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Beiträge zum Thema

»Merkwürdigkeiten am Rande
Wie ist es eigentlich mit ...«

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Theodor Ickler
Spardorf

Dieser Beitrag wurde am 24.06.2016 um 10.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#11402


Im Englischen gibt es zwei Gruppen von sogenannten Temporaladverbien mit unterschiedlichem Verhalten: now vs. today

I now fully understand - *I today fully understand

today's weather – *now's weather

Ebenso: soon, once, recently vs. tomorrow, yesterday, this morning

Daraus wird gefolgert, daß today usw. eigentlich Substantive sind.

Dazu möchte ich nichts weiter sagen, aber es erinnert mich an einen Unterschied im Deutschen. Man kann sagen

der Mensch von heute, von damals, von einst, aber nicht der Mensch von manchmal, von dann, von bald

Auch: Deutschland heute, Brexit jetzt, aber nicht Deutschland bald.

Der Grund könnte sein, daß bald gar kein Temporaladverb ist. Wir haben ja schon gesehen, daß da entgegen dem Augenschein keine kausale Bedeutung hat, sondern eine Evidenzmarkierung ist.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 14.09.2012 um 08.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#9432


Lava

Allenfalls könnte man beanstanden, daß die 600 m als Maß für die Menge an Lava dienen. Also vielleicht besser: Die Lava ist bereits (auf) 600 m den Hang hinuntergeflossen.
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Tanja Gerber
Olten

Dieser Beitrag wurde am 14.09.2012 um 08.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#9431


Vulkanausbruch in Guatemala

..... Bereits 600 Meter Lava flossen aus dem Berg hangabwärts.

Kann Lava auch aufwärts fliessen? M.E. speiht ein Vulkan Lava in die Luft.

(sehen Sie im Tagi unter Panorama/Vermischtes vom 14.09.2012)
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Tanja Gerber
Olten

Dieser Beitrag wurde am 22.08.2012 um 07.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#9346


China trägt den Facekini

Auch wenn die momentane Hitze kaum erträglich ist, scheint mir ein Bad in der Menge dann doch übertrieben. Erst recht, wenn ich an die Verschmutzung des Wasser's denke.

(sehen Sie im Tagi unter Leben/Gesellschaft vom 21.08.2012)
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Tanja Gerber
Olten

Dieser Beitrag wurde am 29.06.2012 um 07.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#9176


Auch wenn das enfant terrible namens Mario Balotelli der Azzurri keineswegs pflegeleicht sein sollte – was ist eine Skandalnudel?

Was habe ich unter „schnelle Stürmer“ zu verstehen? Demnach wären Verlierer (nicht nur während der EM) doch lahme Enten, oder etwa nicht?

Und zu einer seiner angeblichen Eskapaden (wenn er schon unerlaubterweise ein Kloster in Italien besucht): Hat er wirklich Interesse, das Kloster zu besichtigen, oder doch eher an einer Klosterfrau?
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 27.06.2012 um 10.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#9172


Lieber Herr Achenbach, der Witz bestand darin, daß ich die EM in keiner Weise verfolgt hatte und doch mitreden konnte. Meine Beiträge waren naturgemäß etwas einsilbig ("Ja, die Italiener spielen schönen Fußball"; "Die Holländer waren auch schon mal besser").
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 27.06.2012 um 00.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#9171


Das zeigt doch nur, daß ein aufmerksamer Leser der Ostfriesen-Zeitung überall mitreden kann.

Hat der Friseur denn die Spiele gesehen?
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 26.06.2012 um 19.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#9169


Heute hatte ich mit meinem Friseur eine angeregte Unterhaltung über die Fußball-EM, Eigentümlichkeiten und Chancen gewisser Mannschaften usw. – Dabei habe ich kein einziges Spiel gesehen.
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Dieser Beitrag wurde am 17.06.2012 um 20.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#9159


Kommentar von Säufer, verfaßt am 17.06.2012 um 19.20 Uhr

Sagt man eigentlich "ich saufe koma" oder "ich komasaufe"?
Und wenn, warum?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 23.04.2009 um 20.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#4900


Öfter mal/Mal/-mal/-Mal was Neues: "Todesrisiko im Auto 47-mal höher als im Zug" (Bild.de, Newsticker, 23. Apr.).
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 21.07.2008 um 11.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#3637


Lieber Herr Markner,

bitte fassen Sie es nun nicht so auf, als wollte ich um Kafkas Willen Streit anfangen.

Ich glaube nicht an eine "Übergeneralisierung" der Rechtschreibreform von 1901. Kafkas frühester (erhaltener) literarischer Text "Beschreibung eines Kampfes" (erste Fassung von Sommer 1904 bis Sommer 1907, die zweite Fassung dann in lateinischer Schreibschrift von Mai 1909 bis August 1911 entstanden) ist zunächst noch ganz in der Orthographie des späten 19. Jahrhunderts gehalten: "Thürrahmen", "Vorrath", "giengen", "übermüthig", "Citronenlimonade" usw. Aber dort schon abweichend "Zylinderhut" gegenüber dem "Cylinderhut" in der ersten Fassung der "Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande" (zwischen August 1906 und Ende 1907 entstanden). In der zweiten Fassung der "Beschreibung eines Kampfes" schließlich bleibt davon noch "gieng", "fieng" und "Thüre" übrig (aber "Türrahmen" und "Türpfosten").

Die "Prager Presse" und die "Bohemia" (in beiden Zeitschriften hat Kafka auch publiziert) druckten natürlich ohne regionale Besonderheiten der Orthographie, da diese Zeitungen auch im Mutterland (Österreich) und in Deutschland vertrieben und gelesen wurden. Da sich aber ähnliche Formen beim frühen Rilke oder Werfel finden, kann man durchaus von Bohemismen sprechen. Alle diese Autoren haben sich für die Drucklegung ihrer Werke stets den Gepflogenheiten des jeweiligen Verlages angepaßt.

Ihr Hinweis auf Kafkas Eintritt in die Prager Filiale der italienischen "Assicurazioni Generali" mag durchaus etwas mit der ß-Verweigerung zu tun haben. Aber immerhin tritt er schon am 30. Juli 1908 in die "Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag" ein, wo das ß bekannt ist und auch verwendet wird. So ganz geklärt scheint mir deshalb die Umstellung der Schrift noch nicht zu sein. Um den Italienern entgegenzukommen hätte Kafka zudem auch auf das ph in Telephon verzichten müssen, was er aber nachweislich nicht tat. Denken Sie mal an die vielen "Telephone" im "Schloss"!

Dankend einem Hinweis von unserem Germanisten folgend (592#6991), füge ich hier noch einen Verweis ein:

http://www.linguistik-online.de/13_01/nekula.html
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 21.07.2008 um 02.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#3636


Lieber Herr Höher,
ich bin wirklich sehr bewegt und dankbar, daß Sie sich für die Beantwortung meiner laienhaften Frage so viel Zeit genommen haben.
Auch die von mir erwähnten beiden Bücher stammen aus der 12bändigen Taschenbuchausgabe von S. Fischer. Die jeweils darin enthaltene 'Editorische Notiz' und ganz besonders die 'Nachbemerkung von Malcolm Pasley' zeigen eigentlich recht anschaulich, wie wichtig es ist, sehr vorsichtig mit allen editorischen Eingriffen zu sein, sogar bei der Korrektur von vermeintlich reinen Schreibfehlern des Autors. Da ist man also auf der einen Seite sehr genau mit jedem Punkt, jedem gesetzten oder nicht gesetzten Komma, schreibt wie Kafka Teater, Nachtkafe und Kafeehaus, gestern Abend und heute vormittag, und auf der anderen Seite werden ohne den geringsten Kommentar (in der Taschenbuchausgabe) alle Wörter mit ß, sogar im Titel, als Originalfassung bzw. Fassung der Handschrift verkauft. Dafür habe ich kein Verständnis. Aber gut, jetzt kann ich mit Kenntnis der Hintergründe diese Dinge besser werten und einordnen,
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 20.07.2008 um 20.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#3635


Teater ließe sich auch als eine Übergeneralisierung oder eigensinnige Radikalisierung der Rechtschreibreform von 1901 ansehen. Von einem Bohemismus könnte man sprechen, wenn auch die Prager Presse und die Bohemia so geschrieben hätten, was aber kaum anzunehmen ist.

Übrigens könnte Kafkas Umstellung auf die lateinische Schrift einer Vorgabe seines ersten Arbeitgebers, der Assicurazioni Generali, entsprochen haben.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 20.07.2008 um 17.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#3633


Lieber Herr Riemer,

wenn Sie aus meinen Beiträgen nicht ganz schlau werden, dann muß ich es genauer darlegen. Bitte sehen Sie mir daher nun eine gewisse Ausführlichkeit nach.

Kafka schrieb bis zum Jahr 1907 deutsche Schreibschrift (nennt man in der Handschriftenkunde auch deutsche Kurrentschrift), und zwar mit Adelungscher s-Schreibung.

Ab 1907 änderte er jedoch seine Schrift zur lateinischen Schreibschrift, diesmal besonders konsequent. Er schmiß nämlich genau den Buchstaben, den es im lateinischen Alphabet nicht gibt, heraus: das ß. Wenn Sie es so wollen, schrieb Kafka ab 1907 "schweizerisch".

Gleichzeitig war seine Rechtschreibung von sogenannten Pragismen beeinflußt. Die tschechische Sprache hat beispielsweise nicht die Verbindung "th", weshalb Kafka stets "Teater" schrieb. Er hat aber nichts früher Geschriebenes umgeschrieben, auch kann man nicht sagen – wie etwa Stach es tat –, daß er nach Heyse geschrieben hätte.

Soviel zu Kafkas Schreibweise, nun zu den Ausgaben. Max Brod, Kafkas literarischer Nachlaßverwalter und erster Herausgeber, hat seinen verstorbenen Freund nach dessen Tod beim Publikum erst einmal bekanntzumachen versucht. Dazu begann er die Reihe der posthumen Veröffentlichungen mit den drei unvollständigen Romanen. Er normierte Kafkas Rechtschreibung (ß statt ss, th statt t in "Theater" usw.) und 'bügelte' die Pragismen glatt. Auf diese Weise erschienen 1925 "Der Prozeß" [auf dem Buchdeckel und Titelblatt in Versalienschrift: DER PROZESS] (Berlin: Verlag Die Schmiede), 1926 "Das Schloß" (München: Kurt Wolff Verlag) und 1927 "Amerika" [der Titel wurde von Brod gewählt] (München: Kurt Wolff Verlag). "Der Prozeß" erschien in Antiqua und die beiden anderen Romane in Fraktur. Das sind die Erstdrucke, die in dieser Form ihre Wirkung entfalteten. Und diese Textgestalt blieb auch für die diversen Werkausgaben, die Max Brod bei Schocken und dann seit 1950 bei S. Fischer veranstaltete, maßgebend.

