnen machen kann, was er will. Allerdings sagt das Platon, der die Schriftlichkeit verdammte – und der größte Prosaschriftsteller der Antike war.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2012 um 07.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#22149

Salafisten sind ultrakonservative Islamisten, die angeblich so leben, wie es der Prophet getan hat, ihre Zähne mit Ästen putzen und den Koran wörtlich nehmen. (SZ 19.12.12)

Wie verrückt muß man sein, um seine Zähne mit Ästen zu putzen! In Wirklichkeit weiß jeder Orientreisende, worum es sich hier handelt:

„Miswak oder Siwak bezeichnet einen Zweig, eine Knospe oder ein Wurzelstück des Zahnbürstenbaumes (Salvadora persica), das zur Reinigung der Zähne verwendet wird. Der Miswak ist somit eine traditionelle arabische Form der Zahnbürste.“ (Wiki)

Usw., ein lehrreicher Artikel. Die Sitte ist auch in Indien unabhängig von der Religion weit verbreitet.
 
 

Kommentar von GERMANIST, verfaßt am 02.10.2012 um 10.02 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#21634

Nimmt man das Wort "katholikos" = allgemein wörtlich, kann man in Deutschland überhaupt keiner Kirche angehören, ohne vorher dafür zu bezahlen. (Auch die Orthodoxe Kirche nennt sich katholikos.) Den Prozeß hat die römische Kirche geführt.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 02.10.2012 um 01.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#21630

Nun handelt es sich bei dem ganzen Prozess um eine reichlich subtile Frage. Es trifft zu, daß die ursprüngliche Klage vom Erzbistum erhoben wurde. Andererseits war es Zapp, der Revision beim BVwG eingelegt hatte. Seine Revision war "in gewisser Hinsicht" sogar erfolgreich.

Allerdings scheint mir, jedenfalls solange der genaue Urteilstext nicht vorliegt, daß die katholische Kirche mit dem Urteilstenor zufriedener sein kann als Zapp. Insofern ist die Berichterstattung der Medien zwar juristisch ungenau, in der Sache aber vielleicht nicht so ganz falsch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.09.2012 um 09.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#21618

In allen deutschen Zeitungen und sonstigen Medien hieß es, der Kirchensteuerrebell Zapp sei mit seiner Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert. In Wirklichkeit hatte er gar nicht geklagt, sondern die Kirche, und man kann sogar sagen, daß er in gewisser Hinsicht recht bekommen hat. Es ist erstaunlich, wie sich so etwas verbreitet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.09.2012 um 05.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#21591

"In turbulenten Zeiten wird an der Universität Erlangen-Nürnberg offiziell das neue Department Islamisch-Religiöse Studien eingeweiht. Zur Eröffnung der bayernweit einzigartigen Einrichtung haben sich am Donnerstag (27.09.12) zwei Minister angesagt." (Bayerischer Rundfunk)

Das sind weit mehr Minister als Studenten, von denen nämlich bisher kein einziger sich gezeigt hat. Wie mir ein Insider gestern an Ort und Stelle sagte, ist das Problem dieser konfessionellen Ausbildung, daß sie nicht auf Wunsch der Muslime eingerichtet wird, sondern den politischen Absichten überwiegend christlicher Bildungsplaner entsprungen ist. Dabei könnte auch – das ist jetzt meine Interpretation – die Absicht mitspielen, die steuerfinanzierte christliche Theologenausbildung samt Religionsunterricht zu retten. Die Zeiten sind der "bewährten" Zusammenarbeit von Kirche und Staat nicht günstig. Gestern jubelten die deutschen Bischöfe über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Zapp, das ihnen weiterhin die unverkürzte Kirchensteuer zu sichern scheint. Wie aber die kritische Reaktion der meisten Beobachter zeigt, ist das zu kurz gedacht. Auch der Papst ist ja, wie er seit Jahrzehnten sagt, im Grunde dagegen, hat aber seinen deutschen Kollegen nachgegeben.

Die sprachlichen Pirouetten, mit denen die faktische Nichttrennung von Staat und Kirche als die wahre Trennung ausgegeben wird, sind einer eigenen Betrachtung wert. Dieter Grimm, dem wir aus anderen Gründen gram sein müßten, hat kürzlich in der Süddeutschen Zeitung einen messerscharf formulierten Aufsatz über diese Dinge veröffentlicht, der mich vor Bewunderung juristischer Klarheit wieder mal neidisch werden ließ.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 03.05.2012 um 12.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20595

Das "kleine Lexikon deutscher Wörter arabischer Herkunft" (C.H Beck 1982, Hrsg. Nabil Osman) schreibt zu "Muselman": "Im Persischen wurde die Pluralendung -an angefügt, die im Türkischen als Singular übernommen wurde, woraus Muselman(n) entstanden ist."
Unter dem vorhergehenden Lemma "Moslim, auch Muslim": Aus dem arabischen Wort muslim wurde durch Anhängen der persischen Endung -ân Musilmân, das in zahlreiche europäische Sprachen übergegangen ist, (...)".
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 28.04.2012 um 00.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20566

M.W. ist aber doch die Nunationsendung nicht betont.

Im übrigen habe ich inzwischen gelernt, daß im Persischen das Suffix -an sehr vielfältige Verwendungen hat. Damit können u.a. verschiedene Wortarten gebildet werden, darunter Adjektive.

Das Online Etymology Dictionary bezeichnet pers. musulman als Adjektiv.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.04.2012 um 13.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20563

Ich hatte nur ein Foto gesehen, es war ganz eindeutig die Henningsche Übersetzung. Vielleicht wieder mal eines dieser irreführenden Bilder, mit denen die Presse uns abspeist, weil es immer irgendwas zu sehen geben muß. Oder sind verschiedene Ausgaben gedruckt worden? Andere Diskutanten im Internet sprechen auch von Henning. Von Denffer hatte ich noch nie etwas gehört.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 27.04.2012 um 11.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20562

Nachdem die Gemüter in diesem Strang sich wieder ein bißchen beruhigt haben, ist es angebracht darauf hinzuweisen, daß die in den Fußgängerzonen verteilte Koran-Übersetzung nicht (vgl. den Hinweis von Herrn Ickler in diesem Eintrag) von Max Henning, sondern – laut FAZ vom 25.4.2012 (siehe hier) – von Abu-r-Rida Muhammad ibn Ahmad ibn Rassoul stammt.

Ahmad von Denffer gibt in seiner „History of Qur’an Translation in Germany“ Hinweise zu Henning und seiner Übersetzung (S. 30–31) und zu Rassoul (S. 32).

Zur bibliographischen Abhandlung von Denffer geht es hier (PDF-Datei).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.04.2012 um 07.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20561

Wozu den Plural bemühen? Es genügt doch die arabische Nunation des indeterminierten Singulars. (Persisch kann ich aber nicht.)
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 26.04.2012 um 22.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20559

Muselman kommt nicht vom arabischen Plural, sondern vom persischen musulman. Diese Bezeichnung ist aus dem Persischen in viele andere Sprachen übergegangen und dort noch heute die übliche Bezeichnung, so in Französisch, Italienisch, Russisch, Türkisch (müsülman) und in zentral- und südasiatischen Sprachen.

