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07.04.2016
 

Peter Schlobinski, Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden, über Regelwissen und Übung in der Rechtschreibung

Ende der 90er Jahre ging es in den Debatten um die Rechtschreibreform noch hoch her. Mittlerweile haben sich die Gemüter beruhigt – die neue Rechtschreibung ist akzeptiert. Wird sie aber auch kompetent beherrscht? Bevor am 14. April in Wiesbaden der große Diktatwettbewerb unter Federführung dieser Zeitung stattfindet, nimmt Professor Peter Schlobinski Stellung zu Bedeutung und Schwierigkeiten deutscher Rechtschreibung.

Herr Professor Schlobinski, wie wichtig ist Rechtschreibung für die deutsche Sprache?

Die Rechtschreibung ist amtlich geregelt und schafft die Basis für eine normierte, einheitliche Schreibung im deutschsprachigen Raum. Das betrifft Institutionen wie Schule und Verwaltungen, zudem hat die einheitliche Rechtschreibung Vorbildcharakter (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher etc.).

Welche Funktion übernimmt der Duden für die deutsche Rechtschreibung?

Früher hatte der Rechtschreibduden normative Kraft und man orientierte sich an seinen Neuauflagen. Dies ist heute weitgehend auch noch so, aber rechtlich gesehen ist der Rat für deutsche Rechtschreibung zuständig für die Normierung des orthografischen Regelwerks und nicht ein Verlag. Folglich kann jeder Verlag ein Rechtschreibwörterbuch drucken.

Was trägt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) zum Thema bei?

Die GfdS folgt dem amtlichen Regelwerk und sie hat als Mittlerin zwischen der Germanistischen Linguistik und der Öffentlichkeit eine wichtige Funktion. Wir sind auch im Rat für deutsche Rechtschreibung vertreten und tragen somit zur Weiterentwicklung einer vereinheitlichten Rechtschreibung bei.

Und wer regt sich über die Rechtschreibreformen von 1996 ff. heute noch auf?

Das Thema und die Kontroversen sind ad acta gelegt. Vereinzelt gibt es immer noch den einen oder anderen, der sich aufregt, aber als gesellschaftliches Thema ist es nicht mehr relevant.

Worin stecken die größten Tücken für ein korrektes Schreiben?

Die Zusammen- und Getrenntschreibung bereitet notorisch Schwierigkeiten, vgl. Auto fahren/das Autofahren/eislaufen/weiß streichen/schwarzarbeiten; Sie soll dableiben (nicht weggehen)./ Sie soll da bleiben, wo der Pfeffer wächst.; Schweizer Garde/Walliser Alpen.

Wozu sind Diktate hilfreich?

Diktate sind Übungsaufgaben im Hinblick auf eine korrekte, d.h. normgerechte Schreibung, und Aufgabe der schulischen Erziehung ist es, die amtliche Schreibung zu lehren und zu vermitteln.

Wie viele und welche Fehler dürfen Ihre Studenten/innen in ihren schriftlichen Arbeiten machen?

Es hängt vom Fehlertyp ab (systematischer Fehler oder Flüchtigkeitsfehler) – in Hausarbeiten gilt ein Fehler pro A4-Seite. Fehler fließen dann in die Benotung ein.

Und womit hätten Sie selbst Schwierigkeiten?

Eben bei der Zusammen- und Getrenntschreibung und bei einzelnen Wörtern. Wer weiß schon den Unterschied zwischen Kasack (Kleidungsstück) und Kasak (Teppich)?

Was braucht’s, um an einem Diktatwettbewerb locker teilzunehmen?

Gutes Regelwissen und viel Übung.


Das Interview führte Viola Bolduan.


Zur Person

Peter Schlobinski (Jg. 1954) ist Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Hannover und seit 2015 Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache (Wiesbaden). Sein Schwerpunkt ist die Sprache in der digitalen Kommunikation.


Quelle: Wiesbadener Tagblatt
Link: http://www.wiesbadener-tagblatt.de/lokales/kultur/lokale-kultur/peter-schlobinski-vorsitzender-der-gesellschaft-fuer-deutsche-sprache-in-wiesbaden-ueb


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Kommentare zu »Peter Schlobinski, Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden, über Regelwissen und Übung in der Rechtschreibung«
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 08.04.2016 um 13.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10456

In der Getrennt- und Zusammenschreibung scheinen die Zeitungen allmählich wieder zur vernünftigen Leseverständlichkeit zurückzukehren. Aber die Unsinnige Großschreibung stört weiterhin die Leseverständlichkeit. (Zeitungen sind eigentlich zum Lesen gedacht.)


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.04.2016 um 18.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10457

Wem Gott ein Amt gibt...

Ich zitiere noch einmal:

Herr Professor Schlobinski, wie wichtig ist Rechtschreibung für die deutsche Sprache?

Die Rechtschreibung ist amtlich geregelt und schafft die Basis für eine normierte, einheitliche Schreibung im deutschsprachigen Raum. Das betrifft Institutionen wie Schule und Verwaltungen, zudem hat die einheitliche Rechtschreibung Vorbildcharakter (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher etc.).

Was trägt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) zum Thema bei?

Die GfdS folgt dem amtlichen Regelwerk und sie hat als Mittlerin zwischen der Germanistischen Linguistik und der Öffentlichkeit eine wichtige Funktion. Wir sind auch im Rat für deutsche Rechtschreibung vertreten und tragen somit zur Weiterentwicklung einer vereinheitlichten Rechtschreibung bei.

Und wer regt sich über die Rechtschreibreformen von 1996 ff. heute noch auf?

Das Thema und die Kontroversen sind ad acta gelegt. Vereinzelt gibt es immer noch den einen oder anderen, der sich aufregt, aber als gesellschaftliches Thema ist es nicht mehr relevant.