Da die Germanistik aber schon seit den 60er Jahren über die editorischen Unzulänglichkeiten der Brod-Editionen klagte, begannen auch damals schon die Rufe nach einer historisch-kritischen Kafka-Ausgabe. Das scheiterte immer wieder am Widerstand Brods, ist ein spannendes Kapitel der Kafka-Philologie und gehört nicht hierher. Nach Brods Tod war es dann 1982 endlich so weit, daß nach jahrelangen Vorarbeiten der erste Band der Ausgabe "Schriften. Tagebücher. Briefe. Kritische Ausgabe" unter der Herausgeberschaft von Jürgen Born, Gerhard Neumann, Malcolm Pasley und Jost Schillemeit bei S. Fischer erscheinen konnte. Zuerst erschien 1982 "Das Schloß", von Pasley ediert.
Damals bestand der Verlag allerdings darauf, daß zumindest die s-Schreibung nach den damals geltenden Rechtschreibregeln normiert werden sollte und die Herausgeber gaben – nach einigen Querelen – nach. In den jeweiligen Apparatbänden sind freilich sämtliche Emendationen (Herausgebereingriffe) nachgewiesen. Deshalb steht in der sogenannten "Kritischen Ausgabe" nun "groß" neben "Schloß", "Teater", "giebt", "central" usw. Die s-Schreibung muß der Leser tatsächlich mit Hilfe der Apparate aufdröseln.

Soviel zur kritischen Ausgabe. Nach dem Abschluß der Werke (d. h. ohne die Briefe, aber mit dem berühmten "Brief an den Vater") wollte S. Fischer nun auch richtig viel Geld mit dieser Edition verdienen. Leider war nämlich die "Kritische Ausgabe" so teuer, daß sich nur wenige Kafka-Freunde diesen Luxus leisten konnten. Deshalb kam im Jahr 1994 eine Taschenbuchausgabe auf den Markt: "Gesammelte Werke in zwölf Bänden", nach der Kritischen Ausgabe herausgegeben von Hans-Gerd Koch. Bis auf den ersten Band ("Ein Landarzt und andere Drucke zu Lebzeiten") tragen die Bände jeweils den Zusatz "in der Fassung der Handschrift". Jeder Band enthält die Fassung der Textbände der "Kritischen Ausgabe", nicht aber deren Apparat. Außerdem ist die Ausgabe neu gesetzt worden, weshalb sie nun nicht seitenidentisch mit der großen "Kritischen Ausgabe" ist. Gerade das hat damals die Herausgeber der großen Ausgabe sehr erbost (Stichwort "Zitierfähigkeit"!). Also wieder "Teater", "Telephon", "giebt" neben "groß" und "Schloß". Aber diese Ausgabe hat nun keinen Apparat, der dem Leser die Emendationen nachweist. Aus den knappen Nachworten wird man nicht recht klug. Der Band "Das Schloß" [= Bd. 4 dieser Ausgabe], S. 383 bietet in der "Editorischen Notiz" beispielsweise: "In den Text eingegriffen wurde nur bei offensichtlichen Verschreibungen und ähnlichen Anomalien, die die Lesbarkeit deutlich und unnötig erschweren würden. (Eine vollständige Rechenschaft über die Eingriffe in den Text wird im jeweiligen Apparatband der Kritischen Ausgabe gegeben.)" Die einzelnen Bände dieser Taschenbuchausgabe wurden nun auch mehrfach separat nachgedruckt und haben die weiteste Verbreitung gefunden. Auch Reclam hat in dieser Textgestalt Kafka inzwischen in die Universal Bibliothek aufgenommen ("Der Proceß", "Das Schloß").

Ich komme endlich zum Abschluß. Gerade diese editorischen Texteingriffe der Herausgeber (eigentlich ja des Verlages!) haben schließlich zu einem regelrechten Kafka-Streit geführt. Deshalb erscheint seit 1997 im Verlag Stroemfeld eine zweite kritische Kafka-Ausgabe, die von Roland Reuß und Peter Staengle herausgegeben wird. Hier ist bereits "Der Process" erschienen. Zum erstenmal wirklich so, wie Kafka ihn hinterlassen hat. Leider ist diese Ausgabe noch längst nicht abgeschlossen und auch noch viel teurer als die erste kritische Ausgabe von S. Fischer.

Zum Editionsplan der Stroemfeld-Ausgabe:
hier

Bitte zuerst auf "Editionen" und sodann auf "Franz Kafka-Ausgabe" klicken.

Nachtrag:
Seit dem Jahr 2002 gibt es bei S. Fischer auch eine 15bändige Taschenbuchausgabe der großen "Kritischen Ausgabe". Seitengleich mit allen Apparatbänden kostet sie momentan 99 Euro. Das ist – bei allen editorischen Mängeln – augenblicklich die erschwinglichste Ausgabe. Bis auf die Briefe und die sogenannten amtlichen Schriften (aus Kafkas Brotberuf) ist darin der ganze Kafka enthalten. Leider war aber auch ich damals so blöd, mir zunächst die 12bändige Taschenbuchausgabe von 1994 zu kaufen, wofür ich dann auch prompt von Schillemeit den Kopf gewaschen bekam.
Stroemfeld bringt zwar auch immer Taschenbuchausgaben seiner Editionen heraus, aber das wird im Falle Kafkas noch lange dauern, da die Ausgabe stockt und es zudem Probleme mit der DFG wegen der Finanzierung gibt. Bei S. Fischer hingegen fehlen noch ein oder zwei Briefbände und dann ist Kafka komplett. Da ist also die Taschenbuchausgabe der kritischen Briefedition zur Ergänzung der ersten 15 Bände greifbarer.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 19.07.2008 um 21.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#3629


Vielen Dank! Das sieht ja so aus, als habe Kafka immer ss statt ß geschrieben, also im Prinzip wie heute die Schweizer. Aber dann verstehe ich nicht, wie es im Fischer Verlag "in der Fassung der Handschrift" zu den ß kommt. Auch aus den Kommentaren von Herrn Oliver Höher werde ich nicht ganz schlau. Hat Kafka früher anders geschrieben? Existieren denn verschiedene Handschriften, mal mit ß (vor 1907) und mal (ab 1907) mit ss?
Dann muß ja entweder Kafka seine Werke zweimal (einmal nach Adelung und einmal auf Schweizer Weise) geschrieben haben, was ich für ziemlich absurd halte, oder der Fischer Verlag lügt ganz unverschämt?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 19.07.2008 um 20.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#3628


Die Verwandlung
Der Process
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 19.07.2008 um 20.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#3627


Liebe Diskussionsteilnehmer,
ich lese in diesem Forum und im Tagebuch wiederholt, Kafka habe Schloss und Process geschrieben, alle Suchen liefern keinen einzigen Treffer für Proceß, aber viele zu Process. Andererseits habe ich zwei Bücher "Das Schloß" und "Der Proceß" vom Fischer Taschenbuchverlag, untertitelt mit "Originalfassung" und "in der Fassung der Handschrift", "Textgrundlage ist Franz Kafka, 'Der Proceß', Kritische Ausgabe, herausgegeben von Malcolm Pasley, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1990". Entsprechend auch 'Das Schloß'. Im Text selbst kommen ß und ss ausschließlich entsprechend der Adelungschen Schreibweise vor. Was stimmt denn nun? Kennt sich jemand aus und kann definitiv sagen, wie Kafka geschrieben hat?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 17.11.2007 um 00.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2573


Herr Köster, Ihre Dialektik fordert mal wieder meine Ratekunst heraus (wie der selige Helmut Jochems es ausgedrückt haben würde). Erst (#2544) schreiben Sie: „mal ehrlich: wer würde von Franz Kafka Das Schloss lesen wollen?“ Dann (#2547) schreiben Sie: „Ich kann es gar nicht oft genug sagen: Ich verlange alle Schriftsteller in ihrem Originaldeutsch zu lesen“. Darf ich das Ganze so verstehen, daß Sie mit Ihrem heutigen Wissen formulieren würden: „mal ehrlich: wer würde von Franz Kafka Das Schloß lesen wollen?“? Und wie paßt es zusammen, daß Sie erst suggerieren, ein Buch mit dem Titel „Das Schloss“ sei nicht lesenswert, dann aber diejenigen, die uns vor diesem „Desaster“ bewahrt haben, „Wichtigtuer“ heißen?
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Philip Köster
Hamburg

Dieser Beitrag wurde am 16.11.2007 um 10.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2557


Ich finde den Beirag Herrn Icklers gerade nicht wieder, aber wenn Münte da von einer »realen Erleichterung« für die Deutschen spricht, klingt das für mich, als wäre ein Arbeitsminister außerstande, wenigstens einmal für einen Moment das Metier zu wechseln. Von »realen« Lohnzuwächsen haben wir nun wirklich alle genug gehört. Ich verdiene heuer weniger als die Hälfte von dem, was ich 2000 verdient habe, mein Lohn ist also nicht netto gestiegen, sondern »real« gesunken. Politiker haben es da einfacher, sie entscheiden selbst über ihre »Diäten«. Ich bin selbständig und denke auch an meine Rente. Es bleibt einfach nichts dafür übrig.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 16.11.2007 um 09.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2556


Wichtigtuer (#2547) und Anachronismen (#2544)

Mir gefiel eigentlich immer die Vorbemerkung: "... wurde vorsichtig der heutigen Schreibung angepaßt", denn was wir im 20. Jahrhundert hatten und an was man da anpaßte, war im großen und ganzen eine sehr gute Verschriftung. Und warum? Die letzte Reform da 1901 zur Vereinheitlichung der deutschen Schreibung war eben eine, die große Könner vorbereitet hatten, und die Anpasser waren sehr kundige Korrekturleser. Ob man nun Streß und sogar Stewardeß (also die heutige Flugbegleiterin) mit "ß" schreibt, wie ich das tue, oder eben noch mit "ss", hängt nicht davon ab, wie altmodisch man ist, sondern wieweit man diese Wörter als völlig zur deutschen Sprache gehörig ansieht, und ich habe da keinen besonderen Dünkel, weil ich zufällig auch englisch kann. Parallelfälle dazu wären aus anderen Zeiten Sofa und Kognak; Anachronismen wären hier Sopha und Cognac. Bei der Umsetzung von Kafkas *Schloss* in *Schloß* ging schreibtechnisch tatsächlich nichts verloren; im Gegenteil, das offensichtliche Problem "Schlossstraße/Schlosstraße/Schlosstrasse" wurde dadurch sehr einfach gelöst. Bei "Müntefering ist zurück getreten" geht dagegen alles durcheinander.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 15.11.2007 um 07.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2548