In einigen europäischen Sprachen wie Deutsch und Englisch ist die Bezeichnung inzwischen unüblich geworden.

Nicht klar ist mir, ob im persischen Musulman ursprünglich auch die Pluralendung -an (wie in Taliban) steckt oder ob es sich nur um eine zufällige Ähnlichkeit handelt.
 
 

Kommentar von Kurt Albert, verfaßt am 26.04.2012 um 19.16 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20558

"Muselman"

Ist eigentlich schon beachtet worden, daß im Arabischen dies der Plural von "Muslim" (muslim) ist: (muslimu:n)?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.04.2012 um 08.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20495

„Muselmann“ kostet 1200 Euro
Dass er einen Tunesier als „Muselmann“ betitelte, kommt einen Maisacher teuer zu stehen: Er muss 1200 Euro Strafe wegen Beleidigung zahlen.
(merkur-online 19.08.09)
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 21.04.2012 um 01.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20493

Auch im Duden 1991 stand noch Muselmännin neben Muselmanin.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.04.2012 um 00.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20492

Oh je, ich dachte gerade, ich hätte die letzten beiden Begriffe erfunden, dabei gibt's dafür jede Menge Internetbelege.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 20.04.2012 um 23.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20491

Interessant ist vielleicht auch, die dazugehörigen rein weiblichen Formen zu betrachten:

Muslim - Muslima, Muslime, Muslimin
Moslem - Moslime, Moslemin
Muselman - Muselmanin
Muselmann - ?

Für letztere kämen vielleicht die Muselfrau oder die Muselmännin in Betracht, aber da der Muselmann sowieso veraltet ist, haben die PC-Besessenen vielleicht ein Einsehen ...
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 20.04.2012 um 19.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20490

Zu "NB" von Herrn Achenbach (#20476):

C-A-F-F-E-E
...
sei doch kein Muselman
der das/es/ihn nicht lassen kann!


Aber spätestens, wenn dieser Kanon als politisch unkorrekt geächtet ist, ist die Bezeichnung wirklich ganz ausgestorben.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 20.04.2012 um 18.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20489

Sprachlich interessant: Ein Kabarettist benutzte jetzt für eine Mehrzahl von Koranexemplaren den Ausdruck "Koräne".
Der Begriff "Muslim" hat gegenüber "Moslem" den Vorteil, daß er den "mehr deutschen" Plural auf e bildet. Ob das bei seinem Vordringen eine Rolle spielt, weiß ich nicht.
Interessant auch Kauders neueste Auslassung, Muslime gehörten zwar zu Deutschland, der Islam aber nicht. Wir wollen nur nichtislamische Muslime!
Fast überflüssig zu sagen, daß der verteilte Koran zwar sorgfältig die arabischen Ausdrücke transliteriert, aber eifrig die Heysesche ss-Schreibung pflegt. Welche Reformtorheiten er noch hat, ist bei der Struktur des Textes nicht so leicht zu sagen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 19.04.2012 um 20.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20477

Die Umstellung ist politisch gewollt, wenngleich die Motivation nicht klar ersichtlich ist (anders als bei der Ablehnung der Fremdbezeichnung Mohammedaner). So heißt es z. B. Zentralrat der Muslime.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 19.04.2012 um 19.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20476

Anscheinend bewegen weltanschauliche Fragen wie diese die Gemüter sehr viel mehr als der eigentliche Gegenstand dieses Forums.

Jetzt aber etwas zur Sprache:

Mir fällt auf, daß die Bezeichnung Muslim seit einiger Zeit die früher überwiegende Bezeichnung Moslem verdrängt. Beide gibt es natürlich schon lange nebeneinander. Muslim ist die wissenschaftliche Transliteration und war früher überwiegend in gelehrten Abhandlungen zu finden. Dagegen gibt Moslem besser die tatsächliche Aussprache zumindest in einem Großteil der arabischen Welt wieder – jedenfalls wenn man das s stimmlos spricht.

Die Statistik ist eindeutig:

Im DWDS-Korpus entfallen von 380 Fundstellen für Muslim(e) allein 251 auf das letzte Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts. Für Moslem(s) findet man im selben Jahrzehnt nur 27 von insgesamt 238 Fundstellen. In der gesamten ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts gibt es nur 9 Fundstellen für Muslim. Das ist eine eindeutige Verschiebung zugunsten von Muslim(e), selbst wenn man berücksichtigt, daß man wohl als Folge der Einwanderung und später des islamischen Extremismus seit einigen Jahrzehnten viel mehr über Moslems/Muslime spricht als früher.

Bei neueren Texten fällt der Unterschied noch krasser aus. Google News ergibt 22.300 Fundstellen für Muslim, 333 für Moslem.

Woran liegt nun diese Verschiebung? Ist es der Einfluß der gelehrten Sprache? Ist es der Einfluß des Englischen? Allerdings gibt es auch im Englischen beide Varianten. Ziehen die deutschen Muslimun die Bezeichnung Muslim vor? Ist Moslem vielleicht nicht mehr "politisch korrekt"?

NB
Die Bezeichnung Musulman ist ja im Deutschen völlig ausgestorben. Im Französischen ist sie die übliche Bezeichnung.
 
 

Kommentar von Kurt Albert, verfaßt am 19.04.2012 um 18.53 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20475

Zu Theodor Ickler, 19. April, 8.02 Uhr:

Die beiden letzten Sätze – daß sich Hindus, Muslime, Christen ... in ihren Grundanschauungen nicht wesentlich unterscheiden – finde ich sehr berechtigt und sehr beherzigenswert.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 19.04.2012 um 08.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20473

-> Marco Mahlmann

> Ich suche schon seit geraumer Zeit eine neue
> Bibel – in bewährter Rechtschreibung natürlich. Nix zu machen.
> Die Kirchen sind alle auf KMK-Schrieb eingenordet. Selbst
> Patientenverfügungen sind dermaßen au
> 96er-Version getrimmt, daß sie mißverständlich
> werden – bei einem solch sensiblen Thema!

Dem kann geholfen werden:

www.bibelonline.de

Man beachte, daß diese in "alter" (== schlechter!) Rechtschreibung geschriebene Bibel erst auf Seite 3 aller 1984er-Übersetzungen auftaucht, also auf den ersten und zweiten Blick nicht zu finden ist. Offenbar schämt man sich, daß es noch einige MitmenschInnen gibt, die so einen alten Mist kaufen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2012 um 08.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20472

Texte sind unendlich deutbar. "Legt ihr's nicht aus, so legt was unter." Theologen wissen, daß die Verteilung heiliger Schriften an die gläubigen Laien nicht ungefährlich ist. Die Hermeneutik ist eigens entwickelt worden, um Interpretationen zu finden, die dem Geist der Zeiten nicht allzu kraß widersprechen. In den vedischen Texten zum Beispiel ist von Menschen- und Pferdeopfer die Rede, wobei sich dem modernen Hindu natürlich die Haare sträuben. Man hat aber schon in grauer Vorzeit symbolische Deutungen gefunden, die das Ganze erträglich machen. (S. etwa Purushamedha bei Wiki.)

