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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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31.10.2008
 

Bestseller
Gut für die Sprache

Uwe Tellkamps vielgelobter Roman ist in klassischer Orthographie erschienen, und der Verkaufserfolg wird dazu beitragen, die Erinnerung an die bessere Schreibweise wachzuhalten. Das Bestsellerwesen oder -unwesen hat also manchmal durchaus seine guten Seiten.

Schön wäre es, wenn die großen Verlage nach dem Grundsatz handelten: im Zweifel klassisch, d. h. nur auf besonderen Wunsch der Autoren reformiert. Welcher Schriftsteller brächte es über sich, den Verlag um Veröffentlichung "in der Übergangsorthographie von 2006" zu bitten? Leider wissen nicht alle gut genug Bescheid, aber es könnte sich herumsprechen.

Was machen nun die Schulbücher mit Tellkamp?

Manuscriptum ist auch zu bewundern: da folgt mal jemand seiner Überzeugung, das ist wirklich selten geworden.



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Kommentare zu »Bestseller«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.03.2018 um 04.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#38107

Anscheinend soll Tellkamp aus Gründen der Politischen Korrektheit zum Schweigen gebracht werden. Das halte ich für sehr unklug.
Allerdings nehme ich an, daß auch Suhrkamp das Hemd näher ist als der Rock.
 
 

Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 16.11.2008 um 17.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#13464

Oje. Ein schönes Vorbild in Sachen Bildung und Kultur.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.11.2008 um 13.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#13462

Das Goethe-Institut hatte noch nie Bedenken, Bücher wegzuwerfen. Vor der Zentrale in München stand vor vielen Jahren ein riesiger Container, der mit ausgesonderten Büchern gefüllt war. Ein Kollege hat sich noch einiges herausgegriffen. Das war, glaube ich, als die Arbeitsstelle für wissenschaftliche Didaktik aufgelöst wurde. Das intellektuelle Niveau im Hause ist seither nicht gerade gestiegen. Sogar gegen die Revision der Rechtschreibreform wehrte man sich, um nicht die schöne Sicherheit der 1996er Regelung aufgeben zu müssen. In Rumänien wollte auch jemand, wie ich gehört habe, Bücher in "alter" Rechtschreibung verbrennen.
 
 

Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 16.11.2008 um 11.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#13461

Wenn das Goethe-Institut sich über Schriftsteller und Zeitungen, die die "alte" Schreibweise benutzen, beklagt, frage ich mal ganz naiv, was die Goethe-Institute überall in der Welt denn mit den in ihrem Besitz befindlichen Büchern aus vorreformatorischer Zeit machen? Werden die mit einem Warnhinweis versehen? Werden sie handschriftlich durchkorrigiert, damit kein Ausländer "falsches" Deutsch lernt? Werden die Bücher, dem Beispiel der inländischen Schülerbüchereien folgend, weggeworfen? Oder besitzen die Goethe-Institute gar keine Bücher??
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 15.11.2008 um 23.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#13460

Zu #13457:
Ich hatte mich hier in den USA Mitte der 90er Jahre über die damals gerüchteweise geplante Rechtschreibreform informieren wollen und auf Einladung zur Diskussion ihrer Teile in den deutschen Zeitungen gewartet, war aber dabei nicht weit gekommen. Jedoch machte mich das, was dazu doch bekannt wurde, sehr besorgt (siehe LUDWIG.HTML, LUD.HTML, Ludwig0105.html). Und in meinen Gesprächen hier über das, was bekannt wurde, wurde die Reform nur von einem gleich verteidigt: einem hiesigen Herausgeber von Deutschlehrbüchern. Aber sonst war da ziemlich viel Kritik, besonders von denen, die Deutsch durchaus richtig schreiben konnten und verstanden, daß da eben mehr bei der Orthographie am Wirken war als nur die Vorschrift des *Duden*.

Von den Deutschlehrern hier wollte jedoch natürlich keiner in den Ruf kommen, nicht auf dem neuesten Stande zu sein, und so lehrten fast alle sogleich Doppel-s nach kurzen Vokalen, ob das nun den Büchern in der Bibliothek entsprach, den Textbüchern, die noch keine Neuauflage hatten, oder ihrer eigenen Schreibweise oft an der Tafel. Das also zur Antwort auf die Frage: "Wer zwingt eigentlich ausländische Verlage zu reformierter deutscher Rechtschreibung in deren Wörterbüchern? Verkaufen sie sich damit dort besser?" Genau wie auch in Deutschland ist den Schulbuchverlagen jede Reform der Reform willkommen; so kann man zu Recht mehr verkaufen.
Ich selbst habe mir für den Unterricht eigenes Material zusammengestellt, und das paßt natürlich auch nicht den Herausgebern von Lehrbüchern, die "alles auf dem neuesten Stand" haben und damit hausieren gehen, und Kollegen paßt es auch nicht, die sich auf eine Autorität beziehen müssen, um nicht in entblößter Kenntnisschwäche im Raum ihrer Verwaltung zu stehen.