Vor 1945 verzichtete man in Lateinschrift häufig auf das „ß“: Kaiser Wilhelm, Einstein, Cato Bontjes van Beek … Es ist unklar, ob dies auch an den Schulen üblich war. Das „Lesebuch für die oberen Klassen evangelischer Schulen", Schleswig, brachte jedenfalls 1877 Prosa in Fraktur – und Poesie in Antiqua mit „ß“, wie schon in Kleists „Michael Kohlhaas“ 1808 und in Goethes vereinzelten lateinschriftlichen Aufzeichnungen.
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Philip Köster
Hamburg

Dieser Beitrag wurde am 15.11.2007 um 01.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2547


Herr Markner, ich glaube Ihnen, doch wenn es wirklich so ist, daß Kafka Schloss und Process geschrieben hat, möchte ich wissen, welche Wichtigtuer dafür verantwortlich zeichnen, daß uns solche Schreibweisen für unzumutbar erklärt wurden. Ich kann es gar nicht oft genug sagen: Ich verlange alle Schriftsteller in ihrem Originaldeutsch zu lesen, Goethen, Schillern auch, mit dem gleichen Recht, mit dem ich fordere, daß ich vielleicht in einhundert Jahren auch einmal so gelesen werden darf, wie ich schreibe, ohne daß mir irgendwelche unkundigen Lektoren hineinpfuschen, die nie je ihr Grundschulniveau überstiegen haben. Es ist doch eine Schande, wie Korrektoren meinen, ständig alles besser wissen zu dürfen.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 15.11.2007 um 00.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2545


Fairerweise muß man zugeben, daß Kafka Schloss und Process geschrieben hat, unter völligem Verzicht auf das ß. Auf der österreichischen Schule müßte er eigentlich noch die Heysesche Schreibung gelernt haben.
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Philip Köster
Hamburg

Dieser Beitrag wurde am 15.11.2007 um 00.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2544


Persönlich kriege ich auf gut deutsch einen zuviel, wenn für viele zehntausende Euro Steuergelder zu niemandes nütz Schloßstraßen und Schloßalleen in Schlossstraßen und Schlossalleen umbeschildert werden. Das Ergebnis ist ein typographisches Desaster, und mal ehrlich: wer würde von Franz Kafka Das Schloss lesen wollen? Mich erinnert das eher an indische Verhältnisse, an ein Land, in dem mit jedem Regierungswechsel stets auch gleichzeitig die Umbenennung tausender Städte einhergeht.

Etwas anderes ist das mit dem Stress: hier kann ich mich gut an den Neuschrieb gewöhnen und finde ihn tatsächlich besser: die Schreibweise Streß scheint mir hier wirklich ein Anachronismus.
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Christoph Kukulies
Würselen

Dieser Beitrag wurde am 14.11.2007 um 12.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2542


Zum Thema "Schloss statt Schloß" von Herrn Wagner:

Im Ort Lötzbeuren im Hunsrück fiel mir vor einiger Zeit bereits auf, daß von der Durchfahrtstraße von der Dorfmitte ausgehend in Richtung Hunsrückhöhenstraße eine Straße namens "Gäßchen" abgeht.

Das Straßenschild an der Durchfahrtstraße wurde geflissentlich in "Gässchen" umgeändert, falls mal eine Delegation Kultusminister durch den Ort fahren sollte, um ihnen zu sagen: "Schaut mal, wie schön wir unser Dorf geschmückt haben, und wie eifrig wir Eure Befehle umgesetzt haben".

Am anderen, dem schöneren Ende des "Gässchens", dort steht nach wie vor "Gäßchen" auf dem Straßenschild.
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Ruth Salber-Buchmüller
Mülheim-Ruhr

Dieser Beitrag wurde am 14.11.2007 um 12.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2541


Eine heutige Überschrift in der WAZ: "Eine Gallionsfigur"

Ob der Schreiber hier an die Gallier dachte?
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 14.11.2007 um 10.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2539


Rückfall ins Richtige:
"... die sogenannte Waldschlößchenbrücke ..."
(sueddeutsche.de von heute)
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 12.11.2007 um 21.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2535


Das unprofessionelle Hin- und Hergeschiebe zwischen "Schloss" und "Schloß" beim Wikipedia-Artikel "Schloß-Gymnasium Benrath" wurde durch ein beherztes "Deutschlehrer: Schloß-Gymnasium schreibt man mit scharfem S verdammt nochmal!" beendet und das "ß" akzeptiert.
Ein Mitglied der Elternpflegschaft dieses Gymnasiums machte mich übrigens darauf aufmerksam, daß die "Stadt Düsseldorf darauf bestanden" habe, das "ß" in "Schloßgymnasium" beizubehalten. Gleichzeitig wurde bedauert, daß die ausländischen Partnerschulen damit ein Problem hätten. In der E-Mail-Anschrift der Schule heißt es dann auch "schloss-gymnasium" - kann man an dieser Stelle verstehen.
Im offiziellen Schullogo aber wird das "ß" graphisch besonders herausgehoben.
Das hat was, tatsächlich. (www.schloss-gymnasium.de)
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 12.11.2007 um 15.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#2531


Schloss statt Schloß
Auf Wegweisern am Abzweig Meseberg neue Rechtschreibung ignoriert
BERT WITTKE

GRANSEE Spätestens seit dem 1. August dieses Jahres ist die jüngste Rechtschreibreform auch für Behörden verbindlich. Dennoch wird das neue Regelwerk längst nicht überall richtig angewendet. Das gilt auch für die Hersteller öffentlicher Hinweistafeln, wie sich entlang der Bundesstraße 96 zwischen Gransee und Löwenberg zeigt. Es ist noch nicht lange her, da wurden im Zuge von Bauarbeiten am Abzweig nach Buberow beziehungsweise Meseberg neue Vorwegweiser und Wegweiser aufgestellt – jeweils zwei Schilder in beiden Fahrtrichtungen. Darauf findet der Kraftfahrer unter anderem den Hinweise auf eine bekannte Sehenswürdigkeit. Gemeint ist das Barockschloss Meseberg, das der Bundesregierung inzwischen als Gästehaus dient. Wurde Schloss früher mit "ß" geschrieben, verlangt die neue Rechtschreibung nunmehr nach "ss". Auf drei der vier beschriebenen Wegweiser taucht am Ende dieses Wortes jedoch weiterhin die alte Schreibweise mit "ß" auf. Nur auf einer Tafel hat die neue Rechtschreibung Berücksichtigung gefunden. "Das ist uns bisher noch gar nicht aufgefallen", sagte Klaus Augstein gestern auf Nachfrage der MAZ. Der Kolonnenführer der Straßenmeisterei Altlüdersdorf versprach, die Tafeln noch einmal persönlich in Augenschein zu nehmen. Anschließend, so hieß es, wolle die Straßenmeisterei Kontakt mit der zuständigen Herstellerfirma der Wegweiser, die ihren Sitz in Neuruppin hat, aufnehmen und reklamieren. Wie Klaus Augstein weiter sagte, komme es leider immer wieder mal vor, dass sich auf Hinweistafeln, aber auch auf Verkehrszeichen oder Ortseingangsschildern Rechtschreibfehler einschleichen. Diese seien nach entsprechenden Hinweisen vom Hersteller aber bisher immer auf Kulanzbasis beseitigt worden. Bis zu einer Korrektur könne allerdings etwas Zeit ins Land gehen, da sowohl der Baulastträger der Straße als auch das Straßenverkehrsamt einbezogen werden müssen.

Als Antragsteller für das Aufstellen von Wegweisern und Vorwegweisern fungieren übrigens die Kommunen – im "geschilderten Fall" also das Amt Gransee und Gemeinden.


(Märkische Allgemeine, 07.11.2007)
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Verschoben
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 10.05.2007 um 07.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#1812


Kommentar von Fungizid, verfaßt am 09.05.2007 um 10.36 Uhr

Auffällig ist doch, daß unsere bürgerlichen Grundfreiheit in sechzehn Jahren Kohl im Kern unverletzt blieben (sehen wir von der Volkszählungs-Paranoia 1987 ab), danach aber sehr schnell demoliert wurden.


Kommentar von "Germanist", verfaßt am 09.05.2007 um 10.26 Uhr

Der Schiller würde heute vom Verfassungsschutz observiert werden, und in die USA fliegen dürfte er auch nicht. Dem Schäuble stinkt der Don Carlos wegen "Geben Sie Gedankenfreiheit!", und dem Müntefering stinken die Räuber wegen "Franz heißt die Canaille".


Kommentar von Ballistol, verfaßt am 09.05.2007 um 08.37 Uhr

Und sagen Sie ihm,
daß er vor den Träumen
seiner Jugend soll Achtung
haben, wenn er ein Mann sein wird.

(Friedrich Schiller, Don Carlos)


Kommentar von Tanja Gerber, verfaßt am 08.05.2007 um 22.32 Uhr

Am 9. Mai wiederholt sich der Todestag von Friedrich von Schiller, der für seine Verdienste um die deutsche Sprache sogar vom Kaiser in den Adelstand erhoben wurde.