In Bremen hat man schon darauf hingewiesen, daß die Bibel wie alle religiösen Texte schwer zu verstehen sei, gerade im Hinblick auf judenfeindliche Stellen. Dazu s. "Antijudaismus im Neuen Testament" bei Wikipedia.

Vergleichsweise einfach zu verstehen ist die Bhagavadgita, die es wahrscheinlich auch bald auf deutschen Straßen gibt. In Indien haben Sikhs mir ständig fromme Bücher in die Hand gedrückt. Das Buch Mormon haben wir in Erlangen auch schon überreicht bekommen und zum Teil sogar gelesen, obwohl es uns skurril vorkommt. Konfuzius ist sehr leicht zu verstehen, Laotse überhaupt nicht. (Ich übertreibe ein bißchen.) Soviel zu den Texten.

Ich kenne sympathische und intelligente Hindus, Muslime, Jainas, Sikhs, Mormonen, Baha'i-Anhänger, natürlich Christen aller Observationen sowie Atheisten und finde nicht, daß sie sich in ihrer Lebensweise und ihren Grundanschauungen merklich unterscheiden. Darüber wundert man sich viel zu wenig.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2012 um 07.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20471

Um wieder auf das Sprachliche zurückzukommen: Theologen gebrauchen bei uns die deutsche Sprache oft in einer Weise, die uns irgendwie vertraut vorkommt, bei genauerem Hinsehen aber doch fremd anmutet. In Bremen werden jetzt kostenlos Bibeln verteilt, was ja auch nur gut sein kann, denn ich kenne keinen einzigen Christen, von dem ich annehme, daß er die ganze Bibel gelesen hat. Nun heißt es: "Es sei wichtig, Kenntnisse über den eigenen christlichen Glauben zu haben, um den Dialog zum Beispiel mit den Muslimen überhaupt führen zu können, begründete Motschmann ihre Aktion in einer kurzen Pressemitteilung." Ähnliches lese ich auch in den Texten zur Begründung des Religionsunterrichts: Die Kinder sollten ihren Glauben kennenlernen, sollten wissen, was sie glauben usw. Die Katholiken brauchen, wenn sie es genau nehmen, ein Buch von 824 Seiten, um ihren Glauben kennenzulernen.

Das ist doch seltsam. In Wirklichkeit geht es natürlich darum, daß jemand die Lehren derjenigen Organisation kennenlernt, deren Mitglied er meist von Geburts wegen ist. Es gibt also, entgegen einem bekannten Philosophen, zweijährige Protestanten und Muslime... Es wäre meines Erachtens wünschenswert, sich eindeutiger auszudrücken.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 18.04.2012 um 21.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20470

Zum einen geht es doch hier um die Gegenwart, und da muß man schon sagen, daß das Christentum nicht nur gegenüber dem Islam, sondern auch im Rückblick auf seine eigene mittelalterliche Vergangenheit einigermaßen geläutert erscheint. Bibel und Koran nehmen sich gegenseitig nicht viel, beide muß man auch historisch sehen, vieles darf man in beiden nicht allzu wörtlich nehmen. Wie sich heute die beiden Religionen darstellen, darauf kommt es an. Und da unterscheiden sich die islamischen Diktaturen doch sehr von den westlichen Demokratien, die nur noch christlich geprägt sind, aber eine weitgehende Trennung von Staat und Kirche vollzogen haben.

Zum andern, ich fordere die Religionsfreiheit nicht von den Religionsgesellschaften, sondern, wie ich geschrieben habe, die Religionsgesellschaften stellen verschiedene Forderungen an den Staat. Natürlich entscheidet der Staat, aber die Religionen müssen bestimmte Spielregeln einhalten, sonst haben sie von vornherein gar keinen Anspruch. Solange noch ein großer Teil der Bevölkerung bei uns und im Ausland religiös befangen ist, kann sich der Staat nicht ganz heraushalten, muß regulieren. Gläubige sind eben auch Wähler. Ob wir nun sagen, daß er die einen bevorzugt, oder ob wir es so formulieren, daß er die anderen hintanstellt, das sind doch nur zwei Seiten einer Medaille. Es ist eine Ungleichbehandlung, die, das wollte ich vor allem sagen, zur Zeit gerechtfertigt ist, für die sich der Staat nicht zu entschuldigen hat! Insgesamt aber geht mir die Trennung von Staat und Kirche bei uns auch noch nicht weit genug, das ist ganz klar.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 18.04.2012 um 17.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20469

Auch und gerade im Christentum galt Apostasie von jeher als todeswürdiges Verbrechen. Wo Christen herrschten, kam man auch für weit geringere Vergehen auf den Scheiterhaufen, das galt auch für fromme, gottesfürchtige Christen, siehe Giordano Bruno oder Jan Hus. Es war, glaube ich, Nietzsche, der feststellte, daß es nicht die Menschenfreundlichkeit der Christen ist, die sie hindert, uns auf den Scheiterhaufen zu bringen, sondern die Ohnmacht ihrer Menschenfreundlichkeit.

Solange es hier erlaubt ist, chirstliche Kirchen zu bauen – und warum sollte es nicht erlaubt sein? –, hat auch jeder Moslem das Recht, so große und prächtige Moscheen zu bauen, wie es ihm paßt! Eine architektonische Bereicherung für unsere Städte sind sie allemal. Im übrigen dürfen auch die Piusbrüder ihre Kirchen unterhalten, obwohl sie die Religionsfreiheit ausdrücklich ablehnen.

Zu Herrn Mahlmann: Warum sollen wir den einen Karfreitagsbrauch vom anderen trennen? Beide gehören gleichermaßen zur christlich-abendländischen Kultur (und beide richten sich aggressiv gegen diejenigen, die keinen Bedarf haben, in der Karfreitagsprozession mitzumarschieren). Aber bleiben wir beim weniger blutigen. Es fällt auf, daß Christen, darauf angesprochen, sehr schnell versuchen, den Unterschied zwischen "allgemeiner Feiertag" und "stiller Feiertag" zu verwischen. Ich habe nichts gegen religiöse Feiertage. Warum ist nicht auch Yom Kippur gesetzlicher Feiertag oder das Opferfest? Wie weit reicht da die Toleranz der Christen? Niemand, auch Christen nicht, scheint aber etwas dagegen zu haben, daß zumindest in bestimmten Branchen an Karfreitag gearbeitet wird. Konzerte, Theateraufführungen und Kinovorstellungen sind ja nicht generell verboten. Die Christen wollen nur, mit staatlicher Unterstützung per Sondergesetz, bestimmen, was auf dem Spielplan steht. Ein Oratorium in cis-moll oder die Matthäuspassion sind in Ordnung, die "Fledermaus" nicht. In einem Land, in dem Zensur qua Grundgesetz verboten ist, bestimmen Behörden, welche Filme sittlich geug sind, um im Kino gezeigt werden zu dürfen.

Christen sehen immer schnell ihre Religionsfreiheit bedroht, wenn sie anderen nicht mehr vorschreiben können, was sie zu tun oder zu lassen haben (das gilt auch für die Friedhofsordnungen).