Ein Fall zum Fremdschämen.


Kommentar von R. M., verfaßt am 08.04.2016 um 18.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10458

Eher Ekel als Scham kommt da auf.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.11.2017 um 16.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10920

Peter Schlobinski, Professor für Germanistik und Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache: „jetzt mal abhaken.“

Also die Rechtschreibreform kann man jetzt wirklich einmal abhaken. Die digitale Revolution ist natürlich ein viel stärkerer Faktor und hat eine viel größere gesellschaftliche Relevanz als irgendeine Rechtschreibreform. Die Klage, dass früher alles besser war, auch was die Schreibung betrifft, die kennt man sehr lange. Ich will nur mal erinnern, als die Comics damals aufkamen und Wörter wie stirb, stöhn, ächz und so weiter, da war das auch der Niedergang des sozusagen sprachlichen Abendlandes. Und wenn man sieht, wie das alles eingearbeitet wurde in das deutsche System – hat das auch nicht zum Untergang der Rechtschreibung geführt. Also es gibt zwei Untersuchungen: eine aus der Schweiz, eine aus den USA, die zeigen, dass Schülerinnen und Schüler durchaus in der Lage sind, normgerecht zu schreiben – einerseits in der Schule und andererseits entsprechend abzuweichen, wenn sie einen Tweet schreiben oder eine SMS oder eben bei Whatsapp. Da zu experimentieren und wirklich auch abzuweichen vom Standard und auf unterschiedliche Zeichensysteme zurückzugreifen, das Verbinden mit Fotos, mit einer Bildinformation – wir nennen das Multimodalität – das führt natürlich dazu, dass es auch teilweise einen kreativen Umgang mit den unterschiedlichen Formen gibt, und das ist natürlich etwas durchaus Positives.



Kommentar von Germanist, verfaßt am 16.11.2017 um 18.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10921

Hierzu siehe Wikipedia: "Inflektiv" oder "Erikativ".


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.01.2018 um 18.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10925


DLF 20.1.18:

Friedrich Denk ist Studiendirektor im Ruhestand. Er hat früher als Deutsch-Lehrer an einem Gymnasium in Bayern unterrichtet und gehörte zu den schärfsten Kritikern der Rechtschreibreform, was ihm den Zusatznamen "Rechtschreibrebell" eingebracht hat.

"Eine Rechtschreibung ist eine einheitliche, von allen anerkannte Orthografie. Eine solche klassische Rechtschreibung hatten wir bis 1996. Sie war auf hohem Niveau, leserfreundlich und für die Schreibenden kein großes Problem. Diese klassische Rechtschreibung findet sich nach wie vor in den meisten Büchern, in vielen Schullektüren, Bert Brecht, Max Frisch, Dürrenmatt und so weiter. Und sie wird von vielen Schreibenden und von bedeutenden Autoren wie Peter Handke, Thomas Hürlimann, Navid Kermani als die bessere Schreibung bevorzugt. Seit 1996 aber haben wir eine nie dagewesene Verwirrung. Von Michael Endes Momo gibt es beispielsweise inzwischen fünf rechtschreibreformierte Ausgaben. Immer dort, wo die Rechtschreibreform vereinfachen wollte, hat sie Verwirrung verursacht. Wie kann diese Verwirrung beendet oder wenigstens verringert werden. Das ist, scheint mir, die wichtigste Frage."   

Peter Schlobinski ist Professor für Germanistik an der Universität Hannover und Vorsitzender der Gesellschaft für Deutsche Sprache. Zu seinen Forschungsgebieten gehört die Sprache im Netz.  

"Nein, die Rechtschreibung ist ebenso wenig am Ende wie leider das ewige Lamento von rotstiftliebenden Oberlehrern und regelungswütigen Besserwissern. Die Diskussion um die Rechtschreibung war und ist extrem emotional und ideologisch aufgeladen und sie ist oft frei von Sach- und Fachargumenten. Es gibt meiner Meinung nach eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute zuerst: Der Großteil der Deutschen kann mit seinen Rechtschreibfähigkeiten in unserer hochliteraten Gesellschaft bestehen und alle Schreibaufgaben meistern. Die meisten können mit den orthografischen Ressourcen unseres Schriftsystems gut umgehen und diese nutzen. Und sie tun das funktional kreativ, wie Studien zum Schreibgebrauch in digitalen  Medien zeigen. Es gibt aber auch eine schlechte Nachricht: Bei einem kleinen Teil der Bevölkerung gibt es echte Probleme im Schreib- und Lesebereich. Allerdings: Die Diskussion um die Rechtschreibung wie sie häufig öffentlich geführt wird, ist absolut kontraproduktiv, um die bestehenden Probleme anzugehen. Kurzum: Ich bin der Meinung, man muss sich um die Rechtschreibung nicht sorgen, aber man muss bestehende Probleme in unserer Gesellschaft im Hinblick auf Schreib- und Lesefähigkeiten offen und sachlich diskutieren. Nur dann wird man sie auch lösen können."


Warum mit Schlobinski diskutieren, den das Thema erklärtermaßen nicht interessiert?




Kommentar von R. M., verfaßt am 21.01.2018 um 19.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10926

Welchen strategischen Nutzen sollte es haben, das Gespräch auszuschlagen?


Kommentar von ppc, verfaßt am 22.01.2018 um 13.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10927

Des Professors Kommentar ist eine Mischung aus schleimiger Arroganz und Whataboutism. So eine Einstellung ist untragbar, und man sollte diese Person in Antolin entsorgen.



Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.01.2018 um 05.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10928

An Strategie hatte ich gar nicht gedacht. Warum man nicht mit Schlobinski diskutieren sollte: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=748#10458



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