Zu "Es scheint, daß die dortigen Schulbehörden über den tatsächlichen Reformrückbau in Deutschland belogen werden": Nein, gar nicht. Die Lehrer hier lesen nur das über die Rechtschreibsituation in Deutschland, was auch die Leute in Deutschland dazu vorgesetzt bekommen. Wer hat denn schon die Zeit, den Ehrgeiz und das Wissen, um nachzuprüfen, ob das auch richtig ist!
Mich amüsierte hier die Erklärung eines *big-shots* von einem Goethe-Institut hier, der Detuschlehrern das so erklärte: "Wir schreiben doch nicht wie die Bild-Zeitung!", als sich die Springer-Presse noch von der Reform abgewandt hatte. Daß er das gleiche Argument jetzt nicht mehr vorbringen würde, ist klar. Aber ebenso klar ist, daß die da Anweisungen folgen und nicht eigener kritischer Einsicht und daß sie auch nicht fähig sind, dieses Problem in eigener kultureller Verantwortung anzugehen. Auch die GI-Behauptung über die "Irritationen und Verunsicherung" (#13453) zeugt davon. Als ob die im Ausland an deutscher Kultur Interessierten sich mit der Antwort "Das ist jetzt so" so einfach zufrieden gäben! Ein bißchen mehr Verständnis muß man bei denen schon voraussetzen, wenn man mit der "Werbung für Deutsch als Fremdsprache" Erfolg haben will. Aber es ist natürlich simpler, die Schuld am Mißerfolg auf die "bisherige Praxis einiger Zeitschriften und Zeitungen und von Teilen des Literaturbetriebs, die alte Schreibweise zu nutzen" abzuschieben.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 15.11.2008 um 18.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#13457

Irritationen im Ausland gibt es insofern, als man in neuen dortigen Wörterbüchern nur die reformierte deutsche Rechtschreibung findet und für deutsche Texte in bisheriger Rechtschreibung ein altes Wörterbuch braucht.
Wer zwingt eigentlich ausländische Verlage zu reformierter deutscher Rechtschreibung in deren Wörterbüchern? Verkaufen sie sich damit dort besser? Es scheint, daß Deutschland Druck auf die dortigen Schulbehörden ausüben kann, für die ganz normalen Schulen reformierte Rechtschreibung und Wörterbücher vorzuschreiben. Es scheint, daß die dortigen Schulbehörden über den tatsächlichen Reformrückbau in Deutschland belogen werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.11.2008 um 09.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#13453

Das Goethe-Institut ist zur Rechtschreibreform nie befragt worden, wie überhaupt der Bereich "Deutsch als Fremdsprache" niemanden interessierte. Man glaubte wohl, das Goethe-Institut mache sowieso alles mit, und das stimmt ja auch. Zur Mannheimer Anhörung schickte das GI einen Juristen, der stolz darauf war, von Sprache und Schrift nichts zu verstehen. Es gibt zwar eine reformkritische Resolution des Präsidiums, aber auf der Internetseite des GI herrscht pure Reformpropaganda.

Die schon zitierte "Position des Goethe-Instituts zur Einführung der Rechtschreibreform" (vgl. hier) verdeutlicht sowohl die Willfährigkeit des GI als auch dessen Kulturferne. Man lädt zwar gern die bekannten Schriftsteller zu Lesungen ein, aber was man von ihnen hält, verrät ungewollt die Wortwahl der "Position":
"Die bisherige Praxis einiger Zeitschriften und Zeitungen und von Teilen des Literaturbetriebs, die alte Schreibweise zu nutzen, hat im Ausland immer wieder zu Irritationen und Verunsicherung geführt, welche der Werbung für Deutsch als Fremdsprache entgegenarbeiten."
Das ist übrigens gelogen. Noch nie hat sich die Auslandsgermanistik darüber verärgert gezeigt, daß deutsche Schriftsteller in herkömmlicher Schreibweise gedruckt werden wollen. Mir ist keine solche Stimme aus dem Ausland bekannt, und das GI hat auch nie eine angeführt.

Was würden wohl die jüngeren deutschen Autoren wie Tellkamp usw. denken, wenn sie sich als "Teile des Literaturbetriebs" apostrophiert sehen, die der Werbung für Deutsch als Fremdsprache entgegenarbeiten? Wie viele Ausländer lernen im Gegenteil Deutsch, um Tellkamp zu lesen und nicht, um sich an der Wahl des schönsten deutschen Wortes zu beteiligen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.11.2008 um 09.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#13401

Gestern hatte ich kurz ein neues Buch von Dieter Kühn in der Hand – klassische Orthographie. Beim Fischer-Verlag bemerkenswert. Irre ich mich, oder macht Rowohl besonders rabiat reformierte Bücher?
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 31.10.2008 um 15.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1068#13378

Zumindest für das Land Niedersachsen kann die Frage beantwortet werden, was die Schulbücher mit Tellkamp machen. Die Schulbücher selbst wohl nichts. Aber Tellkamps (bislang nur im Internet verfügbares) Fragment seines großen Romans war im letzten Winter relevant für die Oberstufe. Ich habe das bei befreundeten Lehrern so am Rande mitbekommen. Die Schüler der Oberstufe mußten zu diesem (damaligen) Fragment eine Rezension schreiben. Rezensionen gehören ja bekanntlich mit zu den schlüsselqualifizierenden Textgattungen, die auf das spätere Leben, die Berufswelt und die Globalisierung (im besonderen und allgemeinen) vorbereiten sollen.

Ich weiß das deshalb noch so genau, weil ich mich mit einigen Lehrern gestritten (eher fast geschlagen) habe, wie wohl weitgehend lese- und bildungsferne ('lesefern' kam von mir, 'bildungsfern' von den Lehrern) Schüler in der Lage sein sollen, ein Fragment zu beurteilen und dessen Qualität in einen literarischen Kontext einbetten zu können. Man hat mich daraufhin auf die zahlreichen (z. T. angeblich von Schülern verfaßten) Rezensionen bei Amazon verwiesen. Aha!
 
 

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