"Der Bildungsauftrag des Staates umfaßt auch, den Kindern die Religion nahezubringen, damit sie sich frei dafür oder dagegen entscheiden können." Ja, eben! Ich bin sehr für Religionsunterricht an unseren Schulen, damit dem verbreiteten religiösen Analphabetismus entgegengewirkt wird, den der bornierte Konfessionsunterricht zementiert. Man kann in diesem Land ein Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife bekommen, ohne von den großen geistesgeschichtlichen Leistungen der Menschheit je etwas gehört zu haben. Was sind die vier Edlen Wahrheiten des Buddhismus? Was ist die Kritik des Mahayana am Hinayana? Was sind die Grundideen des Zen? Hat der Dalai Lama überhaupt noch etwas mit den Lehren des Buddha zu tun? Was ist der Rgveda? Wer war Mahavira? Was sind die wichtigsten jüdischen Feiertage und was wird da gefeiert und wie? Was sind die verschiedenen Konfessionen des Islam, was hat es auf sich mit Sunniten, Schiiten, Ismaeliten, Wahabiten, Aleviten? Und was ist mit der Ahmadiyya, ist das überhaupt noch Islam? Was hat Baha'ullah gelehrt (und wann und wo?) 13 Jahre "Religions"unterricht, und keinen blassen Schimmer. (Ein ganzes Schuljahr für jedes der genannten Themen und noch mehr!) Ganz zu schweigen von der Vermittlung der angeblich "eigenen" Religion (als ob ein zehnjähriges Kind eine eigene Religion haben könnte, die ihm nicht von außen eingeimpft wurde!) Als es im WDR noch die Sendung "Hallo Ü-Wagen" gab (wurde inzwischen aus Kostengründen eingespart, deshalb sollen jetzt ja auch meine Radiogebühren verdreifacht werden), zitierte bei einer Sendung zum Thema Konfessionsunterricht die Moderatorin (und Christin) Julitta Münch noch brav den Anfang der christlichen Bibel: "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde", erklärte dann aber in Übereinstimmung mit dem Umstehenden, nicht den Anfang der jüdischen Bibel zu kennen! Sie hat also noch nicht einmal etwa Relevantes über die Grundlagen ihrer eigenen Religion erfahren!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.04.2012 um 16.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20468

Das wären wohl eher Fälle für das Strafrecht. Die Forderung nach Religionsfreiheit kann meiner Ansicht nach nicht gut an Religionsgesellschaften adressiert werden, sondern nur an den Staat.

Wünschbar wäre ein Staat, der Religionsgesellschaften sozusagen überhaupt nicht kennt, statt einige davon zu bevorzugen. Interessant werden jetzt in Bayern die juristischen Eiertänze sein, wenn es wieder mal um die Konkordatslehrstühle geht. Ansatzpunkt ist eine Klage wegen der Besetzung eines solchen Lehrstuhls hier in Erlangen. Näheres in der Presse oder im Internet. Theologische Lehrstühle an staatlichen Universitäten sind schon kurios, aber nun erst nichttheologische Lehrstühle, die nur mit Zustimmung des Bischofs besetzt werden können! Seit der Steuerzahler auch die Ausbildung und Beschäftigung muslimischer Theologen, Religionslehrer und Militärseelsorger bezahlen muß, könnte es leichter zu einer Besinnung über die anderswo selbstverständliche Trennung von Staat und Kirche kommen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 18.04.2012 um 15.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20467

Den Koran mögen die Muslime in Deutschland verteilen und vielleicht dabei auch selbst etwas über Freiheit, Offenheit und Pluralität in den abendländischen Demokratien lernen. Und wenn nicht, so richten sie jedenfalls damit keinen Schaden an.

Wenn sie aber weitergehende Forderungen nach Gleichberechtigung ihrer Religion stellen (Moscheen, islamischen Religionsunterricht in Schulen, vielleicht sogar staatliche Unterstützung beim Einzug von Steuern ähnlich der Kirchensteuer und anderes), dann muß der Islam zuerst einmal selbst die Grundvoraussetzung der Religionsfreiheit erfüllen: So, wie jeder Mensch aus freier Überzeugung einen Glauben annimmt, muß er auch, falls er diesen Glauben einmal nicht mehr teilt, frei und unbehelligt wieder gehen dürfen. Solange die Vertreter des Islam das nicht anerkennen, solange Konvertiten und andere vom Islam Abgefallene um ihr Leben bangen müssen, kann und darf es für den Islam bei uns auch keine allgemeine religiöse Gleichberechtigung geben.
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 17.04.2012 um 21.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20461

Die andere Backe sollte man aber nicht allzu oft hinhalten müssen, Zahnersatz ist teuer.

Es ist notwendig, so manche Aussage einer heiligen Schrift zu hinterfragen. Auf christlicher Ebene würde ich da mit dem ''die andere Backe hinhalten'' anfangen. Könnte das vielleicht ironisch gemeint sein? Inwieweit verhindern solche doch etwas seltsamen Glaubenssätze das Erkennen neuer Phänomene, wie z. B. Mobbing? In der Bibel wird Mobbing nicht erwähnt, obwohl es erwiesenermaßen zu riesigen Problemen und unschuldigen Opfern führt. Dagegen ist so manches andere Gebot eher lächerlich. Für mich ist das der Beweis der Nichtexistenz Gottes. Ein allwissender und wohlmeinender Gott hätte die Leute vor solchen schwer zu erkennenden Phänomenen gewarnt, seine zehn Gebote aber sorgen eher für zusätzliche Schwierigkeiten, weil sie nicht konditional sind, anstatt welche zu lösen.

Der Bildungsauftrag des Staates kann nur umfassen, Kinder und Jugendliche über Religionen aufzuklären, ihnen ''die Religion nahezubringen'' hieße, sie einer bestimmten Religion zuzuführen, was klar grundgesetzwidrig ist. Selbst wenn Sie dies im Sinne von ''Religionen'' gemeint haben, hieße das, irgend eine Religion z. B. dem Atheismus vorzuziehen. Wie steht es hier mit Scientology, laveyanischer Satanismus oder den Pastafaries?

Die ''Grundschrift'' allein sagt wenig über die Religion an sich aus, insbesondere, wenn diese schon seit Jahrtausenden existiert und sich in div. Konfessionen aufgespalten hat.