Wer hat das Überlieferte des verstorbenen Dichters in Auftrag gegeben bzw. geben dürfen? Gehört dieser Klassiker, nachdem seine Werke und Briefe einer "modernisierten Rechtschreibung" unterzogen wurden, heute überhaupt noch auf den Olymp in Weimar?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 18.08.2006 um 17.48 Uhr eingetragen.
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Eine Hose ist ursprünglich ein Schlauch; engl. "hose" zeigt das noch sehr schön, wo "pants" ebenfalls grammatisch ein Plural für die beiden (Herren-)Beinkleider ist (nicht nur für eins von den beiden!), genau wie deutsch "Hosen". So kann man sich "die Hosen" anziehen, man kann sich auch "ein Paar Hosen" anziehen, und seit schon langem kann man sich auch "die Hose" anziehen, und man kann sich dann ohne weitere Bedenken aus dem Haus trauen, — wobei aber doch anzuraten ist, die Unterhosen, die Unterhose oder ein Paar Unterhosen darunter zu tragen, auch im Sommer, auch unter den Shorts, bei denen die Schläuche attraktiv kurz sind, bei manchen sogar so kurz, daß man dazu manchmal den Protestausruf "Down with hotpants!" hörte oder vielleicht sogar selbst auf den Lippen hatte. Uns interessiert das aber nicht; uns interessiert hier wegen Herrn Scheuermanns Anfrage die Pluralform für etwas Singuläres, und die haben wir bei "Shorts" also auch. Solange Sie nicht oder keine(n) Schlüpfer (auch hier Singular und Plural!) tragen, lieber Herr Scheuermann, können Sie sich getrost aus dem Haus trauen. Keiner sieht Ihnen mehr an als wirklich da ist. Selbst die Schlüpfer sähe man Ihnen nicht an, wenn sie darüber, wie sich's gehört, Hosen, ein Paar Hosen oder eine Hose tragen, wie immer Sie's wollen, — wobei's Shorts oder ein Paar Shorts auch tun. Ein Short allerdings täte's nicht. Das wäre nun doch ein Kurzschluß!
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 18.08.2006 um 08.49 Uhr eingetragen.
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Der Name der Hose

Jeden Morgen ziehe ich mehrere Hosen an, eine Unter- und eine Oberhose, die man aber nie so nennt, vielmehr ein Paar Hosen (was bei einer Unterhose weniger üblich ist). Ich trage also offenbar drei Hosen – und manchmal sogar noch ein Kleid, wenn ich mich ein wenig altertümlich ausdrücke, ein Beinkleid nämlich. (Dazu darf dann der Rock nicht fehlen, und schon bin ich so unmöglich angezogen, daß ich mich kaum mehr aus dem Haus traue.) Was aber ist denn nun eine Hose?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 25.07.2006 um 14.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#809


Lieber Herr Martell, Ihre Mutmaßungen in allen Ehren, aber ich glaube wirklich, daß Sie auf dem Holzweg sind. Lesen Sie einmal die Mitschrift eines Gesprächs, von dem Sie hundertprozentig wissen, daß es spontan stattgefunden hat, und hören Sie sich gleichzeitig einen Mitschnitt dieses Gesprächs an. Sie werden zu dem Ergebnis kommen, daß die Texte vorformuliert gewesen sein müssen, d. h. Sie werden zu einem falschen Ergebnis kommen. Diese Methode ist nicht dazu geeignet, die Authentizität eines Interviews zu prüfen.

Eine weitere Überlegung spricht gegen Ihre These. Einen Text so zu formulieren, daß er vorgelesen wie authentisch gesprochen klingt, ist eine so hohe Kunst, daß selbst gute Drehbuchautoren ab und an ihre Schwierigkeiten damit haben. Fragen Sie mal einen professionellen Dialogschreiber, oder versuchen Sie es selbst einmal! Wenn Sie danach immer noch an Ihrer These festhalten, machen Sie Frau Güthert damit das größte überhaupt nur denkbare Kompliment. Ich kenne die Dame nicht persönlich und weiß nur wenig über ihre Fähigkeiten, aber es übersteigt meine Vorstellungskraft, daß sie in der Lage sein soll, sich all die Anakoluthe und sonstigen sprachlichen Unstimmigkeiten, die so nur in mündlicher Rede vorkommen, vorher auszudenken und Wort für Wort aufzuschreiben, vom unermeßlichen Aufwand, den eine solche Aktion erfordern würde, einmal abgesehen.

Man sollte auch nicht den Fehler machen, ein Interview allein deshalb für eine Täuschung zu halten, weil zwischen den Beteiligten ein Vorgespräch stattgefunden hat. Wenn es danach ginge, wären heutzutage fast alle Interviews in Radio und Fernsehen fingiert.

Schließlich und endlich möchte ich Ihnen zu bedenken geben, daß Ihre Unterstellung, selbst wenn sie nicht als Vorwurf gemeint sein sollte – denn Sie schreiben ja, daß Sie den Vorgang gar nicht für verwerflich halten –, dem Ruf des Deutschlandradios schaden kann, weil sie die Glaubwürdigkeit des Senders in Frage stellt. Von Frau Güthert will ich gar nicht reden.
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Berlin

Dieser Beitrag wurde am 25.07.2006 um 11.21 Uhr eingetragen.
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Kommentar verfaßt von Hans-Dieter von Wehbergen am 25.07.2006 um 11:27 Uhr

Wenn das Interview tatsächlich vorformuliert und aufgesagt wurde, ist es verwunderlich, wie schwach auf die Einwände Prof. Icklers eingegangen wird. Hätte eine solide Vorbereitung nicht bessere Argumente bzw. mindestens bessere Gegenreden hervorgebracht?


Kommentar verfaßt von Karl Martell am 25.07.2006 um 10:06 Uhr

Auch DLF und DRadio stellen seit Jahren Wortbeiträge ins Internet. Da der liebe Gott uns die Augen nicht primär zum Lesen geschenkt hat, benutze ich an der Stelle lieber meine Ohren. Allerdings mit abnehmendem Vergnügen, was jedoch insbesondere mit der räumlichen Nähe Berliner Strukturen zu ehemals stalinistischen zu tun hat. Doch das gehört nicht hierher.

Sie sollten also nicht nur Herrn Icklers Aufforderung folgen, und das "Gespräch" einfach lesen, sondern Sie sollten sich das herausragende Vergnügen machen, beim Lesen den beiden Sprechern auch zuzuhören. Und sie sollten es v.a. gleichzeitig tun.

Wenn Sie dann immer noch der Ansicht sind, daß es sich dabei um ein mehr oder weniger spontanes oder gar freies Telefonat handeln sollte, dann kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen.

Bei DRadio gibt es zwar hin und wieder auch echte Interviews zu hören. Die sind dann auch als solche bezeichnet. Dieses war aber kein Interview. Es lohnt also, dort die Nase ein wenig hineinzustecken: Neue Medien scheinen ganz neue Formate zu generieren. Die mitgeteilte Autorenschaft Frau Gütherts beginnt meiner Meinung nach mit dem ersten Wort des gesamten "Zwiegespräches" samt Einleitung, und der Text wurde zu 100% vorgelesen. Doch was ist Verwerfliches daran, wenn einer nicht frei ist?

Wie Herr Markner auf die Idee kommt, zu behaupten, dieses Gespräch sei sicher frei geführt worden, kann ich nicht nachvollziehen.


Kommentar verfaßt von R. M. am 24.07.2006 um 23:01 Uhr

Es gibt tatsächlich Leute, die bei solchen Gelegenheiten lange Texte vorlesen. Aber dieses Gebrabbel war sicher nicht vorformuliert.


Kommentar verfaßt von Wolfram Metz am 24.07.2006 um 22:54 Uhr

So, so, Herr Martell, Sie sind also der Meinung, daß die Interviews, die der Sender auf seiner Website veröffentlicht, fingiert und vorgelesen sind? Schauen Sie doch mal, wer bei den anderen Interviews als "Autor" angegeben ist ...


Kommentar verfaßt von Karl Martell am 24.07.2006 um 22:01 Uhr

Noch besser als lesen ist ja hören. Oder besser doch: beides gleichzeitig zu tun? Auf der Homepage, auf der man das "Gespräch" auch als Audio-Datei hören kann, ist ja Frau Güthert als Autorin benannt. Die Frage nun, wer den offensichtlich vorverfassen Text des Zwiegespräches besser vorgelesen hat, ist eindeutig zu beantworten: Natürlich hat der Radiomann hierin die größere Routine und ist eindeutiger Sieger des paarigen Vorlesewettbewerbes. Es ist schon herrlich, solche Manipulationen so hautnah miterleben zu dürfen. Immerhin ist D-Radio ehrlich genug, die Autorin beim Namen zu nennen..

Vielen Dank für diesen "Lese" -Hinweis.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 15.03.2006 um 22.59 Uhr eingetragen.
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[...] die Füße eines Orgelspielers wirken so behände wie die Hände [...]

(Und die Hände so befüße wie die Füße ... ?)

Warum auch nicht?
http://www.schnitt.de/festivals/artikel/marburg_2005
_marburger_kamerapreis.shtml
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 15.03.2006 um 09.19 Uhr eingetragen.
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Gestern erlebt in einer kleinen Buchhandlung am Tegernsee
Die Buchhändlerin zu einer Kundin: Wir haben da noch den Jubiläums-Duden zum Sonderpreis. Demnächst wird er wieder teurer.
Die Kundin: Oh nein! Nicht schon wieder!
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Thomas Paulwitz
Erlangen

Dieser Beitrag wurde am 06.03.2006 um 18.57 Uhr eingetragen.
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Ich glaube nicht, daß Trier das seinerzeitige Schreiben selbst hier eingestellt hat.
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Berlin

Dieser Beitrag wurde am 06.03.2006 um 18.07 Uhr eingetragen.
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Beitrag verfaßt von Theodor Ickler am 06.03.2006 um 17:18 Uhr

Zu Reinhold Trier: http://lists.ffii.org/pipermail/sprachwelt/2000-July/000017.html


Beitrag verfaßt von Henning Upmeyer am 06.03.2006 um 17:04 Uhr

Reinhold Trier als Vertreter der Reformer:

"Schon die Forderung nach einer allgemeinen Zustimmung würde ja jede Reform von vornherein ausschließen."

Das ist die Grundeinstellung der Reformer und erklärt alle Tricks bei der Durchsetzung der Reform. Aber das widerspricht dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich seiner Forderung nach Akzeptanz der Reform.

Diese Forderung würde auch für die Substantiv-Kleinschreibung nie erfüllt werden können. Deren Anhänger können jetzt nur noch auf eine Diktatur hoffen.
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Thomas Paulwitz
Erlangen

Dieser Beitrag wurde am 06.03.2006 um 12.18 Uhr eingetragen.
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Theodor Ickler:

Wie kommt eigentlich der Beitrag von Reinhold Trier (mit dem ich nicht streiten möchte) auf diese Seiten? Ist er nicht vor sechs Jahren schon an die Deutsche Sprachwelt geschickt worden?

Ich kann mich nicht daran erinnern. Das ist ja eigenartig.
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Berlin

Dieser Beitrag wurde am 06.03.2006 um 12.05 Uhr eingetragen.
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Kommentar verfaßt von Kai Lindner am 06.03.2006 um 11:26 Uhr

Lieber Herr Trier.

