17.04.2005


Theodor Ickler

Rückbau in Etappen

Nach Gallmann und Sitta (Handbuch Rechtschreiben 1996, 46) brachte die Reform drei große Errungenschaften:

1. Getrennt- und Zusammenschreibung nach grammatischen Kriterien
2. Vermehrte Großschreibung in Phraseologismen ("im Trüben fischen")
3. Worttrennung nach Sprechsilben

Nr. 1 ist praktisch schon erledigt. Nr. 3 kommt als nächstes dran. Aber die KMK irrt sich, wenn sie Nr. 2 für unstrittig hält. Was übrigens die Silbentrennung betrifft, so ist das Vorgehen der Wörterbücher von einer Inkonsequenz, die mich beinahe täglich überrascht. In allen Werken aus dem Hause Duden weigert man sich z. B., die drei möglichen Trennstellen bei "ab-s-t-rakt" anzugeben (die dritte wird unterdrückt), aber bei "ab-s-t-rus" sind sie anerkannt. Bei "vol-lenden" steht die abstruse Trennung im amtlichen Wörterverzeichnis, aber daß jemand "Wee-kend" trennen könnte, hält Augst für ausgeschlossen. Meine Bemerkung "Wer Fremdwörter gebraucht, sollte auch wissen, wie sie aufgebaut sind" ist auf Kritik gestoßen, sie sagt aber nichts anderes, als was bereits im amtlichen Regelwerk von 1902 stand: "Viele Fremdwörter können durch völlig gleichwertige deutsche Ausdrücke ersetzt werden; entbehrliche Fremdwörter soll man überhaupt vermeiden." Ähnlich Konrad Duden, Zukunftsorthographie (1876), S. 72f.


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