Man sollte einmal jüdische oder moslemische Gelehrte fragen, inwieweit diese die Widergabe ihrer heiligen Schriften in einer reformierten Schreibung (der Originalsprache wie auch anderer Sprachen) akzeptieren. Kann es eine religiöse Organisation zulassen, daß durch Schrift- bzw. Sprachreformen der Inhalt verwässert bzw. unverständlich wird? Hat man auf christlicher Seite geprüft, ob die Reform zu Mißverständnissen führen kann?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 17.04.2012 um 21.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20460

Ich habe den Eindruck, daß die Zürcher Bibel abgesehen von der normalen Schweizer ss-Schreibung keine Rechtschreibungs-Verrücktheiten enthält.
"Die Zürcher Bibel wurde 1987 - 2007 im Auftrag der Synode der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich nach dem Grundtext aufs Neue übersetzt. Ihr Herausgeber ist der Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich." Sie bemüht sich "um gößtmögliche Nähe zu den jeweiligen Sprachen der Ausgangstexte". "Die kulturelle Differenz zwischen der damaligen Welt und der heutigen wird nicht eingeebnet. Das heißt auch, daß ... Fremdes nicht dem bekannten Eigenen angeglichen ... wird."
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 17.04.2012 um 21.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20459

Ich bin kein Katholik und weit davon entfernt, die katholische Amtskirche zu verteidigen, aber ich bin Christ und nehme das ernst.
Natürlich muß die Kirche (alle Konfessionen) anerkennen und dazu stehen, daß im Namen des Glaubens schreckliche Verbrechen geschehen (sind); das ist aber kein Grund, die Forderung nach Karfreitagsruhe mit Gewalt gegen Juden in Verbindung zu bringen.

Wer verlangt, das Verbot von fröhlichen Vergnügungsveranstaltungen an Karfreitag aufzugeben, muß ebenso für die Abschaffung des Karfreitags als Feiertag sein – konsequenterweise für die Abschaffung aller christlichen Feiertage. Wer aber den freien Tag will, muß auch den christlichen Hintergrund akzeptieren. Und der Tag, an dem Jesus an's Kreuz geschlagen wurde, ist eben ein Tag der andächtigen Stille.

Als Christ ist man nicht gegen Juden, Muslime etc., sondern vertraut auf Glaube, Liebe, Hoffnung, hält schon mal die andere Backe hin und weiß, daß man nicht ohne Schuld ist, und wirft nicht den ersten Stein.

Zur Religionsfreiheit gehört nicht nur, nicht religiös zu sein, sondern auch, es sehr wohl zu sein. Der Bildungsauftrag des Staates umfaßt somit auch, Kindern und Jugendlichen die Religion nahezubringen, damit sie wissen, worum es geht, und sich frei und bewußt dafür oder dagegen entscheiden zu können. In Deutschland ist die vorherrschende Religion nun mal das Christentum; kein vernünftiger Mensch aber hat etwas gegen Schulunterricht anderer Religionen.

Die Reaktion der CDU/ CSU auf die Koranverteilung ist natürlich übertrieben. Als Protestant begrüße ich, daß den Menschen die Grundschrift nahegebracht wird; Luthers Losung ist nicht umsonst "sola scriptura". Soll jeder lesen, was geschrieben steht, und sich ein eigenes Bild machen.

Ich suche schon seit geraumer Zeit eine neue Bibel – in bewährter Rechtschreibung natürlich. Nix zu machen. Die Kirchen sind alle auf KMK-Schrieb eingenordet. Selbst Patientenverfügungen sind dermaßen auf 96er-Version getrimmt, daß sie mißverständlich werden – bei einem solch sensiblen Thema!
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 17.04.2012 um 17.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20458

Lese gerade in einer ansonsten unwesentlichen Tageszeitung (Kreuzberger Käseblatt) unmittelbar nebeneinander zwei Kurzmeldungen. Die Druckerei, die die Koranausgabern liefern sollte, verzichtet angesichts des gefühlten oder tatsächlichen öffentlichen Drucks auf das gute Geschäft und gibt den Druckauftrag zurück. Und die Piusbrüder (das sind die, die meinen, außer der römisch-katholischen Kirche dürfe keine Religion öffentlich auftreten) steht unmittelbar davor, in allen Ehren wieder in die Amtskirche (das ist eine von denen, deren Konfessionsuntericht an unseren Schulen staatlich verordnet wird) aufgenommen zu werden. Deutschland im Jahre des HErrn 2012. Ein Land, in dem an Karfreitag immer noch Tanzveranstaltungen und Operettenaufführungen verboten sind (wg. staatlicher Neutralität und so).

Aber ansonsten muß man den Salafisten (oder Salafiten, es gibt beide Formen) zu dem gelungenen PR-Gag gratulieren. Ein paar Infostände mit Gratiskoran veranstalten und etwas vom Planziel 25 Milionen schwadronieren (dafür müssen sie sich noch viele Wochenenden die Beine in den Bauch stehen, die tatsächlich bisher verteilte Zahl dürfte wohl eher bei 25000 liegen), irgendwann kriegt es auch die CDU/CSU mit, und schon redet das halbe Land über nichts anderes. Und das bei einem Ereignis, das an sich ähnlich relevant ist, wie wenn einige Sanyassins sich hinstellen und die Bhagavadgita verteilen. Aber prompt lassen unsere C-Politiker (und einige andere) die Hosen runter und zeigen, was sie von Religionsfreiheit halten, indem sie ein Verbot dieses unchristlichen Treibens fordern. Ach ja, das christliche Abendland, die Grundlage unserer Kultur, ist bedroht. Die christlich-abendländische Kultur, bei der vielerorts an Karfreitag Judenverprügeln zum Volkssport wurde – was die kirchlichen und staatlichen Obrigkeiten offenbar weit weniger gotteslästerlich fanden als das Aufführen lustiger Tänze.

Aber weil wir hier ja vornehmlich über Sprache reden wollen: Gleich auf der Titelseite der verteilten Korane steht ausdrücklich "Seine ungefähre Bedeutung in deutscher Sprache". Das spricht für ein Bewußtsein, daß der Text interpretationsbedürftig ist und Übersetzungen problematisch sind. Immerhin ein wohltuender Unterschied zu diversen Evangelikalen, die Übersetzungen von Übersetzungen hundertmal abgeschriebener Texte für wortwörtlich wahre Offenbarung Gottes halten (und außerdem noch Anekdotensammlungen mit historischen Berichten verwechseln).
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 17.04.2012 um 15.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20456

Der Islam des Osmanischen Reiches scheint ein völlig anderer als der seiner Nachfolgestaaten gewesen zu sein. Der Islamwissenschaftler Prof. Thomas Bauer führt den jetzigen auf die Kolonialherrschaft zurück.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.04.2012 um 04.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20451

Ich verteidige nicht den Islam (der mir so fern steht wie andere Religionen), sondern die Vergleichbarkeit der abrahamitischen Religionen. Gestern stand in der FAZ ein großer Artikel von Angelika Neuwirth zur Einheit der drei Religionen, ganz in meinem Sinne.

Wer die Bibel partout nicht lesen will, kann ja schon mal den Beitrag "Gewalt in der Bibel" bei Wiki zur Kenntnis nehmen. Was aus der NT-Feindesliebe in der historischen Praxis geworden ist, wäre auch zu bedenken, wenn man sie denn "an ihren Früchten erkennen" soll.

In jeder Koran-Einführung steht etwas über die zivilisatorische Wirkung dieses Werks, ebenso wie beim AT mit seinen Grausamkeiten. Also etwa Einschränkung der Blutrache, Verbot der Kindestötung (unerwünschte Mädchen ...), Almosenpflicht, Einhaltung von Verträgen, Beschränkung der Polygamie, Alkoholverbot usw.

Ich fühle mich aber als Verteidiger der Religion nicht besonders wohl und werde nun dazu nichts mehr sagen außer: "Lest!"