Denglisch ist kein erwähnenswertes Problem... zwar sind "denglische" Worte überall sehr plakativ vertreten, weil sie in großen bunten Lettern in der Werbung auftauchen ("Service Point", "Come in and find out", ...).
In der Literatur (selbst in der schlechten) spielt das aber kaum eine Rolle. Und sogar pseudoenglische Wendungen (wie "das macht Sinn", etc.) sind in der geschriebenen Sprache eher selten anzutreffen (zumindest, was die "dauerhafte" geschriebene Sprache angeht... potentielles Altpapier wie der "Focus" oder der "Spiegel" fabriziert natürlich manch einen sprachlichen Müll, der zum Glück aber nicht älter als vier Wochen wird). Und im Internet schreibt sowieso jeder, wie er will ;-)

Daher: Bei der Kritik an der Rechtschreibreform geht es um wissenschaftlich nachprüfbare inhaltliche Mängel... und nicht um völkische Befindlichkeiten.

Ich persönlich denke... jede Sprache muß eine bestimmte Menge an Fremdworten verkraften können...

PS: Und, daß unsere internationale Fachsprache nunmal Englisch ist, trägt ihren Teil zum Denglischen bei. Seien wir also froh, daß die internationale Sprache nicht Chinesisch ist...

PPS: Im Gegensatz zur Reform von 1901, in der die Rechtschreibvielfalt der deutschen Duodezentümer beseitigt wurde, bestand zur Reform von 1996 kein vernünftiger Anlaß. Und ohne einen solchen Anlaß, sollte bei einer so grundlegenden Reform zumindest eine breite Zustimmung in der Öffentlichkeit vorhanden sein.
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Berlin

Dieser Beitrag wurde am 06.03.2006 um 11.11 Uhr eingetragen.
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Kommentar verfaßt von Theodor Ickler am 06.03.2006 um 10:43 Uhr

Wie kommt eigentlich der Beitrag von Reinhold Trier (mit dem ich nicht streiten möchte) auf diese Seiten? Ist er nicht vor sechs Jahren schon an die Deutsche Sprachwelt geschickt worden? Man könnte meinen, er bezöge sich auf irgend etwas hier Vorgetragenes.


Kommentar verfaßt von Gerda am 06.03.2006 um 10:39 Uhr

Bei Klaus Schübel scheint das der Fall zu sein. Hier ist er unterwegs als "V. Okal".


Kommentar verfaßt von kratzbaum am 06.03.2006 um 10:35 Uhr

Sehr geehrter Herr Trier, es ist erfreulich, daß sich mit Ihnen einmal ein Befürworter der Reform in vorsichtigen und sachlichen Bemerkungen zu Wort meldet. Trotzdem muß ich Ihnen leider widersprechen. Daß man überhaupt keine Reform machen könne, wenn man dabei auf allgemeine Zustimmung setzen wollte, kann nur heißen: Dann soll man es lassen! Anders als z.B. bei der immer wieder angemahnten Steuerreform hat nach der Rechtschreibreform keiner der Betroffenen (das sind alle Sprachteilhaber!) gerufen. Es gab keinen Notstand, Rechtschreibung war einfach kein öffentliches Problem. Die Reform kam "von oben" - aus den verschiedensten Motiven, die bis in die jüngste Revision hinein erkennbar sind. Allein die Tatsache, daß nach fast 10 Jahren immer noch daran herumgeflickt wird, sollte doch jedem denkenden Menschen den totalen Mißerfolg vor Augen führen. - Mit "mir scheint" und "es mag" kann man leider zur Reform nichts Stichhaltiges aussagen. Man muß sich schon der Mühe unterziehen, die nötige Kenntnis des Regelwerks zu erwerben. Kennen Sie jemanden, der die Reform allein wegen ihrer Qualität verteidigt?


Kommentar verfaßt von Reinhold Trier am 06.03.2006 um 10:11 Uhr

Mit der von Prof. Ickler dargestellten Sicht der Rechtschreibreform bin ich nicht einverstanden. Schon die Forderung nach einer allgemeinen Zustimmung würde ja jede Reform von vornherein ausschließen. Die Rechtschreibreform erscheint mir vor allem als ein Weglassen von Ausnahme-Regelungen. Damit, finde ich, ist sie auf dem richtigen Weg, das Nachlassen der Akzeptanz unserer deutschen Sprache zu bremsen. Ich halte es für gefährlich, die Diskussion um die Reform wieder neu anzufachen. Es mag Ungereimtheiten auch in diesem neuen Regelwerk geben, aber ich finde wir haben mit der deutschen Sprache wirklich andere Sorgen als Unterschiede in der Schreibweise. Die größte Gefahr liegt in ihrem Verkommen zum "Denglisch". Da müssen wir am Ball bleiben und uns nicht in der Diskussion um Zusammen- oder Getrennt-Schreiben verzetteln.
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Berlin

Dieser Beitrag wurde am 09.02.2006 um 18.55 Uhr eingetragen.
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Von Lexika und Kirschwasser


Beitrag verfaßt von Kai Lindner am 09.02.2006 um 18:32 Uhr

Mea Culpa...

ich hatte nach Sprachgefühl geschrieben (und ich spreche ein deutliches TZ) und nebenbei den "Platz" im Hinterkopf. Dieser Fehler wäre mir wohl auch ohne die verderbenden Eigenschaften der NRS passiert...


Beitrag verfaßt von Alexander Glück am 09.02.2006 um 18:16 Uhr

Ja! und "plaziert" mit -tz-! Wo es doch von place kommt und nicht von Platzen!


Beitrag verfaßt von Kai Lindner am 09.02.2006 um 17:55 Uhr

Ein Semikolon wäre hier angemessen gewesen... das arme Semikolon wird schon seit Jahren bei uns vernachlässigt. Ein Komma erscheint mir aber auch in Ordnung.

Aber... man sollte sich auf meine Korrekturen nicht zu sehr verlassen (insbesondere bei der Kommasetzung ;-). Trotz meiner Liebe für die Rechtschreibung, bin ich nicht wirklich gut darin! Oder: Zumindest bin ich weit entfernt von innerer Zufriedenheit. Und eben daher ärgert mich die NRS, denn sie macht alles nur noch komplizierter. Die NRS ist qualitativ minderwertig, verdrängt im Gehirn gut platziertes Wissen und bei der Vielzahl der Möglichkeiten rutscht mir immer wieder auch unbewußt Neuschrieb mit aufs Papier.


Beitrag verfaßt von Alexander Glück am 09.02.2006 um 17:11 Uhr

Das mit dem Blindwerden ist auch so ein Propagandagespenst.

Ein gewisser Methanolgehalt ist der Ausweis der Echtheit von vielen verschiedenen Steinobstbränden, z. B. aus Zwetschgen, Kirschen, Marillen usw. Geiste wie z. B. Himbeergeist werden nicht aus der Maische gebrannt, sondern angesetzt und danach destilliert, hierbei gibt es Methanol also nicht einmal in Spuren. Die Substanz entsteht als nebenwertiger Alkohol ausschließlich in der Maischegärung. Wenn jetzt z. B. im "Kirschwasser" kein oder nur sehr wenig Methanol enthalten ist, deutet das auf eine Verfälschung hin, z. B. durch künstliche Aromastoffe.

Natürlich kann man durch Methanol blind werden, aber nur beim massenhaften Trinken hochprozentiger Methanolgemische. Der Metabolismus sieht so aus, daß Methanol im Körper zu Ameisensäure abgebaut wird, die ihrerseits über ihre Säurewirkung den Sehnerv angreift.

Bei bekannter Methanolvergiftung besteht die erste Sofortmaßnahme im Einflößen einer ordentlichen Menge Äthanols, da hierdurch der Methanol-Metabolismus stark verlangsamt wird. Notärzte können darüber hinaus abwägen, ob sie die Säuresituation im Blut mit Calciumgaben i. v. regulieren wollen.

Kurzum: Bei Ihren dionysischen Veranstaltungen sollten Sie sich weit mehr um die Äthanolwirkung sorgen, denn die hat Sie schon gefaltet, wenn an Erblinden noch gar nicht zu denken ist.

P. S.: Damit wir hier die nötige Kurve zur Orthographie hinkriegen, schiebe ich schnell noch die Frage nach, ob ich denn das zweite Komma im dritten Satz richtig gesetzt habe!


Beitrag verfaßt von Kai Lindner am 09.02.2006 um 13:25 Uhr

Da bei Ihrer Umfrage keine Autentifizierung über e-Mail stattfindet, ist sie ohnehin leicht zu manipulieren... über ein TOR-PIVOXY relay könnte man bei jedem Zugriff eine andere IP mitbringen und so per Skript bis zu zwei Votes/Minute erreichen...

Aber das nur am Rande bemerkt, denn eine Manipulation liegt mir fern. Ich bin sehr gespannt, wie Ihre Umfrage am Ende ausgehen wird (ohne Änderung der Fragestellung)... und ich werde alle meine Bekannten darauf hinweisen.

PS: Zuviel echtes Kirschwasser macht also nicht nur betrunken, sondern auch blind... ich dachte immer, den allerersten Brand opfert man an Dionysos...


Beitrag verfaßt von Alexander Glück am 09.02.2006 um 12:39 Uhr

Ein gewisser Anteil an Reformbefürwortern ist ebenso ein Lauterkeitsmerkmal für so eine Umfrage, wie ein gewisser Methanolgehalt die Echtheit von Kirschwasser nahelegt. Und natürlich erwarte ich angesichts vieler anderer stark ablehnender Umfrageergebnisse, daß auch meine ganz ähnlich ausfällt.

Die momentane Entwicklung könnte ich mir nur tiefenpsychologisch erklären, da bin ich aber kein Fachmann. "Soll so bleiben" ist ja an sich die Verneinung jedes Reformgedankens. Wenn mir in dieser Annahme einige Kenner beipflichten, kann erwogen werden, mit einer deutlicheren Fragestellung erneut an den Start zu gehen.

Ich habe meine Scheine in "empirischer Sozialforschung" gemacht und denke wissenschaftlich genug, um diese Umfrage zunächst weiterlaufen zu lassen. Populismus geht in Ordnung, wenn man ans Posaunen geht, aber bei der Erhebung halte ich nichts von kosmetischen Kunstgriffen.

Sie können aber gerne jeden auf die Befragung aufmerksam machen, von dem Sie die "richtige" Antwort erwarten. Offenbar machen es die anderen ja auch so.


Beitrag verfaßt von Kai Lindner am 09.02.2006 um 10:57 Uhr

Aber, was nutzt eine Umfrage, die so leicht mißverstanden werden kann?

