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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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17.06.2005
 

Lehrplan und Rechtschreibreform

„Die Schule macht den Vorreiter.
Was aber die Schreibgemeinschaft nicht annimmt, wird die Schule wieder aus dem Lehrplan streichen.“ (Zwischenstaatliche Kommission am 12.9.1997; vgl. auch die Pressemitteilung der KMK vom 12.2.1998 und die Rede der KMK-Vorsitzenden Brunn vom 26.3.1998 im Bundestag)

- Aus dem Lehrplan? Wäre demnach die ganze Rechtschreibreform nur eine Lehrplanänderung gewesen? Da stimmt doch etwas nicht.

Ich habe über solche merkwürdigen Sätze bisher zu wenig nachgedacht. Bisher haben wir immer hervorgehoben, daß die Schüler als Geiseln mißbraucht worden sind. Man könnte aber auch sagen, daß die Erwachsenenwelt gezwungen wurde, bei einem Schulexperiment mitzuwirken, indem man ihr einredete, sie dürfe sich um der Schüler willen nicht weigern, die Neuschreibung mitzumachen.



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Kommentare zu »Lehrplan und Rechtschreibreform«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.02.2020 um 05.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=142#42932

Zu "Die Schule macht den Vorreiter":

„Die Entscheidung der FAZ wird ein Alleingang bleiben. Der Schritt der FAZ kommt für die Zeitungsverleger überraschend. Die Zeitungsverleger haben sich vor einem Jahr durch die Bank nicht gern auf die Reform eingelassen. Sie sind aber zur Überzeugung gekommen, dass das, was an den Schulen gelehrt wird, im öffentlichen Bewusstsein verankert wird und das muss sich auch in den Tageszeitungen widerspiegeln.“ (Anja Pasquay, Ratsmitglied für den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger nach https://www.tagesspiegel.de/kultur/neue-rechtschreibung-stimmen-und-reaktionen-zum-vorstoss-der-faz/156146.html)

Der Anlaß hat sich erledigt, weil die FAZ mit derselben Begründung zu Kreuze gekrochen ist. Aber die verkehrte Auffassung ist geblieben.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 18.06.2005 um 19.20 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=142#466

"Wörterbuchverleger möchte man jetzt nicht sein! Wie soll man umgehen mit der halben Reform, bei der die Unstrittigkeit nur auf dem Erlaßwege hergestellt werden konnte."

Mann, für die ist das doch ein gefundenes Fressen! Wieviele Schul- und Universitätsbibliotheken müssen doch immer wieder auf den neuesten Stand gebracht werden! Wenn die Wörterbuchverlage und Verlage von Schulbuchmaterial ihre kulturelle Funktion im Staat im Vordergrund sähen, dann hätten sie schon spätestens nach der Rückkehrentscheidung der F.A.Z. den durch die Reform angerichteten Schaden erkannt (denn man bedenkt Probleme doch, mit denen man zu tun hat, oder?) und wären ebenfalls zur bewährten Schreibung zurückgekehrt. Aber Sie haben recht: "Es gibt zu wenige Untersuchungen der Schäden." Was hier alles korrumpiert wird, geht auf keine Kuhhaut. (Leider ist vieles davon nicht anders meßbar.) Dennoch sollte immer wieder darauf hingewiesen werden, wer bei diesem unnötigen und unsinnigen Staatsunternehmen wieviel verdient und seinen sicheren Job zu welchem Gehalt und welchen Diäten genießt.

 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 17.06.2005 um 16.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=142#460

> weil man ihnen den Griff zu älteren Texten nicht verwehren dürfte

Hier macht sich der Reclam-Verlach besonders verdient. Nicht einmal Übersetzungen altphilologischer Klassiker bleiben bestehen. Kürzlich erwarb ich die Thukydides-Ausgabe von Reclam (da sie nicht vorrätig war, mußte sie bestellt werden). Ich war schon leicht verblüfft, als ich auf das erste "dass" stieß.
 
 

Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 17.06.2005 um 15.30 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=142#459

Aber auch WENN alle mitgemacht hätten, würden die Schüler doch zeitlebens mit Neu- und Altschreibung durcheinander konfrontiert, weil man ihnen den Griff zu älteren Texten nicht verwehren dürfte und es völlig unmöglich wäre, alle nennenswerten älteren Texte reformiert herauszubringen. Deren Masse ist noch immer sehr viel größer als der bisherige Neuschrieb-Output.
Schreibungen prägen sich vorwiegend beim Lesen ein, nicht durch das Pauken von Regeln - was dabei rauskommt, sieht man an "notwändig" oder "Ergebniss" , "ab stellen" usw. - die bekannte Übergeneralisierung.

Wörterbuchverleger möchte man jetzt nicht sein! Wie soll man umgehen mit der halben Reform, bei der die Unstrittigkeit nur auf dem Erlaßwege hergestellt werden konnte.
Nein, der Schaden ist angerichtet, und er wirft seine Schatten überall. Beim Duden könnte man nur aufatmen, würde die Reform aufgegeben: neue Banderole drum mit der Aufschrift "Ungültiges jetzt rotgedruckt!" und dann wäre wieder Klarheit.
Es gibt zu wenige Untersuchungen der Schäden. Notwendig wäre eine Gesamtübersicht, die auch einbezieht, wie das Schreibgemisch sich auf den Gesamtkomplex der Textverarbeitungsfunktionen auswirkt bis hin zu den Suchmaschinen. Software hantiert mit Zeichenfolgen, nicht mit deren Bedeutung! Aufwendig und aufwändig sind nun mal zwei verschienene Zeichenfolgen, das bleibt nicht ohne Konsequenzen. Maschinelle Verarbeitung von Texten wird mindestens schwieriger und damit teurer.



 
 

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