Ein deutscher Innenminister hat gestern gesagt: Wenn sich herausstellen sollte, daß die Koranverteilung mit saudiarabischem Geld unterstützt wird, sollte Deutschland keine modernen Waffen mehr an Saudiarabien liefern. Fragt sich natürlich, wie man die Portokasse der saudischen Regierung überwachen soll – abgesehen von der sonstigen Absurdität dieser Einlassung.
 
 

Kommentar von Thomas Frieling, verfaßt am 17.04.2012 um 00.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20450

Antwort auf #20423
"Erschlagt sie" ist ja eine recht klare Aufforderung. Sure 9, Vers 5 fordert ebenfalls zum Töten auf.

Das Schlimme daran ist der Aufforderungscharakter. Es wird nicht einfach eine vergangene Geschichte nacherzählt. Da spricht der Religionsstifter zu seinen Anhängern.

Mir ist nicht klar, wieso das heruntergespielt und verteidigt wird.
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 16.04.2012 um 17.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20449

#20418

Wer behauptet, daß Religionen immer ''gut'' sein müssen? Oder, anders herum, jede Religion definiert selber, was als ''gut'' zu gelten hat. Und wer weiß schon, was Gott, sollte er tatsächlich existieren, als ''gut'' ansieht?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.04.2012 um 14.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20447

Unser alter Freund Joachim Herrmann, Islamgelehrter und bayerischer Innenminister, ist auch ein großer Rechenkünstler. Sonst wäre er anläßlich der Koran-Verteilung nicht zu so umwerfenden Einsichten gekommen: "Sogar wenn ein Exemplar nur ein Euro kosten sollte, gehen die Gesamtkosten bei der Verteilung von mehreren Millionen Büchern in die Millionen." (dpa 16.4.12)
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 15.04.2012 um 18.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20429

Merkwürdigerweise steht in der Septuaginta Deutsch von 2009 bei Hesekiel 21 etwas etwas Anderes (obwohl auch ziemlich Unverständliches).
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 15.04.2012 um 16.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20427

Zu #20425/6: Ich hab an unserm College vorvorgestern und vorgestern mal ganz naïv und ohne weitere Vorbereitung einige Leute "schnell mal" gefragt, ob sie in der letzten Woche, "na, sagen wir in den letzten zehn Tagen" in irgendwelchem Zusammenhang den Namen Günter Grass gehört oder gelesen hätten. Von dreizehn, zumeist Professoren, aber auch zwei, drei Studenten, nur drei. (Unter den Nein-Leuten war auch eine Poeta laureata eines Staates! Einer von den drei Ja-Leuten war ein früherer Student von mir; er las regelmäßig einen deutschen Nachrichtenticker!) Da zeigt sich, wie es in den USA ist, wenn eine nationale US-Zeitung, von der angegeben worden war, daß sie Grass' neues Gedicht bringen würde, es dann aber eben doch nicht bringt, weil dessen offene Diskussion offenbar doch nicht ganz gewünscht wird.

Ich bin übrigens einer von denen, die den Text als Gedicht gar nicht so schlecht finden. Denn wenn vor fast 100 Jahren "The Love Song of J. Alfred Prufrock" ein Schocker war, weil es als ein einfach ungewohntes und deshalb unakzeptables Liebeslied in keine Gewohnheit paßte, kann ich nicht gut begründet gegen die Qualität von "Was gesagt werden muß" protestieren, wenn da das Strukturelement "Inhalt eines Leitartikels" offenbar doch in Verse und Strophen gesetzt worden ist. Wenn hier "ich" steht, dann fühle ich mich auch an "Let us go then, you and I" erinnert, und ich weiß, daß "I" hier nicht dasselbe ist wie die Person T. S. Eliot, und ich nehme deshalb auch nicht naïv an, daß "ich" hier, wenn da steht "Warum schweige ich, verschweige zu lange, was offensichtlich ist", absolut Günter Grass persönlich ist. Denn der versteht schon etwas von Literatur und wie sie funktioniert.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 15.04.2012 um 14.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20426

Gut so.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 15.04.2012 um 11.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20425

Ob der Bundespräsident wohl noch etwas dazu sagt? Zu Grass hat man auch noch nichts von ihm gehört.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.04.2012 um 09.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20424

Ein weites Feld. Ich hatte immer wieder mit Theologen zu tun und habe mich oft gewundert, wie verschieden mit Texten umgegangen werden kann. Wie gesagt, ich war ja sogar an der Theologischen Fakultät einer Universität beschäftigt, wenn auch nur als Griechischlektor. Im Geschäftszimmer der Fachschaft hingen riesige Poster von Marx, Lenin und vielleicht auch anderen, an die ich mich nicht mehr erinnere, an der Wand. Das war vielleicht nur ein bißchen kokett, aber in den 70er Jahren im roten Marburg (Hans Heinz Holz als Philosoph, Wolfgang Abendroth als Politologe) auch nicht abwegig. Ich habe auch noch Rudolf Bultmann gehört und manches zur "Entmythologisierung" gelesen. Später hatte ich auch Kontakt zur katholischen Seite.

Also was mich wunderte: Da wurde ja einerseits solide Philologie gepflegt, und die "Einleitungen" (ins AT, NT), die einer besonderen "Einleitungswissenschaft" entstammen, sind aller philologischen Ehre wert. Aber was die Theologen dann den Gemeindemitgliedern erzählen, ist unendlich weit davon verschieden. Die ganze neuzeitliche Bibelkritik scheint dann vergessen. Ich will das nicht weiter erörtern, schon gar nicht moralisch, es ist ja nicht mein Problem. Aber es zeigt doch ganz schön, was man mit Texten alles machen kann, und das mal nicht an vergleichsweise exotischen Texten, sondern tief vertrauten, nicht wahr? Dies nur als Mahnung angesichts solcher Sprüche wie "Koran ist ok, aber die Auslegungen!" Das haben wir alles schon sehr lange und zum Teil sehr kraß im eigenen Hause!

Ich hatte versucht, gegen das wohlfeile Wort vom "jüdisch-christlichen Europa" mal eine andere Einheit, nämlich die abrahamitischen Religionen in Stellung zu bringen. Die schnelle Behauptung der Unvergleichbarkeit leuchtet mir überhaupt nicht ein. Die Religionswissenschaft und besonders die Islamwissenschaft weiß ich auf meiner Seite.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.04.2012 um 00.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20423

Ich blättere in der DDR-Koran-Ausgabe vom Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1984, die ebenfalls die Übersetzung von Max Henning wiedergibt. Darin hatte ich mir z. B. Sure 2, Vers 186-191 angestrichen. Ich frage mich, ob Herr Frieling dies mit "offener Feindseligkeit gegenüber allen anderen" meint?