Das erinnert mich an eine sehr schöne Folge der englischen Fernsehserie "Yes Minister": Wenn man ein bestimmtes Ergebnis in einer Umfrage erzielen will, muß man die Frage nur richtig stellen. In diesem Fall: "Wollen Sie, daß ihre Kinder auch weiterhin eine inkonsequente und falsche 'Neue Rechtschreibung' lernen und damit lediglich das Bildungsniveau für die Arbeit bei der städtischen Müllabfuhr erhalten?" (sorry, aber in der Rechtschreibfrage bin ich mehr Populist als Realist ;-)

Es ehrt einen natürlich, wenn man sich fair und ritterlich an die "Rules of Engagement" hält und seine Umfragen wertneutral und ohne eristisch zu werden stellt – wahrscheinlich in der Hoffnung, daß das Ergebnis auch von seinen Gegnern akzeptiert werden kann... aber leider führen wir in der Rechtschreibfrage einen Kampf gegen Menschen und Organisationen, die auf einem Niveau handeln, das weit unter der demokratischen Null-Linie liegt – und diese Leute akzeptieren letztlich auch nur Umfragen, die im Ergebnis ihre eigene Meinung wiederspiegeln...


Beitrag verfaßt von Alexander Glück am 09.02.2006 um 09:50 Uhr

Ich finde das auch sehr seltsam. Möglicherweise verstehen einige die Antworten falsch und glauben, "Soll so bleiben" beziehe sich auf die alte Rechtschreibung. Aber so blöde kann doch eigentlich keiner sein.

Wer A sagt, muß auch B sagen, deshalb bleibt mir keine andere Möglichkeit, als die Umfrage weiter zu beobachten und bei 1.000 eigegangenen Antworten auszuwerten. Mal sehen, wie es dann aussieht.

Jedenfalls kann ich auch als Anhänger der traditionellen Rechtschreibung diese Umfrage nicht einfach beenden, nur weil mir das Ergebnis nicht paßt.


Beitrag verfaßt von Kai Lindner am 08.02.2006 um 22:17 Uhr

@Alexander Glück:

Erstaunlich finde ich, daß bei Ihrer Umfrage ein gutes Drittel der "Wähler" für die Beibehaltung der NRS gestimmt hat?!


Beitrag verfaßt von Alexander Glück am 08.02.2006 um 11:47 Uhr

Man braucht ja nur etwas zu tun.

Verlage und auch Zeitschriften gehen stillschweigend von der Zustimmung ihrer Leser zum Reformkurs aus. Wer wissen will, wie die Meinung des Publikums gelagert ist, der kann Aktionen wie diese hier durchführen.

Im Bundestag fiel mal der Satz: "Die Sprache gehört dem Volk? Dann fragt es!"

Man kann auch etwas für mehr Bekanntheit des Verlags tun, der das Ickler-Wörterbuch betreut, zum Beispiel durch Bannerwerbung. Das bricht keinem etwas ab.

Und wer vielleicht als Journalist arbeitet, der kann dieses Reformtheater beständig in seine Themenvorschläge integrieren. Ich habe festgestellt, daß man damit auf sehr viel Gegenliebe stößt.

Mit dem ewigen Mitmachen fesselt man sich nur selbst.


Beitrag verfaßt von Bernhard Eversberg am 08.02.2006 um 10:04 Uhr

Könnte irgendwer oder -was die Verlage daran hindern, ein "Wörterbuch der bewährten Rechtschreibung" rauszubringen? Nein, denn jeder außer Schülern und Lehrern darf ja normal schreiben. Momentan überläßt man diese klaffende Marktlücke dem "Ickler". Man kennt aber bestimmt sehr genau,
a) die Mehrheitsmeinung über die Reform,
b) die Verkaufszahlen der aktuellen Auflagen,
c) die Aussichten für die nächste Ausgabe mit begrenzter Halbwertszeit (die glauben doch nicht an den Weihnachtsmann, daß der dann plötzlich die Riesennachfrage bringen wird)
d) und damit die Marktchancen für ein aktualisiertes Wörterbuch in bewährter Schreibung, auf dem etwas stehen könnte wie: "Für alle, die nicht schlechter schreiben wollen als Thomas Mann, Heinrich Böll, Günter Grass und alle anderen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts".

Worauf warten sie eigentlich? Daß der Leibniz-Verlag endlich die angemessene Kampagne macht und die Lücke damit verkleinert?


Beitrag verfaßt von David Weiers am 07.02.2006 um 22:22 Uhr

Wie stehen eigentlich die Chancen, daß sich die Zahl der "Rückkehrer" bei Zeitungen und Verlagen in der nächsten Zeit erhöht?
Ich kann mir, als quasi Außenstehender, gut vorstellen, daß diese desolate Situation in Sachen "Amtlicher Rechtschreibung", die ja nun auch in aller Öffentlichkeit ihren Charakter geradezu ungeschminkt zur Schau stellt, das ein oder andere Verlagshaus dazu bewegen könnte, die Grablegung des Konstruktes RSR endlich abzuschließen.
Genaugenommen kann doch ein Verlag, der Bücher auf dem Markt anbietet, die in den Jahren 1996-2004 gedruckt worden sind, nicht ernsthaft behaupten, er akzeptiere und respektiere den kultuspolitischen Willen.
Da muß man sich doch fragen, ob man nicht selbst zum "Unruhestifter" geworden ist, wenn man nicht umgehend alle veralteten (und damit ungültigen und "falschen") Auflagen einstampft...
Man stelle sich vor: Es könnte sein, daß KINDER diesen orthographischen Unrat in die Hände kriegen! Ja vielleicht sogar welche, die im schulpflichtigen Alter sind! Ist ja gar nicht auszudenken...!

Und dann sollte sich doch der gesunde Menschenverstand durchsetzen, indem die Erkenntnis keimt, daß das ganze Unternehmen RSR letzlich eine Riesenverar**** ist und man allein schon aus ökonomischen Gründen den Schwachsinn endlich bleibenlassen sollte.

Oder mute ich der "freien" Presse da schon in rein kognitiver Hinsicht zuviel zu? Ma weiß et ja nit...
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 19.01.2006 um 16.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#477


Wenn man bei Google nach verselbständigen oder verselbständigt sucht, bekommt man auch Fundstellen mit verselbstständigen bzw. verselbstständigt angezeigt (und umgekehrt); will man nur die eine Form haben, muß man die jeweils andere mittels eines davorgestellten Minuszeichens/Bindestrichs explizit ausschließen.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 18.01.2006 um 21.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#476


Noch mal zu den Fugenelementen: Was sind das eigentlich für Fälle, bei denen bei Zusammensetzungen nichts hinzukommt, sondern im Gegenteil etwas wegfällt? Beispiele: Erdumfang, Farbwahl – also eine Reduktion auf den Stamm. Gibt es dafür eine spezielle Bezeichnung? Und: Gilt das auch für Meßdiener, Wellblech?
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 18.01.2006 um 21.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#475


Aus einem Interview des Donaukurier mit Bodo Mrozek zu seinem „Lexikon der bedrohten Wörter“ (12. 1. 2006):

»Haben Sie denn das Buch für bestimmte Berufsgruppen geschrieben, etwa Lehrer oder Journalisten, die eben besonders viel mit Sprache zu tun haben?

Mrozek: Nein. Beim Thema Sprache haben wir es ja mit der absurden Situation zu tun, dass man sie allgemein für so kompliziert hält, dass man ständig nach Experten ruft. Das mag auch daran liegen, dass die deutsche Rechtschreibung ähnlich wie die Steuergesetzgebung nicht auf einen Bierdeckel passt. Von daher werden viele Menschen immer sehr ernst, manche regelrecht verbittert. Rechtschreiben hat ja auch viel mit Rechthaben zu tun. Ich bin aber der Meinung, dass wir alle Experten sind, wenn es um Wörter geht, denn ohne sie können wir uns kaum verständigen. Mein Buch richtet sich daher an jeden, der ein bisschen mehr über seine eigene Sprache nachdenken möchte.«
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Berlin

Dieser Beitrag wurde am 17.01.2006 um 11.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#472


Beitrag verfaßt von Norbert Schäbler am 17.01.2006 um 11:09 Uhr

Telegramm aus der Gosse

Beschäftige mich mit Trivialem: Durchstöbere Partnersuchanzeigen. – Analysiere Liebesbriefe – (Goethe super) – Überprüfe Neujahrsvorsatzbewährung ...

Schrieb Mann Silvester an Frau: „Verspreche dir treu zu sein.“
Drei Tage später: Seitensprung. Labiler Mann schlau! Hatte Komma weggelassen!
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Dieser Beitrag wurde am 13.01.2006 um 13.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#466


Kommentar verfaßt von Tobias Bluhme am 13.01.2006 um 13:00 Uhr

Was ist denn ein oder eine Wout? Weder Duden noch Ickler haben das Wort verzeichnet, und Google findet nur niederländische Seiten.


Kommentar verfaßt von Martin Gerdes am 13.01.2006 um 12:09 Uhr

Man liest, das Buch "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" habe einen wahren Deutsch-Boom ausgelöst.
http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=380

Beim guten alten deutschen Wort "Wout" scheint der allerdings noch nicht angekommen zu sein. Immerhin habe ich die eindeutschelnde Schreibweise "hipp" für solch moderne Entwicklungen schon mehrfach gelesen.

"Wout ist hipp." Ich könnte mir schon vorstellen, daß diese Schreibweise in der schriftlichen Äußerung eines heutigen n-Klässlers auftaucht.

Obwohl: "ou" schreibt man nach Neuschreibregel ja wie "u" (Nougat –> Nugat). Im Wort "Wout" ist das ou aber kein französisches u, sondern ein Zwielaut. Wie schreibt man das dann als Erstklässler? "Wohut"?
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Dieser Beitrag wurde am 21.12.2005 um 23.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#450


Beitrag geschrieben von Norbert Schäbler am 21.12.2005 um 22:53 Uhr

Benötigen „Originale“ Frisöre?

Die Antwort: Ja! Wobei Karl Valentin auszuschließen ist. Der war ein wirkliches Original, denn der lief immer mit der gleichen zotteligen Frisur herum.

Claudio Pizzarro, der gegenwärtige Goalgetter von Bayern München, braucht dagegen seinen Friseur (heute, 21.12.05, beim Pokalspiel gegen den HSV, trug er einen Rasterlockenzopf, zwar gezopft, aber nur halb gerastert), obwohl er in den zurückliegenden acht Fußballspielen, sieben mal (Mal) getroffen hat für den FC Bayern. Vermutlich bezahlt der FCB sogar den Frisör/Friseur, damit er zwar Fußballgott bleibt, aber niemals in die Kategorie der Originale vorprescht. Denn das käme teuer zu stehen!

