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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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11.01.2007
 

Aus der Schule
Mischorthographie

Lehrer empfehlen oft Lernhilfen, die gerade nicht zum Schulbuchkanon gehören, so auch dies:
Abitur 2007: Prüfungsaufgaben mit Lösungen. Stark Verlag 2006:

"Die Arbeitszeit beträgt 240 Minuten. Als Hilfsmittel sind der Rechtschreibduden nach bisheriger Schreibung und Wörterbücher nach neuer Schreibung zugelassen.“ (Hinweise)

Die abgedruckten literarischen Texte sind alle in herkömmlicher Schreibweise belassen, nur ein Text von Urs Widmer ist streckenweise in Mischorthographie: dass – daß – Schluß – muss.



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Kommentare zu »Aus der Schule«
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 14.01.2007 um 17.14 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=770#7274

Eine der Folgen

Der Stark-Verlag war in Bredouille, denn die zu verarbeitenden Texte lagen den Schülern in normaler Schreibung vor (bis auf einen nur halb deformierten), sie mußten aber ihre Elaborate im Neuschrieb verfassen. Also waren "der" Rechschreibduden und Wörter"bücher" im Neuschrieb zugelassen. Köstlich ist die Opposition von Singular und Plural, weil sie belegt, wie "einheitlich" der Neuschrieb ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.01.2007 um 12.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=770#7279

Wenn zum Abitur fast ausschließlich Texte in herkömmlicher Rechtschreibung vorgelegt werden, wenn auch sonst Originaltexte das ganze Leben eines Gymnasiasten begleiten, wenn die Reformer schließlich selbst immer wieder gesagt haben, das Nebeneinander mehrerer Rechtschreibungen schade gar nicht - was taugt dann das Argument von Herrn Schirrmacher:
"Hätten wir nicht das Zugeständnis etwa des doppelten 's' statt mancher 'ß' und einiger weitere kleinerer Umstellungen gemacht, wären Artikel aus der F.A.Z. nicht mehr zum Gegenstand des Unterrichts in deutschen Schulen geworden, und wir hätten die Möglichkeit verloren, die Sprachkompetenz unserer Kinder zu verbessern."
Erstens unterstellt der Herausgeber, daß die FAZ bisher zur Verbesserung der Sprachkompetenz unserer Kinder (!) beigetragen habe. Gibt es Analysen, aus denen der Anteil kindlicher FAZ-Leser hervorgeht? In welchem Alter lesen Schüler in der Schule FAZ-Texte – und wie oft?
Zweitens nimmt er an, daß die FAZ auch nach ihrer "Anpassung" noch zur Verbesserung der kindlichen Sprachkompetenz beitragen werde. Dabei fällt die Förderung der sprachlichen Inkompetenz ganz unter den Tisch.
Ist es denkbar, daß die Kultusminister einen Erlaß herausbringen, FAZ-Texte dürften im Unterricht nicht verwendet werden? Ist es denkbar, daß Lehrer zwar andere Texte, nicht aber FAZ-Texte in einer Rechtschreibung vorlegen, die sie selbst auch für die bessere halten?

Indes, es ist noch nicht aller Tage Abend. Die Süddeutsche verwechselt zwar jeden Tag das Relativpronomen mit der Konjunktion (heute: "ein Leistungspaket, dass nach Kostenerstattung abgerechnet werden soll") und schreibt manchmal "Recht haben", aber sie schreibt auch "Platitüde" und "19jährig" und "im wesentlichen". Es kommt alles wieder.
 
 

Kommentar von jms, verfaßt am 15.01.2007 um 12.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=770#7280

In der FAZ erscheinen noch fast täglich Leserbriefe, in denen die Umstellung bedauert, der Zeitung aber auch für ihre bisherige Haltung gedankt wird. Man müßte nochmals darstellen, wie armselig die GröRaZ (größte Rechtschreibreform aller Zeiten) heute angesichts der Tatsache dasteht, daß die beschworene Einheitlichkeit nur in der – oftmals fehlerhaften und zu Fehlern führenden – ss-Schreibung besteht. Wobei außerdem darauf hingewiesen werden muß, daß weder die Zeitungs- noch die Schul- oder Verwaltungsorthographie wirklich maßgeblich sind. Die meisten bedeutenden deutschen Schriftsteller machen nach wie vor den Unsinn nicht mit. Und ihre Werke sind es, die den gegenwärtigen Murks überdauern werden. Darauf hätte die FAZ sich berufen können und daran muß sie wie alle anderen Zeitungen immer wieder erinnert werden.
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 15.01.2007 um 13.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=770#7281

"-ss-Reform" ist leider die einprägsamste Bezeichnung. Damit und NUR damit kann man jedem sofort das Erkennen von Reformtexten erklären, sogar denen, die kein Wort deutsch können, denn -ss am Wortende tritt nur in Neutexten auf, und seien sie noch so kurz. Über Hitler darf man ja angeblich jetzt lachen, über -ss auch?
 
 

Kommentar von jms, verfaßt am 15.01.2007 um 14.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=770#7282

Die Rechtschreibreformer hocken im Bunker und weigern sich beharrlich, ihre faktische Niederlage und den von ihnen angerichteten Schaden einzugestehen. Das Umfallen der FAZ zeigt, daß das ss ihr stärkstes Geschütz ist, deshalb sind sie diesbezüglich auch so gnadenlos. ss-Reform ist ein guter Begriff, um deutlich zu machen, was von der Rechtschreibreform übrigbleiben wird (wenn überhaupt). Das ist aber eher zum Weinen als zum Lachen. Oder gelingt Walter Mörs noch ein hübsches Kapituliert-doch-endlich-Filmchen für YouTube?
 
 

Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 16.01.2007 um 20.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=770#7290

Was die "dass-Potenzialisten" verbrochen haben, ist bitteschön nicht eine GröRaZ, sondern natürlich die BRaZ, die bässte Rechtschreibreform aller Zeiten. Sie sollte bekanntlich das Stammprinzip stärken – und "bässer" und "am bässten" kommen nun einmal von "bass". :-)
 
 

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