Und bekämpft in Allahs Pfad, wer euch bekämpft; doch übertretet nicht [Indem ihr zuerst den Kampf beginnt]; siehe, Allah liebt nicht die Übertreter.
Und erschlagt sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wannen sie euch vertrieben; denn Verführung ist schlimmer als Totschlag. Bekämpft sie jedoch nicht bei der heiligen Moschee, es sein denn, sie bekämpften euch in ihr. Greifen sie euch jedoch an, dann schlagt sie tot. Also ist der Lohn der Ungläubigen. So sie jedoch ablassen, siehe, so ist Allah verzeihend und barmherzig.
Und bekämpfet sie, bis die Verführung aufgehört hat, und der Glauben an Allah da ist. Und so sie ablassen, so sei keine Feindschaft, außer wider die Ungerechten.
Der heilige Monat – für den heiligen Monat und (für) die heiligen Stätten Vergeltung! Wenn sich einer wider euch erhebt, erhebet euch wider ihn, so wie er sich wider euch erhob, und fürchtet Allah und wisset, daß Allah mit den Gottesfürchtigen ist.
Und spendet in Allahs Weg und stürzt euch nicht mit eigner Hand ins Verderben; und tut Gutes, denn siehe, Allah liebt die Gutes Tuenden.

Das ist sicher ein sehr archaischer, kriegerischer Text, aber ich kann darin keinen allgemeinen Aufruf zum Angriffskrieg gegen alle "Ungläubigen" erkennen. Es ist doch nicht zu übersehen, daß es stets nur um Verteidigen, Vergelten, Zurückschlagen geht. Vielleicht wird der Koran von Fundamentalisten anders interpretiert. Aber das ist dann auch ein anderes Thema.
 
 

Kommentar von RvT, verfaßt am 14.04.2012 um 14.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20422

Zu #20413: Genau das sollte man zumindest die Verteiler tunlichst nicht fragen und sich bei einer zweckentfremdenden Aktion auch nicht sehen lassen. Und das unterscheidet diese Verteilaktion, ganz unabhängig vom Inhalt, doch von vielen denkbaren anderen.
 
 

Kommentar von Thomas Frieling, verfaßt am 14.04.2012 um 11.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20421

Die Aussage der Rezension erinnert zum Ende hin an das Gerede der Schneider des Kaisers. Das Gewebe des hier behandelten Buches ist so komplex, daß es dem einfach gestrickten Leser seine einzigartigen Qualtiäten niemals offenbaren kann.

"Die hypertextuelle Struktur des Textes macht es jedoch unmöglich, einzelne Aussagen zu isolieren." Auf daß niemand das Offensichtliche ausspreche, ohne sich dem Vorwurf der Dummheit auszusetzen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.04.2012 um 06.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20419

Wie ich gerade sehe, verteilen die Salafisten die weitverbreitete Übersetzung von Max Henning. Die ist von keiner Geringeren als Annemarie Schimmel bei Reclam neu herausgebracht worden. Wiki bietet unter "Koran-Übersetzungen" einen umfassenden Überblick. Lesenswert ist trotz mancher Bedenken auch die Besprechung von Stefan Weidner zu Hartmut Bobzins kommentierter Neuübersetzung: www.faz.net.
Wer dann noch von "sonnenklaren" Anweisungen im Koran sprechen möchte, kann es meinetwegen tun.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 14.04.2012 um 06.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20418

In der Bibel steht auch jede Menge Schrott drin. Beispielsweise gibt es in Hesekiel 21 das "Lied vom Schwert des Herrn":

[...] und sag zu ihm: So spricht Gott, der Herr: Nun gehe ich gegen dich vor. Ich ziehe mein Schwert aus der Scheide und rotte bei dir die Gerechten ebenso wie die Schuldigen aus. Weil ich bei dir die Gerechten und die Schuldigen ausrotten will, deshalb wird mein Schwert aus seiner Scheide fahren, gegen jeden Sterblichen vom Süden bis zum Norden. Dann werden alle Sterblichen erkennen, dass ich, der Herr, mein Schwert aus der Scheide gezogen habe. Es wird nicht mehr in die Scheide zurückkehren. [...] So spricht Gott, der Herr: Sag: Ein Schwert, ein Schwert, geschärft und poliert. Zum Schlachten, zum Schlachten ist es geschärft; um wie ein Blitz zu leuchten, ist es poliert. [...] Man gab es zum Polieren, dann packt es die Faust, ein Schwert, geschärft und poliert für des Henkers Hand. [...] Verdoppelt wird das Schwert, ja verdreifacht. Ein Schwert zum Morden ist es, zum Morden, das gewaltige Schwert, das sie durchbohrt. [...] Ja, zum Blitzen bist du gemacht, zum Schlachten poliert. Zeig, dass du scharf bist! Zucke nach rechts und nach links, wohin deine Schneide gelenkt wird. [...] Ich, der Herr, habe gesprochen.

Man müßte die Bibel und den Koran radikal ausmisten, bis nur noch gute Botschaften übrigbleiben. Aber das ist natürlich nicht möglich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.04.2012 um 06.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20417

Natürlich ist der Koran so wenig "sonnenklar" wie andere religiöse Schriften. Den Salafisten wird ja gerade vorgeworfen, daß sie eine bestimmte einseitige Auslegung vornehmen. Es gibt im Islam so viele theologische Schulen wie im Christentum.

Auch Philosophen lassen sich verschieden auslegen, ob sie nun ironisch-perspektivisch geschrieben haben wie Platon oder trocken-sachlich wie Aristoteles oder Kant. Immerhin war Platon derjenige, der das Problem am klarsten ausgesprochen hat: Wenn ein Text einmal in der Welt ist, läuft er herum wie ein herrenloses Tier, und jeder kann damit machen, was er will.

Mein Hauptpunkt war, daß die drei abrahamitischen Religionen eine auffällige Gemeinsamkeit haben: die Hervorhebung der Rechtgläubigkeit. Darauf gehen Sie, lieber Herr Frieling, gar nicht ein, sondern bestreiten einfach die Vergleichbarkeit der Texte, was ich als eifriger Leser überhaupt nicht verstehen kann.
 
 

Kommentar von Thomas Frieling, verfaßt am 13.04.2012 um 22.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20414

Religionsdebatten werden besser anderswo geführt. Aber mit allem Respekt, Herr Strowitzki und Herr Professor Ickler: den Koran, der sonnenklare Anweisungen an die Gläubigen beinhaltet, kann man nicht mit der Bibel vergleichen.

Bitte werfen Sie einen Blick hinein, und sehen Sie selbst, zu welch offener Feindseligkeit gegenüber allen anderen die Gläubigen dort durch den Propheten persönlich aufgerufen werden.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 13.04.2012 um 21.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20413

Gehören die Freiexemplare bei Nichtgefallen eigentlich in die blaue oder in die grüne Tonne?
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 13.04.2012 um 20.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20411

"Die Ankündigung der Pius-Brüder, in den Fußgängerzonen verschiedener Städte kostenlos Bibeln zu verteilen, ist parteiübergreifend auf scharfe Kritik gestoßen. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag erklärte, dieser Mißbrauch der Religionsfreiheit gefährde das friedliche Zusammenleben von Christen und Deutschen. Das Verteilen von Bibeln an sich sei nicht zu beanstanden, es sei aber zu befürchten, daß damit Leute angelockt werden sollten, die dann andere, gefährlichere Schriften dieser Gruppe bekämen. Der bayerische Innenminister sagte, das Verteilen der Bibeln sei nur ein Vorwand. In Wirklichkeit gehe es den Piusbrüdern darum, zu missionieren. Die Generalsekretärin der SPD forderte, die christlichen Organisationen sollten sich von undemokratischen und frauenfeindlichen Positionen distanzieren. Der FDP-Vorsitzende sagte, gegen das bloße Verteilen von Bibeln gebe es keine Handhabe. Der Verfassungsschutz kündigte an, die Aktion zu beobachten. Die Grünen-Politikerin Göring-Eckhardt äußerte Zweifel an der Qualität der Übersetzung. Vermutlich sei sie nicht in gerechter Sprache verfaßt."
Soweit die Berichterstattung heute früh im "Morgenecho". Oder sollte ich im morgendlichen Halbschlaf irgendetwas falsch verstanden haben?
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 13.04.2012 um 18.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20410

"Jedenfalls kann man AT, NT und Koran durchaus als Zusammenhang begreifen und braucht sich nicht auf die alten Kämpfe einzulassen, die, wie gesagt, ganz auf Konfrontation unter Kindern desselben Stammes ausgerichtet waren."