Man muß sich fragen: Was ist eigentlich ein Original? Hören wir dazu einen, der sich mit der Dummheit und Unermeßlichkeit befaßt hat.

Worte des Pilosophen Dr. Erdmann (vorgestellt: a. a. o):
„Beschränkt oder dumm nannten wir den, bei dem das Guckkasten- oder Schlüsselloch, durch welches er in die Welt blickt, oder dessen Horizont, Zero zum Durchmesser hat, so daß die Dinge eigentlich nicht in seinen Gesichtskreis, sondern vielmehr nur unter den einen Gesichtspunkt des eigenen Ich fielen. Eines wird man nun diesem Punkte gewiß nicht absprechen können: er existirt nur einmal; alle anderen Gesichtspunkte, in die einer sich stellt können Andere eben so geltend machen, dieser dagegen ist ihm ganz eigenthümlich. Es erklärt dies, warum nicht nur bei empfindlichen jungen Männern in meiner Studienzeit das Wort „Eigenthümlich“ oder „Sonderbar“ gerade so verpönt war wie „Dumm“, sondern warum es überall vorkommt, daß man einen einfältigen Menschen ein Original nennt. Weil er dies wirklich ist, deswegen kann ein extradummer Mensch für den scharfen Beobachter eine große Anziehungskraft haben, und giebt es gescheidte, ja geistreiche Männer, die sich im Umgang mit solchen Originalen, d. h. mit Dummen und Rohen gefallen.“

Mich persönlich interessieren derartige Details nicht. Den Frisör/Friseur von Zehetmair muß ich nicht unbedingt kennenlernen. Wichtiger erscheint mir, warum Angela Merkel (als Frau und Kanzlerin gesehen) eine ähnliche Frisur trägt wie der maskuline Zehetmair.

Mich interessiert lediglich, wer den Frisör/Friseur von als solches vorgesehenen Originalen bezahlt!
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Konrad Schultz
Chemnitz

Dieser Beitrag wurde am 29.11.2005 um 15.43 Uhr eingetragen.
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Mir fiel gerade auf, daß es auf der einen Seite die Gewerkschaft "Nahrung, Genuss, Gaststätten" und auf der anderen Seite die Arbeitgebervereinigung "Nahrung und Genuß" gibt.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2005 um 21.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#398


Bei "Königinmutter" handelt es sich, technisch gesprochen, eben nicht um ein Determinativkompositum, sondern um ein Kopulativkompositum, also nicht "Mutter der Königin" sondern "Königin und Mutter". Deshalb wäre, analog zur entsprechenden früheren Dudenregel bei Adjektiven, die Schreibung "Königin-Mutter" vorzuziehen. Die offenbar schon früher ungewöhnliche bloße Apposition "Königin Mutter" wäre heutzutage wohl nicht mehr möglich.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2005 um 20.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#397


(Von Laie zu Laie:) Es gibt die Königinmutter, fiel mir eben ein, aber die kann sowohl die Mutter einer Königin als auch die eines Königs sein, und zwar – das kommt erschwerend hinzu – ohne selbst jemals regiert zu haben. Das Grimmsche Wörterbuch sagt dazu (Hervorhebung von mir): "die mutter des königs heiszt, mit bei uns seltener anwendung der apposition, kurz 'königin mutter' [...], die verwitwete königin 'königin witwe', franz. 'reine mère' und 'reine douairière', denen jenes nachgebildet scheint. denn die alte wendung für das erste war wol einfach 'die alte königin', wie noch das volk sagt. 'königin' bedeutete nämlich bis ins 16. jh. oder länger königliche princessin ..." Insofern scheint es sich hier um einen ganz anderen Fall zu handeln. Die Königinmutter ist demnach zunächst einmal eine Königin, wenn auch nicht in der uns vertrauten Bedeutung. (Die Mutter von Frau Merkel mag die Kanzlerinmutter sein, aber ganz sicher nicht nach diesem Wortbildungsmuster.)

Vielleicht bringt uns ja die Königinpastete weiter ...
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Konrad Schultz
Chemnitz

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2005 um 16.33 Uhr eingetragen.
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Danke für die ausführliche Aufklärung eines Laien. Wo soll es aber nun eine lexikalisierte "..in..." Zusammensetzung geben. Ich glaube, kürzlich gelesen/gehört zu haben, weiß jetzt leider nicht wo, daß bei den Bestimmungswörtern (noch) die generischen Maskulina verwendet werden: Kandidatenwahl, außer bei einem Frauenverein, aber da geht es zunächst um einen Plural. Macht der Verein eine Präsidentinnenwahl oder ein Präsidentenwahl? Besser wohl die Wahl der Präsidentin. Und Elisabeth von England hat hat wohl ein königliches Amt, aber weder ein Königsamt (auch wenn es einen Königsweg dorthin geben mag) noch ein Königinnenamt. Bliebe nur "Wöchnerinnenzeit" in wirklicher Ermanglung eines generischen Maskulinums.
Ich bleibe Laie (in diesem Fachgebiet).
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2005 um 15.50 Uhr eingetragen.
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Natürlich wurde heute keine Kanzlerkandidatin gewählt, sondern eine Kanzlerin, allenfalls eine Kanzlerkandidatin zur Kanzlerin. Aber wie bildet man denn nun Komposita mit Kanzlerin (oder ähnlichen Substantiven mit dem Suffix -in) als Bestimmungswort?

Beim Zusammensetzen von Substantiven scheinen wir das harte Aneinanderstoßen von Grund- und Bestimmungswort in einigen Fällen nicht zu mögen. Türklinke, Briefmarke? Ja. *Torteboden? Nein! Wir sagen und schreiben Tortenboden und meinen damit den Boden einer Torte, nicht mehrerer Torten. Umgekehrt heißt es Apfelkuchen und Baumschule, obwohl es hier eindeutig um Äpfel und Bäume geht. Man darf die Kompositionsfuge in solchen Fällen also nicht mit der Pluralendung verwechseln. Weder von Kandidatenwahl oder Kanzlerwahl noch von Kandidatinnenwahl oder Kanzlerinnenwahl kann man ohne weiteres auf einen Plural schließen.

Hinter der Kanzlerwahl würde ich eher einen Genitiv als einen Akkusativ vermuten: Wahl des Kanzlers (oder theoretisch auch: Wahl mehrerer Kanzler).

Die Wortbildungsmuster bei Zusammensetzungen aus Substantiven scheinen hochkomplizierten Gesetzmäßigkeiten zu folgen. Mir würde bei der Kanzlerinwahl schon aus phonetischen Gründen etwas fehlen, nämlich jene „Schmiere“, die beim Tortenboden die Torte und den Boden gleichsam zusammenhält. Daher empfinde ich Kanzlerinnenwahl intuitiv nicht als falsch. Vielleicht handelt es sich hier um das Fugenelement -en, das zur Bezeichnung des Kurzvokals und möglicherweise in Anlehnung an die Schreibung der entsprechenden Pluralform vorne kurzerhand um ein n erweitert worden ist.

Wer auf Nummer Sicher gehen will bzw. Unbehagen an beiden Formen verspürt, schreibt am besten Kanzlerwahl oder, wie das ZDF heute, Wahl der Bundeskanzlerin. Aber damit ist die eigentliche Frage natürlich nicht beantwortet.

Tun wir uns damit deshalb so schwer, weil uns Vergleichbares noch nicht untergekommen ist und unser Sprachgefühl daher schweigt? Gibt es Beispiele für lexikalisierte (im Sinne von: als üblich allgemein anerkannte) Komposita mit Substantiven auf -in als Bestimmungswort? Und wenn es sie nicht gibt, was spricht für und gegen die verschiedenen Alternativen?
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2005 um 15.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#394


Man spricht vom Fugenelement – auch dann, wie dieses Wort selbst zeigt, wenn es nur um genau eine Fuge geht.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2005 um 14.29 Uhr eingetragen.
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Hier spricht der Laie

In Kandidatenwahl ist nicht der Akkusativ enthalten, in
Kandidatinnenwahl nicht der Plural.
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Konrad Schultz
Chemnitz

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2005 um 13.16 Uhr eingetragen.
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Wenn es um Herrn Schröder gegangen wäre, gäbe es wohl genau einen Kandidaten, also eine Kandidatenwahl, man wählte einen Kandidaten, Akkusativ Singular. Warum dann bei Frau Merkel nicht eine Kandidatinwahl, sondern eine Kandidatinnenwahl?
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Gabriele Ahrens
Elsfleth

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2005 um 10.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#391


Frau Gerster sprach gestern in den ZDF-Nachrichten von der heute stattfindenden "Kanzlerkandidatinnenwahl".
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 11.11.2005 um 09.32 Uhr eingetragen.
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(Man beachte die plumpe Relativierung der jetzigen Reform im zweiten Absatz: Zu Wielands Zeiten war es also noch schlimmer als jetzt, und das soll tröstlich sein. Soso.)



Stuttgarter Zeitung, 10. 11. 2005

"Ob die runden Buchstaben schöner seyn, als die eckigten"

Christoph Martin Wielands "Schriften zur deutschen Sprache und Literatur" sind erstmals in einer kompletten Ausgabe erschienen

Von Daniel Jütte

Wenn Christoph Martin Wieland die "Image"-Kampagne des Landes Baden-Württemberg sähe, würde er ratlos den Kopf schütteln. Dass die Schwaben damit werben, alles "außer Hochdeutsch" zu können, wäre dem 1733 in Biberach geborenen Wieland unbegreiflich. Für den kokett verkündeten Austritt aus dem hochdeutschen Sprachverbund hätte der Schriftsteller nur jene Ironie übrig, mit der er 1782 die lokalpatriotische These zurückwies, dass "unsere höhere Schrift- und Gesellschaft-Sprache in dem südlichen Chursachsen einheimisch ist". Die Polemik mit dem Titel "Ueber die Frage: Was ist Hochteutsch?" kann man nun in der ersten kompletten Ausgabe von Wielands "Schriften zur deutschen Sprache und Literatur" nachlesen.

Wie anregend die Lektüre in den drei Bänden ist, zeigt sich beim Thema "Rechtschreibung". Denn Trost wird bei Wieland finden, wer sich grämt, dass die deutsche Sprache mit einer Rechtschreibreform beglückt wurde, deren Einführung noch die von Dosenpfand und Lkw-Maut als vorbildlich erscheinen lässt. Über eine "orthographische Influenza" beklagte sich jedenfalls schon Wieland im 18. Jahrhundert, und noch bitterlicher über die zahlreichen Publikationen, in denen es von "groben Fehlern wider die Grammatik" nur so wimmele. Das alles könnte auch in diesen Tagen geschrieben sein, in denen bekanntlich ein Buch mit dem Titel "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" in der Bestseller-Liste weit oben steht.

