29.03.2009


Theodor Ickler

Vor zwölf Jahren

Aus der Geschichte der Rechtschreibreform

Ich weiß nicht, ob ich die folgende Gesprächsnotiz schon einmal an die Öffentlichkeit gebracht habe. Ich gebe sie hier wörtlich wieder, wie ich die Sache damals sofort aufgeschrieben habe. (Später haben die Reformer daraus den Vorwurf abgeleitet, ich hätte die Mitarbeit an der Lösung der Krise verweigert.)

»Gesprächsnotiz

Am 8.4.1997 gegen 21 Uhr rief mich der Vorsitzende der Zwischenstaatlichen Kommission für Rechtschreibung, Herr Prof. Dr. Gerhard Augst, an und teilte mir mit, daß KMK-Präsident Prof. Wernstedt angeregt habe, mich sowie andere Kritiker der geplanten Rechtschreibreform zum Vortrag bei der genannten Kommission, eventuell im Rahmen eines Kolloquiums über bestimmte Reformkomplexe einzuladen.

Ich antwortete, daß mir eine konstruktive Mitarbeit an der Reform nur unter der Bedingung sinnvoll erscheine, daß
– die vorzeitige Einführung der Reform an den Schulen sofort gestoppt werde und die Kommission diese Notwendigkeit den Kultusministern nahelege und der Öffentlichkeit zur Kenntnis bringe,
– die Diskussion vom Termindruck (Stichtag 1.8.1998) befreit werde und – dies ist das Wichtigste –
– die Vorgabe, am Regelwerk dürfe substantiell nichts geändert werden, aufgehoben werde.

Ich wies in einem anschließenden Geplänkel über den dritten Punkt noch darauf hin, daß einige Regeln auf dem Wege der Interpretation klargestellt werden könnten (z.B. § 34, besonders E1), andere hingegen nicht (z.B. § 36 mit seinen grammatisch fatalen Folgen).

Ich habe gegenüber Herrn Augst mehrfach hervorgehoben, daß ich durchaus zur Mitarbeit an der Bewältigung der Rechtschreibkrise bereit bin, jedoch nur unter den genannten Bedingungen, die mir nicht unbillig zu sein scheinen, da sie lediglich den Verzicht auf mutwillige und völlig unnötige Einschränkungen fordern.«


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