Um sich nicht auf Kämpfe einzulassen, scheinen manche in Deckung gehen zu müssen. Ich kann nicht beurteilen, wie wichtig Christoph Luxenberg als Wissenschaftler zu nehmen ist, denke aber, daß er seine Arbeiten über den Koran aus gutem Grund unter Pseudonym veröffentlicht. Betrachtungen im genannten Zusammenhang stoßen bei Moslems nicht auf ungeteilte Begeisterung.

Das Geschwätz von Leuten wie Pierre Vogel im Ohr, kann ich Kauder übrigens verstehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.04.2012 um 09.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20409

Kauder sagte: "Ich verurteile die Aktion scharf. Der Koran wird hier für extremistische Umtriebe missbraucht." Zu Recht distanzierten sich muslimische Verbände in Deutschland von diesem Missbrauch der Religionsfreiheit. "Im Übrigen würde mich dringend interessieren, woher das Geld für diese Aktion stammt", sagte der CDU-Politiker. (Hamburger Abendblatt 13.04.2012)

Das geht ihn nun wirklich nichts an. Woher das Geld für die kostenlosen Bibeln stammt, wird ja auch nicht gefragt. Auch dürften wohl nur die Muslime beurteilen können, ob die Aktion ein Mißbrauch des Korans ist.
Übrigens gibt es die Ansicht, daß der Koran (die Überraschung über den Inhalt überrascht mich ...) eigentlich eine "christliche" Schrift sei, nur eben mit revolutionärer Wiederherstellung des strengen Monotheismus, der den Muslimen durch Trinität, Marienkult usw. verwässert worden zu sein schien. Ich muß aber gestehen, es ist schon etwas länger her, daß ich die Diskussion (u. a. um den Erlanger Gelehrten Lüling) verfolgt habe, und ich bin über den gegenwärtigen Stand der Forschung nicht gut informiert. Navid Kermani hat ja auch kürzlich über den Koran geschrieben und wird allgemein gelobt. Jedenfalls kann man AT, NT und Koran durchaus als Zusammenhang begreifen und braucht sich nicht auf die alten Kämpfe einzulassen, die, wie gesagt, ganz auf Konfrontation unter Kindern desselben Stammes ausgerichtet waren. Aber daran scheinen Kämpfer wie Kauder kein Interesse zu haben.

Der Religionsunterricht versäumt anscheinend die Hauptsache. Die Grundtexte werden nicht gelesen – in 13 bzw. jetzt 12 Jahren mit erst drei, dann zwei Wochenstunden bis zum Abitur! Eine meiner Töchter fragte mich als Grundschülerin: Papa, warum reden wir in Reli über Kläranlagen? Das konnte ich ihr leider auch nicht sagen. Ich habe ja den künftigen Religionslehrern Griechisch beigebracht, aber was sie damit angefangen haben, weiß ich nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.04.2012 um 09.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20408

Wenn wir damit erst anfangen, stehen wir bald vor der Frage, wie es sich denn mit der Bibel verhält. Zum Glück (für den "Religionsfrieden") liest niemand die (bis auf ein paar ausgewählte Stellen). Vgl. vorläufig Franz Buggle.

Um die Diskussion nicht auf dieses leidige Thema zu bringen, möchte ich nur einen Gedanken anfügen, der durchaus mit Sprachlichem zu tun hat. Als interessierter Beobachter finde ich es beachtlich, wie sehr die abrahamitischen Religionen darin übereinstimmen, daß sich ihre Anhänger nicht nur ums eigene Seelenheil sorgen, sondern auch und noch viel mehr um die Rechtgläubigkeit ihrer Mitmenschen. Das scheint schon von den allerersten Anfängen (erstes der zehn Gebote) auszugehen, und die Bekämpfung und Bekehrung, notfalls Vernichtung der Häretiker und Ungläubigen ist bis heute ein herrschendes Motiv. Ich habe am Wochenende gerade die drei Johannesbriefe studiert (von denen die meisten Christen gar nicht wissen, daß es sie gibt), ganz unwichtige Schriften, aus denen aber hervorgeht, daß schon so früh, also etwa um 90 herum, die Bekämpfung von Abweichlern im Gange war. Vgl. Walter Bauers Arbeiten. (Das ist derselbe Autor, der auch das famose Wörterbuch zum NT gemacht hat.)

In der Literatur nun, etwa in Autobiographien, stößt man immer wieder auf die Sorge, daß die Kinder auch wirklich im rechten Glauben erzogen werden, also nicht etwa als Evangelische unter die Katholischen geraten usw. Gerade in so einfältigen Schriften wie dem neulich erwähnten "Jürnjakob Swehn" findet man das in aller Naivität.

Daran mußte ich auch von ein paar Wochen denken, als ich meinen Eintrag "Festung Europa" schrieb. Die "Identität Europas" finde ich nicht sinnvoll, aber die Welt der "Rechtgläubigkeit" im erwähnten Sinne scheint mir schon ein gewisses gemeinsames Klima geschaffen zu haben. In anderen Regionen, etwa Indien, scheint das bei weitem nicht in diesem Maße der Fall zu sein. Es gibt unendlich viele Schulen des Hinduismus und des Buddhismus, aber doch nicht diese Verfolgungswut der einen gegen die anderen.
Am sprachlichen Niederschlag dieser Entwicklung arbeite ich noch.
 
 

Kommentar von Thomas Frieling, verfaßt am 13.04.2012 um 08.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1512#20407

Manch einer, der ein Examplar abbekommen hat, wird es tatsächlich lesen und sich wundern, daß es legal ist, solche Texte zu verbreiten. Auch wenn die Ansprüche an die "Grundtexte einer Religion" nicht dieselben sind wie an Parteiprogramme, sollte man sich eine Meinung dazu bilden, was es bedeutet, wenn eine gesellschaftliche Gruppe die darin enthaltenden Schmähungen und Handlungsaufrufe vertritt und verbreitet.

Bislang haben viele Politiker und Journalisten sich um des lieben Friedens Willen vor einer Meinungsäußerung zum Koran gedrückt. Das wird jetzt schwieriger.
 
 

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