Eher schmunzelnd liest man hingegen Wielands Beiträge zu Diskussionen, die im 18. Jahrhundert mit erstaunlicher Vehemenz geführt wurden: Die Frage, ob die karolingischen Monatsnamen in den Kalender eingeführt werden sollten, wird heute vermutlich niemanden mehr auf den Plan rufen (höchstens vielleicht die reformfreudige Kultusministerkonferenz). Und einen Streit darum, ob "die runden Buchstaben schöner seyn, als die eckigten", wird man Deutschlands "Pisa"-gebeutelten Schülern, die - unter der Zuchtrute der Wettbewerbsfähigkeit - mittlerweile vielleicht schon Business-English in Klasse 1 und Betriebswirtschaftslehre in der Vorschule lernen, gerne ersparen.

Auch den eigentlich interessanten "Vorschlag unsere bisherigen Demoisellen künftig Fräulein zu betiteln" sollte man wohl lieber nicht am Freitagabend in der Disco zum Gesprächsthema machen. Man hätte sich die Prügel dafür jedenfalls nicht zu Wielands Ehren geholt, der schließlich beide Bezeichnungen nicht mochte, sondern seinen Lesern das "ehrliche altteutsche Ehrenwort Jungfer" empfahl. Ohnehin lehnte der Herausgeber des "Deutschen Merkurs" Gewalt als Fortsetzung des Streits über sprachliche Nuancen strikt ab. Dass eine einheitliche Rechtschreibung im 18. Jahrhundert der staatlichen Einigung Deutschlands bedurft hätte, wusste Wieland - und er zog es vor, von Revolutionen Abstand zu nehmen, zumal wenn man "die Menge von Köpfen, Armen und Beinen bedenkt, die uns, auf diesem Wege die Abschaffung der fatalen h, k, q, ß, y und tz kosten würde".

Weniger zimperlich war Wieland, wenn er gegen seine literarischen Intimfeinde zu Felde zog: Auf "Papierbesudler", die ihre Leser "mit dem Geruch unflätiger Zoten und geiler Raupereien anlocken", schleuderte Wieland seinen Zorn. "Was für eine Cloack ist doch die Seele dieses Menschen!", lesen wir über einen Widersacher im Literaturbetrieb - und staunen, dass heute, verglichen damit, selbst die Verrisse eines Reich-Ranicki kuschelig scheinen. Aber Literatur ist ein verantwortungsvolles Geschäft und hat, so lernen wir, mit Streicheleinheiten nichts zu tun - weshalb Frauen, die sich mit einem belanglosen Buch auf dem Sofa räkeln, in Wielands Augen allenfalls lasziv sind. Seine Klage über Deutschlands Töchter, die ob ihrer Lektüre "mit frivolen Phantasien und mit dem Zunder ausschweifender und verderblicher Leidenschaft angefüllt" sind, wirkt heute allerdings weniger frauenfeindlich als zeittypisch.

Was man und Frau damals alles lesen konnte, ersieht man aus den zahlreichen in die Edition aufgenommenen Rezensionen aus Wielands Feder: Etwas kurios anmutende Bestseller des 18. Jahrhunderts wie "Sophiens Reise von Memeln nach Sachsen" und "Woldemar. Eine Seltenheit aus der Naturgeschichte" ziehen hier in handlicher Form an unserem Auge vorüber. Recht viel Lob findet Wieland für einen gewissen jungen Schriftsteller namens Friedrich Schiller.

Wie oft Wielands Schriften dieser Tage aus deutschen Bücherregalen genommen werden, ist uns unbekannt. "Wieland wird nicht mehr gelesen", bemerkte Walter Benjamin 1933 zum zweihundertsten Geburtstag des Schriftstellers. Ironie der Geschichte: Benjamin selbst hatte - wie Jan Philipp Reemtsma im Vorwort zur vorliegenden Ausgabe anmerkt - kaum je eine Zeile von Wieland gelesen. Wie heißt es bei Wieland: "Es wäre zu wünschen, dass die Leute besser lesen lernten." Frisch auf, frivole Jungfern Deutschlands - lest Wieland!

Christoph Martin Wieland: Schriften zur deutschen Sprache und Literatur. Herausgegeben von Jan Philipp Reemtsma, Hans und Johanna Radspieler. Insel Verlag, Frankfurt/Main. Drei Bände, 2100 Seiten, 98 Euro.

Aktualisiert: 10.11.2005, 06:12 Uhr
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 14.10.2005 um 22.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#312


SPIEGEL-online heute:

HEUTE IN DEN FEUILLETONS

"Immer blässer, dümmer, hohler"

Die "FAZ" gerät angesichts der Nobelpreisentscheidung für Harold Pinter in ein hoch bedenkliches Kopfnicken. …
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2005

… Philipp Blom erinnert an den Aufklärer Louis de Jaucourt, der einen Großteil der Artikel von Diderots "Encyclopedie" geschrieben hat. Und Judith Lembke proträtiert die 16-jährige Schülerin Josephine Ahrens, der das Verdienst zukommt, für die ehemalige Rechtschreibung einzutreten….
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,379658,00.html

Fett im Original
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Gabriele Ahrens
Elsfleth

Dieser Beitrag wurde am 11.10.2005 um 11.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#306


Der Erlaß des Brandenburger Kultusministeriums zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, veröffentlicht als Rundschreiben 15/5 im Amtsblatt Nr. 8 vom 23. August 2005, hat ein Verfallsdatum. Unter Punkt 2 steht nämlich: „Dieses Rundschreiben tritt mit Wirkung vom 1. August 2005 in Kraft und am 31. Juli 2007 außer Kraft.“
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Verschoben
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 23.09.2005 um 13.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#282


Beitrag geschrieben von kratzbaum am 23.09.2005 um 10:30 Uhr

Am Rande

Heute mußte ich doch mal ins (englische) Wörterbuch schauen, als nämlich Prof. Jesse aus Chemnitz in der WELT das "sozioökonomische Cleavage" servierte. Zur Zeit fliegen uns auch die "Schnittmengen" nur so um die Ohren. Und wenn die Grünen mit schwarz-gelb koalieren, ist das bestimmt ein "Quantensprung"...
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Christoph Kukulies
Würselen

Dieser Beitrag wurde am 13.09.2005 um 10.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#265


"Friedrich Merz zählt zu den besten Politikerinnen und Politikern Deutschlands." Christian Wulff gestern abend im ZDF ("heute").

Das ist mir auch aufgefallen. Wie soll man solche Sprachverrenkungen deuten? Textbausteine eines dauernd einknickenden Politikers?
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Gabriele Ahrens
Elsfleth

Dieser Beitrag wurde am 13.09.2005 um 08.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#264


"Friedrich Merz zählt zu den besten Politikerinnen und Politikern Deutschlands." Christian Wulff gestern abend im ZDF ("heute").
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Gabriele Ahrens
Elsfleth

Dieser Beitrag wurde am 20.07.2005 um 12.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#190


Österreich entsorgt

tagesschau.de befragte die Präsidentin des Internationalen Deutschlehrerverbandes, die Slowakin Helena Hanuljakova.

[...]

tagesschau.de: Wie steht es eigentlich in der Schweiz und in Österreich um die Einführung der neuen Schreibweise?

Hanuljakova: In Österreich sind die neuen Lehrbücher schon ausgegeben worden. Das weiß ich, weil die alten zu uns in die Slowakei geschickt worden sind ...

tagesschau.de: Wie bitte?

Hanuljakova: ... natürlich mit dem Hinweis: Achtung, alte Schreibweise. Man geht wohl in Österreich davon aus, dass schnell reformiert wird.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 17.07.2005 um 21.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#176


Päpstlicher als der Papst

Kurioserweise wird in der vom RSR verabschiedeten Fassung des § 34 durchgehend die Schreibung "selbstständig" benutzt, obwohl selbst die Reformer in den Amtlichen Regeln nur "selbständig" schreiben.
Wenn der RSR sich schon verpflichtet fühlt, seine Änderungsvorschläge in das Prokrustesbett der Amtlichen Regeln zu zwingen, warum achtet er nicht auch auf orthographische Einheitlichkeit?
Übrigens: Gibt es irgend jemanden, der "selbstständig" so ausspricht, wie es geschrieben wird?
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 29.03.2005 um 14.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#16


Zudem ist "Ausschlag gebend" auch nach reformierter Schreibung falsch. (vgl. Wörterverzeichnis und § 57,1)
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 29.03.2005 um 09.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=10#14


Seit Gründonnerstag kursiert diese Meldung:
(Berlin/dpa) - Die Zeugen Jehovas haben erstmals in einem deutschen Bundesland vor Gericht ihre staatliche Anerkennung durchgesetzt. ... Nach Ansicht des Vorsitzenden Richters Jürgen Kipp gibt es keine objektiven Hinweise von Familiengerichten auf Rechtsverstöße der Religionsgemeinschaft. Aussagen von Aussteigern könnten nicht Ausschlag gebend sein, da die psychische Verfassung der Betroffenen überprüft werden müsste. Das habe Berlin jedoch nicht geleistet, sagte Kipp.
Abgesehen von der durch die Rechtschreibreform bedingten Absonderlichkeit, nach der hier ein Gericht die Frage geprüft habe, ob Aussagen von Aussteigern der "Zeugen Jehovas" zu Ausschlägen führen könnten, ist die Begründung des Gerichts in sich höchst sonderbar: Wer einer Gemeinschaft wie den Zeugen Jehovas den Rücken kehrt, verliert damit also seine Glaubwürdigkeit. Glaubwürdig Auskunft geben kann dagegen, wer dieser Gemeinschaft weiterhin angehört, da er wahrscheinlich psychisch stabil ist. Dabei ist doch offenkundig, daß jeder Zeuge Jehovas, der für die Zeugen zeugt, ganz selbstverständlich Partei ist. Wie sollte er gegen die Vorteile stimmen, die mit der Anerkennung seiner Glaubensgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts verbunden sind?
Ich übertrage diese Denkfigur noch einmal auf die Rechtschreibreform und will einmal annehmen, diese würde an Schulen tatsächlich zur Jahresmitte verbindlich. Die Ansicht eines Lehrers, der danach weiterhin Argumente gegen diese Reform vorbrächte (den man folglich als "Aussteiger" titulieren dürfte), wäre demnach unerheblich, solange kein Gutachten über seine psychische Verfassung vorläge???
Gewiß habe ich hier etwas völlig falsch verstanden.
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